DDR Staatsplanthema 14.25, Forschungsvorhaben Komplex 08

Zusammenfassung / Übersicht:
Staatsplanthema 14.25, Bestandteil des Forschungsvorhabens „Komplex 08 / Sportkomplex“

– 23.10.1974 Beschluss Staatsplanthema/Staatsplan 14.25
– Zur Begründung des Staatsplanthemas 14.25
– Beteiligte Institutionen und Verbände
– Planvorgaben, Inhalte
– Geheimhaltung
– Quellen, Literatur

Bei  dem Staatsplanthema 14.25, Teil des DDR-Volkswirtschaftsplans (meist nur als Staaatsplan 14.24 zitiert), handelt es sich um ein umfassendes vom Staat koordiniertes Forschungsprogramm zur Anwendung und Erforschung bekannter und neuer Dopingmittel. Bereits in den Jahren zuvor gab es Versuche mittels zentraler Steuerung die Dopinganwendungen und -planungen in den Griff zu bekommen denn „wildes“ Doping beherrschte die Leistungssportszene. Sportclubs, Trainer, Mediziner experimentierten ohne genaues Wissen und ohne Vorsicht walten zu lassen. Daher wurde 1971 Leitung von Dr. Manfred Höppner eine „Kommission für Leistungsbeeinflussung“ und eine „Kontrollgruppe Sportmedizin“ zur Vorbereitung der Olympischen Spiele1972 eingerichtet, die sich aus Vertretern des Sportmedizinischen Dienstes (SMD), des Forschungsinstituts für Körperkultur und Sport (FKS), des Deutschen Turn- und Sportbunds (DTSB) und aus Trainern zusammen setzten. Die Versuche einer zentralen Steuerung misslangen jedoch. Zu groß waren die egoistischen Interessen der Clubs, Trainer und der Sportmediziner.

Die internationale Situation verlangte jedoch rigide Änderungen. Die Gefahr der Aufdeckung des angewandtem Anabolika-Dopings durch neue Nachweismethoden nahm zu. Der Ruf der Sportnation DDR war damit zunehmend gefährdet. Erreichte und zukünftige sportliche Höchstleistungen liefen Gefahr an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Es musste etwas geschehen. Ein großangelegtes Dopingforschungsprogramm verhieß Abhilfe. Die Inhalte eines  Staatsplanthemas 14.25 wurde erarbeitet.

Am 23. Oktober 1974 verabschiedete die Leistungssportkommission eine Vorlage des DTSB-Vizepräsidenten Prof. Horst Röder zur „planmäßigen Anwendung und Untersuchung unterstützender Mittel im Leistungssport“, den Staatsplan / das Staatsplanthema 14.25 im Sportaufgabenkomplex 08. Damit kam es zur Bildung der Arbeitsgruppe „AG unterstützende Mittel“ unter Leitung von Dr. Manfred Höppner sowie der Forschungsgruppe   „Zusätzliche Leistung“  (ZL bzw. ZuLei).

>>> Die am 23.10.1974 verabschiedete von Prof. Dr. Lehnert ausgearbeitete Vorlage kann hier eingesehen werden, (Quelle nach Spitzer, S, 270: Abschrift MfS-Exemplar von IM „Technik), (Höppner war angeblich nicht an der Erstellung der Vorlage beteiligt obwohl genannt)

Seite 1:

Gliederung der Vorlage:

1. Gegenwärtige Lage in der Welt
2. Gegenwärtige Lage in der DDR
3. Zukünftige Hauptaufgaben
4. Zu den Aufgaben der „Arbeitsgruppe unterstützende Mittel“
5. Zu den Aufgaben und dem Aufbau der Forschungsgruppe „unterstützende Mittel“
5.1. Forschungsaufgaben
5.2. Organisierung der Forschung
5.3. Leitung des Forschungsvorhabens
6. Anleitung und Kontrolle

Giselher Spitzer spricht von einem Masterplan und notierte hierzu:

„Der Prozess der staatlichen Lenkung fand 1974 seinen Abschluss, als die LSK der DDR am 23. Oktober eine Vorlage annahm, in der ,Sportfreund‘ Vizepräsident Prof. Röder nicht etwa die Einführung, sondern die „Verbesserung“ der Anwendung und Entwicklung der sogenannten „Unterstützenden Mittel“ forderte. Als Beispiele dienen ihm ausgerechnet die Forschungsvorhaben bei ,,Dynamo“! LSK-Arbeitsgruppe bzw. Forschungsgruppe des FKS sollen die zentrale Steuerung gewährleisten. Die Führung erfolgte durch zwei DTSB-Vizepräsidenten im Auftrag der Leistungssportkommission (also der SED!). Der Doping-Masterplan war damit in Kraft gesetzt worden.“

Nähere Ausführungen hierzu sind bei Giselher Spitzer S. 60ff nachzulesen.

Die Geheimhaltung war vorgegeben. Der Vorsitzende der Leistungssportkommlssion Manfred Ewald, Präsident des DTSB, ließ dieses Dokument am Ende der Sitzung wieder einziehen, „man könne nie wissen, wie alles einmal kommt“.

„Die Vorlage zu „Unterstützenden Mitteln“ als rechtlich bindendes und über 15 Jahre bis 1989/90 gültiges Dokument wurde am Ende der Sitzung überraschenderweise wieder eingezogen. HÖPPNERs Exemplar wurde vom MfS abgeschrieben, weshalb das Papier heute noch aktenkundig ist; siehe oben.“ (Quelle Spitzer, S. 280: Treffbericht mit IM „Technik“, 7.11.1974)

Prof. Manfred Ewald, Vorsitzender der Leistungssportkommission, erteilte nach Verabschiedung der Vorlage u.A. noch folgende Anordnungen:
Dr. Manfred Höppner, SMD und Informeller Stasimitarbeiter IM „Technik“,  wurde mit Wirkung vom 15.1.1975  „von seiner Funktion Stellvertreter des Direktors des Sportmedizinischen Dienstes entbunden und als hauptamtlicher Leiter der Arbeitsgruppe unterstützende Mittel eingesetzt.“

Weitere Mitglieder der LSK wurden:
Prof. Dr. Lehnert (FKS)
Dr. T(h)ümmler (HBS/SHB Dynamo)
Prof. Dr. Gürtler (FKS)
Dr. Grundmann (DTSB)

Prof. Lehnert wurde umgehend mit der Leitung eines Forschungsvorhabens zur wissenschaftlichen Untersuchung der Nutzung und Anwendung unterstützender Mittel beauftragt. Das FKS sollte sich zudem umgehend mit der Entwicklung
eines Nachweisverfahrens für anabole Steroide befassen. 

Klaus Latzel beschreibt die Einordnung des Staatsplanthemas 14.25 und den Komplex 08 wie folgt:

„Die pharmazeutische Industrie erhielt ihre dopingbezogenen Aufgaben als Staatsplanthema 14.25 im Rahmen des Staatsplans Wissenschaft und Technik zugeteilt, als Bestandteil des Forschungsvorhabens „Komplex 08“. Die Bezeichnung „Komplex 08“ findet sich erstmals im September 1977, die erste überlieferte Themenauflistung zum Staatsplanthema 14.25 gilt den Aufgaben für das Jahr 1979. Die ersten Aufträge des Forschungsinstituts  für Körperkultur und Sport in Leipzig und seiner Forschungsgruppe „Aufdeckung zusätzlicher Leistungsreserven “ („ZuLei“ oder „ZL“) an Betriebe der pharmazeutischen Industrie stammen dagegen bereits aus dem Jahr 1975, also dem Jahr der endgültigen Zentralisierung der Dopingforschung und -anwendungen. ( Latzel, S. 95)

Die Bezeichnung „Komplex 08 umfasst die Aufgaben des so genannten Sportkomplexes. Außer dem Dopingthema waren dies die Staatsplanthemen 14.26 („Stütz- und Bewegungssystem“), 14.27 („Gleitreibung“ – bezogen auf Kufen für Wintersportgeräte)  sowie 14.28 („Bildmeßverfahren“), die zwar teilweise mit der pharmazeutischen Industrie, aber nicht direkt mit Doping zu tun hatten. Allerdings sind die durch Verwendung von Anabolika verstärkt auftretenden Verletzungen um Stütz- und Bewegungsapparat der Athleten Anlass für die Einrichtung des Staatsplanthemas 14.26 gewesen. Diese Bestandteile von Komplex 08 erfassen seit Mitte der siebziger Jahre ein enormes Spektrum von Forschungseinrichtungen und -betrieben; die diversen Industrieministerien unterhielten eigene Arbeitsgruppen „Leistungssport“, um den Entwicklungs- und Produktionsforderungen gerecht zu werden, so dass man hier getrost von einem sportwissenschaftlich-industriellen Komplex sprechen kann.“ (Latzel, S. 99)

Zur Begründung des Staatsplanthemas 14.25

In der Beschlussvorlage heißt es u. A.:

„1. Gegenwärtige Lage in der Welt
Im zunehmenden Maße werden in allen Ländern pharmakologische Mittel zur Leistungssteigerung angewandt. Es handelt sich dabei um Präparate, die in den hormonellen Regulationsmechanismus eingreifen, die den Energiestoffwechsel sowie die physischen und psychischen Wiederherstellungsprozeße fördern. Die dazu notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen wurden aus den verschiedenen Bereichen der klinischen Medizin entnommen. In zahlreichen Ländern, insbesonders den USA, der BRD, Großbritannien, Schweden und der UdSSR, befassen sich einzelne Sportmediziner mit wissenschaftlichen Forschungen zur Anwendung von Pharmaka im Leistungssport.
Die praktische Anwendung von Pharmaka zur Leistungsentwicklung erfolgt gegenwärtig gezielt in den USA, der BRD, Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweden, Finnland und den europäischen sozialistischen Ländern.“

Werner Franke beschrieb die weltweite Situation zu Sport und Doping 1993 für die Enquete -Kommission des Deutschen Bundestages zur „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ folgendermaßen:

„In den Jahren nach den Olympischen Spielen in München waren die Lenker des Dopingsystems der DDR in ein Dilemma geraten. Einerseits war das Anabolika-Doping so sehr erfolgreich – noch dazu hauptsächlich mit einem kostengünstigen, DDR-eigenen Produkt (Oral-Turinabol) -, daß es in immer mehr Sportarten und bei immer mehr Sportlern pro Sportart eingesetzt wurde, auch bereits im Nachwuchsbereich. Andererseits wurde diese Art des Arzneimittel-Mißbrauchs von vielen westlichen Sportlern – besonders weiblichen -, von der internationalen Ärzteschaft, von einem wachsenden Teil der alarmierten Öffentlichkeit und auch von vielen Regierungen und Sportorganisationen des Westens als nicht tolerierbar und als Gefahr für den Spitzensport schlechthin erkannt, gerade auch in seiner Vorbildfunktion für eine von individueller Leistung und Leistungsbereitschaft abhängigen Gesellschaft. Der Verabreichung von solchen rezeptpflichtigen Hormonpräparaten für einen nicht ärztlich indizierten Zweck standen zudem die Deklaration des Weltärztebundes von 1964 bzw. 1975 aber auch die Arzneimittelgesetze vieler Länder entgegen, in einigen Ländern auch strafgesetzliche Bestimmungen und Strafvorschriften. Das galt auch für die DDR. Nationale Sportverbände hatten deshalb bereits seit 1970 und zunehmend mehr die Anabolika als illegale Dopingmittel klassifiziert und Kontrollen – sowohl beim Wettkampf als auch im Training – gefordert, im DLV z. B. bereits 1970 und 1971. In bestimmten Ländern wie beispielsweise Belgien war Anabolika-Doping bereits als besonderer Tatbestand in das Strafrecht aufgenommen worden.

– Die ersten – technisch noch unvollkommenen – Wettkampfkontrollen wurden dann vom Europäischen Leichtathletikverband erst 1974 bei den Europameisterschaften in Rom vorgenommen, doch noch ohne die positiven Befunde der Öffentlichkeit mitzuteilen. Ebenso wurden beim 1975 Europa-Cup-Finale und bei den Junioren-Europameisterschaften in Athen Kontrollen vorgenommen, die Ergebnisse aber nur intern und unter Vertuschungs-Verpflichtung mitgeteilt. Als dabei eine DDR-Minderjährige, die siebzehnjährige Nachwuchssprinterin Marlies Göhr (Zweite über 100 m und Gold in der 4xl00 m-Staffel) des Dopings überführt wurde und dies auch dem MfS bekannt wurde (…), als Republikflüchtlinge aus dem Doper-Kreis die Gefahr der breiten Bekanntgabe im Westen aufkommen ließen, als außerdem verbesserte Kontrollen wie auch Hinweise auf immer bessere neue Anabolika bzw. Techniken zur Verschleierung von Urinanalysen bekannt wurden, beschloß man, den gesamten Bereich der DopingmitteI-Anwendung und der dazugehörigen Forschung neu zu organisieren, straff und unter Geheimhaltung, wobei einerseits ein streng hierarchisches Entscheidungs-, Untersuchungs- und Mitwissersystem aufgebaut wurde, das andererseits aber zur Effektivitätssteigerung in kleinere quervernetzte Gruppierungen gegliedert war. Laut einer ausführlichen Erklärung des Ärztlichen Leiters am FKS Leipzig, Prof. Dr. Rüdiger Häcker, ist der erste Forschungsauftrag des Doping-Staatsplanthemas 14.25 dem FKS in schriftlicher Form 1975 vom Präsidenten des DTSB, Manfred Ewald, erteilt worden.“

Klaus Latzel formulierte wie folgt (S.67/68):

„Die Vorlage ging von der These aus, dass ,,in allen Ländern“ zunehmend pharmakologische Mittel zur Leistungssteigerung“ angewandt würden, vor allem durch Steroidhormone. In den großen westlichen Sportnationen sowie in der UdSSR seien ,,einzelne Sportmediziner“ bereits mit der Erforschung von Pharmaka für den Leistungssport befasst. Deren Anwendung erfolge ebenfalls in den westlichen sowie in den europäischen sozialistischen Staaten. Der in der DDR bislang vorwiegend ,,empirische“ Charakter der Anwendung reiche zur Leistungssteigerung nicht mehr aus. Vielmehr komme es nun entscheidend auf ,,straffere Führung und Kontrolle“ und ,,wissenschaftliche Bearbeitung der Anwendung“ an. Im Kern dieser Entscheidung der LSK standen die Errichtung der ,,Arbeitsgruppe unterstützende Mittel“ als Untergruppe der ,,Arbeitsgruppe Wissenschaft“ der Leistungssportkommission und der ,,Forschungsgruppe unterstützende Mittel“ (später FG ,,ZuLei“ oder ,,ZL“ =Zusätzliche Leistungsreserven) am Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport in Leipzig, die 1975 ihre Aufgaben aufnehmen sollten.“

Beteiligte Institutionen, Verbände

Zitat aus B. Berendonk, Doping 1992:

Planvorgaben, Inhalte

Zitat aus W. Franke, Nil Nocere 2004, S. 4,5:

„Dr. Manfred Höppner (…) hat bei seiner polizeilichen Vernehmung durch die ZERV am 21.05.1996 (…) auf die Frage: „Was war der Inhalt des Staatsplanthemas 14.25?“ (Synonym: „Komplex 08“) Folgendes erklärt (Schreibkorrekturen in eckigen Klammern eingefügt):
„Die Vorgabe des Staatsplanvorhabens, welche mich betraf, umfaßte die Entwicklung von Pharmaka zur Anwendung in der Sportpraxis zur Leistungsentwicklung.
Dieses Staatsplanvorhaben erstreckte sich also auf 4 Jahre. Jährlich wurden dessen Vorgaben konkretisiert. Dazu mußte von den Auftragnehmern ein Zwischenbericht bei Prof. Buggel abgeliefert werden. Prof. Buggel lud zwei- bis dreimal im Jahr Vertreter der verschiedenen an dem Vorhaben beteiligten Einrichtungen zu sich ein, um sich über den Stand der Erfüllung des Vorhabens zu informieren. Die inhaltlichen Vorschläge zur Realisierung des Vorhabens betreffend die Pharmaka kamen ausschließlich vom FKS. An diesen Unterredungen nahmen Prof. Schäker, Häcker, Prof. Lehnert, Prof. Gürtler, Prof. Hüller als Vertreter des Ministeriums für Gesundheitswesen und Dr. Hartwich als Vertreter von Jenapharm teil. Ich war als Vertreter des Sportmedizinischen Dienstes geladen. Es war auch ständig ein Vertreter des Arzneimittelwerkes Dresden dabei, dessen Name mir entfallen ist. … Im Laufe der Jahre wurden vom FKS mehrere Mittel vorgestellt, die den Charakter eines unterstützenden Mittels hätten. Das waren zuerst theoretische Überlegungen. Es war dann zuerst nötig, im Rahmen der Forschung zu überprüfen, ob diese Mittel eine sogenannte unterstützende Wirkung erzielen konnten.
Das war ab 1976. Es handelte sich dabei vorwiegend um hormonelle Substanzen. Schließlich wurde vom FKS die hormonelle Substanz STS 6462 als anwendungsreif für die Praxis vorgestellt. Bei den Beratungen wurde von mir persönlich gefragt, warum dieses Präparat nicht im Arzneimittelbuch der DDR ausgewiesen sei und welches der Präparatname künftig sein solle. Dies war auch um 1976 herum. Diese Frage stellte ich deswegen, weil es meine Aufgabe sein sollte, die Anwendung dieser Substanz den Verbandsärzten und Trainern zu erläutern und ich letztlich für deren Anwendung auch eine Mitverantwortung trug. Darauf antwortete mir Prof. Hüller, der aus meiner Sicht einer der führenden Pharmakologen der DDR war und als Vertreter des Ministeriums für Gesundheit an den Beratungen teilnahm, daß alle Schritte zur Genehmigung dieses Präparates getroffen seien und die Zustimmung des Arzneimittelausschusses zum Einsatz dieses Präparates bevorstehe. Parallel dazu wurde auf Weiterbildungsveranstaltungen des DTSB das Präparat STS 646 schon von Vertretern des FKS vorgestellt, so daß es dann von seiten der Sportpraxis schon zu Forderungen kam, dieses Präparat einzusetzen. Man schrieb ihm Eigenschaften zu, die für den Trainingsprozeß günstiger sein könnten als diejenigen des Oralturinabols.“

Werner Franke, Nil Nocere, FKS 1986:

Die fortlaufenden inhaltlichen Planungen der Forschungen waren abhängig von den Leistungssportbeschlüssen des Politbüros und richteten sich vor allem an den 4-Jahreszyklen der Olympischen Spiele (Olympiaden)  aus. (Latzel, S. 100)

Bei Klaus Latzel sind z. B.  der umfangreiche ‚Maßnahmenplan der staatlichen Organe zur weiteren Förderung des Leistungssports in der DDR und zur Unterstützung der Vorbereitungen auf  die  Olympischen Spiele 1988‘ aus dem Jahr 1985 sowie weitere relevante Dokumente zu finden. (S. 224ff). (Die Staatsplanthemen 14.xx werden in späteren Jahren als Komplex 14.xx bezeichnet)

aus Festlegung zu Staatlichen Aufgaben / Teilnehmer Planberatung 1987

 

Für seine Studie „Staatsdoping“ hat Klaus Latzel eine ausführliche Zusammenstellung von ZL 14.25-Aufgaben  für die VEB Jenapharm, VEB AWD und Zimet mit entsprechendem Datum verfasst. Ein kleiner Ausschnitt:

 

Brigitte Berendonk veröffentlichte in „Doping“ Auszüge aus einer Zusammenstellung der Forschungsergebnisse von 1984-1988: „Darstellung der Ergebnisse der Forschungsarbeit zum Staatsplanthema 14.25 im Olympiazyklus 1984-1988 (Lehnert et al. 1988)“. Hier einige Zitate (Grafiken lassen sich in neuem Tab öffnen):

Geheimhaltung

Die Geheimhaltung des staatlich organisierten DDR-Dopingsystems hatte oberste Priorität auf allen Ebenen. Dies  war Grundlage, Sinn und Zweck der Schaffung und der inhaltlichen Fortschreibung des SP 14.25. Bezeichnend war die Einsammlung der am 23.10.2024  beschlossenen Vorlage s.o.. Auch die Tatsache, dass nur sehr wenige Hinweise und Unterlagen nach 1989 gefunden wurden, da nicht breit gestreut und umgehend bei Ende der DDR geschreddert, zeigt deren hohe Bedeutung.    

Hier das Beispiel einer Weisung der Leitung des Sportmedizinischen Dienstes aus dem Jahr 1983:
>>> Weisung 3/83 des Direktors des Sportmedizinischen Dienstes zur Absicherung der Sondermaßnahmen bei der sportmedizinischen Betreuung unserer  Sportler – Sondermaßnahmen –

Die Geheimhaltung betraf nicht nur die schriftliche Korrespondenz und Aktenlage sondern insbesondere auch den Umgang mit  Sportlerinnen und Sportlern. Ein umfangreiches Ausreisekontrollprogramm, wurde installiert. Sie selbst wurden nicht oder nur unzureichend aufgeklärt. Ihr privates Umfeld wie Eltern und z. B.  auch behandelnde Mediziner, die nicht in das Dopingprogramm eingebunden waren, wurden nicht informiert. Bespitzelungen und Denunzierungen waren wichtige Bestandteile des Systems. Aber auch Forschende waren nicht vollständig über die Anwendung und Folgen ihrer  Arbeit informiert. Besonders tragisch wirkte sich diese mangelnde Aufklärung bei Sportlerinnen und Sportlern aus, die in Folge der Praktiken schwere gesundheitliche Schäden davon trugen. Insbesondere betroffen waren und sind z. B. Minderjährige, die diesem Dopingmittelmissbrauch ausgesetzt waren.

Näheres ist hier auf doping-archiv nachzulesen:

>>> Jutta Braun & René Wiese, Sportgeschichte vor Gericht [ausführliche Vorstellung]

>>> Doping in der DDR [ Hintergründe, Portraits, Texte]

Aufgrund der staatstragenden Bedeutung des Sports musste die Staatssicherheit die Sicherung und Kontrolle über die Geheimhaltung des Programms ausüben. Bekannt sind z. B. Berichte des inoffiziellen Mitarbeiters (IM) „Klinner“, der die Staatssicherheit 1983 über „Probleme des Geheimnisschutzes betreffs Komplex 08“ informierte und zu bedenken gab,

„dass die „politische Brisanz“ des staatlich geförderten Dopings nicht genügend beachtet werde. IM „Klinner“ argumentierte 1983, dass das Doping mit ungenügend geprüften Substanzen zu leichtfertig betrieben und bei Bekanntwerden eines Schadensfalles dem internationalen Ansehen der DDR nicht dienlich sei. „Klinner“ bezieht sich in dem Text auf den übergeordneten „Komplex 08“, meint aber konkret das Staatsplanthema 14.25, welches sich ausschließlich mit Doping beschäftigte und für das er arbeitete. (Bundesarchiv Bericht des IM „Klinner“ zum Geheimnisschutz beim „Staatsplanthema 14.25)

Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Grund der strengen Geheimhaltung ist die Tatsache, dass das durchgezogene Dopingprogramm in der DDR selbst nicht legal war und somit nicht vor Gericht kommen durfte. (Spitzer, S. 53f)

Die wohl wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Geheimhaltung war, dass die „unterstützenden Mittel“ nicht nachgewiesen werden konnten. Giselher Spitzer vermutet, dass „die Angst vor Entdeckung und Ausschluss aus dem Weltsportsystem Hauptgrund für die Heimlichkeit war und damit zugleich der erste Ansatzpunkt des MfS.“

Zitat aus Werner Frankes Stellungnahme 1993 für die Enquete-Kommission:

„Beim Entschluß zur Anwendung der geheimen Manipulationspraktiken wird an drei Stellen bestimmender Einfluß genommen: Vom Sportler selbst (Ehrgeiz, Erfolgssehnsucht), von Personen seines Umfeldes (Eltern, Trainer, Arzt, Funktionär, Gerätebauer, Sponsor) und vom Staat bzw. von bestimmten Politikern. Sowohl in den Ländern des „Westens“ als auch des „sozialistischen Lagers“ waren die Sportler – zumal wenn sie wiederholt international eingesetzt waren – Einflüssen und Bestimmungen in allen drei Bereichen ausgesetzt, wenn auch mit unterschiedlichem Druck.

Das Ministerium für Staatssicherheit sicherte durch den Staatssicherheitsdienst die Dopingpraxis und ganz besonders die Dopingforschung als staatliches Geheimnis ab – sowohl in der DDR als auch im Ausland. Das Staatsplanthema 14.25 war ein offizielles. jedoch geheimes Regierungsprojekt, für das der volle Geheimnisschutz des MfS eingesetzt wurde. Das MfS. hatte die Listen aller Geheimnisträger und der Kodifizierungen, die beim DTSB und beim SKS [Staatssekretariat für Körperkultur und Sport] geführt waren, damit also auch aller nachgeordneten Institutionen wie z. B. SMD und FKS. Zwischen dem MfS und den am Staatsplanthema 14.25 beteiligten Institutionen gab es eine offizielle und ständige Zusammenarbeit.
Darüber hinaus hatte das MfS in die diversen Institutionen, die mit Doping oder Dopingforschung zu tun hatten. „inoffizielle Mitarbeiter“ (IM) und an besonders wichtigen Punkten sogar „Offiziere im besonderen Einsatz“ (OibE) eingeschleust, die über den zu schützenden Themenkreis regelmäßig Berichte für das MfS anfertigten. Der Anteil dieser „Stasi-Spitze}“ unter den Wissenschaftlern und Angestellten des Staatsplanthemas war recht hoch: Allein in der Dopingmittel-Forschungsabteilung des FKS Leizig (Forschungsvorhaben „Zusätzliche Leistungsreserven“; Themenleiter Prof. Dr. Alfons Lehnert) waren – nach Auskunft des „Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR“ – im Jahre 1976 allein 20 % der Mitarbeiter registrierte IM des MfS. Die Absicherung der Dopingmittel-Forschung und -Anwendung durch das MfS erstreckte sich auch in die Bundesrepublik und andere Länder des Westens. So berichtete – nach Auskunft von Dr. H.-J. Geiger, dem Stellvertreter des Bundesbeauftragten – z. B. ein im Bundesnachrichtendienst (BND) der Bundesrepublik tätiger DDR-Spion der HVA (Hauptabteilung Aufklärung) dem MfS alarmierend, daß der BND in den Besitz umfangreicher Unterlagen über das Dopingsystem der DDR gelangt sei.“


Quellen und ausführliche Informationen mit Dokumenten zum Thema:

Berendonk, Brigitte, Doping 1992

Latzel, Klaus, Staatsdoping, 2009

Spitzer, Giselher, Doping in der DDR, 2018

1993 Sportausschuss/Enquete-Kommission, Öffentl. Anhörung: Sport in der DDR

Jutta Braun & René Wiese, Sportgeschichte vor Gericht [ausführliche Vorstellung]

Inhalte zu „Doping in der DDR“ auf doping-archiv.de:

>>> Doping in der DDR [ Hintergründe, Portraits, Texte]