>>> Doping im deutschen Radsport 1970 – 1989
Doping im deutschen Radsport in den 1950er bis 1960er Jahren
Gedopt wurde in den 1960er Jahren in fast allen Sportarten. Doch in kaum einer anderen Disziplin scheint der Griff nach Medikamenten und Drogen so durchgängig, so selbstverständlich gewesen zu sein, wie im Radsport. Das betraf vor allem den Profibereich, doch legen die Vorkommnisse bei internationalen Wettkämpfen wie Europameisterschaften und Olympische Spiele den Schluss nahe, dass auch die Amateure sich medikamentös aufrüsteten.
Viele Schilderungen der Dopingkultur im Radsport beziehen sich im Allgemeinen auf die Situation im europäischen Radsport, insbesondere auf Frankreich, Belgien und die Niederlande. Überwiegend geht es um den Profiradsport, doch immer wieder zeigen Berichte, dass auch der Amateursport vom Doping betroffen war. Geht man an die Wurzeln des Radsports, in die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg, kommt man nicht umhin den deutschen Radsport, der zur damaligen Zeit eine führende Rolle in Europa einnahm, intensiver in die Analyse der Dopingkultur mit einzubeziehen.
Andererseits setzte sich immer mehr die hehre Idee des Amateursports und damit eine radikale Ablehnung des Dopings durch – zumindest in der Öffentlichkeit. 1956 nahm der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) erstmals Dopingbestimmungen in sein Reglement auf, allerdings ohne bestimmte Dopingsubstanzen beim Namen zu nennen. „Lange Jahre wurde ganz unbefangen weiter gedopt. Bis heute zeigt das Verhalten von Funktionären und Sportlern, dass es lange gebraucht hat, um ein Unrechtsbewusstsein zu entwickeln“, resümiert Krüger. Dass es dazu kam, sei gerade der Verwischung der Grenzen zwischen Profis und Amateuren zu verdanken. Als diese sich aufweichten, hätten die radikaleren Richtlinien der Amateure, festgelegt in den konsequenten Bestimmungen des IOC, auch im Profisport Einzug gehalten.“
(idw, 12.11.2003)
Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gilt: „Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte nahtlos an die medizinische Forschung vergangener Jahre angeknüpft werden. „Es ist eine Tatsache, dass nach jedem Krieg der Gebrauch von Dopingmitteln vor allem im Radsport erheblich anstieg und dass diejenigen Substanzen zur Anwendung kamen, die vorher von den Soldaten quasi getestet wurden – Amphetamine, aber beispielsweise auch Kokain“, berichtet der Sporthistoriker [Prof. Michael Krüger]. (idw, 12.11.2003)
Amphetamine und Kokain wurden z. B. 1944 noch für einen speziellen Koktail getestet, der Soldaten in den letzten Kriegsmonaten neue Kräfte geben sollte.
Nach monatelanger Arbeit im Labor der Universität Kiel glaubte Orzechowski schließlich, eine einsatzfähige Pille gefunden zu haben. Eine D-IX-Tablette enthielt fünf Milligramm Kokain, drei Milligramm Pervitin, fünf Milligramm Eukodal (ein schmerzstillendes Morphinpräparat) sowie ein synthetisches Kokain der Firma Merck. Letzteres hatten schon im Ersten Weltkrieg Jagdflieger als Durchhaltedroge geschluckt. … Es waren Gefangene des KZs Sachsenhausen, die ab November 1944 für das Experiment herhalten mussten. Kemper: „Ziel der Untersuchungen war, die Belastbarkeitsgrenzen des Menschen durch D-IX neu zu definieren.“ Laut „Ärztlichem Kriegs-Tagebuch“ kamen einzelne Probanden bei ihrem Dauermarsch mit „2 bis 3 Ruhepausen“ pro Tag aus. Weiter heißt es: „Eindrucksvoll ist die Verringerung des Schlafes. Bei dieser Arzneiwirkung sind Veranlagung und Wille weitgehend ausgeschaltet.“ (Focus, 18.11.2002: Drogen an die Front)
Solch eine Kombination aus Kokain, Methylamphetamin und Morphin (auch Pot d’Adolf genannt) taucht in Variationen nach dem Zweiten Weltkrieg in der Radsportszene, vor allem in Belgien und Frankreich als >>> Pot belge auf.
1949 lässt die New York Times (1.10.1948) Dr. Christopher Woodward zu Wort kommen. Er gehörte während dieser Jahre dem britischen Radsport-Team als ‚official advisor‘ an. Im ‚cycling magazine‘ hatte er zuvor seine Beobachtungen während der Olympischen Spiele 1948 und den Weltmeisterschaften in Amsterdam veröffentlicht:
„I became suspicious that some competitors were receiving artificial stimulants at the Olympic Games. Two or three weeks later I was able to see things at closer range at the wolrd cycling championships at Amsterdam, where I spent some of my time on the inside of the track. Few other than our own team knew I was. Imagine my surprise, therefore when a garrulous foreigner surreptitiously tried to show me his pet concoction of strychnine, caffeine and Benzedrine … [drug use in sport] is more widespread than people think … I’ve visited Sweden and people there told me it was going on constantly.“ (zitiert nach Paul Dimeo, 2007, S. 54)
Die (west)deutsche Diskussion um das Thema Doping, um die Definitionen und das Für und Wider von Verbotslisten und Verboten stützt sich häufig auf Entwicklungen im nationalen aber insbesondere internationalen Radsport. Schwere auf Drogen zurück zu führende Stütze auch mit Todesfolge, hatten aufgeschreckt. So berichtete der Spiegel 1955 (s.u.) über den Sturz von Jean Mallejac, offenbar unter starkem Amphetamineinfluss und das auffällige Verhalten von Ferdi Kübler während der Tour de France-Etappe hinauf auf den Mont Ventoux. Es sind in den 50er Jahren schon Fälle bekannt, von Fahrern, Profis und Amateuren, die während Rennen sterben.
Medical comittee of the Fed. of Med. Sport-Examination Centres, Netherlands, 1961:
„From the data we gathered from these interviews it appears that there is hardly any cycle-racer (neither among the professionals nor among the amateurs, even not among the freshman) who does not use doping.“
( UNESCO 1964, Doping, S. 47)
International aufgeschreckt wurde man jedoch vor allem durch den Zusammenbruch und Tod von Knud Enmark Jensen während der Olympischen Spiele in Rom 1960. Auch wenn die Autopsie als Todesursache einen Sonnenstich festgestellt hatte, wurde sein Tod immer mit Amphetaminen in Zusammenhang gesehen. Frankreich und Belgien waren dann die ersten Länder (nach Italien, das bereits in den 50er Jahren polizeiliche Maßnahmen gegen Doping ergriff), die versuchten in den 1960er Jahren mittels Anti-Doping-Gesetzen und Kontrollen den Drogenmissbrauch im Sport und vor allem im Radsport einzudämmen. Aus Italien wurden Zahlen bekannt, wonach 1962 der Verband der Sportmediziner gemeinsam mit den Radsport- und dem Fußball-Verbänden Kontrollen auf Amphetamine durchführte. Waren nach den erschreckenden Zahlen über Doping im Fußball von Ottani aus dem Jahr 1961 nun die positiven Ergebnisse weit zurückgegangen, zeigte der Radsport einen hohen Aufputschmittel-Missbrauch.
„Das dies so ist, obwohl die Athleten über die Kontrollen informiert waren, beweist, dass Doping im Radsport tief verwurzelt ist, insbesondere durch die vollständige Ignoranz der Trainer und der Sportler selbst. Zudem zeigen die Erhebungen, die im Radsport, im Profibereich wie bei den Amateuren, durchgeführt wurden, das Problem in seinem ganzen Ausmaß und insbesondere im Radsport wurden die dramatischsten Fälle akuter und chronischer Vergiftung festgestellt.“ (Venerando, in ‚Doping‘, UNESCO-Seminar, 1965)
Auch der Europarat sah sich gezwungen initiativ zu werden (>>> mehr Infos).
frühe BDR-Antidoping-Regularien
Wettkampfbestimmungen des BDR 1963 (Ziffer 180):
„In Anbetracht der schweren Gefahr, welche für die Gesundheit der Fahrer entsteht, ist die Benutzung von Aufputschmitteln und Drogen, welche durch die Wissenschaft vornehmlich als schädlich bezeichnet werden, grundsätzlich verboten. Jedem Fahrer, der bei Benutzung dieser Mittel überrascht wird, oder dessen Speisen Reste dieser Mittel nachweisen, wird schonungslos und endgültig die Lizenz entzogen.“
(M. Krüger, Doping im Radsport, 2006)
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hatte bereits 1956 in seinen Wettkampfbestimmungen eine Ächtung des Dopings erlassen. 1963 präzisierte er diese und verlangte auch von der UCI schärfere Maßnahmen. Als einer der ersten Sportverbände Deutschlands führte er Doping-Kontrollen durch. Ab 1963 konnten nach „ärztlichen Untersuchungen“ beim „dringende[n] Verdacht für die Verwendung von Dopingmitteln […] zum Nachweis derselben im Organismus (Blut, Urin, Speichel etc.)“ (Ziffer 29 der Wettfahrbestimmungen des
BDR 1963) Dopingkontrollen vorgenommen werden.
„Die Auswahl der zu kontrollierenden Sportler wurde im Laufe der Zeit nicht mehr auf Verdacht hin getroffen, sondern nach den heute noch gängigen Kriterien der Platzierung und des Losentscheids (vgl. Radsport, 24, 12.6.1974). In den Regularien von 1968 wurden, als Reaktion auf zahlreiche derartige Vorfälle zum ersten Mal auch Athleten sanktioniert, welche die Dopingkontrolle verweigerten (Ziffer 29b). Des Weiteren wurde das Strafmaß präzisiert. War in den Bestimmungen des BDR von 1956 und 1963 pauschal von Lizenzentzug die Rede, so wurde mit den BDR Bestimmungen von 1968 (Ziffer 29b) ein differenzierter Strafenkatalog vorgelegt, der von einer einmonatigen Sperre beim ersten bis zu einer lebenslänglichen Sperre beim vierten Vergehen reichte.“ (Univ. Münster, Doping in Deutschland, S. 21)
Dopingpraxis im deutschen Radsport
Ob aufgrund dieser Bestimmungen und Kontrollen Fahrer überführt und sanktioniert wurden, ist mir nicht bekannt. Es liegen mir auch nur wenige Berichte aus Deutschland vor. Dies mag darauf zurück zu führen sein, dass der Radsport in Westdeutschland nach dem zweiten Weltkrieg ein eher kümmerliches Dasein fristete, obwohl es in den 1960er Jahren einige deutsche Fahrer wie Rudi Altig und Rolf Wolfshohl für Aufmerksamkeit und Begeisterung sorgten. Von Rudi Altig weiß man, dass er wie fast die gesamte Radsportelite der damaligen Zeit Doping gegenüber nicht abgeneigt war (siehe auch unten Zitate aus dem Stern vom 18.9.1966)
Österreich-Rundfahrt der Amateure 1964
„Der deutsche Radsportler Wilde weigerte sich, von dem leitenden Sportarzt untersucht zu werden. Es gab stürmische Szenen. Wilde wurde schließlich doch untersucht – und prompt disqualifiziert. Wegen Doping.Damit platzte die Mannschaft. Und Wilde wurde in Österreich für ein Jahr gesperrt.
„Für das nächste Jahr liegt aber schon wieder eine Einladung vor!“ Das sagt uns der Präsident des Deutschen Radsportverbandes, Walfried Ebert. „Es steht auch bis heute noch nicht fest, ob Wilde wirklich gedopt war“, sagte er auch. Wir hielten ihm vor: „Es steht fest, daß bei den Radsport-Profis in Deutschland Doping an der Tagesordnung ist. Glauben sie im Ernst, daß das bei den Amateuren anders ist?“
EBERT: „Das ist sicher anders. Höchstens werden Präparate genommen Vitamine und so weiter. Das kann man nicht als Doping bezeichnen.“Eine Minute vorher hatte Herr Ebert uns aber bestätigt, daß Wilde wegen Doping disqualifiziert worden ist. Ein Radsport-Amateur seines Verbandes.“
(Zeitung Nr. 18, 1964)
Es deutet vieles daraufhin, dass die deutschen Profiradsportler und auch Amateure die allgemeine Dopingpraxis nach dem ersten Weltkrieg ebenso verinnerlicht hatten, wie Fahrer anderer Nationen. Dies hält auch Eggers fest. Den HU-Forschern liegt eine unveröffentlichte Diplomarbeit aus dem Jahr 1958 vor, geschrieben von Jürgen Bliesener an der Sporthochschule Köln. Er befragte Kölner Berufsradfahrer nach deren Dopingpraxis. Die Fahrer benutzten das gesamte einschlägige Arsenal an Medikamenten und Drogen: Coramin, Cardiazol, Strychnin, Arsen, Sympatol, Ephedrin, Morphium, Kokain, Pervitin, Adrenalin, Testosteron und möglicherweise auch schon weitere anabole Steroide. Laut Bliesener war auch der Bund Deutscher Radfahrer über die Praxis informiert. Eggers zitiert Bliesener wie folgt:
„Die Frage (beim BDR) nach massiveren Mitteln wie z. B. Kokain, Pervitin, Arsen u.a. wurde sehr vorsichtig aufgenommen. Man könne nicht leugnen, dass sie hin und wieder Verwendung fänden, da sie aber verboten seien, schwiegen sich bei einem Dopingverdacht Trainer und Fahrer nachdrücklich darüber aus, um der Gefahr einer Disqualifikation zu entgehen. Man könne nichts dagegen unternehmen.“
Holger Schnell (G. Spitzer, Doping in Deutschland, 1950-1972, S. 108) zitiert 2013 ebenfalls ausführlich aus dieser Arbeit. Er stellte fest, dass sich die befragten Sportler („meist ehemalige und bekannte Kölner Berufsradfahrer“) Bliesener gegenüber weniger zurückhaltend gezeigt hätten, „Mittel wie Coramin, Cardiazol, Strychnin, Arsen, Sampatol, Ephedrin, Pervitin, Barbituralsäue und Kokain waren ihnen alle bekannt.“
Ähnliche Beobachtungen wurden von dem West-Berliner Arzt B. Kwiet 1955 beschrieben. So seien während der Rennen Pervitin, Nitroglycerin und Kokain sowohl bei Profis als auch Amateuren gebräuchlich. (Erik Eggers in ‚Doping in Deutschland, 1950-1972‘)
Neben diesen Substanzen, die überwiegend während der Rennen genommen wurden, unterzogen sich die Rennfahrer zusätzlichen Aufbaukuren während des Trainings. Meist mit Vitaminen, Calcium u. ä. Produkten, die ihnen mittels zahlreichen Injektionen verabreicht wurden. Der zusätzliche Einsatz von Stimulanzien während des Trainings war jedoch nicht ausgeschlossen.
Valentin Petry, in den 1950er Jahren bekannter deutscher Radprofi (6facher Deutscher Meister, Stehermeister, Sechstagefahrer), aktiv bis 1962, erzählte 1964 der ZEITUNG, Nr. 18, vom 21. Dezember, freimütig die alltägliche Praxis im Radsport:
„Da müßte man erst einmal feststellen, wo das normale Fitmachen anfängt und wo das Dopen anfängt. Vielleicht ist es am besten, wenn ich erzähle, wie es bei mir so war. Was ich da so im einzelnen bekommen habe, weiß ich selbst nicht genau. Wenn ich mich auf eine Saison vorbereite, dann suche ich mir erst einmal einen Betreuer. Einen guten Betreuer. …
Ich suche mir einen aus, von dem ich weiß: – der hat den und den fit gemacht, und der war dann sehr in Form und hat das und dieses Rennen gewonnen. Mit dem mache ich einen Vertrag. …
So ungefähr vier Wochen vor dem Start nimmt der mich dann in die Kur. Er ist den ganzen Tag um mich herum. Zuerst stellt er meinen Nahrungsfahrplan zusammen. Nur Rindfleisch, Geflügel und Kalbfleisch, möglichst nur gegrillt. Dann muß ich Tee trinken. Aus Faulbaumrinde. Zur Blutreinigung. … Während der Vorbereitung kriege ich auch Spritzen. … Das sind Geheimrezepte des Betreuers. Jeder hat da seine Rezepte und jeder sein System. … Ich sage: Vergifte mich bloß nicht mit dem Zeug. Die Antwort ist dann: Nur keine Sorge. Herum und den Hintern her. Und dann kriegt man das Zeug in den Balg. Und dann merkt man eben, daß man sich prima fühlt und daß man Bäume ausreißen könnte, und vor Kraft nicht mehr laufen kann. Und das ist ja die Hauptsache. … So ein Rennen ist lang. Wenn man da keine Reserven hat, dann kann man einpacken. …
Dann [wenn die Reserven verbraucht sind] fängt nach meiner Auffassung das richtige Doping an. Erst einmal kriegen wir dann Coffein. Das sind so kleine Kügelchen, und die schluckt man haufenweise. … Dann kommen erst die richtigen Sachen. Strychnin. Pervitin ist auch harmlos. Da gibt es viel härtere Sachen. Einmal habe ich Zäpfchen bekommen. Da habe ich mich gefühlt wie auf Wolken. Das war mir dann aber doch zuviel. Das Zeug will ich im Leben nicht mehr, habe ich später gesagt. Nicht, daß er immer die gleichen Mittel anwendet. Er hat ja vorher seinen Mann studiert. Viele Betreuer sind ja halbe Ärzte. …
Die [rezeptpflichtigen Mittel] kommen meist aus Belgien. Die belgischen Apotheker sind nicht so kleinlich wie die hier. In Belgien ist der Radsport ein Nationalsport. Ein Radsportler ist da ein Nationalheld. Der bekommt fast alles, was er will! … Und auch aus Frankreich. Es gibt da zahllose Sachen. Kombiniert aus Coffein und aus Strychnin. Und dann gibt’s Mittel, die die Adern erweitern. Daß der Blutkreislauf besser wird. Und dann auch solche, die einen die Anstrengungen und den Schmerz nicht spüren lassen. …
Richtig [habe ich] nicht [erlebt, daß einer süchtig wurde] . Aber manche haben das einfach gebraucht. Vor allem natürlich die, die nicht von Natur aus mit Kraftreserven ausgestattet gewesen sind. Ich bin sehr stark und habe nie viel Nachhilfe gebraucht. Aber manche brauchen es eben. Von Anfang an.“
Manfred Donike, von 1953 – 1962 selbst (geständiger) Profi-Radrennfahrer und später führender Dopingexperte Deutschlands gab an:
„Die Einnahme von stimulierenden Mitteln, zum Teil in Verbindung mit stark wirksamen Narkotika, war im Berufsradrennsport so verbreitet, dass in den Jahren 1960-1967 bei wichtigen Radrennen kein Berufsradrennfahrer ungedopt an den Start ging. Vielfach wurde schon im Training geschluckt, um sich an die ‚Renndosen’ zu gewöhnen.“ (zitiert nach Schänzer in >>> Gamper et al.)
„“Damals haben alle geschluckt, es war schrecklich.“ Besonders das Amphetamin hat Donike in übler Erinnerung. „Mein Herz schlug bis zum Hals, und ich konnte überhaupt nicht mehr schlafen.“ Das hat er dem „Dynamit“ nie verziehen.“ (der Spiegel, 24.5.1982)
Dieter Kemper, Anfang der 1960er Jahre kurz Straßenfahrer, dann bis in die 70er Jahre erfolgreicher Bahnfahrer erzählte 2007 folgenes:
„Der legendäre Gustav Kilian habe Kemper schon am Anfang seiner Karriere den Tipp gegeben: „Nimm vor dem Start eine Optalidon oder Aspirin mit schwarzem Tee – dann schwitzt Du besser. Das war nicht verboten gewesen, hat aber funktioniert.“ …
„Bei uns ging es damals eher darum, besser Luft zu bekommen. Deshab haben wir Ephedrin genommen, wenn wir mal vor einem Anstieg schlapp waren. Dann ging´s besser“. …
Ohnehin seien Bahnrennen weniger „dopinganfällig“ als Straßenrennen: „Sie müssen ja abends wieder in den Schlaf kommen. Da können man sich nicht vorher aufputschen“, erläutert Kemper. „Das geht auf Dauer nicht gut.“ Seine Erfahrung: „Alle, die gedopt haben, sind nach zwei bis drei Jahren weg vom Fenster. Eine lange Karriere mit Doping – das geht nicht.“ …
Bei Straßenrennen ging es heftiger zu: „In den 60er Jahren tauchten die Ersten bei uns im Feld mit Verbänden an den Armen auf“, erinnert sich Kemper. „Da waren aufgezogene Spritzen drunter. Die haben sich während der Fahrt je nach Bedarf selbst gespritzt.“ Neben … Mitteln, die mehr Luft bringen sollten, wurden auch Anti-Depressiva verabreicht. Doping-Hochburg war damals Belgien. „Da sind dann unsere Betreuer und Masseure hingefahren und haben sich eingedeckt.“
Es gab Rennställe, da ließen die Fahrer vor dem Start reihenweise die Hose runter zum Spritzen. „Ich habe gesehen, wie sich Fahrer durch die Radlerhose selbst in den Hinter gestochen haben“, sagt Kemper. Später seien dann die Anabolika aufgekommen, und Mittel, die Muskeln und Körper veränderten. „Das ging richtig auf die Gesundheit. Einer der ersten, die das damals nahmen, war Günther Haritz. Der ist mal mitten im Rennen aus der Westfalenhalle abgehauen.“… (WAZ, 23.5.2007)
1967 wird Kemper bei den Weltmeisterschaften in Amsterdam positiv auf Ephedrin getestet, hierzu beraten hatte ihn Prof. Armin Klümper (Berl. Z., 7.2.208).
Das die Dopingkultur bis in den Jugendbereich reichte, lässt folgendes Zitat vermuten. Werner Mohr, ein ehemaliger Jugendfahrer berichtete, wie er 1959 ohne Vorwarnung eine Tablette zu schlucken hatte:
„Wir sprechen über das Jahr 1959: Werner Mohr präsentiert ein Schwarz-Weiß-Bild, das ihn mit seinen Mannschaftskameraden zeigt. Als Zweiter der Badischen Jugendmeisterschaften in Ketsch hat sich das Team des RRC Endspurt Mannheim für die Deutschen Meisterschaften in Hannover qualifiziert. Der RRC Endspurt gehört in Deutschland zu den führenden Vereinen, holt Titel am Fließband. Namen wie die Altig-Brüder Willi und Rudi, Hans Mangold oder Bernd Rohr dominieren die deutsche Radsport-Szene. Willi Altig, heute Erster Vorsitzender des Klubs, hat gerade seine erste Weltmeisterschaft auf der Bahn gewonnen. Werner Mohr nimmt „nur“ an den Deutschen Meisterschaften teil. Und kommt mit Doping in Berührung. Kurz bevor in Hannover der Startschuss fällt, „schiebt mir mein Trainer eine Tablette direkt zwischen die Zähne“, erzählt Mohr. Der Trainer ist Albert Krappel, er lebt heute nicht mehr. Das Mannheimer Team gehört zu den Favoriten auf den nationalen Titel. Die Mannheimer Jugendfahrer fliegen nur so über die Straße. „Wir sind gefahren wie die jungen Herrgötter“, sagt Mohr. „Wir waren so schnell wie noch nie. Ich habe mich super gefühlt.“ Das Team des RRC Endspurt legt ein Höllentempo vor, fährt einen Schnitt von 53 Stundenkilometern. Doch nach 25 Kilometern wendet sich das Blatt. Werner Mohr ringt plötzlich nach Luft, kann kaum noch atmen. Schaum bildet sich vor seinem Mund, ihm wird übel. Schließlich fällt er vom Rad. Das Rennen ist für ihn beendet. Mohr ist Asthmatiker. Er führt den Vorfall auf jene Pille zurück, die ihm vor Rennbeginn verabreicht wurde. Der Lampertheimer wird vom so genannten Besenwagen zum Ziel gebracht, ein Arzt kann nichts Außergewöhnliches feststellen.“ (Main-Rheiner, 2.6.2007)
Dr. A. Klümper, in den 60er und 70er Jahren Radsportverbandsarzt (BDR) und 1975/76 verantwortlich für die Einführung eines Medikamentenplans einschl. Anabolika für die BDR-Kader, erläutert 1991 in der Stuttgarter Zeitung den jahrzehntelangen Umgang mit positiven Fahrern:
„Ich will Ihnen sagen, wie wir es in den 60er Jahren im Radsport gemacht haben, und das gilt immer noch. Ich habe den Fahrern erklärt, daß ich sie nicht in die Pfanne hauen und ihnen das Brot wegnehmen will, sondern daß ich sie davor bewahren will, vor die Hunde zu gehen.
StZ: Was bei Tom Simpson, der 1968 tot vom Rad gefallen ist, nicht geklappt hat.
Wir haben endlose Diskussionen gehabt, aber es war nichts zu machen, Ich kam einfach nicht an ihn ran. (…) Wenn wir unsere Amateure erwischt haben, dann haben wir das nicht an die Öffentlichkeit getragen, sondern verbandsintern reglementiert. Er hatte dann die Wahl, sein Fehlverhalten öffentlich zu gestehen oder sich eine dreimonatige Grippe zuzulegen.“
Siehe dazu auch Klümper im Interview mit dem SDR3, 1997 unten auf dieser Seite.
1977 wird Dr. Klümper in der Stuttgarter Zeitung wie folgt zitiert:
„Im Radsport „wurden Amphetamine, Ephedrine oder andere Stimulanzien verwendet, deren Gebrauch im Übrigen weitaus gefährlicher ist als Anabolika.“ „Heute wird in der bundesdeutschen Straßen-Nationalmannschaft kein Aufputschmittel mehr genommen.“ „Wir haben die Radfahrer überzeugt, daß sich über eine gezielte eiweißreiche Ernährung und über ein verbessertes technisches Training auch eine Leistungssteigerung erreichen läßt, die noch den Vorzug hat, völlig ungefährlich zu sein.“ (Stuttgarter Zeitung, 21.5.1977)
Das heißt wohl im Klartext, früher wurden diese Mittel genommen.
Festhalten lässt sich auf jeden Fall, die verbreitete Dopingkultur im Radsport war in den 1950er und 1960er Jahren weitgehend, auch öffentlich, kein Geheimnis.
Texte zur Dopingkultur/ -geschichte des Radsports
Ausführliches über die lange und enge Verbindung des Radsports mit Doping ist hier nachzulesen, es werden auch die Jahrzehnte nach den zweiten Weltkrieg näher betrachtet:
>>> doping-archiv.de: Doping-Geschichte des Radsports
1967 sah sich Karl Ziegler, Mitglied des Bundesausschusses zur Förderung des Leistungssports, ein Ausschuss des Deutschen Sportbundes DSB und ab 1969 Bundestrainer beim BDR veranlasst, die Geschichte des Dopings und die gegenwärtige Praxis im Radsport einer Tagung in Bad Boll ausführlicher darzustellen:
>>> Karl Ziegler, Vortrag ‚Doping im Sport
Darin heißt es u.a.:
„Verstehen wir uns richtig, die Champignons des Rades sind nicht die einzigen, die zu den Drogen Zuflucht nehmen, um ihre Kräfte zu steigern. Dieser Weg scheint in vielen Sportarten zur Gewohnheit zu werden. Vor allen Dingen bei den Sportarten, die eine Dauerbelastung fordern und an das Aushaltevermögen des Sportlers große Ansprüche stellen. Ich wiederhole, die Radfahrer sind nicht die einzig „Kriminellen“. Ich weiß, daß auch Eishockeyspieler vor einem ganz einfachen Spiel auf der Eisbahn in St. Viktor in Paris Tabletten schlucken. Zu ihrer Entschuldigung muß gesagt werden, falls man es überhaupt akzeptiert, daß experimentiert wird. Die Fahrer bestreiten zu viel Rennen, die ihnen eine Aktivität aufzwingen, die über ihre Kräfte geht. Während unserer Nachforschungen sagten sie uns: Die Strecken sind viel zu schnell geworden, und derjenige, der kein Doping nimmt, kommt nicht mehr mit. … Es gibt viele Fahrer, die sich in kleinem’und versteckten Maße dieser Mittel bedienen, aber an großen Tagen gibt es Betreuer, die Mittel und Injektionen an Fahrer verabreichen in solch großen Dosen, die selbst Spezialisten der Medizin erbleichen lassen. …
Es handelt sich aber nicht nur um Berufsfahrer, sondern auch um Amateure und hin und wieder um Anfänger, die die größten Risiken eingehen, um einen sinnlosen Sieg zu erringen. Ich könnte hier das moralische Problem des Gebrauchs von Dopingmitteln aufrollen und einen Appell an einen Fahrer, an den Nachbar oder die Loyalität richten. Aber dieser Appell wäre umsonst. Es wäre der Versuch einer Manifestation einer Moral, die heute nicht mehr da ist. …
Man hat neuerdings Listen über Doping herausgegeben, die den jetzigen Zustand im Sport nicht beseitigen werden. So lange Funktionäre Anordnungen der zuständigen Ärzte ignorieren und gedopte Amateure honorieren, wird jede Anstrengung zur Farce. Hier gilt es den Hebel anzusetzen. Wer als Amateur verstößt, muß die olympische Teilnahme und Weltmeisterschaft verwirkt haben, auch wenn die Verbände selbstständig sind. Wir kennen das unverständliche Phänomen, daß honorige Männer Dinge tun (bis zum Meineid) für ihren Verein oder Verband; wollen wir uns nichts vormachen: Da übersieht man gern einen Stich im Arm oder Gesäß, wenn nur der Erfolg eintritt.“
Ende der 1990er Jahre wird bekannt, dass um die 20 ehemalige deutsche Profiradsportler früh verstorben sind. Krebs, Herzversagen und Selbstmord waren die wichtigsten Ursachen. Betroffen waren u. a. Ernst Streng, Heinz Müller, Dieter Puschel und Klemens Großimlinghaus, erfolgreiche Fahrer in den 50 uner 60er Jahren (Berliner Zeitung, 18.10.1999). Neben den weit verbreiteten Amphetaminen hatten einige deutsche Fahrer ab den 60er Jahren auch schon Anabolika erhalten. Laut Dr. Gustav Raken, Radsportverbandsarzt Nordrhein-Westfalen, hatte es sich bei dabei um Decadurabolin gehandelt, welches sich Fahrer in den Monaten Februar bis Mai spritzten. Geliefert wurde es ihm und den Fahrern von Armin Klümper. Zu den Fahrern, die Anabolika während ihrer Karriere konsumierten, gehörte auch Rudi Altig, der 1977 vor der Grupe-Kommission die Einahme gestand und hier auch zugab, dass während seiner Zeit als Bundestrainer in den 1970er Jahren die Fahrer zu Anabolika griffen. Ob die gehäuften frühen Todesfälle mit Doping in Verbindung stehen, kann nicht einwandfrei behauptet werden, aber sie machen nachdenklich. (S.a. >>> Doping und Tod).
(1) E. Eggers: „Geschichtliche Aspekte in der präanabolen Phase“ Präsentation von Zwischenergebnissen des Teilprojektes an der Humboldt-Universität zu Berlin, Leipzig, 25. 10. 2010 (Manuskript) – „Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation“, Forschungsprojekt 2009-2012 initiiert durch den DOSB, beauftragt und gefördert durch das BISp
Bekannt gewordene Dopingfälle (nicht vollständig)
>>> deutsche Dopingvorfälle von 1955 bis 2012 (Version Juli 2015)
Radsport und die Diskussion des Dopingverbotes und der Dopingliste – Zitate
J. Keul, H. Reindell et al., 1966:
„Mehr und mehr wird über Schädigungen oder gar über Todesfälle nach Einnahme von Drogen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit berichtet. Wir waren bei den Radweltmeisterschaften 1961 Zeuge eines schweren Zusammenbruchs. Ein Rennfahrer torkelte mit dem Fahrrad und konnte kaum zum Untersuchungszeit geführt werden. Er war verwirrt und mußte wegen Unruhe auf einer Bahre angeschnallt werden. Es trat Erbrechen ein, Harn und Kot gingen ab, der Puls war so tachykard, daß er nicht mehr gezählt werden konnte. Es bestand eine schwere Zyanose. Klinikaufnahme war erforderlich, und dort konnten Amphetamine im Harn nachgewiesen werden.
In einem anderen Fall kam es bei einem Straßenrennfahrer, der ungefähr 120:-150 mg Dexedrine® (Dexamphetamin) genommen hatte, plötzlich zu einem schweren Zusammenbruch. Es traten Verwirrtheitzustände, schließlich Bewußtlosigkeit und Fieber auf. Vor diesem Zusammenbruch war der Athlet in unserer Klinik zur Untersuchung gewesen, und sämtliche Befunde waren normal. Nach dem Zusammenbruch fanden sich im Ekg pathologische Veränderungen (…). Ferner hatte sich die Leistungsfähigkeit verschlechtert. Vill […] und ebenfalls Gmeiner […] fanden schwere Ekg-Veränderungen nach Pervitinvergiftungen. Schönholzer […] berichtet über einen schweren Zusammenbruch mit epileptiformen Krämpfen bei einem Rennläufer nach Pervitineinnahme. Ferner verstarb ein Radrennfahrer an den Folgen einer Weckaminintoxikation bei den Radamateurmeisterschaften 1959 […].“
Prof. Manfred Steinbach, 1969:
„1962 wurde im italienischen Sport eine Anti-Doping-Kampagne gestartet, die niederschmetternde Ergebnisse ans Licht brachte. Bei den Radamateuren waren 50 Prozent der Untersuchten, bei den Fußballern immerhin 27 Prozent gedopt. Es gibt Stimmen, die 70 von 100 Fahrern der berühmt-berüchtigten „Tour de France“ Doping nachsagen. Gerade die Radfahrer dopen sich, um die gewaltigen Ausdauerstrapazen besser durchzustehen ebenso Langstreckenläufer, Langstreckenschwimmer und Ruderer. Boxer, Fallschirmspringer, Turmspringer und Motorrennfahrer greifen zur Droge, um fehlenden Mut aufzubringen. Springer, Werfer oder Gewichtheber nehmen Medikamente ein, die eventuell eine explosivkräftige Leistung und die Reaktionsgeschwindigkeit verbessern. Das gleiche beabsichtigen vor allem auch die Hundert-Meter-Läufer.
In erster Linie sind es die Ausdauer erhöhende Substanzen, die gesundheits- und lebensbedrohende Konsequenzen haben können. So brach bei den Radweltmeisterschaften 1961 in Bern ein Amateur der DDR mit Vergiftungserscheinungen zusammen. Die Untersuchung erbrachte einen Nachweis eingenommener Medikamente aus der Reihe der recht gefährlichen Amphetamine, zu der auch Pervitin gehört. … Das DopingProblem wurde in jüngster Zeit neu aktuell, als der englische Radprofi Tom Simpson auf der 13. Etappe der letzten „Tour de France“ während des Anstiegs zum Gipfel des 1900 Meter hohen Mont Ventoux total erschöpft vom Rade fiel und sterbend ins Krankenhaus eingeliefert wurde. „Die Tour gewinnt man nicht mit Wasser“, erklärte der dreifache Tour-Sieger Louison Bobet.“
Dr. Dirk Clasing, 1969:
Heyrodt und Weißenstein ließen 1940 einen trainierten Probanden sechs Wochen lang täglich bis zur Erschöpfung auf einem motorgetriebenen Laufband rennen. Gegenüber den Placeboversuchen kam es nach l5 mg Methamphetamin i. m. (insgesamt 9mal) zu einer erheblichen Leistungssteigerung, die jedoch mit nachträglichen Allgemeinbeschwerden wie Brennen hinter dem Sternum, Leibweh, plötzlichem Schwindelgefühl, mangelnder Konzentrationsfähigkeit und Koplschmerzen verbunden war. … ln den angeführten Untersuchungsreihen wurden die Substanzen in therapeutischen Dosen angewendet. Die von den Sportlern eingenommenen Dosen sind um ein vielfaches höher. Bei Radrennfahrern sind Gaben von mehr als 100 mg Amphetamin pro Tag nicht ungewöhnlich. ln einem der beschriebenen Zwischenfälle hatte der Straßenfahrer 120 – 150 mg Dexamphetamin genommen.
Den Beweis, daß die diskutierten Substanzen von den Ausdauersportlern vornehmlich den Radrennfahrern und Fußballspielern genommen werden, liefern uns die Ergebnisse von Antidopingkampagnen. ln der Bundesrepublik werden Dopingkontrollen erst seit 4 Jahren sporadisch durchgeführt. Da es keine Aufstellung über die Zahl der untersuchten Sportler und die positiven Befunde gibt, sind wir auf Angaben aus dem Ausland ange wiesen. 1955 wurden in ltalien bei einer Rast beim Straßenrennen von 35 Fahrern Urinproben entnommen. 5 erwiesen sich als positiv auf Amphetamin. Eine 1962 und 1963 ln ltalien durchgeführte Antidopingkampagne hatte erschreckende Ergebnisse. Selbst bei den Schülerstraßenmeisterschaften d€r Radrennfahrer wurde in 4 Fällen bei 28 kontrollierten Teilnehmern (128 insgesamt) eine positives Ergebnis erbracht. Von 30 kontrollierten Fahrern der Amateurmeisterschaften hatten 14 einen positiven Befund. Dirix berichtete 1966 auf dem 16. Weltkongreß für Sportmedizin in Hannover über die Ergebnisse der Antidopingkontrollen in Belgien im Jahre 1965. Bei insgesamt 254 Fahrern wurde der Urin auf Weckamine untersucht. ln 65 Fällen (25,5 %) wurde ein positives Ergebnis gefunden, mit 37 % hatten die Berufsradfahrer an dem Kollektiv den höchsten Anteil, es folgten mit 23 % die Amateure.
Presseartikel:
der Spiegel, 03.08.1955: Fahren mit Dynamit
„Selbst die abgebrühtesten motorisierten Tourbegleiter können sich nicht daran erinnern, daß jemals ein Abschnitt dieses drei Wochen dauernden Rennens grausamer war, als die Fahrt von Marseille nach Avignon über den 1912 Meter hohen Mont-Ventoux-Paß. …
Vor der Steigung hatte der Schweizer Ferdi Kübler, 36, Tour-de-France-Sieger des Jahres 1950 und Straßen-Weltmeister 1951, das gesamte Feld durch einen wilden Spurt abgehängt. Daraufhin hatte der französische Favorit Louison Bobet, 30, seinem Landsmann Geminiani, der sich als Teamkollege für den Sieg des stärksten Fahrers seiner Mannschaft aufopfern muß, die Weisung erteilt, er solle Kübler im Auge behalten. …
Zehn Kilometer vor dem höchsten Punkt des Passes begann Kübler komisch im Zickzack zu fahren. 500 Meter hinter ihm rollte bereits der von Motorrädern umschwärmte Franzosen – Liebling Louison Bobet heran.
Kübler kommt nicht vom Fleck: ein Fahrer nach dem anderen geht an ihm vorbei. Über die Abfahrt, die er sonst im 80 – Kilometer – Tempo hinunterschnurrte, tastete sich der 36jährige mit angezogenen Bremsen. Kübler wird angespornt: „Fahr doch, fahr doch!“ „Ich sehe nichts mehr!“ keucht er zurück. Der ausgehöhlte Gigant steigt vom Rad, legt sich in den Straßengraben, schüttet sich den Rest einer Mineralwasser-Flasche über den Kopf und flucht vor sich hin: „Schweine sind es, die das mit uns machen!“ …
Und draußen auf der Strecke lag zehn Kilometer vor der Paßhöhe der „Tour“-Zweite von 1953, Jean Malléjac, 27, im Straßengraben. Seine Augen waren geschlossen, aber mit einem Fuß, der immer noch an das Pedal geschnallt war, kurbelte er ruhelos weiter. Der „Tour“-Arzt Dr. Dumas brachte schließlich mit einer Kampfer-Injektion wieder etwas Leben in die erstarrten Züge des Bewußtlosen. Helfer wollten Malléjac auf eine Bahre legen. Plötzlich riß sich der Radfahrer los und schrie: „Laßt mich los, ich werde noch gewinnen!“ Man mußte den Tobenden auf der Bahre festschnallen und nach Avignon ins Krankenhaus transportieren. Während die Ärzte um Malléjacs Leben kämpften und als offizielle Erklärung des Kollapses verbreitet wurde, der Rennfahrer habe einen Hitzschlag erlitten, hatte sich Ferdi Kübler in seinem Hotelzimmer eingeschlossen. Klopfte jemand an die Tür, so brüllte Kübler scheinbar wirre Sätze zurück: „Ferdi wird bald explodieren, Ferdi ist mit Dynamit geladen!“ …“
die Zeit, 19.05.1966: Doping oder nicht; Skandal bei den Radprofis — Staatsgesetze bringen keine Lösung
Kommentar von Adolf Metzner zu der aktuellen Dopingdiskussion um Verbote und staatliche Regelungen angesichts der Antidopinggesetze in Frankreich und Belgien.
„Tour-de-France-Idol Jacques Anquetil hatte soeben die Radrundfahrt Lüttich—Bastogne— Lüttich mit fünf Minuten Vorsprung gewonnen. Umringt von den Fans, bahnte er sich den Weg zur Kabine. Dort wartete ein Herr auf ihn, der sich als Dr. med. Vebert auswies. Der Arzt wollte aber kein Autogramm, sondern er versuchte, dem Rundfahrtsieger ein leeres Uringlas in die Hand zu drücken, und bedeutete ihm, dies an diskretem Ort nach Kräften zu füllen. Doch gerade an diesen Kräften, so behauptete Anquetil wenigstens, fehle es ihm im Augenblick. Bei dem Vorgang handelte es sich um eine Doping-Kontrolle. …
Ob nun Anquetil wirklich aufputschende Mittel eingenommen hat, deren Nachweis er verhindern wollte, ist nicht bekannt. Eher scheint, daß der Tour-de-France-König gegen den nicht gerade würdevollen Durchführungsmodus des Gesetzes protestieren wollte, als er selbst in Belgien nicht bereit war, vom hohen Sockel eines heroischen Denkmals herabzusteigen, um auf Kommando zum „Manneken-Pis“ zu werden. Und so wuchs er in den Augen vieler Franzosen zu wahrhaft nationaler Größe empor, als er das dargebotene Uringlas zurückwies. Inzwischen hat Anquetil gegen die vor kurzem im Beisein der Mitglieder des Medizinalrates und des Justizrates vom Sportkomitee des Belgischen Radsportverbandes verhängte Strafe: Deklassierung, das heißt Streichung von der Siegerliste, und Zahlung einer Geldbuße von 10 000 Franken (etwa 800 Mark), Berufung eingelegt. Außerdem wird er eine Zivilklage gegen den belgischen Verband anstrengen. Da ein Pedaleur von Anquetils Gnaden ein wohlhabender Mann ist, verpflichtete er sich als Verteidiger keinen geringeren als den bekannten Pariser Staranwalt Maitre Floriot.
Aber nicht nur das französische Idol, auch das deutsche As Rudi Altig wurde mit derselben Strafe belegt, weil er sich bei der „Fleche Wallone“ ebenfalls nicht der Doping-Kontrolle unterzog. Gegen zwei andere Fahrer, den Italiener Adriano Durante, zweiter der Flandern-Rundfahrt, und den Belgier Noel Fore, wurde die gleiche Strafe verhängt, nicht aber, weil sie sich weigerten, eine Urinkontrolle vornehmen zu lassen, sondern weil bei ihnen tatsächlich die Einnahme verbotener Mittel, die als Doping gelten, nachgewiesen wurde. …“
der Stern, 18.9.1966: Der geleerte Weltmeister
„Weil der deutsche Pedal-Profi Rudi Altig (29) nach seinem Titelgewinn auf dem Nürburgring [28.8.1966] kein Wasser lassen konnte, verbannte ihn das Direktorium des Internationalen Radsportverbandes (UCI) für zwei Monate von der Piste – „wegen Umgehung der Doping-Kontrolle“. Mit der gleichen Begründung wurden auch die fünf Nächstplacierten der Straßenweltmeisterschaft streng bestraft: denn auch den Franzosen Anquetil, Poulidor und Stablinski sowie den Italienern Motta und Zilioli war es unmöglich auf Kommando zu urinieren“. … Die Fahrer erhoben Einspruch, Rennveranstalter protestierten gegen die Sperre der Spitzensportler. Doch die UCI-Kommission blieb bei ihrem Bannspruch: „Wenn sich Fahrer weigern für den Doping-Test zu urinieren, müssen wir hart durchgreifen. … Der Weltmeister erklärte dem STERN: „Gleich nach dem Rennen bin ich unter die Dusche gegangen. Und Sie wissen vielleicht, wie das ist, wenn das Wasser rhythmisch rauscht – dabei habe ich halt mein kleines Geschäftchen erledigt. Als im dann anschließend zu den Ärzten kam, konnte ich nicht schon wieder.“ … Des Weltmeisters Angebot, die Urinprobe „etwa zwei Stunden später zu Hause nachzuliefern“, wurde vom Ärzteteam zunächst akzeptiert. Man machte dann aber doch keinen Gebrauch davon“ (Altig).
Dr. Arnim Klümper (31) vom Sportmedizinischen Institut der Universität Freiburg, der zusammen mit Dr. van Dijk (Holland) und Dr. Dirix (Belgien) hinter dem Harn der Helden her war, bestätigte: „Der Weltmeister war wirklich guten Willens. Und wir hätten natürlich in Altigs Wohnung fahren können; aber wir wollten die Siegesfeier im Familienkreis nicht mit einem Röhrchen stören.“ Schließlich entschlossen sich die drei Mediziner zur Meldung der sechs wasserscheuen Fahrer an die UCI, weil allgemein der Eindruck entstehen mußte, daß es sich bei ihnen weniger um Nicht-Können als um Nicht-Wollen handelte“ (so der offizielle Bericht). … Die zweimonatige Sperre dürfte auch ihn selbst mehr als 100 000 Mark kosten. … Notfalls sollen die Penunzen deshalb auf dem Prozeßwege eingetrieben werden. Altig: „Der Pariser Staranwalt Floriot wird uns zu unserem Recht verhelfen.“ Dieser Optimismus ist begründet: Im Frühjahr hat Floriot den viermaligen Tour-de-France-Sieger Jacques Anquetil, der damals nach der Flandern-Rundfahrt wegen Doping-Verdacht disqualifiziert worden war, schon einmal rehabilitieren können.“
die Zeit, 11.11.1966: Der Sportler und die Droge
„Die Radrennfahrer, das ist durch zahlreiche überraschende Dopingkontrollen erwiesen, sind diejenigen, die am meisten zur Droge greifen. Das ist nichts Neues, schon vor dem Ersten Weltkriege wurde bei den Sechstagerennen, die in den USA entstanden, gedopt. Schon damals roch es in den Behelfskabinen nach Medikamenten. 1912, beim ersten Doping-„Symposion“, wurde auch von einem Referenten schon bekanntgegeben, welche Drogen sich in den „schnellen Pullen“ der Sechstagefahrer befanden. Es waren die Berufssportler, die das Doping einführten und speziell die Radrennfahrer, wenn man vom Turf und den Jockeys einmal absieht. Also dort, wo mehr oder weniger obskure Gestalten den Fahrern ihre fragwürdige Betreuung zukommen lassen, liegt das zwielichtig erhellte Feld des Dopings. Die Dopingkontrollen haben erwiesen, daß jeweils ein rundes Drittel der Fahrer bei einer Radrundfahrt oder einem Sechstagerennen „gedopt“ ist. Zwischen 14,2 Prozent und 46,6 Prozent schwanken die positiven Ergebnisse. In Gent 1965 waren es zum Beispiel 37 Prozent bei 212 Urinproben. …
Daß gerade beim Radrennsport das Dopingunwesen so grassiert, liegt sicher auch an den unphysiologischen Belastungen, denen bei diesem Sport, der schon stark von Geschäftsinteressen korrumpiert ist, die Fahrer unterworfen werden. Ein Sechstagerennen, jene Kombination von Rummel und Sport, dem sich ja nur Professionals hingeben, ist ein wirklicher „Stress“, ein einziger „Schlauch“, um das Wort einmal, das der Wiener Professor Selye, der heute in Kanada lebt, schuf, nach einem.Vorschlag von Prof. Heinrich Berg frei zu übersetzen. Erst recht ist die „Tour de France“, der man ja nicht umsonst den Beinamen „Tour der Leiden“ gab, ein richtiger „Schlauch“. …“
der Spiegel, 24.07.1967, Dynamit geladen
„Mit starren Augen und fahrigen Bewegungen zickzackte der Rennfahrer zum Gipfel des Mont Ventoux in den französischen Voralpen. Plötzlich fiel er vom Rad. Eine Stunde später war der englische Tour-de-France-Fahrer Tom Simpson, 29, tot.
In einer Tasche seines Trikots steckten zwei Röhrchen, eines war leer. Es hatte das aufputschende Mittel „Onidrine“ enthalten.
„Seit 50 Jahren schlucken die Fahrer Aufputschmittel“, erläuterte der französische Rad-Star Jacques Anquetil. „Es geht auch ohne Doping — aber nur mit 25 Stundenkilometern.“ Doch sogar den Zeitplan der Tour stellten die Veranstalter auf einen Schnitt von 37 Stundenkilometern ab.
Vor allem eine zusätzliche Kreislauf-Belastung von mehr als 20 Hitzegraden halten Pillen- und Pulver-Athleten vielfach nicht mehr aus. 1955 bei der Straßen-Weltmeisterschaft in Frascati bei Rom kletterte die Temperatur auf 35 Grad. Das gesamte DDR-Kollektiv fiel aus dem Sattel. …
Die meisten Länder, darunter auch Deutschland, haben das Doping verboten. In Frankreich drohen Drogensündern bis zu 4000 Mark Geldstrafe und maximal zwei Jahre Gefängnis. Doch kein Verbot dämmte die Pillenpest ein.
Auch nach Simpsons Tod, fürchtete die französische Zeitung „L’Aurore“, „wäre es vergeblich zu glauben, daß die Fahrer von sich aus verzichten werden.““
der Stern, 30.7.1967: Gift zum Siegen, Gift zum Sterben
„Der Tod des Radrennstars Tom Simpson warnt vor dem Mißbrauch leistungssteigernder Drogen im Sport“ Tourarzt Dr. Pierre Dumas … kennt sich wie kaum ein anderer Arzt in der Unsitte vieler Sportler aus, ihre Leistungen durch Doping (Einnehmen aufputschender Drogen) zu verbessern. Er weiß, daß an heißen Tagen schon geringe Aufputschmittel genügen, um einen Fahrer in der Hölle der Tour de France an den Rand des Todes zu bringen. Fast jeder Radprofi hat seine Pülverchen und Pillen, die ihn in Form halten sollen. Vom harmlosen Vitaminstoß bis zum gefährlichen Arsenikpräparat. Auch Tom Simpson, der seit Jahren im belgischen Gent zu Hause war, 1965 die Straßenweltmeistersmaft in San Sebastian gewann und seitdem mit einem Jahreseinkommen von 400 000 Mark zu den Spitzenstars im Radsportzirkus gehörte, hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, daß er sich mit Doping-Mitteln fit hielt. Vor fünf Jahren gestand er dem Sternredakteur Randolph Braumann freimütig: „Nur ein Überchampion kann ohne chemische Hilfsmittel die Strapazen des Radsports aushalten. Ich kann das nicht.“
Jeder Versuch, das Doping im Sport zu bekämpfen, ist bisher ein Schlag ins Wasser gewesen. Staatliche Verbote in Frankreich und Belgien haben ebensowenig ausgerichtet wie eine Empfehlung des Europarates in Straßburg, im Sport freiwillig auf aufputschende Medikamente zu verzichten. … Am weitesten hat Professor Ludwig Prokop von der Universität Wien den Vorhang über dem Doping-Unwesen im Sport gelüftet. … Manche Sportler kommen vom Doping nie mehr los. Der ehemalige belgische Straßenmeister Martin van Geneugden ist zehn Jahre nach seinem Rücktritt vom aktiven Sport immer noch süchtig. Er enthüllte jetzt, ihm gehe es wie einem Morphinisten. Um sich wirklich wohl zu fühlen, müsse er auch heute noch die aufputschenden Medikamente seiner Rennfahrerzeit zu sich nehmen. … „
der Spiegel, 21.07.1969: Griff zum Gift
„“Mehr als 1000 Fälle von Doping bei Radrennfahrern endeten tödlich“, glaubte der französische Präsident des Internationalen Sportärztebundes, Professor Chailley-Bert. Allein 1967 starben fünf namhafte Rennfahrer an der Giftladung am Lenker.
In der letzten Woche zog sich der erfolgreichste deutsche Fahrer, Rudi Altig, bei der Frankreich-Rundfahrt eine Strafe zu. Fünf Tests hatten nach Aussagen des Tour-Arztes Dr. Pierre Dumas in seinem Urin fünfmal die Rückstände von mindestens zwei Amphetamin-Drogen nachgewiesen.
Aber auch für andere Sportarten ist das chemische Zeitalter angebrochen. Doping-Skandale häuften sich im italienischen Fußball. „Einige Leichtathleten“, berichtete der frühere US-Zehnkampf-Weltrekordler Hussel Hodge, „geben dafür monatlich 120 bis 160 Mark aus.“ Sogar die Modernen Fünfkämpfer präparierten sich auf das Pistolenschießen — mit Alkohol.“
ZITAT PROF. DR. ARMIN KLÜMPER 1997:
Das folgende Zitat stammt aus einem Interview des SDR 3 vom 2.6.1997:
„Wir haben über Doping gesprochen, kannten sie Tom Simpson, das ist der Radrennfahrer, der ’67 vollgedopt bis zur Halskrause tot vom Rad fiel bei der Tour de France.
K: Ich habe ungefähr 23 Jahre den Radsport betreut und ich habe ja mit Herrn Dornike zusammen das erste Doping-Reglement der Welt überhaupt geschrieben 1960 und die ersten Doping-Kontrollen wurden im Radsport gemacht, insofern kannte ich also alle Professionellen und kannte auch Simpson sehr gut. Und ich habe auch einen längeren Schriftverkehr mit Simpson gehabt und ihn händeringend, weil ich wußte, welche Mengen an Amphetaminen und Menamphitamin er schluckte, doch bitte mit den Dosen herunterzugehen und jedesmal war die Antwort in seinen Briefen, ich bin ein Profi, ich kann mit meinem Körper machen, was ich will.
Was hatte der alles drin, als er tot vom Rad fiel?
K: So in etwa 120 zwischen 120 und 130 mg Amphetamine und Menamphitamine, das ist eine Dosis, die also, um es mal zu umschreiben, die würde, wenn beiden aufs Rad stiegen, wir fahren 10 km und nehmen die gleiche Menge ein, kommen wir nie am Ende der 10 km an.
Wir fallen auch vorher tot vom Rad!?
K: Ja.
War Simpson damals der einzige, der in dieser Größenordnung geschluckt hat?
K: In der Größenordnung war er der einzige, ja.
Aber geschluckt haben viele andere auch?
K: Selbstverständlich!
Auch deutsche Fahrer?
K: Paris nach Paris, wissen sie, das ist eine .. sie erkennen, wenn .., ich weiß nicht, ob sie die Tour de France einmal mitgemacht haben …
nur beobachtend …
K: Ich habe sie dreimal mitgemacht und sie erkennen also einen Fahrer, der in Paris losfährt und in Paris auch wieder ankommt nicht mehr. Das ist so strapaziös, daß sie den eigenen Mann nicht wiedererkennen.
Heißt das, daß man solch eine Riesenstrapaze ohne leistungsfördernde und leistungsteigernde Mittel gar nicht übersteht?
K: Genauso würde ich das sagen.
Auch heute?
K: Auch heute.
D. h. im Radsport, auch in der Tour de France wird kräftig gedopt und es ist nicht die Ausnahme. sondern die Regel?
K: Ob es noch die Regel ist, daß würde ich ein blßchen bezweifeln. Die Regel ist es vielleicht nicht mehr, aber scharf in der Nähe dieser, sagen wir mal, dieses Grades liegt es schon.
Aber was ist mit den Kontrollen? Wird da nicht kontrolliert?
K: Natürlich wird da kontrolliert.
Aber?
K: Nur mit dem Unterschied, daß die, weil gerade bei den Profirennen so eine Geschicklichkeit an den Tag gelegt haben, daß man eben keinen erwischt.
Dieser Kampf gegen Doping ist eigentlich auch reduzierbar auf den Umstand, daß es ein Athlet nach Möglichkeit so einrichten sollte, die Mittel so zu dosieren, daß hinterher nichts nachweisbar ist
K: Na, z. B. das kann man machen. Das ist der eine Weg. Der andere Weg ist der, daß von vornherein eine Pseudo-Doping-Probe gemacht wird, zur Beruhigung der Allgemeinheit, nicht, und dann, wenn das Rennen weiterläuft und die Tour de France wieder eine Etappe weiterfährt, dann schüttet man den Urin in den Straßengraben, dann ist die Sache erledigt Und von ähnlichen Dingen spricht man auch. Ich muß nur sagen, daß gleiche, wie sie das vorhin gesagt haben, spricht man auch bei den Olympiaden, daß ähnliche Dinge dort auch geschehen sind und daß deshalb auch die Sekretärin des Olympischen Komitees, die Französin, ihr Name fällt mir nicht ein, die mal ein bißchen darüber geplaudert hat, sofort den Posten verloren hat. Man weiß gar nicht, wo sie heute eigentlich geblieben ist. Sind sehr mysteriöse Dinge da. … „