1991 Testosteronforschung 1985-1990

Doping in der BRD 1980er Jahre

Testosteronforschung in der BRD 1985 bis 1990
Antwort der Bundesregierung vom 11.12.1991

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Auch der heutige Olympiaarzt Bernd Wohlfarth, auch Beiratsmitglied der NADA, hat als Student in Freiburg an der Testosteron-Studie teilgenommen und darüber seine Doktorarbeit geschrieben. (WAZ, 2.11.2012)

Wie ist die Testosteron-Forschung zu beurteilen, die in den 80er Jahren von einem prominenten Wissenschaftlerteam um Joseph Keul mit öffentlichen Geldern u. a. an Skilangläufern durchgeführt wurden? Nach Keul 1991 ging es darum zu überprüfen, ob „durch die Einnahme von Testosteron Funktionsstörungen oder gar Krankheiten bei Ausdauerleistungssportlern verhindert werden könnten, die als Folge einer unzureichenden Regenerationsphase mit Verminderung der Immunabwehr auftreten.“ War es Antidopingforschung oder genau das Gegenteil?

Nach Keul erbrachten die Ergebnisse keine positive Wirkung des Testosterons, daher sei das Hormon nicht als Substitutionsmedikament geeignet. Dieses sagte er 1991, nachdem die Forschung publik geworden war und heftig öffentlich kritisiert wurde. In einer mit der Studie verbundenen Dissertation ist aber zu lesen: „. . . so könnte dies (die Testosterongabe) für den Athleten (. . .) einen entscheidenden Vorteil bringen“, schreibt Dr. rer. nat. Fuchs in seiner Zusammenfassung von 1988, „da (. . .) die benötigte Energie schneller zur Verfügung steht.“

Die nachträgliche Bewertung der Arbeit im Jahr 2009 durch drei unabhängige Wissenschaftler lässt wenig Zweifel:

„Anabol androgene Steroide erhöhen die Ausdauerleistung von Athleten durch eine gesteigerte Bildung von roten Blutkörperchen“, sagt der Testosteronexperte Dr. Luitpold Kistler, „das steht sowohl in der Doktorarbeit als auch in der Literatur. Daran gibt es keinen Zweifel. Man kann auch sagen, dass Testosteron die Regeneration eines Sportlers durch eine bessere Reparatur stark beanspruchter Muskulatur steigert.“ (FAZ, 2.2.2009)

>>> Reaktion des DSLV 1991 auf die Forschung

Die scharfe Kritik an den Studien veranlasste eine Reihe von Bundestagsabgeordneten 1991 eine Kleine Anfrage einzubringen:
>>>> Kleine Anfrage vom 8.11.1991, Drucksache 12/1519

Die Bundesregierung betont in ihrer Antwort vom 11.12.1991, dass es sich keinesfalls um Dopingforschung gehandelt habe:

>>> Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage vom 11.12.1991

Zitate aus der Kleinen Anfrage zur Beteiligung und Finanzierung des Bundes an Forschungsprojekten, in denen Testosteron-Versuche mit Sportlern vorgenommen wurden

Unter der Bezeichnung „Über den Einfluß der oralen Gabe von Testosteronundecanoat auf die Regenerationsfähigkeit nach intensiven Trainings-, Test- oder Wettkampfbelastungen“ ist 1985 vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft unter Beteiligung des Bundesministers des Innern, des Deutschen Sportbundes und des Nationalen Olympischen Komitees ein Forschungsprojekt bewilligt worden, in dem bis 1987 an Sportlern herausgefunden werden sollte, ob Testosteron ein Substitutions- und Regenerationsmittel sei.

Vorbemerkung
Die Bundesregierung hat seit jeher mit Nachdruck die Auffassung vertreten, daß der Leistungssport von Doping und anderen Manipulationen frei bleiben muß. Weil der Sport im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland von staatlicher Reglementierung frei zu bleiben und seine Aufgaben in Selbstverwaltung zu erfüllen hat, karn und kommt für die Bundesregierung ein staatliches Anti-Doping-Recht nicht in Betracht; die Bundesregierung setzt vielmehr auf die Selbstregelungskraft des Deutschen Sports.

Die Bundesregierung hat aber den Sport in seinem Kampf gegen Doping nachhaltig unterstützt (vgl. die Beantwortung der Kleinen Anfrage „Humanität im Leistungssport“ – Drucksache 111506 -). Sie hat z. B. durch erhebliche finanzielle Unterstützung dafür gesorgt, daß bereits seit 1977 der beim Bundesinstitut für Sportwissenschaft bestellte Beauftragte für Dopinganalytik regelmäßig bei nationalen, wie auch internationalen Sportveranstaltungen sowie in den letzten Jahren in der Trainingsphase genommenen Doping-Proben untersucht. Die Bundesregierung hat auch mit der Gewährung beachtlicher finanzieller Mittel darauf hingewirkt, daß die kontinuierliche sportärztliche Betreuung der Spitzenathleten an und außerhalb der Olympiastützpunkte verbessert wurde, weil sie der Auffassung ist, daß eine gute ärztliche Betreuung, bei der eine intensive Aufklärung über Gefahren von Doping zu erfolgen hat, eine wirksame Waffe gegen Doping ist.

Nach der deutschen Einheit hat die Dopingfrage in Deutschland neue Dimensionen erhalten. Der Bundesminister des Innern hat den Deutschen Sportbund und das Nationale Olympische Komitee dahin gehend beraten, eine Unabhängige Doping-Kommission zu installieren. Diese Kommission hat nach knapp sechsmonatiger Arbeit Handlungskonzepte vorgelegt, die die Grundlage für Maßnahmen des Deutschen Sports im Kampf gegen Doping bilden. Der Bundesminister des Innern hat die Förderung der Spitzenfachverbände davon abhängig gemacht, daß diese schlüssige Handlungskonzepte vorlegen. Die ergriffenen Maßnahmen der Verbände werden vom Bundesminister des Innern beobachtet.

Bei der Beantwortung der vorliegenden Kleinen Anfrage ist die Situation maßgebend, wie sie sich Anfang der 8Oer Jahre darstellte.

Ein intensiv wissenschaftlich diskutiertes Problem der 8Oer Jahre war die Frage, inwieweit der Ausgleich belastungsbedingt entstandener Defizite vom Körper benötigter Substanzen zur Verbesserung der Regeneration beiträgt. Bei der gesteigerten Trainingsund Wettkampfaktivität werden im Hochleistungssport in gehäuftem Maß Verletzungen und Schäden am Bewegungsapparat beobachtet, die die Notwendigkeit einer ausreichenden Regeneration zu einem zentralen Problem des Hochleistungssports machen.

Maßnahmen zur Effektuierung der Regeneration werden damit zu einem wesentlichen, Verletzungen vorbeugenden und somit die Gesundheit stabilisierenden Faktor. Damit ist die Qualität der Regeneration ein unverzichtbarer Bestandteil eines humanen Leistungssports.

Besonders intensiv und kontrovers wurde ärztlicherseits der Ausgleich von Hormondefiziten – vor allem im Bereich des aufbauend wirkenden männlichen Keimdrüsenhormons Testosteron – diskutiert.

Zu dieser Thematik bestand – auch international – ein erhebliches Forschungsdefizit. Durch den hier in Rede stehenden Forschungsauftrag sollte festgestellt werden, ob die defizitausgleichende Gabe kleiner Dosen von Testosteron die Qualität der Regeneration verbessert und damit einen wesentlichen Beitrag zur gesundheitlichen Stabilisierung der Spitzensportler leistet.

Der allgemeine Konsens hinsichtlich der Notwendigkeit und Bedeutsamkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung dieser Fragestellung kommt auch in der Entschließung des Deutschen Sportbundes zur Grundsatzerklärung für den Spitzensport vom 3. Dezember 1983 zum Ausdruck:

„Im Interesse und zum Schutz der Spitzensportler und der weiteren Entwicklung des Leistungssportes werden der DSB, seine Mitgliedsorganisationen sowie das NOK im einzelnen besonders dafür sorgen, daß das Bundesinstitut für Sportwissenschaft, wie in der Stellungnahme seines Direktoriums gefordert wird, die Forschungstätigkeit auf dem Gebiet tatsächlich oder vermeintlich leistungsfördernder Medikamente verstärken wird.“

Ausgehend von diesen Forderungen wurde nach nahezu zweijähriger Vorarbeit am 7. Februar 1985 von der Arbeitsgruppe „Hochleistungssport“ (BISp, BA-L, BMI) festgelegt, daß das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) einen Forschungsauftrag „Regeneration im Hochleistungssport“ vergeben solle (der in der Einleitung der Kleinen Anfrage genannte Titel „Über den Einfluß der oralen Gabe von Testosteronundecanoat auf die Regenerationsfähigkeit nach intensiven Trainings-, Test- und Wettkampfbelastungen “ bezieht sich nur auf die Teilstudie 11 des obigen Forschungsprojektes – Projektteil Paderborn).

Die AG „Hochleistungssport“ übertrug Prof. Keul die Aufgabe, dazu ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener sportmedizinischer Zentren vorzubereiten. Der Fachausschuß „Medizin“ des BISp begutachtete auf seiner Sitzung am 24, Oktober 1985 das Untersuchungsdesign des Projektes und empfahl die finanzielle Förderung durch das BISp ab 1986. Das Direktorium des BISp hat den Forschungsauftrag am 7, November 1985 zustimmend zur Kenntnis genommen.

Die Untersuchung wurde dann als multizentrische Studie unter der Gesamtleitung von Prof. Keul an den sportmedizinischen Hochschuleinrichtungen Freiburg, Saarbrücken sowie Köln bzw. Paderborn durchgeführt. Die Studie bestand aus drei zeitlich aufeinander folgende Teilstudien in den Jahren 1986 (Teilstudie I), 1987/1988 (Teilstudie II) und 1989/1990 (Teilstudie III *). Die Teilstudie I wurde von Prof. Keul (Freiburg) und von Prof. Kindermann (Saarbrücken) durchgeführt; die Teilstudie II von Prof. Kindermann und Prof. Liesen (Paderborn) sowie die Teilstudie III * von allen drei beteiligten Forschungsnehmern, Prof. Donike (Köln) hat im Rahmen des Projektes lediglich alle anfallenden Urinproben analysiert.

Als Probanden wurden hochausdauertrainierte, männliche Athleten aus dem Mittel- und Langstreckenlauf, Triathlon, Rudern, Radsport und Skisport – darunter kein A-Kader-Angehöriger und lediglich 19 B- und C-Kader-Athleten – mit einem mittleren Alter von 22 Jahren untersucht.

Die Versuchspersonen erhielten- Testosteron intramuskulär oder oral in medizinisch-klinisch gebräuchlicher Dosierung. Testosteron wurde deshalb verwendet, weil es als physiologische Substanz beim gesunden erwachsenen Mann in der eingesetzten Dosierung nebenwirkungsfrei ist. Da Testosteron bei Jugendlichen und Frauen Nebenwirkungen auslöst, wurden die Untersuchungen ausschließlich an männlichen Erwachsenen durchgeführt.

Die Studie war nach anerkannten Wissenschaftskriterien (doppelblind, randomisiert, placebokontrolliert, cross-over-design) angelegt. Lediglich im Teil III des Projektes wurde auf das Cross-overdesign verzichtet.

Die letzte Testosteronapplikation erfolgte mehrere Monate, spätestens aber drei bis sechs Wochen, vor dem ersten Aufbauwettkampf. (…)

Die gefundenen Zwischenergebnisse wurden auf nationaler Ebene publiziert und in vielfältigen Gremien breit vorgestellt. Zu nennen sind: Medizinische Fachzeitschriften, Zweijahresbericht des BISp 1981 bis 1988 (Köln 1989, S. 87f.), AG „Dopingfragen“, die am 14. Oktober 1987 vom Sportausschuß des Deutschen Bundestages durchgeführte öffentliche Anhörung >>> „Humanität im Spitzensport „ und das Hearing des Fachausschusses Sport der CDU am 10. April 1988.

1989 hatte Prof. W. Franke angefragt, ob die Testosteron-Versuchsreihe durch die Ethik-Kommission der Medizinischen Fakultät der Freiburger Albert-Ludwig-Universität genehmigt war.

Antwort von Prof. Dr. M. Schwaiger, Vorsitzender der Kommission für Fragen der freiw. Selbstkontrolle wiss. Projekte, vom 10.10.1989:

„Die … durchgeführten Untersuchungen waren vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft initiiert, sie wurden multizentrisch durch Beteiligung aller maßgeblichen Institute der BRD durchgeführt. Das Projekt wurde unter dem 19.6.1986 ordnungsgemäß von Professor Dr. Keul, dem Ärztlichen Direktor der Abteilung für Sport- und Leistungsmedizin unserer Universität der Ethik-Kommission zur Prüfung vorgelegt.
Nachdem die von uns geforderten Voraussetzungen (Versicherung, Patientenaufklärung, Risikoabwägung etc.) erfüllt waren, hat die Ethik-Kommission keine Bedenken gegen die Durchführung der geplanten multizentrischen Studie erhoben.“

Wie bei Projekten dieser Charakteristik üblich, wurde vom Gesamtleiter der Studie, Prof. Keul, ein Antrag auf Genehmigung der Untersuchung bei der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwig-Universität Freiburg eingereicht. Mit Schreiben vom 2. September 1986 teilte die Ethikkommission mit, daß gegen die Studie keine ethischen Bedenken zu erheben seien.

Zusammenfassend ist zur vorstehend beschriebenen Regenerationsstudie festzustellen, daß lediglich 19 Kaderathleten über maximal sechs Wochen mit einer physiologischen Testosterondosis hinsichtlich der regenerativen Fragestellung untersucht wurden. Angesichts dieses Sachverhaltes ist es abwegig, die Studie in die Nähe der systematischen und flächendeckenden Erforschungund Anwendung von Doping-Substanzen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu stellen.
(…)
Zum Zeitpunkt des Beginns der Studie war die leistungssteigernde Wirkung des Testosterons in größeren Dosen bei Schnellkraftsportarten bekannt, auf der das gezielte Dopingverbot beruht, jedoch war ein regenerationsfördernder Effekt der Substanz im Kreise der Fachleute stark umstritten. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe „Dopingfragen“ beim BISp hatten Zweifel, daß die Gabe von Testosteron bei der Regeneration Wirkung zeigt. Sie vertraten jedoch die Auffassung, daß im Sinne der Sportler wissenschaftlich zu klären sei, ob durch physiologische Testosterongaben zum Defizitausgleich eine schnellere Wiederherstellung eines normalen Gesundheitszustandes erreichbar wäre. In diesem Sinne wurde die Frage der Anwendung einer Dopingsubstanz in den Gremien des BISp problematisiert.
(…)
Die betroffenen Fachverbände waren durch die Auftragnehmer über Inhalt und Ablauf der Studie informiert. Im übrigen war auch der Bundesausschuß Leistungssport des Deutschen Sportbundes durch seine Mitgliedschaft in den das Forschungsprojekt begutachtenden bzw. begleitenden Gremien des Bundesinstituts für Sportwissenschaft über die Forschungsarbeit nicht nur informiert, er hat das Projekt mitgetragen.

Bei pharmakologischen Studien im medizinischen Bereich besteht für den Forscher gegenüber den beteiligten Versuchspersonen grundsätzlich die Pflicht, zu informieren und das Einverständnis einzuholen. Dieser Pflicht sind die Forscher auch im vorliegenden Fall nachgekommen.

Verräterische Denkfehler::
„Auf welcher Grundlage kann eine Ethik-Kommission wie jene der Universität Freiburg einen Testvorgang absegnen, bei dem gesunden, aktiven Hochleistungssportlern offiziell verbotene Dopingmittel injiziert werden? In welchem Licht muß ein hochseriöses Forschungsprojekt betrachtet erscheinen, dessen Betreiber zumindest im Fall des Deutschen Skiverbands (DSV) die zuständigen Sportfunktionäre mit falschen Fakten ruhigstellten – die Behauptung nämlich, daß ihren DSV-Athleten kein Testosteron verabreicht werde? Mit welcher Art von Logik ist das Argument des Projektleiters Joseph Keul nachzuvollziehen, daß es sich bei der Forschung um „eine klassische Antidoping-Maßnahme“ gehandelt habe? … Der Verdacht, daß die Forschung hier zur verdeckten Bedarfsanalyse verkam, ist durch die ausweichenden, teilweise sinnfreien Statements bisher eher noch verstärkt worden.“
(SZ, 2./3.11.1991)

(…)
Keinem der vom BISp geförderten Forschungsprojekte, bei denen Substanzen, die auf der Doping-Liste des IOC enthalten sind, eingesetzt wurden, lag eine Zielsetzung zugrunde, Doping zu fördern.

Die Zielsetzung war zu jeder Zeit eindeutig und ausschließlich auf Verhinderung von Doping im Leistungssport ausgerichtet. Die Ergebnisse der Vorhaben sollten zur Aufklärung über verbreitete Fehleinschätzungen der Wirkungen von Doping-Substanzen beitragen. Entsprechend der Doping-Definition der Medizinischen Kommission des IOC sollte die mißbräuchliche Verwendung von Substanzen aus den verbotenen Wirkstoffgruppen und die Anwendung verbotener Methoden verhindert werden.

Läßt man die zum Zwecke der Dopinganalytik durchgeführten Forschungsprojekte und das Auftragsprojekt „Regeneration im Hochleistungssport“ außer acht, so wurden bei 14 Antragsvorhaben Substanzen, die auf der Doping-Liste des IOC stehen, eingesetzt. Fünf Projekte mit Anabolika hatten tierexperimentelle Untersuchungen zum Trainingseffekt an Knorpeln und Sehnen zum Forschungsgegenstand. Die verbleibenden sieben Projekte, bei denen Anabolika verwandt wurden, wurden 1978 zum Muskelstoffwechsel, 1985 zur Regenerationsthematik sowie jeweils 1985, 1986, 1987 zur Trainingsadaption und schließlich 1988 zu Auswirkungen von eingestandener Selbstmedikation im Bereich Bodybuilding durchgeführt.

Bei einem Projekt (1991 mit Releasing-Hormonen) handelt es sich um Untersuchungen, die die möglichen negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Hypophyse und damit die Gesundheit von Ultralangzeitbelastungen klären sollen.

Der Vollständigkeit wegen wird hier ein Forschungsvorhaben mit Beta-Blockern (1988) genannt. Die Untersuchung war darauf angelegt, Herz- und Kreislauferkrankten die Möglichkeit einer aktiven Teilnahme am Sport zu ermöglichen. (Anzumerken ist, daß bei Ausdauersportarten keine Dopingkontrollen nach BetaBlockern durchgeführt werden.)

Allen vom BISp geförderten Forschungsprojekten mit anabolen Steroiden lag keine leistungssteigernde Zielsetzung zugrunde. Die Probanden waren keine Kader-Athleten und damit keine Hochleistungssportler.

Die genannten Projekte unter Einsatz von Anabolika sind im Zusammenhang mit der vom DSB am 3. Dezember 1983 geforderten Forschungsaktivität auf dem Gebiet der leistungsbeeinflussenden Medikamente (vgl. Vorbemerkung) zu sehen.
(…)

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* Die Testosteronstudien bestanden aus drei zeitlich aufeinander folgenden Teilstudien in den Jahren 1986 (Teilstudie I), 1987/1988 (Teilstudie II) und 1989/1990 (Teilstudie III). Die Teilstudie I wurde von Prof. Keul (Freiburg) und von Prof. Kindermann (Saarbrücken) durchgeführt; die Teilstudie II von Prof. Kindermann und Prof. Liesen (Paderborn) sowie die Teilstudie III von allen drei beteiligten Forschungsnehmern (s. o.).

Thomas Kistner lässt in der Süddeutschen Zeitung vom 26.10.1991 DSV-Skilangläufer zu Wort kommen, die von Dr. Ernst Jakob, Medizinische Universitätsklinik Freiburg, 1989 Angebote erhalten hatten, teilzunehmen und zitiert auch Verantwortliche. Dr. Jakob ist seit 1984 Verbandsarzt des deutschen Skiverbandes.

„Einerseits, sagt Andreas Puff, sei das Angebot ja ziemlich großzügig gewesen, Tausend Mark für die Teilnahme als Versuchsperson an einer Regenerationsstudie, die noch dazu betreut werde von seinem Arzt, dem Mannschaftsarzt der deutschen Kader-Skilangläufer – ein „verlockender Anreiz für junge Leute,“ so fand auch Puffs Läuferkollege Michael Kamphenkel. Daß das Schreiben von Dr. Ernst Jakob (Medizinische Universitätsklinik Freiburg) im Frühsommer 1989 trotzdem auf großes Unbehagen stieß bei den Ruhpoldinger Wintersportlern, lag daran, daß in dem Schreiben nicht nur von Blutentnahme, Haut- und Urintests sondern auch von Testosteron-Verabreichung die Rede war. … sämtliche Kaderaktive des Stützpunkts Ruhpolding hätten das Schreiben erhalten, die angekündigte Versuchsreihe wurde „zum Top-Gespräch bei uns“ (Puff).“

Die Sportler suchten Rat bei Kollegen und Ärzten außerhalb des DSV, die ihnen von der Teilnahme abrieten. Sportarzt Ludwig Geiger erkundigte sich näher und erfuhr, dass die Versuche ‚von ganz oben‘ genehmigt und gesteuert seien.

„DSV-Mann Sutter bestätigte jenen mysteriösen Erlaß: „Wir waren nicht für diese Sache, aber es wurde uns klar gesagt, daß es sich um eine offiziell genehmigte Untersuchung handelt. Selbstverständlich durften unsere Athleten nur als Placebos (…) mitmachen“.

In einem „persönlichen Überzeugungsgespräch“ sollten die Athleten von einer Teilnahme überzeugt werden, da sie sich aber weiterhin weigerten Testosteron einzunehmen, obwohl Dr. Jakob versicherte, die geringe Dosis würde keine schädigende Wirkung hervorrufen können und das Innenministerium würde die Versuche unterstützen. Auch Bundestrainer Jürgen Seifert, der Jakob unterstütze, gelang es nicht die Athleten zu einer Teilnahme mit Testosteron zu überzeugen. Daher nahmen sie im Sommer 1989 lediglich als testosteronfreie Kontrollgruppe an der Testreihe teil, das Honorar betrug nun nur noch 600.- DM pro Person.

Zu den 1988 veröffentlichten ersten Studienergebnissen heißt es in dem Artikel:

„Unter dem Zwischentitel „Probanden und Methode“ erklären die Doktoren, daß sich ihre 14köpfige Testgruppe aus „Angehörigen des Landeskaders Baden-Württemberg, Mitglieder der B-Nationalmannschaft des Deutschen Skiverbandes, Leistungssportler des renommierten Schwarzwälder Skiclubs SZ Brend“ zusammensetzte, allen Teilnehmern war 250 mg Testosteronenanthat gespritzt worden. Jakob bestätigt dies, beanwortet aber die Frage, ob der DSV davon gewußt habe, ausweichend: „Bei der ersten Studie wußten die Teilnehmer, daß sie was kriegen.“ Sportmediziner Jakob verteidigt die Injektion des Dopingmittels vehement: „Es gibt nirgendwo in der Fachliteratur Gegenanzeigen, daß das körpereigene Testosteren bei erwachsenen Männern Nachteile bewirkt“. Sogar eine Freigabe der Substanz hält er für medizinisch unbedenklich. Auch vom edlen Zweck der nationalen Forschungsaufgabe ist er überzeugt – hätte sich Testosteron als förderlich im Ausdauertraining erwiesen, so „hätten wir dieses Ergebnis zur Grundlage genommen, daß man der Dopingproblematik schärfer nachgeht“. So aber könne man dem Athleten „Zahlen auf den Tisch legen: Schau her, wir haben es geprüft. Das Zeug hilft dir nicht“.“ …