BRD / DDR – Vergangenheit
das aktuelle Sportstudio: zwei TV-Diskussionen um Anabolika und Doping
5.3.1977 das aktuelle Sportstudio
Nach dem Bekanntwerden der Dopingmanipulationen vor und während der Olympischen Spiele in Montreal 1976 entbrannte in der Bundesrepublik eine heftige Diskussion über Doping, dabei insbesondere über die Rolle der Anabolika. Einen wichtigen Beitrag hierzu leistete Harry Valérien mit Diskussionsrunden im aktuellen Sportstudio. Im Gegensatz zu anderen Journalisten nahm Valérien selbst eine klare Antidoping-Haltung ein.
Die erste Sendung am 5. März 1977 kann in der Mediathek des ZDF angesehen werden:
>>> Diskussion im aktuellen Sportstudio am 5.3.1977, mit Brigitte Berendonk, Uwe Beyer und Liesel Westermann
Die zweite Sendung liegt mir nur als Wortprotokoll vor. Im Folgenden zitiere ich daraus. Über eine geplante weitere Sendung, von der während der Diskussion die Rede ist, liegen mir keine Informationen vor.
26.3.1977 das aktuelle Sportstudio
In dieser TV-Folgerunde im aktuellen Sportstudio mit Harry Valérien am 26. März 1977 diskutieren Brigitte Berendonk, Walter Schmidt, Manfred Ommer und Prof. Josef Keul.
Wortprotokoll
der Diskussion über pharmakologische Leistungsbeeinflussung im Sport am 26. März 1977 im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF
Valerien: Jetzt sind wir beim Hauptthema, bei der Diskussion „Zweite Runde Doping im Hochleistungssport“, wie ich es einmal vereinfacht nennen darf.
Wir erinnern für diejenigen, die beim ersten Mal vor drei Wochen am 5. März nicht dabei waren. Wir hatten eine Runde zusammengestellt, die manche etwas einseitig fanden. Aber sie war bewußt so zusammengestellt. Sie sehen auf dem Bilde links Brigitte Berendonk, die ehemalige deutsche Meisterin Kugelstoßen· und Diskuswerfen, die durch einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung (Der Sport geht über den Rubikon) diese ganze große heiße Diskussion eigentlich auslöste. Neben ihr die ehemalige Weltrekordlerin Liesel Westermann und ganz außen Uwe Beyer, der Olympiadritte, der Europameister im Hammerwerfen, der sich nicht qualifizieren konnte für Montreal. Wichtig, es waren sehr klare, offene Aussagen von diesen drei Gästen im Studio, die eigentlich mehr oder minder auf einer Linie lagen, daß also Anabolika, daß muskelbildende Hormone nicht gegeben werden sollten, weil es ein Betrug im Wettkampf sei, ein Betrug auch am Gegner, und es wird die Frage sein, ob wir heute, ich glaube es ist keine Frage, nicht doch zu ganz anderen Aussagen kommen dadurch, daß wir auch ganz andere Athleten eingeladen haben; vor allem einen bekannten, einen sehr führenden deutschen Sportmediziner, Prof. Dr. Josef Keul, der viermal Arzt war bei der deutschen Olympiamannschaft von 1964 an bis 1976. Neben ihm Walter Schmidt, der noch immer Inhaber ist des Weltrekordes im Hammerwerfen, der bei den Olympischen Spielen in Montreal zuletzt Fünfter geworden war. Dann Manfred Ommer, der Vizeeuropameister über 200m 1974 in Rom hinter Valeri Borsow. Er lief im gleichen Jahre zum ersten Mal 10,0 über die 100m.
Vielleicht sollte ich bei der Gelegenheit gleich sagen, daß Sie (Ommer) durch eine Veröffentlichung, es war ein Interview in der in Bonn erscheinenden Zeitung „DIE WELT“ mit der Schlagzeile „90 %der Nationalmannschaft der Leichtathletik schlucken und spritzen“ nicht nur ziemliches Aufsehen erregten, sondern eigentlich eine ganz neue harte Variante in dieses Gespräch, in diese Diskussion gebracht haben. Und zuletzt Frau Brigitte Berendonk, die, wie ich schon sagte, eigentlich die auslösende Person war durch ihren Artikel. Sie ist nicht alleine da, sondern es könnte der Fall eintreten, daß sowohl sie als auch die anderen passen müßten, wenn Prof. Dr. Keul zu irgendwelchen rein medizinischen Dingen käme. Dann hat sich Frau Berendonk ihren Mann sozusagen zur Seite gebeten. Es ist Prof. Dr. Werner Franke aus Heidelberg, Zell-Biologe. Er sitzt etwas abgesetzt dahinten. Es ist also für den Ernst- oder Notfall und Prof. Keul weiß das; er ist damit einverstanden.
…
Valerien:… Und ich möchte mit Walter Schmidt beginnen, er hat mich angerufen vor einigen Tagen. Er war eigentlich der einzige Athlet, der sich gemeldet hat und gesagt hat, ich beziehe eine völlig andere Einstellung oder Stellung als es Brigitte Berendonk und Uwe Beyer und Liesel Westermann getan haben. Bitte, Walter Schmidt, sagen sie, was sie denken.
Schmidt: Ich möchte also zuerst einmal sagen, daß solche Sache nicht geht, wenn man ein brisantes Problem der Sportwissenschaft und überhaupt der Sportwelt angeht, in dem man die Leute beleidigt, …, in dem man Beispiele zitiert, die nicht statistisch erwiesen sind. Ich möchte hierzu Bezug nehmen auf die beschriebenen Amokläufe z.B. des Ricky Bruch aus Schweden, den ich persönlich sehr gut kenne, der angeblich unter Anabolikawirkung schwere Depressionen gezeigt haben soll, außerdem die Flugzeugmannschaft des Flugzeuges sehr bedrängt haben soll, so ungefähr, das kann ich nicht mehr genau wiedergeben.
Valerien: Das hat Frau Berendonk nicht gesagt.
Schmidt: Ja, es steht aber auch in der Zeitung, ich habe nicht auf Frau Berendonk Bezug genommen, …das sind aber Tatsachen, die alle mit dem Artikel von Frau Berendonk in Beziehung stehen, und zwar wird alles durcheinander gewirbelt in der deutschen-Presse, d.h. die Dopingszene von normalen Aufputschmitteln, die den Kreislauf aufputschen, wird einfach mit uns in Beziehung gebracht, d.h. alles wird in einen Topf gewürfelt.
…
Berendonk: War das denn nicht bekannt, daß Anabolika auf der Dopingliste stehen?
Scbmidt: Doch es ist mir bekannt, daß Anabolika auf der Dopingliste stehen.
Berendonk: Also gehören sie doch alle in einen Topf, diejenigen, die auf der Liste stehen.
Schmidt: Ja, aber ich wende mich gegen den Ausdrtick „Betrüger“, und zwar wissen alle, daß wir das Zeug nehmen müssen, alle nehmen das, aus dem In- und Ausland.
…
Berendonk: Ja, wissen das wirklich alle Funktionäre die verantwortlich sind, alle Ehrenamtlichen?
Schmidt: Ja, wenn sie das noch nicht wissen, nach 10 Jahren, dann tun sie mir leid, ja. … es gibt für uns in der Zukunft drei Alternativen, d.h. 1. aufhören, 2. weitermachen ohne Anabolika, das würde bedeuten, daß wir nicht mehr gegen die russischen, die Russen antreten, die UdSSR, daß wir unseren ganzen Spitzensport in vielen Disziplinen, nicht nur in der Leichtathletik, in der Wurfdisziplin, sondern auch im Gewichtheben, in den Kampfsportarten usw., was alles noch nicht aufgedeckt ist, alles, den ganzen Laden praktisch zumachen müßten, etwas vulgär ausgedrückt.
Valerien: Ja, mit anderen Worten, Sie sind für Einnahme von Anabolika, weil Sie sonst nicht konkurrenzfähig sind.
Schmidt: Ja!
Valerien: Selbst auf die Gefahr hin, daß es irgendwelche Spätschäden geben könnte.
Schmidt: Ja, möchte ich sagen. Ich bin dafür, … Anabolika weiterzunehmen unter Kontrolle von Ärzten. … Und dann möchte ich noch dazu sagen, daß wir unsere Ärzte nicht als Helfershelfer gebraucht haben, daß sie nicht uns gezwungen haben, die Sache zu nehmen, so wurde es nämlich hingestellt in der Presse, sondern, daß wir unsere Ärzte gebeten haben, uns zu helfen, daß wir an den Olympischen Spielen teilnehmen können, wo wir schon 10 Jahre im Leistungssport sind und einfach nicht einsehen, daß wir zurückstehen sollen hinter Ländern des Ostens, weil das einzige Ziel eines Sportlers ist es, daß man an den Olympischen Spielen teilnimmt.
Valerien: Vielen Dank Walter Schmidt. Wir hätten an sich einen dritten Athleten in dieser Runde, Eduard Giray, den bekannten deutschen Ringer, aber er hat heute Abend einen Wettkampf in Freiburg gehabt, den er im übrigen gewann, wie ich hörte, aber er war bereit, sich vor unserer Fernsehkamera zu diesem Thema und zur Einnahme von Anabolika für sich selbst zu äußern.
Giray: Bei den Weltmeisterschaften und Europameisterschaften hat es bisher immer nur zu 4. oder 5. Plätzen gereicht und deswegen habe ich mich zur Vorbereitung auf die Spiele in Montreal erstmals dazu entschlossen, Anabolika zu nehmen. Nach den Spielen habe ich diese Präparate wieder vorerst abgesetzt und habe dabei also keinerlei Nebenwirkungen verspürt. Momentan bin ich nun dabei, mich auf das nächste Ziel der Europameisterschaften in der Türkei vorzubereiten und ein entsprechender Ernährungsplan werde ich in den nächsten Tagen von meinem Sportarzt erhalten. Ob dieser Ernährungsplan wieder Anabolika enthält, weiß ich noch nicht. Aber, um eine optimale Leistung zu erzielen, würde ich eventuell wieder darauf zurückgreifen.
Valerien: Kommen wir zu Manfred Ommer, dem Vizeeuropameister im Sprint über 200 m 1974. Manfred Ommer, ich habe eingangs erwähnt, Sie haben ein sehr offenes – das ist bekannt für Sie – Interview gegeben der Zeitung „Die Welt“ und haben dabei, ich greife nur zwei, drei Punkte heraus, gesagt, wenn ich auf den Trainingsplatz komme, dann kommen die, die gerade nicht mehr ausreichend Pillen haben, zu mir und sagen: „Du hast doch die Klamotten, mir sind sie ausgegangen, gib sie her“. Oder Sie haben gesagt, … „Ja, meinen Sie denn, wenn ich neben dem Russen Borsow am Startblock hocke, denke ich daran ihn zu betrügen? Ich will gewinnen und überlege höchstens, ob ich mit seinen Pillen vielleicht nicht noch schneller wäre. Und ich denke daran , daß ich der Sporthilfe vielleicht dankbar sein muß, weil sie mir ermöglicht, Chancengleichheit zu erreichen, schließlich ist das Zeug teuer.“
…
Ommer: … Die Chancengleichheit, die Sie eben ansprachen, zielt auf den möglichen Betrug hin. Nun ist es so, diese Mittel, die heute genommen werden, sind in der westlichen Welt von jedem Athleten zu bekommen. Die Ostblockstaaten arbeiten schon sehr viel länger mit diesen Mitteln. Das erfährt man auch von anderen Kollegen aus dem Ostblock. Die Situation ist, solange ich in der Nationalmannschaft bin, so, daß man auch über solche Dinge mit verschiedenen Athleten reden kann. Aus dem Grunde meine ich also, daß dadurch, daß ich mir diese Mittel verschaffe, ich Chancengleichheit herstelle, denn in anderen Ländern werden sie noch viel gezielter angewendet.
Dann, was mich weiterhin stört, ist zum Teil die Heuchelei verschiedener Funktionäre. Ich denke da besonders daran, daß man z.B. für Montreal Normen aufstellt, wie sie nur von ganz wenigen Athleten in der Welt erreicht werden. … Wenn man solche Normen setzt, darf man sich doch eigentlich nicht wundern, wenn der Athlet, der ja nun 4 Jahre lang trainiert, um bei Olympischen Spielen dabei zu sein, alles unternimmt, diese Normen zu erreichen, um die Teilnahme auch zu ermöglichen. Dann muß ich also ebenfalls was Walter Schmidt schon sagte, anfügen, daß ich persönlich überhaupt keine Nebenwirkungen nach der Einnahme von Anabolika verspürt habe. Ich fühle mich äußerst gesund. Ich bin vom Arzt laufend untersucht worden, es gibt keinerlei ärztliche Hinweise, daß Anabolika bei mir schädliche Wirkungen aufgezeigt haben. …
Und wollen Sie jetzt von einem Athleten erwarten, daß er sagt, na, es könnte ja sein, daß Schäden auftreten, also nehme ich keine Pillen und laufe jahrelang hinterher, obwohl er vielleicht genau vier, fünf oder sechs Stunden pro Tag trainiert wie andere Athleten. Das wird doch wohl bei einem Athleten, der um die 20 oder 25, wie es heute im Leistungssport üblich ist, kaum zu erwarten sein.
…
Prof. Keul: Ich darf eine Vorbemerkung dazu machen. Sie [B. Berendonk] haben mir in der Süddeutschen Zeitung ja eindrücklich vorgeworfen, daß ich mich dagegen wende, daß in die Doping-Bestimmungen bestimmte Verbote für die anabolen Hormone aufgenommen werden. Ich bin sehr erstaunt, woher Sie diese Informationen haben. Ich darf bemerken, daß wir bis 1969 im deutschen und im internationalen Sport Todesfälle hatten, schwere Zusammenbrücbe, mit schweren Herz-Kreislaufschäden [bezogen auf Amphetamine]. Es gibt eine Reihe von Befunden. Seitdem diese Doping-Bestimmungen gemacht worden sind, sie sind seit 1970 in Kraft, im wesentlichen von Sportmedizinern, im wesentlichen habe ich daran mitgearbeitet, und wir haben keinen einzigen Zwischenfall mehr. Ich frage mich, woher Sie die Sicherheit nehmen, so eine Aussage zu treffen. (Zwischenruf von Frau Berendonk). Ich will jetzt auf die Anabolika noch gesondert zurückkommen. Ich will nur zu dem Doping-Problem allgemein sagen. Man sollte doch die Dinge in wirklichen Relationen sehen. Die Wahrscheinlichkeit, daß jemand heute Doping nimmt, das belegen die Befunde von Dr. Donike, das belegen die Befunde, jetzt auf München bezogen, das belegen die Befunde von Montreal, liegen unter 1%. Ihr Mann wird mir zugestehen, daß Meßergebnisse aus dem biologischen Bereich bei 1 % etwas sind, was man im Laboratorium nie erzeugen kann. Also, wir können diese geringen Zahlen fast vernachlässigen, weil es sich zum Teil um Athleten handelt, die irrtümlicherweise irgendetwas genommen haben.
…
Nun, ich habe bereits im Jahre 1965 in einer Arbeit geschrieben, daß ich vor der Einnahme von Testosteron und anabolen Hormonen warne, weil diese Leberkrebs machen könnten. Ich habe mich daraufhin belehren lassen, ich habe dieses Zitat aus einem Buch, aus keiner Originalarbeit, entnommen und habe dieses Zitat dann nicht belegen können und habe auch feststellen müssen, daß es keine Befunde darüber gibt. Wir können heute feststellen, daß, falls diese Angaben überhaupt stimmen, daß so viele Sportler anabole Hormone nehmen, die bis heute, das ist eine Frage der Zahl – von 3 Fällen kann man ja keine Statistik machen -, aber, wenn es Tausende sind, die die Hormone einnehmen, müssen wir heute feststellen, daß geht seit 20 Jahren, …und seit diesem Zeitpunkt gibt es keinen Beleg, daß z.B. ein Gesunder einen Leberschaden hat oder Leberkrebs bekommen hat.
…
Es ist eine ganz entscheidende Frage der Dosis. Und diese Arbeiten, die vorliegen, sind in Dosen verabreicht worden, die ich bis heute auch in der Selbstmedikation, die ich für völlig übertrieben halte beim Sportler, nie erlebt habe.
…
… ich werde Ihnen jetzt genau sagen, was los ist. Wir haben in Freiburg eine umfassende Studie gemacht, und dabei haben wir eine Substanz verwandt, die man nur spritzen kann, weil über diese Substanz überhaupt keine Funktionsstörungen der Leber bekannt sind, und wir haben auch überhaupt keine gesehen. Und ich habe Athleten den Rat erteilt … falls sie ein Medikament verwenden, dann sollen sie diese Substanz verwenden und nicht eine Substanz, die ihnen irgendwelche Schäden bringt.
Valerien: Welche ist das? … Können Sie die nennen?
Prof. Keul: Decadorabolin als Handelsname, Nandrolondecanoat.
Valerien: Ist das kein Anabolika?
Prof. Keul: Das ist ein anaboles Hormon.
…
Valerien: Aber mit dem haben Sie die Athleten behandelt oder versorgt!
Prof. Keul: … Was heißt hier versorgt? … Es könnte sein, ich kann das nicht genau belegen. Ich habe vielleicht einmal auf ein Rezept geschrieben, damit der Athlet die Substanz weiß und nicht eine Substanz nimmt, die ich für schlecht halte, weil sie Leberfunktionsstörungen…
…
Berendonk: Darf ich mal was festhalten? Also, Herr Dr. Keul ist gegen Anabolika.
Prof. Keul: Ja!
Berendonk: Anabolika stehen auf der Dopingliste.
Schmidt: Auf welcher?
Valerien: Auf der für das IOC oder die Olympischen Spiele gültigen Liste.
Berendonk: Oder lAAF bzw. DLV. …
…
Dr. Franke: Der Rahmen ist etwas weiter zu sehen, als er hier gesehen ist. Ich will auf die Einzelheiten zur in den letzten Jahren sprunghaft ansteigenden Flut, kann man fast schon sagen, von generell hormonabhängigen Lebertumorbildungen verschiedener Art und anderer Leberkrankheitsbilder, die damit häufig verschwistert sind, hier nicht eingehen. Die Frage ist, wie ist das alles zu bewerten? Ich würde Herrn Keul ohne weiteres zugestehen, daß er sagt, die bisher speziell für diese Hormonklasse auf dem Tisch liegenden Befunde sind mir zu dürftig um da weitreichende Konsequenzen zu machen, das ist quantitativ noch nicht ausreichend. Es gibt aber Autoren, und die sind hier zitiert worden, die sogar expressis verbis, also mit direktem Bezug in der Diskussion ihrer Arbeiten, das sind bisher 7 Arbeiten mit einem Total von etwa 22 Autorennamen verbunden, diesen Schlüssel, gar, was für wissenschaftliche Arbeiten sehr erstaunlich ist, in Richtung Sport gemacht haben. Darüber kann man streiten, ob die Extension, die Ausbreitung von der Klinik darauf berechtigt ist. Immerhin aber, und das ist vielleicht ganz interessant für uns, ist es mal interessant zu erfahren, wie machen eigentlich andere Länder, wie denken diese, in dieser…
Und ich möchte nur mit einem Satz schließen. In einem Standardwerk von 1975 des National Cancer Instituts der USA über Krebsgefährdung in verschiedenen Bevölkerungsgruppen.
– Ich zitiere jetzt, ich will’s ganz kurz machen: „Andere Formen des Arzneimittelmißbrauches, wie z.B. die Verabreichung von anabolen Steroiden an Sportlern, sollten sofortige Maßnahmen veranlassen, entweder in Form einer besonderen Unterrichtung der Ärzte oder durch entsprechende Änderung der Arzneimittelvorschriften“.
Es folgen dann noch weitere Ausführungsbestimmungen dazu. Dies belegt zumindest eines, und zwar eindeutig, daß es verantwortliche Kreise gibt, die diese relative weite Verbreitung synthetischer Hormonpräparate bestimmter Molekülstrukturen, die dabei auch eine Rolle spielen, mit einiger Sorge betrachten und durchaus gewillt sind, schon konkrete Maßnahmen in Richtung auf ihre Verbreitung im Sport zu treffen. …
… (siehe hierzu W. Franke, Anabolika im Sport, April 1977)
Ommer: Vielleicht sollte gerade ich als Athlet doch die Sportärzte etwas in Schutz nehmen, und zwar aus folgendem Grunde: Ich bin jetzt 10 Jahre im Leistungssport drin und ich unterhalte mich tagtäglich mit anderen Athleten. Und das Problem ist einfach folgendes: Diese Athleten trainieren tagtäglich und wollen einfach nicht hinterherlaufen oder hinterherwerfen oder hinterherspringen. Und dann wissen sie, daß es eben Mittel gibt, die ihnen helfen könnten, den internationalen Standard zu erreichen. Und was machen diese Athleten? Diese Athleten besorgen sich eben, wie jetzt in diesem Falle, Anabolika, wenn man davon ausgeht, daß sie eine Leistungssteigerung bringen.
Und jetzt habe ich doch folgende Möglichkeit: Ich kann zu meinem Arzt gehen und kann ihn daraufhin ansprechen. Dann kann er mir sagen: „Ich differenziere mich von der ganzen Geschichte, ich will damit nichts zu tun haben“. Glauben Sie denn, daß der Athlet anschließend das Zeug wegwirft? Er wird auf eigene Faust versuchen, mit diesem Mittel klarzukommen.
Ich halte es doch für sehr viel sinnvoller, wenn der Arzt sich zwar nicht mit dieser Einnahme, …mit dieser Einnahme identisch zeigt, aber wenn er doch zumindest dafür da ist, diesem Athleten mit Rat und Tat und auch mit ärztlichen Untersuchungen zur Seite zu stehen und ihm den einen oder anderen Tip zu geben, damit er eben den Schaden, der womöglich auftaucht, möglichst gering hält. Denn ich glaube nicht, daß der Arzt verhindern kann daß dieser Athlet, und das behaupte ich von den meisten Athleten und das ist eben jetzt eine Sache aus der Erfahrung heraus, daß dieser Athlet bereit ist, auf die Mittel zu verzichten, so wie in Ihrer Sendung Uwe Beyer gesagt hat, um dann eben 6. oder 7. zu werden oder überhaupt hinterher zu laufen und wir weniger Medaillen haben.
Valerien: … ich muß sagen, ich verstehe Sie zwar menschlich, ich verstehe aber Ihre Argumentation deshalb nicht, weil Sie ja zweimal etwas tun, was doch eigentlich, ja, der Betrug schlechthin ist in der Sache.
Ommer: Worin liegt denn der Betrug?
…
Valerien: Ja, der Betrug liegt darin, daß Sie also eine Vorschrift liegen lassen, Sie hintergehen sie, und das zweite, daß Sie dann noch darauf zählen, daß Ihnen der Arzt doch Einsicht zeigen und Sie .mit den Mitteln versorgen sollte.
Ommer: … Wieso betrüge ich? … Diese Mittel sind für jeden Athleten zugänglich. Wenn ich darauf verzichte, bin ich in einem Endlauf, wo acht Mann nebeneinandersitzen, vielleicht der einzige, der diese Mittel nicht genommen hat. Und jetzt soll ich mir Gedanken darüber machen, daß ich hier einen Betrug begehe? Ich weiß doch von meinen Sprinterkollegen, daß fast alle diese Mittel nehmen, und wenn die erste Garde abtritt, dann-kommt die zweite Garde nach und hat vielleicht schon ganz andere Sachen im Koffer.
…
Ihre Zuschauer in der letzten Sendung haben applaudiert und haben gesagt: „Wunderbar“, als die Liesel Westermann, als Uwe Beyer mit dem Satz geschlossen hat: Wir werden dann eben keine Medaillen mehr machen, sondern hinterherlaufen. Daß das Publikum applaudiert. Das ist das gleiche Publikum, daß in den nächsten Wochen in dem Stadion sitzt, und sagt: Na, der Ommer ist wieder hinterhergerannt, wieso holt denn der keine Medaille? …
(tosender Applaus!)
…