Prof. Dr. Hermann Buhl
Hermann Buhl wurde 1935 in Hainsberg bei Dresden geboren. Der mehrfache DDR-Meister über 3.000 m-Hindernis war von 1958 bis 1965 Mitglied der DDR-Nationalmannschaft und nahm an den Olympischen Spielem von Rom und Tokio teil. 1960 lief er Weltjahresbestzeit. Von 1965 bis 1970 studierte er Medizin.
Als Facharzt für Allgemein- und Sportmedizin, Schwerpunkt konservative Orthopädie ging Buhl an das Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport in Leipzig (FKS) und übernahm hier die Leitung der Klinischen Abteilung und der Tagesklinik. Von 1980 bis 1990 war er stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Medizin der FKS. Von 1972 bis 1982 betreute er als Verbandsarzt die DDR-Leichtathletik-Nationalmannschaft und von 1985 bis 1990 die Sportler und Sportlerinnen des DDR-Radsportverbands.
Nach der Wiedervereinigung im Oktober 1990 erhielt er eine Gastprofessur in Paderborn bei Prof. Dr. Heinz Liesen.
FAZ, 16.2.1990:
Diese Darstellung Buhls, wonach FKS-Leute mehr zur Fürsorge für den Sportler als zur Leistungssteigerung gearbeitet haben, hält indes Professor Lothar Pickenhain für einen ‚Schwindel‘. Der 70 Jahre alte renommierte Hirnforscher, der das Forschungsinstitut mitbegründet hatte und 1973 als dessen Leiter entlassen wurde, erklärt in „Sports“: „Was man wirklich gesucht hat, ist, Anabolikasubstanzen zu verändern, daß möglichst keine Vermännlichungs- erscheinungen bei Frauen auftreten und möglichst wenige andere Nebeneffekte.“
Von 1992 bis 1994 hatte er an der Universität Marburg, von 1994 bis 1995 in Gießen Lehraufträge erhalten. Ein weiteren Lehrauftag erhielt er von der Universität Würzburg, für deren Sportzentrum er noch 2008 arbeitete. Bis 2004 leitete er verschiedene Rehaklinken und von 1999 bis 2004 die Sportmedizinische Untersuchungsstelle des Landes Hessen. Einige Jahren danach war er ärztlicher Leiter des PREDIA Gesundheitszentrums in Würzburg.
Einbindung in das DDR-Dopingsystem
Wieweit war Buhl in die Dopingexperimente und -gaben eingebunden? Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin hebt 2006 anlässlich seines 70. Geburtstags hervor, Buhl sei zwischen 1980 bis 1990 einer der einflussreichsten DDR-Sportmediziner gewesen. Er selbst lege aber Wert auf die Feststellung „zu keiner Zeit mit Aufgaben aus dem Bereich des „DDR-Staats-Dopings“ betraut“ gewesen zu sein. (DGSP 57, 2/2006)
Brigitte Berendonk zitiert Prof. Buhl mit Sätzen zur Wende 1990, die deutlich machen, dass er Vieles wusste und die auch auf wenig Unrechtsbewusstsein schließen ließen. „Die Herren des FKS hüteten sich aber, irgendwelche konkreten Angaben zu machen und Namen zu nennen, aber zum Thema Doping lockte Buhl die sporterfolgshungrigen „Wessies“ mit dem Satz: „Wir haben geforscht über Dosierung und Modifizierung solcher Mittel. Das wurde alles sauber dokumentiert. … Da haben wir lauter Knaller!“
Nachdem Schwimmtrainer Michael Regner im Spiegel 1990 über die Dopingpraxis der DDR berichtet hatte, meinte Buhl zu diesem und weiteren Spiegelartikeln im Observer, 6.4.1990), die er ausdrücklich gelobt hatte „Ich hätte es selbst nicht besser schreiben können.“ (Berendonk, S. 68/69/82)
Der Spiegel zitiert ihn auch als jemanden, der Anabolika nicht rundweg ablehnte, wenn auch z. B. bei Höhentraining deren Anwendung unter ärztliche Aufsicht gehörten. (der Spiegel, 19.3.1990). Zur Begründung des Dopens in der DDR meinte Buhl, man habe es getan „nicht nur wegen der Leistungssteigerung, sondern auch in Sorge um den Zustand des Sportlers, dessen Organismus wie durch die hohe Trainingsbelastung …. tüchtig runtergewirtschaftet haben“ (Sports 2/1990 nach Berendonk, S. 204) Jedoch meinte er etwas später, dass sie den Begriff der Substituion nie so bersonders herausgestellt hätten, das sei eher auf westdeutscher Seite geschehen, nachdem man hier in Erklärungsnot gekommen sei. (Berendonk, S. 294). Laut Berichten wusste Buhl bereits 1974 vom Einsatz anaboler Steroide in der Leichtathletik, ein Trainer soll ihn darüber informiert haben, dass in Vorbereitung der Europameisterschaften Testosteron als ‚Ausweichmedikament‘ für andere anabole Steroide, die mittlerweile nachweisbar waren, zum Einsatz kam. (Spitzer, Doping in der DDR. S. 33) Dass Buhl schon früh bestens informiert war über die Entwicklungen der Dopingpraxis wird auch durch den Hinweis erhärtet, dass z. B. die Arztekommission des Deutschen Verbandes für Leichtathletik (DVfL), die maßgeblich für das Doping mitverantwortlich war besonders gut mit DhfK-Ärzten, zu denen auch Buhl gehörte, unterhielt. /Spitzer, S. 35) Herman Buhl war auch in der Leitung des Forschungsprogramms ‚Zusätzliche Leistung‘ (ZuLei) vertreten, mit dem ab 1975 das organisierte DDR-Doping seinen Lauf nahm.
Es gibt auch Belege dafür dass Hermann Buhl selbst Steroide verabreicht hat. Giselher Spitzer spricht in dem Buch ‚Sicherungsvorgang Sport‘ Dokumente vor (S.542). In einem gibt ein IM (Inoffizieller Mitarbeiter), ein Leipziger Breitensportler, an, 1977 von Dr. H. Buhl, den er zu bespitzeln hatte, Dopingmittel durch Spritzen erhalten zu haben, ohne detailliert aufgeklärt worden zu sein. Er hätte auch zum Ausdruck gebracht, „daß unsere Spitzensportler verschiedenartige Medikamente eingespritzt bekamen, damit sie gute Leistungen vollbringen können.“ In einem anderen vom 19.3.1977 ist die Rede von der Versuchsgruppe Dr. Buhl. In dieser Gruppe von Läufern, deren zuständiger Arzt Dr. Buhl war, ging es um die Erforschung des effektivsten Einsatzes ‚Unterstützender Mittel‘. Giselher Spitzer meinte dazu: „Eine eigene Laufgruppe, mit der er offensichtlich Dopingexperimente gemacht hat. Ich denke, das disqualifiziert. Das geht ja über Doping im Rahmen eines Arbeitsauftrages hinaus. Das ist Eigeninitiative, und das ist ärztliches Handeln ohne Indikation.“ (Deutschlandfunk, 2.2.2008)
Werner Franke zitiert aus einer Vernehmung Prof. Buhls durch die ZERV vom 11.11.1997, woraus deutlich wird, dass der Mediziner bestens über die Forschungen, insbesondere der STS-Substanzen informiert war. (Franke, S. 9)
Dass Buhl volle Kenntnis über das DDR-Doping und die damit einhergehenden Probleme des einerseits Dopingverbots, national und vor allem international, andererseits der Drang und Zwang zur Leistungssteigerung, hatte, wird durch Gesprächsprotokolle der Staatsssicherheit belegt. (Spitzer, Doping S. 192/193). Wie Spitzer offenlegt waren Hermann Buhl und seine Frau inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit (s.a. Sicherungsvorgang Sport, S. 542). Damit wird die Feststellung, zitiert nach „der „Großen unabhängige Kommission“ der Gauck-Behörde in Berlin 1995/96″ widerlegt (zitiert nach der DGSP >>> hier 2006), wonach bei Buhl keine aktive Mitgliedschaft oder Tätigkeit für die „Stasi“ vorlag und ausgeübt wurde“.
Anfang des Jahres 2008 konfrontierte der Deutschlandfunk den Generaldirektor des DOSB Michael Vesper mit der Tatsache, dass Buhl einen Lehrauftarg an der Universität Würzburg inne habe:
Dradio: „Ein ehemaliger Mittäter des DDR-Dopingssystems und Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi also wieder im Kontakt mit Kaderathleten?
Vesper: „Ja, das ist für mich eine ganz unerträgliche Vorstellung, das regt mich auf. Wenn die Indizien dafür sprechen, dass es ein aktive Beteiligung gegebn hat, dann ist das natürlich absolut nicht akzeptabel, dass der im heutigen Sportsystem eine Rolle spielt.
Buhls Vertrag wurde offenbar nicht verlängert.