Historie und Portraits
>>> Historie und Portraits von Ärzten der Bundesrepublik
Zitat:
„Schon 1927 befasste sich der Deutsche Sportärztebund nach einem entsprechendem Vorfall auf seinem Jahreskongress in Berlin mit Doping im Sport. Der damalige Landesvorsitzende von Berlin führte aus, wenn das Motiv für die Einnahme einer bestimmten Substanz eine Leistungssteigerung am Wettkampftag sei, so liege Doping vor. Dies lasse sich vom ärztlichen Standpunkt aus bei Berufssportlern ohne weiteres verteidigen, da der Schwerpunkt hier nicht im sportlichen, sondern im sozial-beruflichen Erfolg liege. Sportärztliche Arbeit hätte mit Berufssport nichts zu tun. Die Beziehung zum Berufssportler sei durch die ärztliche Standesordnung wie zu jedem anderen Berufsstand geregelt. Hingegen sei im Amateursport aus Gründen der Reinhaltung des Amateurgedankens jedes Doping zu verhindern. Andernfalls mache sich der Sportarzt zum Handlanger der Regeln, indem er unter allen Umständen die ihm durch seine wissenschaftlichen Kenntnisse an die Hand gegebenen Mittel dazu benutze, die Leistung des einzelnen ohne Rücksicht auf die eigentliche Idee des Sports zum Zwecke der Befriedigung des persönlichen Ehrgeizes zu steigern. Damit werde der Arzt zum Werkzeug der Sportsleute und ihrer ehrgeizigen Behörden. Er nehme die Stellung eines gehobenen Trainers oder Masseurs ein. Abschließend wurde in einer Zusammenfassung festgestellt, dass die Frage des Dopings derjenige Punkt sei, an dem der Sportarzt „am Scheidewege« angelangt sei.“ (Lexikon Ethik im Sport 1998)
Quellen und Lesetipps
(1) Singler, A./Treutlein, G: Doping im Spitzensport,Sportwissenschaftliche Analysen, Auflage 2006
(2) Singler, A./Treutlein, G: Doping – von der Analyse zur Prävention
(3) Hobermann, John, Menschliche Maschinen, 1994
(4) Berendonk, Brigitte: Doping, 1992
(5) de Mondenard, Jean-Pierre, Dictionnaire du Dopage
(6) Brissonneau et al.: L’Épreuve du dopage, 2008
(7) Meutgens, Ralf: Doping im Radsport, 2007
(8) Latzel, K./Niethammer, L. (Hg.): Hormone und Hochleistung; darin u.a.: A. Singler, G. Treutlein: Doping in der Bundesrepublik Deutschland…
J. Braun: „Dopen in Deutschland“ Die Diskussion im vereinten Sport 1990-1992
(9) Angelika Uhlmann: „Der Sport ist der praktische Arzt am Krankenlager des deutschen Volkes“: Wolfgang Kohlrausch (1888-1980) und die Geschichte der deutschen Sportmedizin
(10) Singler, Andreas: Doping und Enhancement, 2012
28.9.1977 Sachverständigen-Anhörung vor dem Sportausschuss des Dt. Bundestages ‚Leistungsbeeinflussung und leistungsfördende Maßnahmen im Hochleistungssport
14.10.1987 Sachverständigen-Anhörung vor dem Sportausschuss des Dt. Bundestages ‚Humanität im Spitzensport
NZZ, 12.10.2006: Singler: Die «praktische Toleranz» im Spitzensport
FAZ, 2.2.2009: Doper, vereint Euch
die Zeit, 5.12.1969: Berendonk, Züchten wir Monstren?
der Spiegel, 30.3.1970: Hilfe durch Hormone
der Spiegel, 2.8.1976: Noch diesseits
der Spiegel, 30.8.1976: Kraft durch Spritzen
der Spiegel, 4.4.1977: Bißchen Damenbart
die Zeit, 13.5.1977: Kampf dem Doping
der Spiegel, 22.2.1982: Unheimliche Angst
der Spiegel, 4.10.1982: Unglaubliche Angst
die Zeit, 27.7.1984: Doping, Doping über alles
der Spiegel, 3.10.1988: „Der liebe Gott wird sie schon strafen“
der Spiegel, 26.3.1990: „Das Zeug hat mich wild gemacht“
der Spiegel, 27.8.1990: „Ohne das Zeug geht es nicht“
der Spiegel, 10.12.1990: „Das muß man nehmen“
der Spiegel, 24.2.1992: „In ganz kurzer Zeit tot“
der Spiegel, 22.2.1993: Schlimme Finger
die Zeit, 13/1998: Seit 1990 schmückt sich der Westen mit den Sportlern aus DDR−Produktion. Ihre Schöpfer stehen nun vor Gericht.
Im Februar 2009 veröffentlichte die Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer folgende Stellungnahme ‚zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten‘:
>>> Doping und ärztliche Ethik
Zitat Karl-Heinz Bette, Uwe Schimank, 2000:
„Die Sportmedizin steht durch die starke sportliche Nachfrage in Gefahr, sich strukturell aus ihrem Herkunftsmilieu, der Medizin, abzusetzen und in den Spitzensport überzuwechseln. Das durchaus legitime Bestreben, in diesem körperorientierten Sozialbereich tätig zu werden, bringt die Sportmedizin in eine auch ohne sie bereits hochgradig problematische soziale Konstellation hinein. Nicht wenige Professionsmitglieder sind diesen Weg in den Spitzensport gegangen und haben die ethischen Standards der Medizin langsam und klammheimlich aufgegeben und durch eine subversive Unterstützungsmoral ersetzt, in der sich auch Platz für die Verwendung von Dopingpraktiken fand. Wer indes die eigene Standesethik hochhält und vornehmlich an der Gesundheit der Athleten interessiert ist, steht in der Gefahr, aus der Betreuung von Spitzenathleten subtil verdrängt und durch anpassungsbereite Sportmediziner ersetzt zu werden – wenn er sich nicht ohnehin früher oder später oder von vornherein auf den Breitensport fixiert. Die starke formelle und informelle Hierarchisierung sowie die wechselseitige Abhängigkeit und Standesloyalität der Mediziner untereinander verhindern zudem eine offene und kontroverse Diskussion der eigenen Verstrickungen in die Dopingproblematik.“ (Spitzensport als gesellschaftliches Problem, S. 107)