1990 Dt. Bundestag 7. Sportbericht

1990 7. Sportbericht der Bundesregierung

>>> 7. Sportbericht der Bundesregierung, Drucksache 850/90, 19.11.1990

Auszüge:

III. 8. Doping, S.20

„Zu einem zentralen Problem, vor allem für den Hochleistungssport, ist die Frage des Dopings geworden. Die Orientierung auf Erfolg und Leistung, die Erfolge selbst und gewachsene Erwartungen von Wirtschaft, Medien und öffentlicher Meinung haben manchen Spitzensportler und auch manche Betreuer zu Überlegungen in die falsche Richtung geführt.

Die Bundesregierung zieht jedoch nicht jede Höchstleistung eines Athleten in Zweifel. Sie ist vielmehr der festen Überzeugung, daß die weitaus überwiegende Zahl der deutschen Spitzensportler ihre Leistungen ohne verbotene Mittel oder Manipulationen erreicht haben bzw. in Zukunft erreichen werden. …

Der deutsche Sport, der seit Jahren zum Doping-Problem eine klare und unmißverständliche Position einnimmt, hat der Öffentlichkeit und der Bundesregierung bei vielen Anlässen erklärt, das Problem unter Kontrolle zu haben. Die Bewältigung des Doping-Problems ist in erster Linie Sache des Sports selbst; denn nur eine solche Aufgabenerledigung entspricht der Autonomie des Sports. … Die für Spitzenathleten seit jeher in der Bundesrepublik Deutschland bestehende medizinische Betreuung ist Garantie dafür, daß eine ausreichende Aufklärung der Athleten über die gesundheitlichen Gefahren des Dopings stattfindet….

Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß ein Bündel von Maßnahmen, wenn sie kumulativ eingesetzt werden, dem Doping im Sport Einhalt gebieten würden:

– verbesserte, kontinuierliche sportärztliche Betreuung der Spitzenathleten, insbesondere in den Olyrnpiastützpunkten,

– Kontrollen außerhalb des Wettkampfes, ohne allerdings die Kontrollen im Wettkampf zu vernachlässigen,

– gleichmäßige Handhabung auf internationaler Ebene bei der Anwendung der internationalen Dopingregeln,

– Entwicklung von Nachweisverfahren, um die Einnahme von Anabolika längere Zeit zurückverfolgen zu können,

– eindeutige Abgrenzung von Substitution und Doping, verbesserte ärztliche Aufklärung über Gefahren bzw. Wirkungslosigkeit von Doping gegenüber Athleten und Betreuern,

– soziale Betreuung der Athleten, so daß Versuche, die sportliche Leistung medizinisch-pharmakologisch zu beeinflussen, überflüssig werden, keine weitere Aufblähung des nationalen und internationalen Wettkampfkalenders, um himeichende Möglichkeiten für einen stabilen Wettkampfaufbau sowie den damit notwendigerweise verbundenen Regenerationsprozeß zu gewährleisten,

– Kontrollen des Mißbrauchs und der illegalen Einfuhr von Anabolika.“

VII. 3. Beauftragter für Doping-Analytik, S. 58

„… Im Berichtszeitraum stieg die Anzahl der analysierten Proben (Tabelle). Der relativ hohe Anstieg im Jahr 1988 und der überproportionalgroße Anstieg im Jahr 1989 ist im wesentlichen durch die in Anspruchnahme des Labors des Beauftragten für Dopinganalytik durch ausländische Sportverbände bedingt. Derzeit wiederum ein Zeichen für die gute internationale Zusammenarbeit im Bereich der Dopinganalytik, wie sie in vielfachen Empfehlungen des Europarates, die von der Bundesregierung mitgetragen werden, zum Ausdruck kommen.

Die auffällige Zunahme der positiven Ergebnisse im Jahre 1988 ist auf die hohe Anzahl der positiven Befunde im Bereich Bodybuilding zurückzuführen. Der Internationale Bodybuilding Verband hat in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten für Dopinganalytik ein Dopingreglement erstellt, das Ende 1985 in Kralt gesetzt wurde. Der Internationale Bodybuilding Verband und damit auch der Deutsche Bodybuilding Verband führten danach in zunehmendem Maß Kontrollen durch, vor allem auch im Vorfeld von nationalen oder internationalen Meisterschaften. Auch der Trainingsbereich wurde erfaßt, was einem höheren Prozentsatz an positiven Ergebnissen erwarten ließ. Der Rückgang der absoluten Zahl der positiven Fälle im Jahre 1989 ist auf den abschreckenden Effekt zurückzuführen, der mit der Einführung von Dopingkontrollen in diesem Bereich verbunden war.

In den Olympischen Sportarten, in denen bis Mitte 1989 fast ausschließlich Wettkampfkontrollen durchgeführt wurden, sind pro Berichtsjahr nur wenige positive Fälle (etwa 1 %) zu verzeichnen, ein Prozentsatz, der etwa den Vorjahren entspricht.

Bei den aufgefundenen Dopingmitteln überwiegen die anabolen Steroide. Es ist aufgrund von Berichten und anonymen Umfragen bekannt, daß anabole Steroide vorwiegend im Training zur Leistungssteigerung benutzt werden. Daher ist es verwunderlich, daß eine doch relativ hohe Anzahl von positiven Anabolikabefunden bei den meist auf Wettkämpfe ausgerichteten Dopingkontrollen auftritt. Dies mag als ein Hinweis dafür gelten, daß Kontrollen auch außerhalb der Wettkämpfe erforderlich sind, um einen nachhaltigen, abschreckenden Effekt zu erreichen.

Durch die jahrelangen Forschungsarbeiten im Labor des Beauftragten für Dopinganalytik konnten die wissenschaftlichen Grundlagen zum Nachweis aller handelsüblichen anabolen Steroide geschaffen werden. Zur Zeit konzentrieren sich die Aktivitäten auf die chemische Synthese der Metaboliten der anabolen Steroide, um deren analytischen Nachweis sicherer und einfacher zu gestalten.

Ein weiterer Schwerpunkt der laufenden Arbeiten ist die Untersuchung des Einflusses von längerfristigen Anabolikagaben auf die körpereigene Hormonproduktion. Hier ergeben sich zusammen mit klinischchemischen Parametern Ansatzpunkte, den Mißbrauch von anabolen Steroiden über längere Zeiträume nachzuweisen. Ein Parameter ist die Steroidkonzentration, ein anderer das Steroidprofil. …“

XI. Internationale Sportpolitik… 1.3 Bekämpfung des Dopings, S. 83

Als besondere Erfolge in den internationalen Bemühungen der Regierungen und des Sports zum gemeinsamen Vorgehen gegen Doping im Sport sind die auf der 1. Ständigen Weltkonferenz gegen Doping im Sport vom 26. bis 29. Juni 1988 in Ottawa erarbeitete .Internationale Olympische Charta gegen Doping im Sport“, die am 21. November 1988 in Moskau zwischen den NOKs der USA und UdSSR unterzeichnete Vereinbarung über einheitliches Vorgehen gegen Doping im Sport sowie die von der 6. Europäischen Sportministerkonferenz des Europarats vom 31. Mai bis 1. Juni 1989 in Reykjavik verabschiedete europäische Konvention gegen Doping im Sport zu werten.

Die „Internationale Olympische Charta“, nach der Wettkampf- und Trainingskontrollen nach einheitlichem Vorgehen in nationaler Verantwortung durchgeführt und von einer vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) zu berufenden Kontrollagentur überwacht und koordiniert werden sollen, wurde im Dezember 1988 vom IOC angenommen und fand Eingang in die Europäische Antidopingkonvention des Europarats. In der 2. Ständigen Weltkonferenz gegen Doping im Sport vom 10. bis 12. Oktober 1989 in Moskau wurden einheitliche Maßnahmen zur Umsetzung dieser Charta beraten.

Der Doping-Kontrollvereinbarung zwischen den NOKs der UdSSR und der USA sind 1989 die NOKs der Bundesrepublik Deutschland, Australiens, Bulgariens, der Tschechoslowakei, Großbritanniens, italiens, Norwegens, Schwedens und Südkoreas beigetreten. Das Übereinkommen gegen Doping des Europarats wurde am 28. September 1989 vom Ministerkomitee des Europarats angenommen und liegt seit November 1989 zur Zeichnung aus (Anlage, s.u.). Mit ihm wurde ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Vereinheitlichung und Harmonisierung der Maßnahmen gegen Doping im Sport, wie z. B. Dopingkontrollen auch während des Trainings, eine für alle verbindliche (lOC)-Liste verbotener Medikamente, Regelungen über den Verkauf von Anabolika, Finanzhilfen für Dopingtests, erreicht. Ihr wesentliches Merkmal ist, daß es in erster Linie Aufgabe der autonomen nationalen und internationalen Sportorganisationen ist, ihre Dopingprobleme eigenverantwortlich zu lösen und daß jedes Land auf der Grundlage seiner nationalen Möglichkeiten alle erforderlichen Anstrengungen zur Bekämpfung des Dopings unternimmt. Die Konvention steht auch Nichtmitgliedstaaten des Europarats zum Beitritt offen.“

Anhang 7 Sportbericht:

>>> EUROPARAT Übereinkommen gegen Doping, Straßburg Stand: 1. Juli 1990 (7. Sportbericht , S211ff)

>>> Bezugsliste der pharmakologischen Gruppen von Dopingwirkstoffen und Dopingmethoden, IOC, Stand 1990

>>> Zweite Internationale Konferenz der Minister und hohen Beamten für Leibeserziehung und Sport

MINEPS II, Moskau, 21. bis 25. November 1988, S. 219ff

Empfehlung 5 Bekämpfung des Dopings

Empfehlung 6 Erhaltung der ethischen und moralischen Werte des Sports und Schutz vor schädlichen Einflüssen des Sports wie Kommerzialisierung, Gewalt und Doping

Erklärung von Moskau:, S. 229

5.7 Wir empfehlen, bei der Antidoping-Kampagne die Aktionen der öffentlichen Stellen und der autonomen Sportorganisationen zu koordinieren. Die Kampagne sollte auf der internationalen Olympischen Charta gegen Doping im Sport basieren, die von der Ständigen Weltkonferenz über Doping im Sport (Ottawa, Juni 1988) angenommen und von der Sitzung der Hohen Sportfunktionäre der sozialistischen Länder (Budapest, November 1988), unterstützt wurde. Wir empfehlen, daß die UNESCO-Generalkonferenz auf ihrer nächsten Tagung (Paris, 1989) eine entsprechende Resolution annehmen und die Möglichkeit in Betracht ziehen sollte, ein internationales Übereinkommen gegen Doping im Sport zu fördern. Wir nehmen mit Genugtuung die Absicht des lOK zur Kenntnis, die Einrichtung einer ständigen internationalen Kommission zur Dopingkontrolle zu unterstützen.

5.6 Wir empfehlen, daß Aktionen zur Förderung der Fairness und der Achtung der olympischen Ideale durch verstärkte Hervorhebung der Sportethik in offiziellen und inoffiziellen Leibeserziehungs- und Breitensportprogrammen für Lehrpersonal, Sportfunktionäre und Manager und Medienfachleute durchgeführt werden.