Doping: Trainerdebatte I: der Fall Werner Goldmann und Folgen

BRD / DDR – Vergangenheit

Trainerdebatte I: Der Fall Werner Goldmann – und Folgen

>>> Trainerdebatte II: 2009 Diskussion und Aufarbeitung

>>> Das Forschungsprojekt „Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation“

Am 30. Juli 2008, kurz vor den Olympischen Spielen in Peking, lässt das ZDF Gerd Jacobs zu Wort kommen. Der ehemaliger DDR-Kugelstoßer ist anerkanntes Dopingopfer. Er erlitt durch Dopingmittel, die er während seiner sportlichen Laufbahn erhielt, schwere Gesundheitsschäden. Heute lebt er mit einem fremden Herz.

Gerd Jacobs benennt Werner Goldmann als denjenigen Trainer, von dem er Dopingmittel, auch Oral-Turinabol erhalten habe.

Werner Goldmann ist im Juli 2008 Kugelstoß-Trainer des Deutschen Leichtathletikverbandes und betreut Robert Hartung, Vizeweltmeister im Diskuswerfen. Vom DOSB erhielt er die Erlaubnis mit nach Peking zu fahren, da er die geforderte ‚Ehren – und Verpflichtungserklärung‘ des DOSB unterschrieben und damit versichert hatte, niemals mit Dopingpraktiken in Verbindung gestanden zu haben.

Michael Vesper, DOSB:„… Zudem macht der DOSB für alle Ärzte, Physiotherapeuten, Trainer und Betreuer, die für die Olympiamannschaft in Betracht kommen, eine sanktionsbewehrte Ehren- und Verpflichtungserklärung zur Voraussetzung der Nominierung. Damit bestätigen die Unterzeichner, dass sie weder in der Vergangenheit an einem Doping-Vergehen beteiligt waren noch sich in Zukunft daran beteiligen werden.“
(DOSB, 26.2.2008)

>>> DOSB-Nominierungs-Grundsätze Peking

Werner Goldmann im ZDF:

„Also ich habe mir da in dem Falle was irgendwelche Krankheiten oder Verletzungen betrifft, absolut nichts vor zu werfen.“

Und die SZ zitiert ihn:

„Da gibt es sicherlich Dinge, die nicht in Ordnung waren. Damit muss man leben und damit haben wir … wir haben unsere, wenn man so will, Strafen oder unsere, sagen wir mal so, Verfahren gehabt. Ich denke mal, das Ding ist erledigt.“ Goldmann sagt noch, er habe niemanden geschädigt. Frage: „Also, Sie meinen, Ihre Athleten sind gesund rausgekommen?“ – „Na selbstverständlich.“

Michael Vesper, Generalsekretär des DOSB, gab sich überrascht, er kenne den Fall nicht:

„Wenn das zutrifft und wenn er das bestätigt, hätte er etwas unterschrieben, was er so nicht hätte unterschreiben dürfen“. Einen Tag später ist von Vesper zu lesen, „„Was in der Sendung dargestellt wurde, ist neu für uns. Wir haben seine Akten nochmal durchforstet, aber darin stand davon nichts“.

Die „Unabhängige Kommission zur Überprüfung von Trainern und Offiziellen mit Doping-Vergangenheit“ des DOSB unter Vorsitz des ehemaligen Verfassungsrichters Udo Steiner (kutz Steiner-Kommission) werde den Fall überprüfen. Danach könne man eine Entscheidung treffen.

Clemes Prokop, DLV-Chef, meinte

„dass Dopingverabreichungen an Athleten, wie in der DDR üblich, aufs schärfste zu verurteilen seien: „Das ist verwerflich und kriminell und gehört geahndet.“ Trotzdem spreche er sich für eine grundsätzliche Diskussion darüber aus, wie man künftig mit der Vergangenheit umgehe: „Das sind Vorgänge, die liegen 30 Jahre zurück. Wir müssen darüber reden, ob ein Trainer, der sich in den letzten 15 oder 20 Jahren nichts zuschulden kommen ließ und den Anti-Doping-Kampf unterstützt hat, nicht eine Chance auf Resozialisierung hat. Dopingsünder werden als Ersttäter zwei Jahre gesperrt und dürfen dann wieder starten. Haben nicht auch Trainer ein Recht auf eine zweite Chance? Diese Frage müssen wir diskutieren.“ (Mittelbayrische, 31.7.2008)

Doch die Zeit drängte, für lange Diskussionen war erst einmal keine Zeit, denn die Eröffnung der Olympischen Spiele stand kurz bevor. Eilig wurde die Steiner-Kommission einberufen, die wiederum Werner Goldmann befragte.

Dieser hat dabei die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten und versichert, dass seine Angaben in der Ehren- und Verpflichtungserklärung gegenüber dem DOSB zutreffen, denen zufolge er „zu keinem Zeitpunkt Sportlern Substanzen weitergegeben … hat, die gegen die jeweils gültigen nationalen oder internationalen Anti-Doping-Bestimmungen verstoßen haben“.

Ein seinerzeit gegen Werner Goldmann eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde unter Auflagen eingestellt. Der in der ZDF-Sendung jetzt in Erscheinung getretene Belastungszeuge hatte in diesem Verfahren keine Rolle gespielt.“

Die Kommission empfahl daraufhin, es bei Goldmanns Nominierung für Peking zu belassen, behielt sich aber vor, den Fall nach den Spielen erneut aufzugreifen. (DOSB, 4.8.2008)

Werner Goldmann konnte nach Peking fahren.

BEKANNTES  – UNBEKANNTES

Die Verstrickungen Goldmanns in das DDR-Dopingsystem sind nichts Neues. Bereits Brigitte Berendonk nennt ihn zusammen mit vielen anderen in ihrem Buch Doping-Dokumente von 1991. Anfang 1993 gehörte er zu einem Kreis ‚dopingbelasteter Trainer‘, die vom DLV „hauptamtliche Trainerverträge“ erhielten“, Verträge, die nach Bekanntwerden auf heftige öffentliche Kritik stießen. Der Spiegel nennt „Werner Goldmann (Kugelstoßen), der als Coach im TSC Berlin (unter anderem von Olympiasieger Ulf Timmermann) sogar von DDR-Wissenschaftlern wegen überhöhter Dosierung kritisiert worden war.“ (der Spiegel, 22.2.1993)

Kritisch äußerte sich damals auch der sportpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Engelbert Nelle. Er warf dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) vor, versäumt zu haben“dem geldgebenden Bundesinnenministerium eine Stellungnahme der Antidopingkommission des Deutschen Sportbundes (DSB) über die geplante Vertragsverlängerung mit 21 Trainern aus der ehemaligen DDR vorzulegen. Das Ministerium hat diese Stellungnahme bereits beim Verband eingefordert.“

Nelle betonte, eine

„Bezahlung von dopingbelasteten Bundestrainern aus Bundesmitteln habe es nicht gegeben und werde es auch in Zukunft nicht geben.“ (FAZ, 3.3.1993)

Bericht aus dem Gerichtssaal: die Zeit, 20.5.1998, Die blaue Pille

Zustand und Rückblick 1998:die Zeit, 19.3.1998: Seit 1990 schmückt sich der Westen mit den Sportlern aus DDR-Produktion

Im September 1999 wurden in Berlin erste Strafen gegen DDR-Doper ausgesprochen. Neben den Akten führten umfangreiche Geständnisse zur Erhellung der DDR-Vergangenheit.

Werner Goldmann erhält wie viele andere eine Geldbuße, gegen Zahlung von DM 4000.- wird er nicht weiter juristisch belangt und gilt als nicht vorbestraft. Zwei ehemalige von ihm trainierte Sportlerinnen hatten Strafantrag gegen ihn gestellt. Annette Wolf und Simone Kischnick (Bock) hatten beide vom ihm Oral-Turinabol erhalten, ohne über die gesundheitlichen Gefahren aufgeklärt worden zu sein. Simone Kischnick war noch minderjährig als sie die Anabolika zum ersten mal bekam und ist heute anerkanntes Dopingopfer.

„Beide Frauen waren als Opfer schon in der Anklageschrift gegen DDR-Sportchef Manfred Ewald und den Chefmediziner Manfred Höppner genannt worden. Goldmann wird in dem im Jahr 2000 ergangenen Urteil des Landgerichts Berlin gegen Ewald und Höppner sogar als Doping-Täter aufgeführt.“ (FAZ, 29.12.2008)

Die heute 34 Jahre alte Zeugin Bock betrieb von 1978 bis Herbst 1983 leistungsorientierten Sport beim Sportclub TSC Berlin in den Disziplinen Kugelstoß und Diskus. Die Zeugin war 1981 Angehörige der Kaderklasse II. Zu einem nicht genau feststellbaren Datum wurde die Zeugin im Alter von 15-16 Jahren in die u.M.-Konzeption einbezogen und nahm zumindest an einem Vergabezyklus von nicht mehr genau feststellbarer Dauer von Oral-Turinabol teil. Die tägliche Dosierung betrug hierbei 1-2 Oral-Turinabol Tabletten in der Dosis von 5 mg je Stück. Diese Tabletten wurden der Zeugin Bock von ihren Trainern Herrn Goldmann und Herrn Börner verabreicht. Eine Aufklärung über schädliche Nebenwirkungen erfolgte nicht. … (Landgericht Berlin: (538) 28 Js 14/98 KLs (23/99, ha, 19.8.2009)

„So einfach die Aufarbeitung anmutet: Für den gesamtdeutschen Sport birgt sie viel Zündstoff. Etliche der mit Bußen bestraften Betreuer, wie etwa die Leichtathletiktrainer Lutz Kühl und Werner Goldmann, trainieren noch heute als Angestellte der vom Bund hoch subventionierten Verbände Spitzenathleten. Ihren Arbeitgebern hatten sie versichert, mit den Doping-Praktiken nichts zu tun zu haben – und die glaubten das nur zu gern. Auch das Verfahren gegen Jürgen Tiedtke, dem die Staatsanwaltschaft unter anderem vorgeworfen hatte, früher seine Tochter Susen gedopt zu haben, wurde erst eingestellt, nachdem er seine Geldbuße bezahlt hatte. Die Weitspringerin war bei der WM vor drei Wochen Siebte geworden.“ (der Spiegel, 13.9.1999)

Und was hat Werner Goldmann den Ermittlern erzählt?

Er behielt jedenfalls seinen Trainerjob beim DLV.

Im Oktober 2007 tauchte sein Name erneut in Zusammenhang mit seiner DDR-Vergangenheit auf. In einem Bericht aus dem Bundesinnenministerium der „Projektgruppe Sonderprüfung Doping“ wird festgehalten, dass das Kölner Bundesverwaltungsamt (BVA), das den Verbänden die Fördergelder des Bundes auszahlt und deren Verwendung überwachen soll,

„“nie untersucht [hat], ob die im Bewilligungsbescheid erhobenen Anforderungen der Anti-Doping-Klausel eingehalten wurden“. (Zwischenbericht, S. 37) Die Sportverbände haben Millionen Euro an Steuergeldern für dopingverdächtige Angestellte kassiert, ohne auch nur eine kritische Nachfrage des BVA beantworten zu müssen.“ Der Spiegel nennt hierzu sechs Leichtathletik-Bundestrainer, „die in den Akten der Berliner Staatsanwaltschaft als Verteiler von Anabolika erwähnt werden – darunter den Siebenkampftrainer Klaus Baarck, die Speerwurftrainerin Maria Ritschel oder Werner Goldmann, der den jüngst zum Vizeweltmeister gekürten Diskuswerfer Robert Harting betreut.“ (der Spiegel, 22.10.2007)

Im Jahr 2008 unterschrieb Goldmann dann die oben zitierte ‚Ehren – und Verpflichtungserklärung‘ des DOSB und erklärte damit, in der Vergangenheit nicht an einem Doping-Vergehen beteiligt gewesen zu sein. Er kann, wie oben geschildert, nach Peking fahren.

UNRUHIGE ZEITEN NACH PEKING

Die Steiner-Kommission nahm sich der Causa Goldmann am 21. November 2008 erneut an und bat den Trainer und Gerd Jacobs zum Gespräch. Diesmal reichte die Zeit für eine genauere Überprüfung der Vorwürfe. Werner Goldmanns Arbeitsvertrag mit dem DLV wurde zum 31. Dezember 2008 gekündigt. Eine Tätigkeit als persönlicher Trainer kann er allerdings weiter ausüben.

Am 12. Januar 2009 protestierten die Sportler Markus Bandekow, Ralf Bartels, Candy Bauer, Max Bedewitz, Oliver-Sven Buder, Franka Dietzsch, Andy Dittmar, Julia Fischer, Christoph Harting, Robert Harting, Sophie Kleeberg, Nadine Kleinert, Jessica Kolozei, Petra Lammert, Christina Obergföll, Gunnar Pfingsten, Marc Roos, Peter Sack, Marco Schmidt, David Storl mit einem offenen Brief gegen den Rausschmiss von Trainer Goldmann. Sie stellen sich voll und ganz hinter ihn und setzten dessen Kündigung mit einer „Amputation, einem Entzug von Lebenselixieren“ gleich. Als würde man einem Musiker lebenslang „Instrumentenverbot“geben, einem Künstler die Farbtöpfe versiegeln oder dem Sänger die Stimmbänder lähmen.“ (Offener Brief der Athleten, dlv 13.2009)

Der Reaktionen in der Presse gab es darauf viele auf die Sportlererklärung, die meisten waren negativ. Doch es gab auch Stimmen, die nach Amnestie für ehemalige DDR-Trainer riefen. So meldete sich auch der Leiter der DLV-Trainerschule Wolfgang Killing zu Wort und kritisierte die Zusammensetzung der Kommission. Seiner Meinung nach hätte sie

„ausschließlich oder zumindest überwiegend aus Mitgliedern derselben Berufssparte“ gebildet werden müssen. Zugleich verteidigt der ehemalige Hallen-EM-Dritte im Hochsprung (Bestleistung: 2,28 m) die DDR-Trainer. Sie seien nur „ein nachgeordnetes Rad im Getriebe des Spitzensports“ gewesen. Ihnen Mitläufertum zu unterstellen, sei sicher berechtigt. „Sie für die gesundheitlichen Folgen verantwortlich zu machen, die sie selber nicht überblicken konnten, doch wohl nicht.“ (ZDF, 14.1.2009)

„Gerhard Treutlein, Leiter des Zentrums für Doping-Prävention an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, versteht die Diskussion ebenfalls als Ausdruck mangelnder Vergangenheitsbewältigung. „Die Athleten wissen nichts von damals“, sagt er. „Das ist die Folge der Versäumnisse von zwei bis drei Jahrzehnten.“ Einen Trainerverband mit Standesrecht lehnt er ab. „Es waren seine Bundestrainerkollegen, die Thomas Springstein 2002 zum Trainer des Jahres gewählt haben“, sagt er. Zehn Jahre zuvor waren Katrin Krabbe und Grit Breuer aus Springsteins Trainingsgruppe der Manipulation überführt worden, 2006 wurde Springstein in Magdeburg wegen Dopings von Minderjährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.“
FAZ, 14.1.2009

Der Zündstoff, wie oben in einem Artikel zitiert, führte nun endgültig zur Explosion. Von allen Seiten hagelte es Stellungnahmen. Jetzt schalteten sich auch anerkannte Dopingopfer ein. Andreas Krieger:

„Zum Fall Goldmann kann ich nur sagen, dass die Entscheidung richtig ist. Sicherlich trifft es die heutigen aktiven Sportler hart, aber für diese Situation ist ganz allein Herr Goldmann selbst verantwortlich zu machen. Sein beharrliches Schweigen und die halbherzige Aufarbeitung seiner eigenen Vergangenheit haben ihn jetzt eingeholt.“ (Andreas Krieger, 15.1.2009)

Prof. Dr. Helmut Digel, von 1993 bis 2001 Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, spricht die Versäumnisse an:

„Versuche zur Aufarbeitung hat es wohl mehrfach gegeben. Doch keiner dieser Versuche wurde konsequent zu Ende geführt. Vor allem war keine dieser Bemühungen darauf angelegt, dass man dann, wenn man die entsprechende Aufarbeitung geleistet hat, eine Perspektive für einen Neuanfang gefunden worden wäre, an dem sich möglichst alle beteiligen können. Nicht zuletzt wegen dieser Versäumnisse hat die Diskussion über den Dopingbetrug der ehemaligen DDR den Charakter einer “unendlichen Geschichte”.“ (Digel, 20.1.2009)

Clemens Prokop stellte klar, dass dopingbelastete Personen nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert werden dürfen und schiebt letztlich Werner Goldmann den schwarzen Peter zu:

„Ganz allgemein gesprochen: Wenn ein Trainer nachgewiesenermaßen einem Athleten Dopingmittel verabreicht hat, ist das ein besonders schwerwiegender Vorgang. Weil sich Sportler ja in der Regel in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zum Trainer befinden. Grundsätzlich hat auch ein Trainer eine zweite Chance verdient. Das setzt aber zunächst einmal einen offenen und ehrlichen Umgang mit der eigenen Vergangenheit voraus.“ Beim DLV sieht er keine Versäumnisse, im Gegenteil, „Sobald wir Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten haben, erstatten wir Strafanzeige. So wie beim Fall Springstein. Wenn es sich um etwas handelt, das länger zurück liegt, beauftragen wir die Steiner-Kommission beim DOSB, den Fall für uns aufzuklären. Wie im Fall Goldmann.“ (Berliner Zeitung, 15.1.2009)

Werner Goldmann reichte unterdessen eine Klage auf Wiedereinstellung beim Amtsgericht in Darmstadt ein.

Giselher Spitzer schlägt 1998 als Folgerung aus der DDR-Praxis dem NOK folgende Formel vor:
„Wer als Trainer, Wissenschaftler, Arzt oder Funktionär bis 1989/90 sein Geld im Sport verdient hat (und Privilegien genoß), muß heute Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen, damit die betroffenen Sportlerinnen und Sportler sichere und rechtsverbindliche Aufklärung über den damaligen Umgang mit ihnen bekommen.“
Da es um die Gesundheit der Betroffenen gehe, müsse dies in rechtlich verbindlicher Form geschehen.
(BISp, Bd 3: Spitzer, Doping in der DDR, S. 223)

Der DOSB reagierte ähnlich wie der DLV. Auch er sieht wenig eigene Schuld in der Aufarbeitung der Vergangenheit, zumal es den DOSB erst seit zweieinhalb Jahren gäbe!

„Hätte Herr Goldmann selbst doch den Mut gehabt, dies gegenüber der von uns eingesetzten Unabhängigen Kommission einzugestehen und zugleich zu bedauern! Die Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Prof. Dr. Udo Steiner (weitere Mitglieder: Heide Ecker-Rosendahl und Steffen Reiche, MdB) wäre dann möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gekommen. Sie hat ihm mehrere Brücken gebaut, über die Herr Goldmann aber leider nicht gehen wollte.“ (DOSB, 28.1.2009)

Er verweist auf den Forschungsauftrag Dopinggeschichte, der vom DOSB ausgeschrieben wurde und unter Federführung des Bundesinstituts für Sport BISp die Dopingvergangenheit in Ost und West aufarbeiten soll – womit allerdings ein neuer Diskussionsschwerpunkt entstanden war: Ist solche ein Forschungsprojekt wirklich nötig oder möglich? Gibt es nicht bereits umfassende Arbeiten zum Thema, die aber in der Vergangenheit von Verbänden und Politik kaum beachtet wurden? Mehr dazu siehe >>> hier unter BRD Doping-Aufarbeitung.

Nicht mehr unterdrücken ließ sich auch die Frage nach dem Umgang mit anderen ehemaligen DDR-Trainern, die im Dienste der Verbände stehen und von denen bekannt war, ist und wurde, dass sie eine Dopervergangenheit haben. Norbert Warnatzsch, Klaus Rudolph, Klaus Schneider, Klaus Baarck, Gerhard Böttcher, Rainer Pottel, Maria Ritschel, Wilfried Bock und Frank Ullrich sind einige Namen. (Nähere Informationen zu den einzelnen Trainern findet sich >>> hier auf doping-archiv.de unter Trainer der DDR.)

ERKLÄUNGEN

Wolfgang Thierse, Bundestagsvizepräsident:
„Nun ja, es ist eine Entschuldigung und damit ein Geständnis, sehr spät, 20 Jahre danach, und irgendwie wirkt sie auf mich nachgereicht, erdrängt, erzwungen. Man muss die Sportverbände wie auch die jungen Sportler und ihre Eltern fragen, ob sie das Vertrauen zu solchen Trainern, Funktionären, Ärzten haben, die erst nach so langer Zeit und so gedrängt dann eine solche Erklärung abgeben. Das scheint mir die entscheidende Frage zu sein: Kann eine solche Erklärung tatsächlich Vertrauen wiederherstellen?“
dfunk, 14.4.2009

Der DOSB bastelte an einer Möglichkeit, diesen Trainern einen Weg zur Weiterbeschäftigung zu ebnen und akzeptierte im April eine Erklärung, die von den DLV-Trainer Klaus Baarck, Gerhard Böttcher, Rainer Pottel, Maria Ritschel und Klaus Schneider unterzeichnet wurde (DOSB, 6.4.2009).

Clemens Prokop meinte hierzu am 7.5.2009, es hätte von Seiten des DLV keinen Druck auf die Trainer gegeben, die Erklärungen seien auf deren Eigeninitiative zurück gegangen. (die Welt, 7.5.2009)

Manfred von Richthofen, 1991 bis 1993 Vorsitzender der ‚Ad-hoc-Kommission zur Beratung in Dopingfragen’ , hatte sich hierzu bereits in der Welt am 5.4.2009 zu Wort gemeldet. Er warnte vor einer vorschnellen Amnestie:

„Das mag aus juristischer Sicht verjährt und strafrechtlich irrelevant sein. Für eine Vorbildfunktion im Sport bleiben diese Übeltäter ein Leben lang ungeeignet. Für einen Sport, der sich einem rigiden Antidopingkampf verschrieben hat, sind sie untragbar.“ (die Welt, 5.4.2009).

Anfang April wurde bekannt, dass auch Werner Goldmann die Möglichkeit bekommen soll, solch eine Erklärung zu unterzeichnen. Von ihm werde lediglich ein handschriftlicher Zusatz verlangt, mit dem er die gesundheitlichen Schäden Gerd Jacobs bedauere. Damit könnte sein Arbeitsprozess hinfällig werden und einerm neuen Vertrag nichts mehr im Wege stehen. Steffen Reiche, Mitglied der Antidoping-Kommssion des DOSB erklärte dazu:

„Ich habe ihn persönlich darum gebeten, dass er mit einer solchen Zusatzerklärung noch einmal auch persönlich Stellung nimmt zu dem, was Herr Jacobs ihm vorwirft. Der Deutsche Leichtathletik-Verband hat dies auch so erbeten, um auf diese Weise die Weiterbeschäftigung des sehr erfolgreichen Trainers Goldmann auch in den nächsten Jahren zu ermöglichen. Herrn Goldmann ist das schwergefallen. Er hat lange auch mit sich gerungen, es gab gerichtliche Auseinandersetzungen, die auf diese Weise, denke ich, jetzt aber gut auch geklärt worden sind. Ich finde, das ist ein Weg der Vernunft. Ich habe Respekt vor dem, was Herr Goldmann da für sich entschieden hat.“ (dradio, 11.4.2009)

Ein Prüfungskommissions-Mitglied berät den zu Prüfenden? Das konnte der DOSB nach heftiger öffentlicher Kritik nicht durchgehen lassen. Steffen Reiche wurde für das Verfahren Goldmann ersetzt durch Dr. Volkhard Uhlig, dem letzten Präsidenten des Basketballverbandes der DDR.

Mit den Trainererklärungen war der nächste Brennpunkt in der Debatte um die Dopingvergangenheits-Bewältigung geschaffen. Viele Kommentatoren zeigten Unverständnis. Walter Tröger dagegen, von 1992 bis 2002 NOK-Präsident, betonte, die Vergangenheit der Trainer sei heute irrelevant, immerhin hätte inzwischen der deutsche Sport insgesamt von ihnen profitiert (ARD, 6.4.2009, H. Kofink antwortet W. Tröger).

Eine Gruppe prominenter DDR-Dopinggeschädigter um Andreas Krieger, Ute Krieger-Krause, Ines Geipel und >>> Uwe Trömer meldeten sich sich sehr kritisch mit Kommentaren und öffentlichen Erklärungen am 1.3.2009 und am 1.4.2009 zu Wort und kündigten Widerstand für die Leichtathletik-WM in Berlin vom 15. bis 23. August mit vielfältigen Aktionen an.

„«Als Geschädigte fühlen wir uns dafür verantwortlich, den Sport nicht in den alten Mustern weiterzuführen», sagte die frühere DDR-Sprinterin Ines Geipel in einem Gespräch mit dem «Deutschlandfunk». «Wir wissen, welcher Preis dafür bezahlt wird und wie viele Opfer er erzeugt.»“ (dpa, 26.4.2009, dradio: „Persilschein fürs Dopen“)

Der Doping Opfer Hilfe-Verein wandte sich mit einer >>> Petition an den Deutschen Bundestag, die aufgrund einer Stellungnahme des BMI, in der das Ministerium sich selbst entlastete, im Petitionsausschuss nicht weiter behandelt wurde. (BMI-Stellungnahme zur DOH-Petition)

Zwei der Trainer, die unterschrieben hatten, waren etwas später zu Äußerungen gegenüber Pressevertretern bereit. Klaus Schneider wird in der Süddeutschen Zeitung wie folgt vorgestellt:

Noch vor einem Jahr hätte er keine Silbe über seinen Job im DDR-Dopingsystem gesagt. „Sonst hätten sie mir im DLV meinen Arbeitsvertrag vorhalten können und sagen, das reicht und tschüss.“ (…)Er nahm Rahmentrainingspläne entgegen, Tabletten, Dosierungsanweisungen der Sportmedizin, und gestaltete damit seine Einheiten so, wie er es für jeden einzelnen seiner Athleten für richtig hielt. Er sagt, er habe seinen Leuten erklärt, dass die Leberwerte regelmäßig überprüft werden müssten, wenn sie die blauen Tabletten nähmen. „Von anderen möglichen Nebenwirkungen haben wir Trainer nichts gewusst.“ (…) Bald saß Schneider vor Funktionären, die prüfen sollten, ob er die ethischen Voraussetzungen mitbrachte für eine Übernahme. Und Schneider verstand die Situation so, dass er für den Job über seinen Umgang mit den blauen Tabletten schweigen musste. Also schwieg er darüber? „Na sicher“, sagt Klaus Schneider schnell.
(…)
„Wer sich von den früheren Spitzenathleten hinstellt in der Leichtathletik, ganz konkret im Wurf, und sagt: Ich wusste nichts, ich wurde zwangsgedopt – der lügt.“ (…) Ob er sich schuldig fühle wegen der Dopingsache? „Das würde ich schon sagen. Also moralisch. Irgendwo waren wir ja in einer Verantwortung drinnen gewesen.“ SZ, 6.6.2009)

Rainer Pottel meinte

„von mir wurde niemand gezwungen, etwas zu nehmen. Die Entscheidung war jedem freigestellt“, „und jemand, der sich frei entscheidet, ist für mich kein Opfer. Insofern sind diejenigen, die in meiner Trainingsgruppe waren, keine Dopingopfer gewesen“. „Ich wusste, dass es gesundheitliche Probleme geben kann. Ich habe mich über Jahre dagegen entschieden. Aber irgendwann war der Punkt gekommen, wo ich gesagt habe, ich entscheide mich dafür.“ Er sei nie nach DDR-Doping gefragt worden, er sei auch nie von einer Dopingkommission überprüft worden. (sid, 27.4.2009)

Die beiden anderen im Focus stehenden Verbände Deutscher Schwimmverband und Deutscher Skiverband kamen auch nicht aus den Schlagzeilen. Besonders der Skiverband mit seinen Biathlontrainern Wilfried Bock und Frank Ullrich sah sich zum Handeln gezwungen. Eine Kommission wurde eingerichtet, die alsbald zu einem Urteil kam: Wilfried Bock ist als Stützpunkttrainer nicht mehr tragbar, Frank Ullrich kann weiter als Bundestrainer arbeiten. Eine Entscheidung, die einiges Unverständnis hervorrief, musste Ullrich doch von der Dopingpraxis gewusst haben, doch er bekam mildende Umstände angerechnet: „die Kommission sieht in seinem angeblichen Unwissen einen wohl unbewussten „Verdrängungsmechanismus“.“ (Doping wird verdrängt? Na und!) Ausführlichere Informationen zu dieser Entscheidung und Diskussion siehe hier: doping-archiv.de: der Abschlussbericht der DSV-Kommission „DDR-Doping“, 26.7.2009.

Norbert Warnatzsch, prominenter Schwimmtrainer wurde zwischenzeitlich ziemlich lautlos ins Abseits gestellt. Sein Vertrag als Stützpunkttrainer wurde nicht verlängert. Doch nicht dessen Dopingvergangenheit sei der Grund sondern die notwendige personelle und strukturelle Erneuerung des Verbandes. Zudem sei er niemals Angestellter des DSV gewesen (Deutschlandfunk, 13.04.2009) Die Präsidentin den DSV Christa Thiel sagte im Juli 2009 während der Schwimm-WM dann:

„Norbert Warnatzsch als Trainer von Britta Steffen ist von uns und dem Deutschen Olympischen Sportbund überprüft und für nicht belastet befunden worden.“ (sid, 30.7.2009, die Welt, 14.04.2009).

DIE DISKUSSION GEHT WEITER….

„Mit „sogenannten Doping-Opfern“ bekommt es nach eigener Einschätzung Udo Steiner, Vorsitzender von zwei Kommissionen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), häufig zu tun. Viele Leute stellten sich als Opfer des DDR-Dopings hin, obwohl sie gewusst hätten, dass sie Dopingmittel erhielten, sagte Steiner … Als Indiz nannte er die Angaben des heutigen Gewichtheber-Cheftrainers Frank Mantek, der in der DDR Anabolika bekam „. (FAZ, 23.7.09)

Frank Mantek:
„Ich bin Opfer, nicht Täter.“„Ich gebe der Regierung und der Sportführung der DDR die Schuld.“ (FAZ, 16.6.09)

Am 17.6.2009 diskutierte der Sportausschuss des Deutschen Bundestages darüber, wie in Zukunft mit dopingbelasteten ehemaligen DDR-Trainern zu verfahren sei. Die Antwort der Mehrheit, mit Ausnahme von Winfrid Herrmann (Bündnis90/Die Grünen) wurde rasch gefunden, die Trainererklärungen seien richtig und ausreichend, nach so vielen Jahren müsse Ruhe einkehren, niemand habe etwas falsch gemacht. Wer könne schon klären, wer Täter, wer Opfer gewesen sei? Sportler hätten doch gewusst, was sie da einnehmen. Obwohl moralisch-ethisch doch noch etwas aufzuarbeiten bliebe, so zumindest P. Danckert (SPD). Doch zu einem Runden Tisch ist wohl keine Seite mehr bereit, die Fronten scheinen endgültig verhärtet. (TAZ, 18.6.2009, Berl.Z., 18.6.2009, die Welt, 18.6.2009)

Am 30. Juni 2009 trafen sich die anerkannten DDR-Dopingopfer Andreas Krieger, Uwe Trömer, Bernd Richter und Ines Geipel mit Vertretern des DOSB wie Thomas Bach und Michael Vesper. Einen Tag zuvor veröffentlichten die Dopinggeschädigten ein Pressemitteilung, in der sie noch einmal ihre Standpunkte und Forderungen darlegten: PM Dopingopfer, 29.6.2009. DOSB-Vize zeigte sich daraufhin verärgert und fand das Vorgehen wenig zweckdienlich, doch später wurde die Atmosphäre des Treffen doch als freundlich bezeichnet. Einige Differenzen wurden ausgeräumt oder zumindest deren Lösung auf weitere Gespräche hin vertagt. Die künftige Zusammenarbeit betrifft die Aufarbeitung des DDR-Dopingsystems und eine möglicher Rente für Dopinggeschädigte. In der Problematik der Weiterbeschäftigung dopingbelasteter Trainer gab es jedoch keine Annäherung. Ines Geipel:

„Geipel: „Wir sind da sehr straight geblieben. Wir haben noch einmal unseren Standpunkt klargemacht, dass diese geständigen Trainer doch zumindest nicht mehr Bundestrainer sein können. Mein Eindruck ist, dass die Steiner-Kommission die Waschtrommel ist, aus der am Ende dann alle sauber herauskommen. Herr Bach und Herr Vesper haben allerdings klargemacht, dass es keine Pauschal-Amnestie gibt und die Einzelfälle genau geprüft werden. Mein Gefühl war, dass der DOSB mit der Handhabung auch nicht ganz glücklich ist, aber es auch um politische und juristische Detailfragen geht, so dass ein Umgang damit sehr komplex ist.“

„Es geht neben den Inhalten auch um Arbeitsrecht und Geld. Wenn man das bis in die Landesverbände durchbuchstabiert, kommen wenigstens 300 Trainer dabei heraus.“ Auch Vesper hätte bestätigt, dass es um wesentlich mehr Trainer ginge. (ARD, 1.7.2009)

Die ehemaligen Sportler kündigten erneut öffentlichkeitswirksame Aktionen anlässlich der WM in Berlin an (focus, 30.6.2009, dpa, 30.6.2009)

Kurze Zeit nach dem Treffen mit dem DOSB, am 6.7.2009 hatten Ines Geipel und Ute Krieger-Krause noch ein Gespräch mit Christoph Bergner, CDU.

Insgesamt empfanden die ehemaligen DDR-Athleten nach den Gesprächen eine Ernüchterung, Hoffnungen, dass die von Ihnen kritisierte ‚Medaillenrekord und Sieg-Mentalität‘ hinterfragt würde, wurden enttäuscht.

„Wir haben immer argumentiert, wir sind nicht das Problem oder eines der Probleme des Sportes, sondern wir sind Teil der Lösung. Für diese Sicht gibt es im Moment wenig Ansprechpartner, dennoch muss man sagen, in dem Gespräch Bach-Vesper konnte man zumindest in einigen Details Offenheit erfahren und was sicherlich der Wert des Gesprächs war, dass Uwe Trömer, Bernd Richter und Andreas Krieger mit ihren konkreten Geschichten, die sie auf den Tisch legten und man schon das Gefühl hatte, dass zumindest Herr Bach und auch Herr Vesper da sehr erreichbar waren. „

Andere Punkte, wie eine Rente für Schwerstgeschädigte, ein Beratungsstelle usw. wurden eher abgeschmettert, so zumindest war das Fazit des Gesprächs mit Bergner. Ein Gespräch mit Minister Schäuble steht daher ganz oben auf der Prioritätenliste der streitbaren Dopingopfer. Unterschiedliche Verständniswelten zeigten sich auch in Anderem:

„Was ich tatsächlich sehr erstaunlich fand, bei der Prävention hatte Herr Bergner den glorreichen Einfall, wörtlich, die Opfer als abschreckende Beispiele durchs Land zu schicken. Da waren Ute Krause und ich… doch sehr irritiert über so einen Gedanken.“ (dradio: Gespräch mit Schriftstellerin Ines Geipel zur Zukunft der Dopinggeschädigten).

AUGUST 2009, LEICHTATHLETIK-WM

Anlässlich der Leichtathletik-WM in Berlin, August 2009, wandten sich noch einmal eine Reihe von DDR-Dopingopfern an Innenminister Schäuble mit einem eindringlichen Appel zum Umdenken:

“ Es fehlt nicht an traurigen Bilanzen, auch nicht an Ränkespielen, wenn es etwa um arbeitsrechtliche Belange belasteter Trainer geht. Wir fordern Sie noch einmal mit allem Nachdruck auf, Ihre Entscheidung in dieser Causa zurückzunehmen! Das ist ein Irrweg. Doch der kranke Sport braucht mehr noch als diese Revision. Er braucht wirkliche politische Verantwortung, mit einer klaren Haltung und mit Konsequenz. Bitte handeln Sie! Jetzt! “ (der Offene Brief vom 12.8.2009)

Neben dem Offenen Brief an Wolfgang Schäuble wandten sich die Dopingopfer, vertreten durch den Doping-Opfer-Hilfe-Verein DOH mit einer Aktion an das Publikum der WM-Wettkämpfe. Damit wollten Sie das Thema im allgemeinen Bewusstsein halten. (Tagesspiegel, 20.8.2009: Wegsehen und hinhören)

Für Diskuswerfer Robert Harting, trainiert von Werner Goldmann, geriet dies zu einer Provokation, die er mit aggressiven Äußerungen gegenüber den Dopingopfern kommentierte und die weitgehend in der medialen Öffentlichkeit auf Unverständnis und Widerspruch stießen. Der DLV sah sich zu einer Erklärung veranlasst und kündigte nach der WM Gespräche mit Harting, der sich kurze Zeit darauf den Weltmeistertitel holte, an. Allerdings hat dieses angekündigte Gespräch wohl nie stattgefunden. Harting: „“Es macht auch keinen Sinn, sich wegen der Vergangenheit an einen Tisch zu setzen. Für Kaffeekränzchen habe ich keine Zeit“. (Spox, 16.12.2009)

Am 20. September 2009 gab der DLV auf seiner Spitzensporttagung in Kienbaum bekannt, dass Werner Goldmann ab sofort wieder als Diskustrainer der Frauen arbeiten wird (dpa, 20.9.2009).

2012 gehörte Trainer Goldmann wieder dem deutschen Olympiateam an.

GOLDMANNS MEINUNG

1963: Johanna Sperling, DDR-Rudertrainerin,
bittet ihre Sportlerinnen eindringlich keinerlei Mittel zu nehmen

Johanna Sperling bekam gemeinsam mit Henner Misersky, Horst Klehr und Hansjörg Kofink die Heidi-Krieger-Medaille 2009 des DOH verliehen. Damit wurde deren unbeugsame Antidoping-Haltung gewürdigt. (FAZ, 21.8.2009)

Dieser Eklat lenkte den Blick auch wieder auf Werner Goldmann und auf die weiterhin ungelöste, vor sich hin köchelnde Diskussion um den Umgang mit ehemaligen dopingbelasteten DDR-Trainern. Dazu befragt, wich dieser aus und verweigerte eine Diskussion, er machte jedoch deutlich, dass er an einer offenen Aufarbeitung seiner Vergangenheit kein Interesse hat. FAZ, 20.8.2009, Interview mit Goldmann:

FAZ: Sie stehen im Mittelpunkt dieser Kontroverse. Es geht um Trainer, die aus dem DDR-Sport mit seinem Doping-System kommen, von Zeugen wie Jacobs beschuldigt werden, und die sich nicht dazu äußern. Gibt es Doping-Opfer aus Ihrer Vergangenheit?

Goldmann: Das kennen Sie doch alles. Darüber brauchen wir nicht zu sprechen.

FAZ: Sie haben sich darüber nie geäußert.#Goldmann: Ich habe keine Lust und keinen Bedarf, über die Vergangenheit zu reden. Es gibt genügend Literatur zu dem Thema. Ich empfinde es als respektlos gegenüber dem Athleten, der gerade Weltmeister geworden ist, dass Sie nicht nach seinem Wettkampf fragen, den er sensationell beendet hat, sondern nach einer Zeit, zu der er nicht einmal geboren war. (…)

FAZ: Haben Sie das, was über Sie veröffentlicht wurde, ausgeblendet?

Goldmann: Das kann man nicht. Man hört es und man sieht es, und alles andere wird einem zugetragen. Das wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Probleme kann man nicht ausblenden, man muss sie lösen.

FAZ: Was ist Ihre Lösung?

Goldmann: Ich interessiere mich nicht mehr dafür, was über mich veröffentlicht wird. Nur so kann ich für meine Athleten der Trainer sein, den sie brauchen.

FAZ: Sie sagen, Sie arbeiteten nicht mit Doping…

Goldmann: Das können Sie glauben. Ich arbeite seit 19 Jahren in diesem Sportsystem. In der DDR war ich vorher 14 Jahre Trainer. Ich habe viel länger dieses System unterstützt; ich arbeite an vorderster Front. Doping wäre für mich ein Kündigungsgrund. (…)

Monika 2009, Ergänzungen