Autor:
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Philippe Gaumont
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Titel:
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Prisonnier du dopage
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Verlag:
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Bernard Grasset, Paris, 2005
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ISBN:
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2-246-68431-5
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Layout:
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302 Seiten, brosch.
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Preis:
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ca. Euro 17,90
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das Buch ist nur auf Französisch erhältlich
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Die ‚Cofidis‘-Affaire sorgte 2004 für großes Aufsehen. Etliche Fahrer gingen ins Netz der Fahnder. Mit dabei Philippe Gaumont, kein ganz unbeschriebenes Blatt, der von einem Teamkollegen beschuldigt wurde, Mittel beschafft zu haben. Philippe legte ein umfassendes Geständnis ab, mit dem er weitere Fahrer belastete und auch den Teamarzt in ein schiefes Licht rückte. Wie glaubhaft war Gaumont? Die Cofidis-Teamchefs bestritten schnell jegliche Verantwortung oder Mitwisserschaft.
Jetzt hat sich Gaumont seine Erfahrungen in einem Buch von der Seele geschrieben bzw. niederschreiben lassen.
Philippe schildert seinen Weg in die Abhängigkeit, in die Normalität des Missbrauchs. Es war ihm immer klar, dass das Dopen auf ihn wartete, lediglich das erste Mal galt es hinauszuzögern: Je später, um so besser war die Kondition, das Talent und damit die Zukunftsaussichten.
Er erzählt die immer gleiche Geschichte, eine Geschichte, die vergleichbar ist mit den Geständnissen von Boyer, Chiotti, Menthéour. Er hebt die Gruppenrituale, die Initiationsriten hervor, die alle, die dazu gehören wollten, erleben ‚durften‘ sowie die Bedeutung der ersten Spritze, eine Cortisonspritze, die ihn zum ‚echten Mann‘ machte. Und als dann endlich ‚die Taufe‘ mit dem Pot belge anlässlich der Hochzeit von Laurent Roux stattgefunden hatte, war er am Ziel seiner Träume angelangt.
Mit penibel angewandtem, wissenschaftlich fundiertem Doping als rein leistungsteigernder Methode hatte das wenig zu tun. Hier bricht eine allgegenwärtige Drogenkultur durch, der sich nur wenige Radsportler entziehen konnten. Die Stimulanzien gehörten zum täglichen Leben. Selbstverständlich wurden sie während des Trainings und der Rennen konsumiert. Nicht offen vor den sportlichen Leitern, doch verborgen blieb diesen natürlich nichts und dagegen sprachen sie sich auch nicht aus. Wenn es denn hilft … und schließlich war es nie anders. Wenn die Aufputschwirkung zu stark war, gab es eben Beruhigungs- oder Schlafpillen – so wie es für und gegen alles irgendwelche Mittel gibt.
Die Fahrer gingen recht offen miteinander um, auch als die Leistungsanforderungen Mitte der 90er Jahre in der EPO-Hochzeit stiegen und die französischen Fahrer sich langsam den Dopingstandards anderer Nationen anpassen mussten. Sie halfen sich gegenseitig mit Adressen und Anwendungstipps aus. Diese Offenheit verschwand nach der Festina-Affaire.
Philippe Gaumont:
„Während meiner gesamten Karriere dachte ich, dass das Glück des Sortlers im Sieg, im Ruhm und im Geld liegt und wenn das nicht eintraf, wurde ich verrückt. Ich dopte mich, um in den Augen anderer etwas dazustellen, um deren Anerkennung zu erlangen, um immer mehr zu verdienen, aber ich habe viel verloren. Wenn ich mich heute betrachte, dann muss ich feststellen, dass ich nicht weiß, was für ein Sportler ich wirklich war. … ich habe eines der wichtigsten Ziele des Lebens nicht erreicht: das Ziel sich kennenzulernen. Und das ist sicher das Schlimmste.“
Philippe Gaumont beschreibt eindringlich die Dopingspirale, in die wohl die meisten (hier französischen) Profis gerieten. Er beschreibt auch teaminterne Bedingungen, die diese Entwicklung begünstigten. Z. B. richtete sich das Gehalt der Fahrer bei Cofidis nach den erreichten UCI-Punkten – mit fatalen Folgen. Damit wurde die Konkurrenz der Kollegen untereinander angeregt und die Solidarität vernichtet. Das ging z.T. so weit, dass Fahrer eigene Teamgefährten bezahlten, damit diese ihnen im Rennen halfen.
Mit Geld ließ sich sowieso viel regeln. Nicht ungewöhnlich ist es nach Philippe, dass ganze Teams gekauft wurden und werden. Und sollten sich manche am TV wundern, kann man immer alles als Fahren für den Sponsor verkaufen.
Fazit: Die Ausführungen Gaumonts scheinen mir glaubhaft. Sie wurden zudem vor der Veröffentlichung juristisch abgeklopft, um Klagen beschuldigter vorzubeugen. Vielleicht trägt sein Buch wenigstens dazu bei, dass die Suchtproblematik in der Doping-Prävention und der täglichen Praxis stärker berücksichtigt wird und den Fahrern Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden.
Surftipps:
>>> Gewinner auf die krumme Tour, 4.7.2005 taz
>>> doping-archiv.de: Gaumont-Interview, 15.3.2004 le Monde
Monika 2005