Interview: Dr. Achim Schmidt

Antidoping-Initiative: Cleanrace

Interview mit Dr. Achim Schmidt

von Kati  und Monika, Mai 2008
Dr. Achim Schmidt
Diplom-Sportlehrer
Geschäftsführer des CENA – Centrum für nachhaltige Sportentwicklung
am Institut für Natursport und Ökologie, Sporthochschule Köln
A-Radamateur seit 1989
A-Trainer-Lizenz
Mitinitiator der Anti-Dopinginitiative Cleanrace:

das Gespräch

Wo beginnt für dich Doping?

Schmidt: Wenn ich mit Freunden und Kollegen unterwegs bin und manchmal sehe, dass sie für alles Medikamente dabei haben und sich, zack, zwei Dinger reinhauen.

Das ist genau die Mentalität, auf die im Sport nahtlos Doping anschließt. Von daher tue ich mich manchmal echt schwer damit, die Sportler zu verurteilen, denn sie sind damit noch lange keine bösen Menschen. Sie machen nur das, was sie, vielleicht von ihren Eltern, gelernt haben. Das geht natürlich weiter, bis ins Kriminelle, aber dieser erste Schritt ist menschlich. Der eine ist stark, dem zu widerstehen, der andere ist vielleicht nicht stark genug dafür.

Und was mit denjenigen, die dealen und die Mittel anwenden?

Schmidt: Sie wollen Geld damit verdienen, sie streben nach Vermehrung des eigenen Reichtums, auch das ist eine menschliche Eigenschaft, wenn auch in diesem Fall eine negative.

Du erwähntest im Vorgespräch einen Masseur, der dich in Versuchung bringen wollte, der in dir ‚den besonderen Sohn suchte’…

Schmidt: … ja, ich hatte bei ihm das Gefühl, dass er mit mir Erfolg haben wollte, so wie Väter mit ihren Jungs Erfolg haben wollen oder wie vielleicht jeder Trainer mit seinen Schützlingen Erfolg haben möchte. Letztendlich sonnt sich der Trainer im Erfolg seiner Sportler. Es ist ein solch komplexes System und das ist wiederum auch spannend.

Man muss sehen, aus welchem sozialen Kontext die Leute kommen, wie viel sie für das Radfahren aufgeben und wo sie hin möchten. Dass sie damit Geld verdienen möchten. Dann kann man nicht einfach sagen, das ist ein böser Mensch, weil er dopt. Man muss versuchen zu verstehen. Vielleicht macht er nichts anderes, als sein Freund, der irgendwo eine Lehre macht und gegen Kollegen angeht, diese dadurch ins Abseits drängt und sich selbst in die Sonne stellt.

Der Knackpunkt ist für mich, wie kann man dieses Moralverständnis, welches eigentlich ein überzogenes Moralverständnis ist, wenn man an unsere Gesellschaft denkt, wie kann man diese Maßstäbe trotzdem in den Sport hinein tragen und dafür sorgen, dass der Sport die Fehler, die in der Gesellschaft gemacht werden, nicht eins zu eins übernimmt. Das ist die Schwierigkeit.

UNGERECHTIGKEITEN

12.8.1998, Magazin Monitor, Beitrag „Radsport – Doping auch mit Kokain?“, Fred Kowasch interviewt Achim Schmidt:
„Bei kurzen Rennen (bei Rundstreckenrennen) so genannten Kirmesrennen, wo es häufig um sehr viel Geld geht, dort wird so etwas (ein bisschen) heimlich gemacht. Da wird in der Regel schon vor dem Rennen genommen, weil die Rennen nur zwei Stunden dauern und dort braucht man so etwas nicht erst im Rennen zu nehmen. Bei den Straßenrennen was 180 Kilometer dauert und wo es erst auf die letzten drei Stunden ankommt, dor nimmt man halt im Rennen um die volle Wirkungsphase des betreffenden Stoffes ausnutzen zu können.“ Genommen werde „Amphetamine zum Beispiel, Ephedrin. Während des Rennens, aber auch vor dem Rennen wird auch gekokst. Kokain, Mariuana ist auch möglich.“

Im Vorfeld der Sendung war Folgendes zu lesen:
„Ein besonders peinlicher Beitrag zum derzeitigen Medien-Hype um Doping im Radsport kommt vom ARD-Magazin „Monitor“. Deutsche Amateurrennfahrer würden regelmäßig mit dem Rauschgift Kokain „dopen“, berichtet „Monitor“ (…) „Vor dem Rennen wird auch gekokst“, fabuliert ein ominöser „aktiver Radrennsportler und Sportwissenschaftler Achim Schmidt“ in der Sendung.“ (RSN, 12.8.1998)

2006 gründete ihr Cleanrace, doch bereits 1998 fielst du mit offenen Worten auf. Nach dem Monitor-Beitrag vom 12.8.1998 (siehe Zitate rechts) musstest du heftige Kritik einstecken. Warum bewegt dich das so sehr, dass du bereits damals initiativ wurdest? Warum bist du so sehr gegen Doping? Was treibt dich an?

Schmidt: Weil mich im Sport insbesondere Ungerechtigkeit extrem stört.

Mir ist es egal, ob sich XY weiß der Teufel was reinballert und vielleicht mit 50 einen Herzinfarkt hat. Das ist sein persönliches Problem. Aber sobald er sich mit anderen misst, ist das ist für mich nicht mehr tragbar. Das beziehe ich jetzt ganz persönlich auf mich, auch auf Sportler, die ich einmal trainiert habe. Auch wenn das naiv gedacht ist, denn es ist ein Versuch der schönen Stilisierung der Sportwelt, wie sie eigentlich nicht ist.

Es ist das Ungerechtigkeitsgefühl. Wir, ein Freund und ich, für den ich jetzt mitrede, haben uns bei den gemeinsam gefahrenen Rennen immer heftig über Leute aufgeregt, die wir ganz oft abhängten, die aber plötzlich exorbitant besser waren als wir.

Oder wenn bei Amateurrennen italienische Nationalmannschaften U23 kamen, von denen wir intern wussten – jetzt erst sagt man das offen – dass sie flächendeckend mit EPO gearbeitet hatten. Die sind wirklich gefahren wie Motorräder. Diese Leistung war für uns so unvorstellbar und wir haben viel trainiert. Wir haben auch studiert doch eigentlich sind wir mehr Rad gefahren, haben ein bisschen studiert, im Winter ein bisschen mehr als im Sommer. Da haben wir uns bald gefragt, warum konnten die so viel schneller fahren als wir. Sind wir so gnadenlos untalentiert?

Das war sehr frustrierend. Ich habe international bei den Rundfahrten, die im guten Amateurbereich lagen, überhaupt kein Bein auf den Boden gekriegt. Bei kurzen Zeitfahren, wo es scheinbar nicht so relevant war, konnte ich mitfahren, aber alles andere ging nicht.

Das ging uns, also Leuten von denen ich hundert Prozent überzeugt bin, dass sie nichts gemacht haben, allen so.

DOPING BEI SPRINTERN?

Nehmen denn die Sprinter auch etwas? Anabolika, EPO… Es wird immer noch behauptet, dass Sprinter nichts nehmen müssen.

Schmidt: Wenn wir über Straßenfahrer reden ist es totaler Blödsinn. Auch Bahnfahrern, Bahnsprintern bringt EPO etwas. Denn sie haben normalerweise erst einmal 3 Läufe, 2 zu eins, dann sind sie zweimal auf der Bahn am Tag, manchmal sogar dreimal, manchmal machen sie noch olympischen Sprint oder irgendetwas anderes hinterher . D. h. sie müssen von Maximalbelastung zu Maximalbelastung wieder fit werden. Warum soll da EPO nichts zur Regeneration bringen?

Ich lege für keinen die Hand ins Feuer aber ein Schützling von mir war Gerald Ciolek. Er hat Talent für 10. Ich glaube ihm, dass er immer noch sauber fährt, so sagt er auch, aber ich lege wie gesagt für niemanden die Hand ins Feuer.

Ich habe mit ihm auch über das Thema Sprinter und Doping gesprochen. Er kann sprinten. Er liegt drauf, er fährt mit, er sieht zu, dass er über die Wellen weg kommt und am Ende kann er sprinten – das ist der Unterschied zu anderen. Seine genetischen Voraussetzungen machen den Unterschied. So gesehen ist schon etwas dran, dass Sprinter nicht dopen müssen, nur es würde ihnen genauso helfen. Es hilft ihnen Körner zu sparen, dran zu bleiben, wenn es schwer wird und am Ende noch frisch zu sein.

Und dann kann ich mir schon vorstellen, dass es auch für einen Sprinter nett ist, wenn er sich da nicht so quälen muss, um am Ende fit zu sein.

WANDEL IM UMGANG MIT DEM DOPINGTHEMA

Siehst du in letzter Zeit Veränderungen im Umgang mit dem Thema Doping?

Schmidt: Mit der ARD-Sendung „Mission – Sauberer Sport“ am 22.1.2007 (>>> Video ) kam für meine Begriffe in Deutschland der Stein ins Rollen.

Wir, meine Frau Marion Rodewald (Hockey-Olympiasiegerin, A-Kader, DOSB-Athletensprecherin und Mitglied des NADA-Kuratoriums) und ich wurden für diese Sendung beim Radfahren gefilmt und zu den Betrugsmöglichkeiten befragt. Wir meinten, dass diese in den vergangenen Jahren immer zahlreich gegeben waren, auch wenn es jetzt während der direkten Kontrollabnahme etwas schwieriger geworden sei.

Unglaublich, was diese Sendung für einen Rabatz verursacht hat. Ich glaube, dass jetzt, die Verbesserung der Kontrollen betreffend, von Deutschland ausgehend international etwas passiert ist. Jetzt können sie nicht mehr so einfach die Bustüren zu machen. Da hat sich schon etwas im Profizirkus verändert. Man merkt, es ist schwieriger geworden.

Bringt es wirklich etwas, ist es wirklich abschreckend?

Schmidt: Ja, ganz sicher. Für meine Serie in procycling suche ich mir immer einen Profi, von dem ich hoffe, dass er sauber ist. Ich war Mitte März bei einem Franzosen in der Provence von dem ich denke, dass er eine ganz vernünftige Einstellung hat. Ich wollte von ihm wissen, wie es im Moment bezüglich Doping aussieht, ob sich etwas im Feld verändert habe. Ja, meinte er, es sei keine Mannschaft dominant, sie seien alle gleich. In den 90er Jahren gab es Mannschaften, die konnten machen, was sie wollten, auch letztes Jahr, bei Paris-Nizza, da habe z. B. Discovery Channel mit Contador das Feld kontrolliert. Jetzt gehe das so nicht mehr.

Auch seien sie im Allgemeinen vorsichtiger. Er glaubt, dass systematisches teaminternes Doping nicht mehr verbreitet sei.

Sind die internen Maßnahmen glaubwürdig?

Schmidt: Ja, abhängig vom Team. Ich glaube z.B. dass CSC relativ gute Geschichten macht. Ich kenne Damsgaard zwar nicht… ich weiß es nicht. Eine Einschätzung fällt auch schwer, weil natürlich der Verdacht groß ist, dass diese Maßnahmen einfach die beste Maskerade sind.

2006 nach den Geschehnissen um die Tour de France rieft ihr zu Viert die Sportler-Initiative Cleanrace ins Leben.

Schmidt: Ja, Roland Siegbert rief mich im Urlaub an. Er war total entsetzt darüber, wie es scheinbar ist. Er hatte einiges vermutet aber alles hatte er nicht mitbekommen. Er wollte etwas machen. Ich war die ganze Zeit schon wieder am Thema dran und so sagten wir vier uns (Luc Rooms, Michael Rößgen, Roland Siegbert und ich), lasst uns einfach eine Plattform machen mit einem Eid, dem sich die Leute anschließen können, lasst uns einfach den Finger in die Wunde legen.

Gibt es Kooperationen mit den Landesverbänden und dem BDR?

Schmidt: Über den Radclub Deutschland, der Medienpartner des BDR ist, hatten wir versucht, mit dem BDR, mit Scharping letztendlich, zu kooperieren. Unsere Grundidee war ab einer gewissen Größe, etwa 1000 Unterschriften, mit dem BDR zusammen zu gehen. Es war aber keine Kooperation mit dem BDR möglich. Ich bin natürlich Scharping auch ein bisschen auf die Füße getreten mit den vielen Interviews, die ich machte. Aber Roland möchte sowieso lieber, dass Cleanrace eine private, unabhängige, völlig neutrale Initiative bleibt.

Du bist häufig in den Medien und nicht selten mit klaren Worten, du bist einer der am deutlichsten Kritik übt.

Schmidt: Ich habe keine Lust um den heißen Brei herum zu reden.

Der sächsische Radsportverband hat das Logo zentral auf seiner Internet-Eingangsseite, sonst kein Verband.

Schmidt: Mit dem mitgliederstärksten Verband NRW waren Treffen geplant, die aber nicht zustande kamen. Sie haben anderthalb Jahre Doping betreffend den Kopf in den Sand gesteckt, nichts gemacht. Jetzt haben sie Präventionsworkshops für die Kadermitglieder gestartet. Aber sonst nichts. Es hätte ja nicht unsere Sache sein müssen, es hätte nur etwas passieren müssen.

Gibt es Rückmeldungen von Aktiven und Teams darüber, dass das Doping-Thema an der Basis verstärkt aufgegriffen wird, so wie ihr dies in eurem Verein dem Pulheimer SC macht?

Schmidt: Es gibt einige Vereine, die mittlerweile das Logo für die Trikots haben wollen. Im Moment ist es etwas ruhiger geworden, aber letztes Jahr gab es viele Rückmeldungen. Immer wieder kamen Anfragen: Was können wir mit den Jugendlichen machen, habt ihr da Ideen, habt ihr Konzepte. Wir haben zwar nicht immer Konzepte parat aber wir können die Ratsuchenden immer weiterleiten

Cleanrace ist also eine Bewegung von unten im Gegensatz zu Projekten, wie GATE des BDR, wo die Ideen von oben nach unten sickern sollen.

Wer kann sich an euch wenden?

Schmidt: Ja. Ich bin der direkte Ansprechpartner und jeder der etwas wissen will, erhält Antwort.

Ich habe relativ viele Telefonate. Meistens mit Vätern. Die Jungs sagen vielleicht mit 16, 17, Papa, mein größter Wunsch, ist Radprofi zu werden. Ich bin dann vielleicht ein bisschen zu restriktiv, aber ich sage, lasse es sein. Versuche zu erreichen, dass er etwas anderes macht, nicht Radprofi wird.

Ich sage, überlege es dir wirklich sehr gut. Unterstütze es nur, wenn er richtig Talent hat. Wenn er nur Mittelmaß ist, wird er sich unglaublich schwer tun, dann wird er nicht auf einen grünen Zweig kommen als Profi.

So wie Gerald Ciolek z.B., Profi zu werden, war das Beste, was er machen konnte. Er weiß natürlich, dass ich sehr kritisch bin, aber ich glaube, er ist noch auf dem richtigen Gleis.

WEITERE ANTIDOPING-AKTIVITÄTEN

Schmidt: Unabhängig von Cleanrace arbeiten wir seit Jahren mit den Studenten zum Thema Doping.

Die knapp 200 Studierenden in den Grundkursen bekommen ein kleines Wissen darüber mit. Dann gibt es noch die Schwerpunktausbildung über jeweils 2 Semester, einen kleinen Radsport-Schwerpunkt und einen großen Radsport-Schwerpunkt . Hier wurde schon immer richtig aufgeklärt. Mittlerweile ist dieses Aufklären für mich fast langweilig geworden, denn es ist nicht mehr so nötig wie noch vor ein paar Jahren.

Aber es war spannend. Hierauf hatte ich mich immer am meisten gefreut. Noch 2005 und 2006 hatten die Studierenden ein völlig anderes Bild. Doch ich habe ich es geschafft, mit Artikeln, speziellen Geschichten, Videosequenzen, das Puzzle in deren Köpfen so zusammen zu setzen, dass sie verstehen, wie der Hase läuft. Es gibt ja ganz viele kleine Geschichten aus der Kölner Radsportszene, die man erzählen kann, an denen sie merken, das ist nicht erfunden.

Jetzt versuche ich das Thema im Jugendbereich etwas weiter zu streuen. Wir arbeiten eng mit dem > Radclub zusammen. Der Verlag unterstützt Cleanrace und seit Jahren organisiert er die >>> ‚Fetten Reifen’-Rennens (eine Idee von mir). Mit diesen Rennen sollen Kinder mit normalen Rädern an das Radfahren heran geführt werden, Rennräder dürfen sie nicht haben. Mit den Kindern des Fette-Reifen-Rennens ist für den Sommer 2008 ein Kidscamp, eine knappe Woche in die Eifel geplant. 70 Kinder werden hier etwas über das Radfahren, über Ausdauersport, über die Natur, über Krabbeltiersuchen im Bach und über vernünftige Ernährung erfahren und wir werden auch Doping thematisieren. Wenn dieses Camp funktioniert, machen wir es vielleicht nächstes Jahr in mehreren Bundesländern auf die gleiche Art und Weise. Das Camp kostet pro Kind im Alter von 6 bis 13 Jahren für 6 Tage 170 €. für die Kinder für 6 Tage.

Im Verein arbeiten wir im Sinne der Dopingprävention. Ich selbst arbeite entsprechend mit den Jugendlichen in Trainingslagern und an Trainingswochenenden.

Wir sind zudem an einem Gymnasium mit einer AG aktiv und wollen auch noch an einem zweiten Gymnasium eine AG einrichten.

RADSPORTKRISE

Merkst du im Nachwuchsbereich, dass weniger Interessenten zu den Veranstaltungen, in den Verein kommen?

Schmidt: Ja, da bin ich mir ziemlich sicher. Nach den Fette-Reifen-Rennen machen wir eine Analyse. Im Jahr 2006 haben sich pro Rennen im Schnitt 2,1- 2,2 Kinder im Verein angemeldet. Im letzten Jahr 2007, mitgefahren sind ungefähr 4000 Kinder, wurden 1,6 Kinder pro Rennen neu angemeldet. Das ist für uns ein voller Erfolg. Aber dieser Rückgang, obwohl diese Fette-Reifen-Rennen viel populärer geworden sind, könnte schon darauf zurück zu führen sein, dass gerade im letzten Jahr Eltern gesagt haben, wo willst du hin? In einen Radfahrverein? Leichtathletik oder Volleyball, ja, aber nicht in einen Radverein.

Wir müssen wieder Gas geben, dafür bereiten wir die verschieden Konzepte vor. Unsere Aktivitäten mit den Kindern sollen für den Radsport werben. Damit wir wieder etwas Nachwuchs bekommen. Das habe ich mir jetzt etwas auf die Fahnen geschrieben.

Wie schätzt du das Sponsorensterben, deren Zurückhaltung ein?

Schmidt: Nachvollziehbar, das wird im nächsten Jahr noch einmal ein Stück zurückgehen.

Es ist ein Problem, aber es ist absolut notwendig

Hast du Hoffnung?

Schmidt: Ich habe Hoffnung, auf jeden Fall. Ich sehe, dass sich etwas tut, ich sehe, dass Fahrer in meinem Umfeld, in meiner Amateurklasse, viel kritischer damit umgehen. Ich sehe, dass die Studenten, die Studierenden viel kritischer mit dem Thema umgehen. Ähnliches gilt für manche Profis.

Das Thema wahrnehmen ist das eine, aber ein Problembewusstsein zu haben, das andere, das scheint aber noch nicht überall vorhanden zu sein

Schmidt: Nein, das dauert auch noch. Aber ich bin eigentlich ganz zuversichtlich. Nicht, wenn ich den aktuellen Profiradsport ansehe. Da kann man wirklich nur eine Aussage treffen, wenn man in einer Mannschaft ist, sonst kann das keiner sagen.

VERBÄNDE UND DOPING

Auf den Internetseiten der Landesverbände und des BDR findet das Thema Doping eigentlich nicht statt (s. Analyse der Verbandsseiten Stand 2014).

Schmidt: Das ist beim BDR und für jeden Landesverband meines Erachtens eine Präsidiumsangelegenheit. Sie müssten für meine Begriffe einen Vizepräsidenten-Antidoping haben. Leider schlafen die Verbände hier weiter.

Ist das Thema nicht in der Spitze angekommen oder meint man, wenn sie die Leute darauf aufmerksam machen, schreckt das erst recht ab?

Schmidt: Ich glaube, das hängt mit den Verbandsstrukturen zusammen. Die Mühlen mahlen total langsam. Da ist die Bundeshauptversammlung, die Landeshauptversammlung, aber keiner greift die Idee auf, wir brauchen jemanden, der sich im Vorstand um die Sache kümmert, wir müssen unsere Satzung ändern. Das Thema Antidoping war nie relevant. Jetzt ist es relevant und sie gehen nicht den Weg, den sie gehen müssten. Finde ich schade, sehr schade. Der BDR hat jetzt zwar im Vorstand einen neues Mitglied, das sich um Ökologie kümmert. Klar, Ökologie finde ich total wichtig, nur, da brennt es gerade nicht beim BDR. Gar nicht. Da frage ich mich, wie kann das sein, wurde der Knall wieder nicht gehört oder was ist los?

Auf einer Podiumsdiskussion bin ich 2006 den BDR-Vizepräsidenten Dieter Kühnle (2007 aufgrund der WM-Nominierung von Erik Zabel zurückgetreten) wegen der Geschichte um die Dopingkommission, die Doping im BDR aufklären sollte, hart angegangen. Anschließend kam er zu mir und sagte, sie haben recht, aber wir haben viele Betonköpfe im Verband, dass wir nicht viel weiter kommen. Und eigentlich hatte es sich auch so bewahrheitet, wie er das gesagt hatte. Die Kommission war eine Farce, Scharpings Umgang mit dem Thema ist eine Farce, das Verhalten auf der WM in Stuttgart war hahnebüchern, da wird einfach der Kopf in den Sand gesteckt.

Vielen Dank für deine offenen Worte!