Yves Bordenave / Serge Simon
Paroles de dopés
Editions JC Lattès 2000
Macht es wirklich Sinn mit Verboten gegen Doping vorzugehen? Gibt es nicht große Unterschiede darin, ob ein Sportler Cannabis oder Wachstumshormone einnimmt? Warum genau greift der Sportler zu den Mitteln? Welche Rolle spielt der Traum der Fans von einem hehren, idealen Wettstreit der Giganten?
Die beiden Autoren machen es sich nicht einfach mit ihrem Herangehen an das Thema. Serge Simon war als Rugbyspieler zweimal französischer Meister und kam selbst mit Doping in Berührung. Heute ist er Arzt und arbeitet in Bordeaux an einem Hilfsprojekt für Sportler mit, denen auch durch Dopingmittelmissbrauch gesundheitliche und psychische Probleme erwachsen sind. Dabei kommen Methoden zur Anwendung, die sich in der Suchttherapie bewährt haben. Yves Bordenave ist Journalist bei le Monde.
Für beide ist der Hochleistungssport insgesamt beschädigt, zu vielfältig sind die Zwänge, Abhängigkeiten und Praktiken, das Doping ist nur ein Teil. Aber nach außen hin sind alle Beteiligten bestrebt das Bild einer heilen, redlichen, reinen Welt aufrecht zu erhalten. Der Sportler muss darin zurechtkommen und sich einrichten. Verbote und Strafen helfen da im Falle des Dopingmittelgebrauchs nicht weiter. Im Gegenteil, vielfach werden damit nur mafiose Strukturen entsprechend dem Drogenmilieu geschaffen und unterstützt. Durch das weitgehende Verschweigen werden zudem viele Athleten dazu gebracht, die Mittel wahllos, ohne großes Wissen über deren Wirkungsweisen, zu nehmen und schädigen sich damit unnötig, Möglichkeiten helfend einzugreifen, ergeben sich oft nur schwer.
Die Autoren lehnen Doping durchaus ab, sehen aber ethische und an die Gesundheit gerichtete Appelle, das Schüren von Angst und das Pochen auf die Moral als wirkungslos an. Ihr Hoffnung liegt in einem offenen Umgang mit den Problemen, dies könnte ein Weg sein, Sportler vor dem Missbrauch zu bewahren. Die Betroffenen müssen die Gelegenheit erhalten zu sprechen ohne verdammt zu werden. Das könnte dazu führen, dass die Fassade des Hochleistungssports Risse bekommt und die Chance erwächst, das gesamte Gebäude neu und ehrlicher zu konstruieren oder wenigstens zu sanieren. Damit wäre der Sport wieder auf dem Weg, das Wesentliche verkörpern zu können: Den Kampf des Menschen mit seinen Grenzen, Doping wäre dann weder gut noch böse sondern nur noch dumm.
Mit dieser Hoffnung scheinen mir die Autoren allerdings selbst wieder auf einer Idealisierungsebene gelandet zu sein, die nicht weiterhilft.
Konsequenterweise stellten die Autoren fünf Dopinggeständnisse von Hochleistungssportlern in den Mittelpunkt des Buches:
Philippe Boyer, Radrennfahrer in den 80er Jahren, 1985 Vizeweltmeister auf der Bahn, amphetaminabhängig und 2002 wegen Drogenhandels verurteilt (eine Zusammenfassung seines Textes ist hier nachzulesen)
Christian Ossowski, Radrennfahrer, Amateur, amphetaminab- hängig, 1998 verhaftet wegen Dealens mit dem Pot belge, er starb 2002 an Herzversagen (eine Zusammenfassung seines Textes ist hier nachzulesen)
Marc Iorio, 400m Hürdenläufer von 1984 – 1994, während seiner gesamten Laufbahn in Berührung mit Doping; auch heute noch nimmt er Anabolika, wahrscheinlich ist er abhängig
John X., Rugbyspieler aus Neuseeland, 10 Jahre international aktiv, bleibt anonym, spielte eine Zeitlang in Südafrika und begann hier mit intensivem Anabolikadoping, ist heute clean
Vincent M., Bodybuilder, stellte schnell fest, dass er ohne Anabolika keine Chancen hatte bei Wettkämpfen; heute trainiert er kaum noch im Studio, braucht jedoch zum Wohlbefinden häufig Anabolikakuren, ist wahrscheinlich abhängig
Monika