1971 DLV-Dopingbestimmungen
Der Deutsche Sportbund DSB und der IAAF formulieren 1970 zum ersten Male Rahmenrichtlinien zur Bekämpfung des Dopings als eine Reaktion auf den häufigen Anabolikamissbrauch: Steroide werden von der IAAF verboten, Tests werden gemacht, doch diese werden nur zu Forschungszwecken verwandt.
Der Leistungsrat des Deutschen Leichtathletik-Verbandes entscheidet sich daraufhin für ein Anabolika-Verbot und rät in einer Stellungnahme dem DLV Anabolika in die Verbotsliste aufzunehmen. Danach entspräche die Einnahme von Anabolika vor und für den Wettkampf der gültigen Dopingdefinition, eine Verhütung von Überdosierungen und Nebenwirkungen seien nicht durchführbar, ärztliche Kontrollen zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden seien zu teuer und Trainingskontrollen machbar.
„Die Freigabe der Anabolika würde eine Vielzahl anderer chemischer Manipulationen im Training anregen und fördern. Es würde daraus eine weitere Fehlentwicklung im Sport resultieren, die sinnwidrig, ethisch verwerflich und für die Sporttreibenden, insbesondere Jugendliche und Frauen, gesundheitsgefährlich wäre.“ (Leichtathletik, 13.10.1970)
Aufgewühlt hatte insbesondere der Artikel von Brigitte Berendonk 1969 in der Zeit
>>> Brigitte Berendonk, Züchten wir Monstren?
an dem insbesondere die Deutsche Leichtathletik nicht vorbei kam. Noch im Januar 1970 war aus der Geschäftsstelle des DLV in Reaktion auf Brigitte Berendonks Artikel zu vernehmen, dass von Seiten der Mediziner noch nicht geklärt sei, ob es sich bei Anabolika um echte Dopingmittel handele.
Im März 1971 veröffentlicht der DLV seine neuen Dopingbestimmungen:
>>> Dopingbestimmungen des DLV 1971
Darin heißt es u.a.:
„Doping ist der Versuch, eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des Sportlers durch unphysiologische Substanzen für den Wettbewerb zu erreichen.
Man versteht darunter die Anwendung (Einnahme, Injektion oder verabreichung einer Dopingsubstanz durch Sportler oder deren Hilfspersonen (insbesondere Mannschaftsleiter, Trainer, Betreuer, Ärzte, Pfleger und Masseure) vor, während oder unmittelbar nach dem Wettkampf.“
Anabolika sind in der angehängten Medikamenten-Verbotsliste namentlich aufgeführt und auch im Training verboten (Anaboleen/Dianabol/Durabolin/Emdabol/Oranabol/Primobolan/Steranabol/Stromba) Die Liste wird als nicht vollständig klassifiziert, in Zweifelsfällen habe der der Rechtsausschuss nach Anhörung der Doping-Kommission zu entscheiden. Waren damit auch Testosterone verboten? Theoretisch wohl schon, praktisch aufgrund fehlender Nachweisbarkeit eher nicht. Ein Problem, dass dem Testosterondoping in den Folgejahren breiten Raum verschaffte.
Zu den Hintergründen siehe
>>> Reglements/Definitionen/Mittel 1960-1970 bzw. die allgemeine Ausführungen zum Doping in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg
Unterstützt wird diese Stellungnahme durch einen Artikel der Ärzte D. Rosseck und H. Mellerowicz, die 1970 vor den möglichen Gesundheitsgefahren durch Anabolika warnen:
Nebenwirkungen der Anabolika
WAZ, 21.2.1970:
„Dr. Keul ist da anderer Meinung. ‚Jeder, der einen muskulösen Körper haben und einfach männlicher wirken möchte, kann Anabolica einnehmen. Im Gegensatz zu den verbotenen Alcaloiden … erweitere ich mit der über eine Distanz gewonnene Muskelkraft meine Leistungsfähigkeit. Von Doping kann also keine Rede sein.“