J.-P. Escande: Des cobayes, des médailles, des ministres


Jean-Paul Escande

 Des cobayes, des médailles, des ministres

Editions Max Milo, 2003


ean-Paul Escande war von 1990-1996 Präsident der Französischen Antidoping-Kommission (la Commission nationale de lutte contre le dopage). Der renomierte Dermatologe und Krebsspezialist am Hospital Cochin-Tarnier in Paris nahm seine Aufgabe im Kampf gegen Doping sehr ernst. Als er den Vorsitz der neu geschaffenen Kommission übernahm, war er von der Sinnhaftigkeit seines Einsatzes überzeugt, war sicher, etwas erreichen zu können und nahm an, dass die verantwortlichen Kräfte in Politik und Gesellschaft, ausgenommen vielleicht die Sportverbände, ein Interesse hätten an Änderungen.

Seine Hauptsorge galt immer der Gesundheit der Sportler, deren Dopingpraktiken ihn schaudern ließen und lassen. Doch 1996 schmeißt er das Handtuch, legt sein Amt nieder, mit seiner Naivität (eigene Worte) ist es vorbei – harte, gute Diskussionen, viel Arbeit, schöne Vorschläge für nichts und wieder nichts. Alles war zerrieben worden zwischen und in politischem Interessendschungel, persönlichem Imponiergehabe, gesellschaftlichen Widersprüchen, medialem Gewitter. Er lässt sich aber nach der Festina-Affaire nochmals überreden, an einem neuen staatlichen Anti-Doping-Konzept mitzuarbeiten. Vergebens, für ihn ein weiterer totaler Fehlschlag.

Daraufhin schreibt er ein Buch über seine Erfahrungen voll herrlicher Ironie, Bitterkeit und Zynismus.

Der Anti-Doping-Kampf der letzten Jahre mit der Einbindung der Politik, des Staates, ist für Escande unmöglich geworden, da offenbar keine Seite es ernsthaft will oder kann. Zu verwoben miteinander sind die verschiedenen Interessen, zu viele profitieren vom bestehenden System. Ethik, Moral und Vernunft, wie er oder seine Generation sie verstehen, lassen sich nicht mehr vereinen. Die Gesellschaft verändert sich, nimmt eine andere Entwicklung. Die Optimierung des Menschen, physisch und psychisch, schreitet voran, da kann der Sport keine Ausnahme machen. Es gilt jetzt einzig und allein den unabsehbaren gesundheitlichen Folgen des unkontrollierten Experimentierens mit dem Menschen Einhalt zu gebieten. Denn Escande ist sich sicher, auch wenn kaum noch Sportler des Dopings überführt werden, da die Kontrollen, so wie sie gehandhabt werden, unsinnig sind, wird man langfristig auf etliche böse Überraschungen gefasst sein müssen. Niemand weiß etwas Genaues und niemand kann abschätzen, was sein wird, es muss dringend geforscht werden. „Wir müssen endlich wissen“, das ist es sein allergrößtes Anliegen, seine größte Sorge als Arzt, im Interesse der Sportler und der Normalbevölkerung, die langfristig davon betroffen sein wird.

Der staatliche Anti-Dopingkampf ist gescheitert und unsinnig, aber der Staat hat die Pflicht sich um die öffentliche Gesundheit zu kümmern, daher tritt er für ausführliche anonyme Studien, zuerst mit ehemaligen Sportlern, ein. Und eine Hoffnung schwingt dabei dann doch mit: Vielleicht ergeben sich für den Sport (dem er nun wieder die alleinige Verantwortung für die ‚Kontrolle der Siege‘, für das Vorgehen gegen Doping, zuspricht) aus den öffentlich gemachten Ergebnissen der Untersuchungen Zwänge, den Kampf gegen die ungebremste Dopingbereitschaft und damit das ungehemmte Experimentieren mit dem Menschen, aufzunehmen.

hier ein Interview mit J.-P. Escande, in dem er seine Haltung erklärt

Monika 2003