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2016 Anti-Doping-Gesetz
Am 13.11.2015 wurde vom Deutschen Bundestag das neue Anti-Doping-Gesetz verabschiedet. Der Bundesrat stimmte diesem Gesetz am 27.11.2015 zu.
Gesetz gegen Doping im Sport (Anti-Doping-Gesetz – AntiDopG)
Einige Änderungen wurden in dem Entwurf vom Mai 2015 noch vorgenommen.
Siehe hierzu juris.de: Zustimmung für Anti-Doping Gesetz, 11.11.2015:
Die auf Betreiben der Koalitionsfraktionen eingefügten Änderungen sorgen zum einen dafür, dass die beschriebenen Taten auch dann strafbar sind, wenn sie nicht in Deutschland, sondern beispielsweise in einem ausländischen Trainingslager erfolgen. Zudem sollen die Sportler im Fall „tätiger Reue“ straffrei bleiben. Auch soll der bloße Versuch an geringe Mengen von Dopingmitteln zu gelangen nicht mehr bestraft werden. Außerdem sieht das Gesetz eine Evaluation der Regelung vor.
Plenarprotokoll 18/137, Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht 137. Sitzung
>>> Plenarprotokoll, Ausschnitt Anti-Doping-Gesetz, 13.11.2015
Im Vorfeld legten das Bundesministeriums des Innern, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und das Bundesministerium für Gesundheit am 12. November 2014 einen gemeinsamen Entwurf für ein eigenständiges Anti-Doping-Gesetz vor.
>>>Entwurf-Version für Bundestagsdebatte am 22.5.2015, Debatte Sportausschuss 6.2015
Der Entwurf des Gesetzes vom 22.5.2015 lag am 13.11.2015 zur Verabschiedung dem Deutschen Bundestag vor und wurde mit Änderungen mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen. Das Gesetz trat am 1.1.2016 in Kraft.
Damit wurden die bis 2015 im Arzneimittelgesetz gesetzlich geregelten Anti-Doping-Bestimmungen in einem eigenen Gesetz (Stammgesetz) behandelt.
Die wichtigste Neuregelung betrifft die Strafbarkeit des Eigendopings von Leistungssportlern und -sportlerinnen. Dies war in den vergangenen Jahren immer wieder diskutiert aber weitgehend als dem Grundgesetz widersprechend eingestuft worden. Zudem wurde nun für Leistungssportler und -sportlerinnen die Strafbarkeit des Erwerbs und Besitzes von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings ohne mengenmäßige Beschränkung eingeführt. Das Doping von Amateur- und Freizeitsportlern wird mit diesen beiden Regelungen nicht erfasst.
Die Bundesregierung präzisierte zudem die Zulässigkeit von Schiedsvereinbarungen in den Verträgen zwischen Verbänden und Sportlerinnen und Sportlern.
die Neuerungen
zitiert nach dem Entwurf vom 11.11.2015. Das neue Gesetz bündelt und erneuert Rechtsvorschriften zur Dopingbekämpfung und fügt insbesondere neue Straftatbestände hinzu.
– Die bisher im Arzneimittelgesetz (AMG) geregelten Verbote und Strafbewehrungen werden in das Anti-Doping-Gesetz überführt;
– Die bisher im AMG geregelten Verbote werden durch neue Tatbegehungsweisen sowie durch die ausdrückliche Erfassung auch von Dopingmethoden erweitert;
– Es wird ein strafbewehrtes Verbot des Selbstdopings geschaffen, mit dem erstmalig gezielt dopende Leistungssportlerinnen und Leistungssportler erfasst werden, die beabsichtigen, sich mit dem Doping Vorteile in Wettbewerben des organisierten Sports zu verschaffen;
– Die Strafbarkeit von Erwerb und Besitz von Dopingmitteln auch bei geringer Menge, sofern mit diesen Selbstdoping beabsichtigt ist, wird eingeführt;
– Die bisherigen besonders schweren Fälle und deren Ausgestaltung als Verbrechenstatbestände werden erweitert, was auch zur Folge hat, dass sie geeignete Vortaten für den Geldwäschetatbestand des § 261 des Strafgesetzbuchs werden;
– Eine neue Ermächtigung zur Datenübermittlung von Gerichten und Staatsanwaltschaften an die NADA wird geschaffen;
– Vorschriften für die NADA zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten werden geschaffen;
– Die Zulässigkeit von Schiedsvereinbarungen in den Verträgen zwischen den Verbänden und den Sportlerinnen und Sportlern wird klargestellt. (Drucksache 18/6677, 11.11.2015)
DISKUSSION, STELLUNGNAHMEN, KRITISCHE STIMMEN ZU DEM GESETZENTWURF:
Bundesrat, Stellungnahme, Drucksache 126/15 (Beschluss), 8.5.2015
DOSB-Stellungnahme RefE-AntiDopG
Sylvia Schenk, Stefan Brink: Offener Brief an den Präsidenten des DOSB Alfons Hörmann, Februar 2015
Die Kronzeugenregelung fehlte in dem neuen Gesetz ebenso wie der Bezug auf Sportbetrug. Die Kronzeugenregelung wird aber in der Stellungnahme der Ausschüsse des Bundesrates zur Prüfung empfohlen. In einer Pressemitteilung über die Diskussion im Sportausschuss am 10.6.2015 heißt es hierzu:
Während einer ersten Beratung des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfes für ein Anti-Doping Gesetz (18/4898) machte ein Vertreter des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) deutlich, auf eine Kronzeugenregelung in der Vorlage verzichten zu wollen. Eine solche war zuvor seitens der SPD-Fraktion ins Spiel gebracht worden mit der Verweis, dass eine solche Regelung in anderen Rechtsgebieten erfolgreich angewendet werde. Die Bundesregierung halte die Einführung einer expliziten Kronzeugenregelung im Anti-Doping Gesetz für nicht nötig, stellte der Ministeriumsvertreter klar. Das Strafgesetzbuch sehe eine solche Regelung im Falle der organisierten Kriminalität vor, was auch bei Dopingfällen gelten könne. (PM Dt. Bundestag, 10.6.2015)
Besondere Diskussionen löste der § 11 des RefE-AntiDopG mit dem Titel „Schiedsgerichtsbarkeit“ aus. Die Schiedsgerichtbarkeit, d. h. konkret die Vereinbarungen zwischen Sportverbänden und Athleten zur Sportschiedsgerichtsbarkeit waren in jüngster Zeit verstärkt in die Kritik gekommen. Werden die Sportler und Sportlerinnen damit unter Zwang gesetzt, belieben fundamentale Persönlichkeitsrechte damit unberücksichtigt? Die Antwort lautet häufig ja. Denn bleibt ihnen eine Möglichkeit diese Vereinbarungen abzulehnen und dennoch an Wettkämpfen, insbesondere internationalen, teilzunehmen? Hier lautet die Antwort nein.
Im Januar 2015 entschied das Münchener Oberlandesgericht in der Angelegenheit Claudia Pechstein, dass ihre Klage auf Schadensersatz gegen die Internationale Eislauf-Union zugelassen wird. Pechstein bestand darauf, zu Unrecht des Dopings bezichtigt und mit eine Sperre belegt worden zu sein. Das Münchener Urteil bedeutet, so die mehrheitliche Meinung, dass damit zwar nicht die Sportschiedsgerichtsbarkeit generell in Frage gestellt wurde, aber die Rechte der Athleten stärker berücksichtigt werden müssen. Dies könnte insbesondere durch eine Neustrukturierung des Internationalen Sportgerichtshofes CAS geschehen. Doch noch immer ist nichts entschieen. Die Diskussion dauert an und Claudia Pechsteins Klagemarathon ist noch nicht zu Ende.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière, dradio Sportgespräch 30.11.2014
Küpper: Die Sportförderung ist eine Facette, mit der Sie sich jetzt demnächst auch noch mal intensiver beschäftigen wollen. Intensiv haben Sie sich bereits mit dem Anti-Doping-Gesetz auseinandergesetzt. Es gibt jetzt erstmals einen Entwurf, das Papier ist sozusagen auf dem Weg, es gab auch schon erste öffentliche Resonanz zum ersten guten Auftakt, viel Lob, auf der anderen Seite auch viel Kritik, wie das natürlich immer so ist. Ist dieses Doping-Gesetz mehr ein politischer Warnschutz, ein politisches Aufzeigen, oder wirklich ein probates Mittel, um die Geschichten einzudämmen?
de Maizière: Nein, das ist schon ein wirksames Mittel, das Gesetz. Es ist hart, wirksam, klar und kurz. Kann man ja nicht von allen Gesetzen sagen. Vor allen Dingen beendet es eine Diskussion. Beim Thema Anti-Doping-Gesetz gab es so wunderbare Argumentationsmuster nach dem Ja-Aber. Das heißt, ich bin dafür, aber eigentlich dagegen. Weil keiner gesagt hat, er will dagegen sein. Und es gibt sehr vernünftige und plausible Gegenargumente und sehr vernünftige Pro-Argumente. Die sind jahrelang ausgetauscht worden. Und ohne dass es zu einer Entscheidung gekommen ist.
Küpper: Was hat den Ausschlag gegeben? „Wir wollen die Sportgerichtsbarkeit stärken“
de Maizière: Jetzt haben wir gesagt, jetzt wollen wir diese Entscheidung treffen. Den Ausschlag hat gegeben, dass ein entscheidendes Gegenargument, nämlich die Gefahr der Schwächung der Sportgerichtsbarkeit nach unserer Auffassung jetzt ausgeräumt ist. Warum war die Gefahr gegeben? Die Sportgerichtsbarkeit ist hart und schnell, insbesondere mit der Beweislastumkehr zulasten des Athleten. Und die Strafgerichtsbarkeit ist gegebenenfalls auch hart, aber langsam, und hat eine andere Beweislastregel. Und da hat der Sport mit einem gewissen Recht vorgetragen: Wenn dadurch die Sportgerichtsbarkeit kaputt gemacht wird, dann hat man im Anti-Doping-Kampf das Gegenteil von dem bewirkt, was man eigentlich will. Nun wissen wir aber, dass die Sportgerichtsbarkeit aus anderen Gründen – Stichwort Klage Pechstein – ohnehin wackelig ist, haben wir jetzt mit diesem Anti-Doping-Gesetz die Sportgerichtsbarkeit erstmalig gesetzlich abgesichert. Und im Gesetz wollen wir regeln, dass solche Verträge mit den Sportlern rechtlich in Ordnung sind. Wir wollen einen Informationsaustausch der Staatsanwaltschaften mit der NADA erreichen. Und all das führt dazu, dass wir jetzt die Sportgerichtsbarkeit sichern und deswegen im Anti-Doping-Kampf vorankommen. Es ist ja auch nicht so recht einzusehen, dass alle bisher schon strafbar sind außer die letztlich Hauptnutznießer, nämlich die Spitzensportler.
Küpper: Ich will auf einen anderen Punkt hinaus: Sie haben gesagt, Sie stärken die Sportgerichtsbarkeit. Haben Sie Sorge, dass Sie – jetzt gibt es ja sozusagen zwei Verfahren – sozusagen eine Paralleljustiz haben in solchen Konstellationen?
de Maizière: Das ist auch ein gewichtiges Gegenargument, das kennen wir aber auch aus dem allgemeinen Recht. Wenn sie eine Körperverletzung begehen, ist das eine Straftat. Und trotzdem kann der Geschädigte anschließend Schadensersatz verlangen, weil vielleicht ihr Finger gebrochen ist. Und das sind zwei unterschiedliche Verfahren. Zwar haben dann Juristen einen sogenannten Weg der Adhäsion, dass man dann die Verfahren verbinden kann, aber das ist nicht immer der Fall. Und da gibt es auch andere Beweisregeln. Das Gegenargument, was ja durchaus beachtlich ist, zu sagen, was ist denn mit den anderen Beweisregeln, führt das nicht zu Schadensersatzforderungen des Sportlers gegenüber den Verband, das ist ja ein zentrales Argument .
Küpper: Das ist eine große Sorge im Sport.
de Maizière: Was insbesondere Herr Vesper immer vorträgt, das hat der Justizminister meines Erachtens überzeugend widerlegt, indem er gesagt hat, wenn sich die Vereine so verhalten, wie es nach ihren Regeln einschließlich der Sportförderung adäquat ist, dann liegt nie ein schuldhaftes Verhalten vor. Und deswegen kann und wird es zu diesen Schadensersatzanforderungen nicht kommen. Ich weiß, wir haben dann zwei Verfahren. Die haben wir jetzt natürlich auch im Hinblick auf Doping. Zum Beispiel kann der Bund von Verbänden Fördermittel zurückfordern bei schlechtem Umgang mit Doping. Natürlich war der Trainer bisher auch strafbar, die Hintermänner, und da gab es auch das Problem der Schadensersatzanforderung. Eigentlich geht es nur um den Sportler. Und ich kann nicht recht sehen, warum gerade der Hauptbegünstigte des Dopings dann der Einzige ist, der nicht bestraft wird.