Deutschland: Doping im Amateur- und Freizeitsport
Leider sind die Reportagen der TV-Sender nicht mehr online.
SWR-Planet Wissen: Doping – Alltag im Freizeitsport? 16.5.2017
Warum und womit behandeln / dopen sich Freizeitsportler*innen? Über 50 % von ihnen sollen Medikamente / Substanzen einnehmen. Gibt es Risiken? Diskussionrunde zu Doping im Alltagssport mit Perikles Simon und Jörg Börjesson.
SWR: Doping – Alltag im Freizeitsport?, Video 59 Min – nicht mehr online
WDR: 1LIVE Reportage Wenn ihr wüsstet – Doping im Amateursport, 4.4.2017
Viele Amateure dopen, aber warum? 4.4.2017:
WDR: 1LIVE Reportage – Wenn ihr wüsstet – Doping im Amateursport – nicht mehr online
2016 Doping im Amateurfußball, 14.11.2016
Doping mit Schmerzmittel, Cortison, Ephedrin, bis hin zu selbst zusammen gebrautem Speed soll im Amateurfußball im Kölner Raum nicht selten sein. Der Verband gibt sich unwissend.
wdr.de: „Drogenkonsum ist an Spieltagen weit verbreitet“
3sat Themenabend: Doping im Freizeitssport, 25.8.2016
Hobbysportler in vielen Sportarten dopen immer häufiger. Warum? Um Geld kann es dabei nicht gehen, auch nicht allein um das Besiegen der Konkurrenten auf vorderen Plätzen. Die Ursachen liegen tiefer, haben mit gesellschaftlichen Anforderungen zu tun, die alle Bereiche unseres Lebens berühren.
3sat: Deutschland dopt. 600.000 Hobbyathleten nutzen verbotene Substanzen
3sat: Erfolg durch Doping. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen darüber, ob es Wege aus dem „Spiel ohne Grenzen“ gibt
3sat: Interview: Wie kommt ein Radsport-Profi zum Doping? Schaltgespräch mit Jörg Jaksche
Doping im Amateursport : Der falsche Triumph
die Zeit: Doping im Amateursport : Der falsche Triumph, 16.11.2015
Einige Journalisten hörten sich in der Amateursportlerszene um und zeichneten Äußerungen von Radsportlern, Fußballern, Triathleten u.a. auf. Danach scheint der Griff zu den verschiedensten Mitteln, von Schmerzmitteln über Tierarzneimittel bis Anabolika, keine Seltenheit zu sein. Gesundheitsgefahren werden dabei gerne ausgeblendet. Ein Unrechtsbewusstsein haben viele nicht.
Schwierig ist das Beschaffen der Medikamente nicht, so spielen anscheinend Ärzte zunehmend eine wichtige Versorgerrolle.
Amateure im Radsport
Hierzu liegen kaum Daten vor. 20 000 Lizenzen wurden in Deutschland ausgestellt, einem wirksamen Dopingkontrollsystem unterliegen diese Fahrer aber nicht.
Ralf Meutgens fasst die prekäre Lage zusammen:
Die stillen Doper, FAZ 11.Juli 2006
Das Schicksal des Frank Nowak könnte sich wiederholen, oder hat es sich schon?
>>> Frank Nowak, Drogentod eines Radsportlers
Freizeitsportler
Der Fitnessbereich boomt, dabei geht es häufig allein um die Schaffung eines attraktiven, perfekten Körpers. Harte Dopingmittel scheinen hierzu unbedingt nötig. Ein Spiegel-Bericht beschreibt an Beispielen die Konsum-, Produktions- und Vertriebsszene im Bodybuildingbereich. 25.7.2015:
Spiegel: Muskelspiele
Einen guten Einstieg in die Problematik Doping im Fitnessbereich, insbesondere unter Jugendlichen mit hohem Körperbewusstsein, gibt folgender Blogbeitrag von Daniel Drepper:
>>> D. Drepper: Das Doping der Straße
2004 führte Berit Wanjek in Thüringen eine prospektive Querschnittsuntersuchung durch, die „einerseits verlässliche Daten zur gegenwärtigen Situation in Thüringen erfassen und andererseits Interventionsmaßnahmen mit wissenschaftlicher Begleitung ermöglichen sollte.“ „Innerhalb von 3 Monaten wurden 2319 Jugendliche aus 16 Thüringer Schulen zu Doping, Drogen und Medikamenten im Sport befragt. Von 2287 Schülern gaben 346 (15,1%) an, Substanzen der Dopingliste während der letzten 12 Monate eingenommen zu haben: 16 (0,7%) Anabolika, 10 (0,4%) Wachstumshormone, 56 (2,4%) Stimulantien, 305 (13,2%) Cannabinoide, 2 (0,1%) Diuretika, 52 (2,2%) Kokain/ Heroin und 6 (0,3%) Erythropoeitin. Des Weiteren verzeichneten im Vergleich zu den Leistungssportlern (N = 497) mehr als doppelt so viele Freizeitsportler (N = 1254) und etwa drei mal so viele Nichtsportler (N = 491) eine Substanzeinnahme. Während 346 (15,1%) der befragten 2313 Jugendlichen die Einnahme von Substanzen der Dopingliste während der vorangegangenen 12 Monate bestätigten, gaben 1840 (80,4%) Jugendliche den Konsum legaler Drogen im gleichen Zeitabschnitt an.“
Berit Wanjek: Doping, Drogen und Medikamente im Sport – Determinanten des Substanzkonsums bei Thüringer Jugendlichen , Dissertation 2006
Bereits 1999 hieß es in der bekannten BOOS-Studie, Der Medikamentenmissbrauch beim Freizeitsportler im Fitnessbereich, dass eine Befragung in 24 kommerziellen norddeutschen Sportstudios 24 Prozent der befragten Männer und 8 Prozent der Frauen an, anabol wirkende Medikamente zu sich zu nehmen. In 94 Prozent dieser Fälle handelte es sich um potentiell hoch lebertoxische Substanzen, die hauptsächlich auf dem Schwarzmarkt besorgt und zu 14 Prozent von Ärzten verschrieben wurden.
Professor Dr. Wilfried Kindermann, Universität Saarland, spricht 2003 von etwa jedem fünften Freizeitsportler, der Substanzen nimmt, die auf der Dopingliste stehen. (Medical Tribune, 30.4.2003).
Eine im August 2005 veröffentlichte Studie der Universität Tübingen brachte zutage, dass jeder 7. Freizeitsportler bereits zu Anabolika gegriffen hatte: Der Anteil der Männer liegt bei 20%, der der Frauen bei 4%, wobei die Ärzte als Beschaffer eine große Rolle spielen (Ärzte Zeitung, 4.8.2005, 5.8.2005, FAZ, 11.5.2005).
2008 wurde diese Studie ergänzt mit einer weiteren als Dissertation veröffentlicht:
Striegel: Doping im Fitness-Sport
Siehe hierzu auch den Vortrag von Dr. Heiko Striegel:
Doping im Breiten- und Freizeitsport – Ein unterschätztes Problem für Gesundheitsökonomie und Volkswirtschaft
Ob diese Zahlen auch auf den Ausdauersport zu übertragen sind, bleibt unklar. Ich nehme jedoch an, dass es zumindest eine entsprechenden Trend gibt. Besuche in entsprechenden Internetforen hinterlassen den Eindruck, dass eine Menge ambitionierter Sportler unterwegs ist, die sich bestens in leistungssteigender Medikation auskennen oder sich entsprechend weiterbilden möchten.
Einen Einblick gibt folgender Artikel
„Dann ging’s ab über Nacht“, Spiegel 31.7.2006
Dopingexperten wie Schänzer, Seppelt, Gerlach im Gespräch: Die Dopingmentalität im Hochleistungsbereich findet ihre Entsprechung im Freizeitbereich. Immer mehr Fitnessbewusste, ob im Studio oder auf dem Fahrrad greifen zur gesamten Mittelpalette, 7.9.2006:
Hamburger Abendblatt: Doping – das Ausmaß schockiert sogar Experten
Readers Edition: Jan Ullrich, Floyd Landis und Maxi Jedermann?
Ca. 4% der Jugendlichen konsumiert nach regelmäßigen Umfragen des Frankfurter Drogenreferates Anabolika und wachstumsfördernde Präparate. Dies war Anlass über Präventionsmaßnahmen nachzudenken, u.a. sollen Beratungsangebote entwickelt werden, 2007:
frankfurt: Doping im Freizeitsport
Dokumention einer Tagung, 3.2007: Muskeln mit allen Mitteln – Substanzmissbrauch im Jugendsport
Von Schmerzmitteln bis hin zu harten Dopingmitteln wie EPO und Anabolika – der Amateur und Breitensport zieht nach. Hans Geyer, der Geschäftsführer des Zentrums für präventive Dopingforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln zieht eine ernüchternde Bilanz, 4.6.2007:
RP online: Jugendsport – regelmäßig kommt Schmerzmittel zum Einsatz
Eine empirische Studie von Mischa Kläber, TU Darmstadt, zu Doping im Freizeit- und Breitensport, vorgelegt 2010, zeigt auf wie verbreitet Doping im Fitness- und Bodybuildingbereich ist und wie die Mechanismen ablaufen, die junge Menschen dazu bringen nach Dopingmitteln zu greifen. Ohne Netzwerke und stabile Einbindung in diese läuft nichts. Feste Bestandteile sind Ärzte, Apotheker und anderes medizinische Beratungs- und Beschaffungspersonal. Besonders schwierig scheint es nicht zu sein, Ärzte zu finden, die den Medikamentenmissbrauch unterstützen. Die Argumentation ist dieselbe, die man aus dem Profisport seit Jahrzehnten kennt. Der Autor hält fest, dass das Problem weit über das des Profisports hinausgeht.
Mischa Kläber: Medikamentenmissbrauch im Freizeit- und Breitensport
Mischa Kläber: Handout zum Vortrag „Doping im Fitness-Studio“ im Rahmen des 5. Internationalen Hamburger Sportkongresses 2010.
Oder siehe >>> Mischa Kläber: Medikamentenmissbrauch im Breitensport, 2011
>>> Mischa Kläber: Muskeln per Mausklick, 2018
Durch Dopingmittel wurde Jörg Börjesson schwer krank. Heute kämpft er gegen den Missbrauch im Freizeitsport, 1.11.2006:
„Ich war ein wandelnder Giftschrank“
Am 27.5.2009 führte der Sportausschuss des Deutschen Bundestages zum Thema „Medikamentenmissbrauch im Freizeit- und Breitensport“ eine öffentliche Anhörung durch. Als Sachverständige waren anwesend:
Birgit Schwarze, Präsidentin des Arbeitgeberverbandes deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen; Ostermann, 2. Vorsitzender des Verbandes
Deutscher Fitness- und Gesundheitsunternehmen; Mischa Kläber, Technische Universität Darmstadt – Institut für Sportwissenschaften; Dr. Dr. Perikles Simon, Abteilung Sportmedizin der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen, u.a. Sportmediziner; Prof. Dr. R. Klaus Müller, Leipzig, Mitautor der Studie „Doping im Freizeit- und Breitensport, die im Rahmen der Gesundheitsberichtserstattung des Bundes veröffentlicht wurde; Jörg D. Börjesson, Ex-Bodybuilder und Anti-Doping-Aktivist; Sven (Seyfu) Schulze, Musiker und Szenekundiger.
Das Protokoll der Anhörung:
>>> Wortprotokoll 76. Sitzung
Artikel zum Anabolikamissbrauch:
Die Popeyes von morgen, Spiegel 2004