Dr. Hans-Joachim Wendler
Dr. Hans-Joachim Wendler war in den 70er und 80er Jahren leitender Sportmediziner beim SC Dynamo Berlin. 1994 behauptete er jedoch nur ärztlicher Mitarbeiter gewesen zu sein. Nach der Wende hatte er von 1992 bis 1998 eine Stelle als Sportmediziner beim Olympiastützpunkt Berlin. Ab 2001 arbeitet er als Leistungsdiagnostiker beim Landessportbund Sachsen-Anhalt bis er 2007 auf Druck des BMI entlassen werden musste.
Arzt Hans-Joachim Wendler war nach Angaben des prominenten IMS ‚Technik‘ (Manfred Höppner) bereits in den70er Jahren in das DDR-Dopingssystem eingebunden. So konnte angeblich 1972 eine „Läuferin vom SC Dynamo Ost-Berlin, Olympiasiegerin bei den Spielen von München 1972, ihren Berufswunsch Dolmetscherin nicht verwirklichen“, da Anabolika bei ihr schwere körperliche Veränderungen hinterlassen hatten. Betreut hatte sie Hans-Joachim Wendler. Höppner nannte weitere Sportlerinnen. Die FAZ zitiert aus den Unterlagen und schreibt:
„“Dr. Wendler hat . . ., daß er damals Ilona Slupianek ohne Genehmigung mit Depot-Turinabol gespritzt hatte . . .“ Bei DDR-Meisterschaften in den siebziger Jahren war Ilona Slupianek nach Angaben von Höppner „regelrecht voll mit Testosteron“. Auch die „Sondermaßnahmen“ Wendlers bei den Läuferinnen Monika Zehrt und Rita Kühne beklagte Höppner.“ (FAZ, 12.3.1994) Die Sportlerinnen gaben umgehend eine Ehrenerklärung für Wendler ab. „“Wir haben keine Dopingmittel genommen, und uns wurden keine Dopingmittel verabreicht“, heißt es in einer Erklärung vom Donnerstag. Wir lassen uns nicht, von wem auch immer, in eine schmutzige Diskussion zerren, in der versucht werden soll, sportliche Ergebnisse zwanzig Jahre danach zu diskreditieren.“ (FAZ, 18.3.1994)
Der Arzt dementierte ebenfalls, auch wenn er bestätigte mit der Betreuung der Kugelstoßerin Slupianek „in bestimmter Beziehung“ befasst gewesen zu sein. Die Sportlerin brachte 1977 die DDR in große Nöte, als sie beim Europacup 1977 in Helsinki positiv getestet wurde, dafür verantwortlich galt Arzt Wendler. (mehr Infos zu Ilona Slupianek)
Belegt wurde in Folge Wendlers Teilnahme an dem ersten Kolloquium der Forschungsgruppe „ZL“ (zusätzliche Leistungsreserven) 1975 als ein ärztlicher Vertreter der Leichtathletik. (Singler/Treutlein).
Eine Verbindung besteht zudem zwischen Wendler und Birgit Uibel, geb. Sonntag. Die Hürdenläuferin starb 2010 im Alter von 48 Jahren. Sie wurde bereits mit 15 Jahren gedopt und war anerkanntes DDR-Dopingopfer. (dradio, 17.1.2010)
Auch für die weiteren 80er Jahre gibt es Hinweise auf die Einbindung Wendlers in das DDR-Dopingsystem. Dies geht aus Aufzeichnungen des DVfL-Chefarztes Hartmut Riedel über eine geheime Ärztekonferenz in Kienbaum 1986/87 hervor. Erarbeitet wurde bei diesem Treffen der Plan für ein erfolgreiches Jahr der Leichtathleten 1987, insbesondere hinsichtlich der WM in Rom. Die Ärzte Höppner, Kadow, Krocker, Wendler, Schwanitz, Tepper, Hommel, Riedel und Schubert legten genaue Anwendungsanweisungen bezüglich der Unterstützenden Mittel einschließlich ausführlicher Angaben zum Überbrückungsdoping (Zweck Verhinderung positiver Tests im Wettkampf) fest. (Berendonk, 1992, S. 224ff)
>>> Andreas Krieger bestätigte 1997 Wendlers Dopinggebahren während dieser Zeit. In den 80er Jahren wurde er, damals noch Heidi Krieger, bereits als Minderjährige gedopt. Wendler hatte ihr einmal während einer Grippe Pillen unbekannte Herkunft gegeben, die bei der Sportlerin unerträgliche Krämpfe in den Beinen hervorgerufen hatten. Nach seiner Geschlechtsumwandlung zeigte er seinen ehemaligen Arzt Hans-Joachim Wendler bei der ZERV an.
Anstellungen trotz Dopingvergangenheit
Die 1994 vorgebrachten Vorwürfe konnten dem Arzt damals nichts anhaben. Dem Olympiastützpunkt fehlten harte Beweise. Dessen Leiter Armin Baumert (2010 Vorsitzender der NADA) sah den DDR-Sport einseitig angeprangert.
„Baumert will solche Angriffe gerichtlich im Einzelfallverfahren geklärt wissen und wehrt sich dagegen, „daß noch 1994 der ganze Verdacht nur auf den Osten fällt. Wenn, dann bitte gesamtdeutsch. Das sage ich als Wessi“. Es könne nicht angehen, daß einerseits die Olympiasiegerin Claudia Pechstein von einem Empfang zum anderen gereicht würde, aber andererseits Mitarbeiter des Olympiastützpunktes angegriffen wurden. „Claudia Pechstein hätte in Lillehammer gar nicht an den Start gehen können, wenn die Arbeit von Herrn Wendler nicht gewesen wäre“, betonte Baumert.“ (Berliner Zeitung, 10.3.1994)
Keinerlei Berücksichtigung fanden dabei offenbar die 1992 von Brigitte Berendonk zitierten Unterlagen des geheimen Ärztetreffens.
Erst 1998 sah man sich am Olympiastützpunkt Berlin gezwungen zu handeln, nachdem sein Vertrag noch 1997 verlängert worden war. Zum einen wurde 1997 bekannt, dass Wendler als IMS ‚Peter Wilke‘ seit 1975 für die Stasi Berichte verfasst hatte. Zerrissene Akten waren gefunden und wieder zusammen gesetzt worden. Damit ergab sich auch der Vorwurf, er habe Diskuswerfer Wolfgang Schmidt gedopt.
„Schmidt hat jüngst bekanntgemacht, daß in seiner Opferakte – dem Operativvorgang „Werfer“ – der Vorschlag eines IMS Peter Wilke enthalten sei, ihn durch ins Essen gemischte Medikamente zu schwächen.“ (FAZ, 27.1.1998, FAZ, 27.11.1997)
Zum anderen griffen die Aussagen von Andreas Krieger. 1998 wurde der Arzt beim Olympiastützpunkt Berlin entlassen.
1999 musste Dr. Hans-Joachim Wendler für seine Dopingvergangenheit einen Strafbefehl über 6000 D-Mark akzeptieren.
Sportministerin [Sachsen-Anhalt] Gerlinde Kuppe (SPD) zeigte sich von den Vorgängen überrascht : “ Ich fordere einen absolut dopingfreien Sport „, sagte sie der Volksstimme. “ Ich appelliere an den LSB, innerhalb seiner Personalpolitik keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass das eindeutige Bekenntnis zum sauberen Sport nicht unterwandert werden könnte. Mit jedem anderen Verhalten würde sich der LSB und damit der Sport selbst Schaden zufügen. Es liegt am LSB, für Eindeutigkeit und Klarheit zu sorgen.“
(Volksstimme, 9.2007)
Doch 2001 erhielt er über die Management GmbH des Landessportbundes (LSB) Sachsen-Anhalt eine Anstellung als Leistungsdiagnostiker obwohl DSB-Präsident Manfred von Richthofen den LSB auf die zweifelhafte Vergangenheit des Mediziners hingewiesen hatte. Der LSB meinte 2007 dazu:
„Dies hatte er [Wendler] bei seiner Einstellung dem Landessportbund und dem OSP Magdeburg/Halle bekannt gegeben. … «Mit dem Strafbefehl waren keine Einschränkungen für eine weitere berufliche Tätigkeit verbunden»“ (SZON, 28.9.2007)
2007 musste dem 63jährigen Arzt dann nach einer Sendung des ZDF-Magazins Frontal21, in dem Andreas Krieger über seine Erfahrungen berichtete, auf Druck des Geldgebers Bundesinnenministerium gekündigt werden.
„Wir haben uns in diesem Fall dem Fördermittelgeber Bundesinnenministerium gebeugt“, sagte LSB-Präsident Heinz Marciniak auf Anfrage. Wendler habe in der leistungsdiagnostischen Betreuung von Sportlern in Sachsen-Anhalt seit 2001 „eine hervorragende Arbeit gemacht“. Unter anderen betreute der Mediziner Läuferinnen des wegen Minderjährigen-Dopings verurteilten Sprint-Trainers Thomas Springstein.“ (FAS, 13.12.2007) (Für medizinische Dienstleistungen erhielt die Management-Gesellschaft jährlich bis zu 55 000 Euro an öffentlichen Mitteln, Frontal21, 25.9.2007) (mehr Infos zu Trainer Springstein)
Monika