BRD/DDR Dokumente, Protokolle, Berichte, Texte
Offener Brief an den DOSB von E. Franke, Geipel, Kofink, Treutlein
zu E. Giengers Anabolika-Äußerungen 13.5.2006
E. Gienger, FAZ 13.5.2006:
FAZ: Professor Klümper hat offenbar Wachstumshormon eingesetzt; jedenfalls hat er es sich nachweislich 1991 von einer Apotheke liefern lassen und Jahre später versucht, es beim Deutschen Sportbund abzurechnen.G.: Für Wachstumshormon gibt es offensichtlich medizinische Indikationen. Ich weiß auch nicht, ob es damals schon auf dem Index stand. Das ist schon eine Weile her.
FAZ: Fünfzehn Jahre.
G.: Ich habe mich damit nicht beschäftigt.
FAZ: Sie haben 1997 eine Anzeige initiiert, in der Sie und eine Reihe von Spitzensportlern Professor Klümper gegen Neid und Mißgunst in Schutz genommen haben.
G.: Wir haben das als Patienten getan als Dank für seinen Einsatz für unsere Gesundheit, daß er uns eine Behandlung hat angedeihen lassen, die half, und er seine ganze Energie in unsere Knochen gesteckt hat.
FAZ: Ging es nicht darum, daß er Ihre Leistung gesteigert hat?
G.: Bei Turnern geht das sowieso nicht.(…) Professor Klümper hat uns geholfen, insbesondere nach Verletzungen gesund zu werden, schneller in den Trainingsprozeß zurückzukehren, um entsprechend gut vorbereitet bei großen Meisterschaften antreten zu können. (…) Ich bekam nach einer Operation für circa acht Tage ein Anabolikum, nachdem mein Bein von einem auf den anderen Tag sechs Zentimeter weniger Umfang aufwies. (…)
Seit Gründung des DOSB im Jahr 2006 ist Eberhard Gienger, erfolgreicher westdeutscher Turner in den 70er Jahren, DOSB-Vizepräsident Ressort Leistungssport. Vor seiner Wahl gab er in einem Interview (erneut) zu, während seiner aktiven Zeit einmal anabole Steroide erhalten zu haben. Für ihn war das kein Doping sondern eine medizinische Indikation. Zudem brächte Doping im Turnen nichts. Gienger war ‚bekennender‘ Patient des Sportarztes Armin Klümper gewesen.
Nach heftiger öffentlicher Kritik seiner Äußerungen, nahm er die Anabolika zurück und sprach nur noch von ‚anabol-loges‘, einem Vitaminpräparat. Dabei scheint er aber vergessen zu haben, dass er bereits früher zugegeben hatte, 1974 Fortabol erhalten zu haben.
youtube: Eberhard Gienger und sein berühmter Gienger-Salto zum Doping: „es war kein Anabolikum…!“
Von August 2006 bis Juli 2008 vertrat Gienger den DOSB im Kuratorium der neu gegründeten deutschen Antidoping-Agentur. Als Dank für sein Engagement erhielt er am 23. März 2009 den >>> NADA-KRISTALL.
Nachdem zwar in der Presse Giengers Interview rege kommentiert wurde von Seiten des DOSB aber keinerlei Reaktionen kamen, meldeten sich Franke, Geipel, Kofink und Treutlein mit einem Offenen Brief (s.a. Berliner Zeitung, 19.5.2006:
der Offene Brief im Wortlaut
Erklärung
Mit seinem über die Medien verbreiteten Geständnis zum Umgang mit Anabolika hat der designierte Vizepräsident Leistungssport im neuen Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) die Öffentlichkeit schockiert. Mit seiner eigenwilligen Interpretation, wann Anabolika erlaubt gewesen seien und wann nicht, düpiert der ehemalige Turnweltmeister die Fachwelt,.
Weder heute noch in den siebziger Jahre machte die Beurteilung von anabolen Steroiden eine Unterschied zwischen Training und Wettkampf; sie waren bereits seit 1970 durch die IAAF und seit 1974 durch das IOC ausdrücklich und namentlich verboten.
Beunruhigen muss jeden, der die Gründung des DOSB mit Interesse begleitet, dass es zu diesen unhaltbaren Äußerungen des zukünftigen Chefs des deutschen Hochleistungssports bis jetzt keinen einzigen Kommentar aus der Welt des Sports gibt, dafür zwei aus der Sportmedizin, die in ihrer Beurteilung der medizinischen Indikation von anabolen Stereoiden genau das Spannungsverhältnis wiedergeben, das seit 40 Jahren die Haltung der deutschen Sportmedizin zu Doping kennzeichnet.
Die Neugründung des Deutschen Olympischen Sportbundes kann und will nicht nur eine Bündelung der Organisation des freien Sports in Deutschland sein. Der neue Name und das neu geschaffene Ressort ‚Bildung und Olympische Erziehung‘ signalisieren ausdrücklich das Bekenntnis zur Olympischen Idee und einen Anspruch auf kulturelle und gesellschaftliche Relevanz.
Welchen Wert haben solche Bekenntnisse und Signale?
Am 10. Mai dieses Jahres legte der IOC-Präsident J. Rogge in seiner Welt-Ethos-Rede in Tübingen ein eindrucksvolles Bekenntnis zur Ethik im Sport ab. Zwei Tage später plaudert der künftig wichtigste Mann des deutschen Hochleistungssports aus seiner Vergangenheit und hinterlässt Unverständnis.
Was gilt nun und wohin geht der Weg des DOSB?
Prof. Dr. Elk Franke
Prof. Ines Geipel
Hansjörg Kofink
Prof. Dr. Gerhard Treutlein