Kofink/Lepping: Dopinghistorie – frühe Dopingforschung, Pressemitteilung 31.7.2013
Am 30. Juli veröffentlichte die Main Post und die Märkische Oderzeitung je einen Bericht über zwei jüngst entdeckte Forschungsprojekte der frühen 1970er Jahre zu Anabolika (Akte VF-1220/13/72) und zu Insulin und Wachstumshormonen. Finanziert wurden die Projekte über das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) mit Geldern des Bundesrepublik. Forschungsnehmer waren Prof. Reindell und Prof. Keul an der Universität Freiburg. Die Anabaolika-Studie gilt als die erste bekannt gewordenen Dopingstudie, die mit Bundesgeldern finanziert wurde.
Hansjörg Kofink und Claudia Lepping nahmen das Bekanntwerden dieser Forschungen erneut zum Anlass, eine glaubwürdige Aufarbeitung der (west)deutschen Dopinggeschichte einzufordern:
31. Juli 2013
„Wir sehen uns durch die Enthüllungen in der Doping-Akte VF-1220/13/72 in all dem bestätigt, was wir als Trainer und Athletin über das staatlich geduldete, also auch politisch gedeckte und mutmaßlich mitfanzierte Doping-System Westdeutschland während unserer Aktiven-Zeit erfahren und gegen Widerstand publik gemacht haben.
Doch mit der Bestätigung, Recht gehabt zu haben, ist niemandem geholfen.
Die Aufarbeitung des Doping-Systems West muss endlich mit allem Ernst und allen Konsequenzen betrieben werden.
Im Bundestagswahljahr 2013 haben die Wähler Anspruch zu erfahren, wie sich die Parteien zum Missbrauch von Steuergeldern im Sport positionieren. Auch DOSB-Präsident Thomas Bach muss sich als IOC-Präsidentschaftskandidat eindeutig erklären, ob und wie er den Spitzensport aus dem tiefen Misstrauen befreien will, in das dieser durch kommerzielle Interessen, billigen Chauvinismus und klaren Regelmissachtung abgeglitten ist.
Es ist nun auch dokumentiert, dass sich der deutsche Spitzensport mit Unterstützung der Politik im Kalten Krieg hat missbrauchen lassen.
Wir fordern das Bundesinnenministerium, die deutschen Spitzensportfunktionäre und die involvierten Mediziner/Forscher auf, die Karten auf den Tisch zu legen und die ganze Bandbreite der medizinischen Manipulation zur sportlichen Leistungssteigerung in Deutschland zu benennen, sie eindeutig zu ächten und zu sanktionieren.
Ferner rufen wir im Interesse aller Nachwuchssportler dazu auf, alle jene Todesfälle im deutschen Leistungssport aufzuklären, in denen bei der Obduktion Spuren auf Doping und Medikamentenmissbrauch zu finden waren.
Wir dringen auf die Einrichtung einer unabhängigen Birgit-Dressel-Stiftung für Präventionsmaßnahmen, um junge Sportler über die Risiken des Dopings aufzuklären und sie stark zu machen gegenüber Manipulationsversuche durch Trainer und Funktionäre.
Wir ermuntern und bitten aktive und ehemalige Sportler aus West- und Ostdeutschland, ihre Doping-Erfahrungen – auch anonym – öffentlich zu machen und stehen als Ansprechpartner bereit.
Schweigen ist die Bestandsgarantie jedes Doping-Systems. Doping gefährdet die Gesundheit der Sportler, ist Betrug und verrät alle Verhaltens/Fairness-Gebote des Sports. Der Staat darf nicht länger schweigen. Schon gar nicht darf er Doping dulden, decken und/oder finanzieren. Auf entsprechende fünf Offene Briefe, die wir im Olympiajahr 2012 an die Bundesregierung richteten, blieb bis heute jede Antwort aus.“
Mit freundlichen Grüßen
Hansjörg Kofink Claudia Lepping 79)