Der Biologische Pass und die Spanische GesetzGebung
Können auffällige Blutwerte im Biologischen Pass als Beweis für Doping gelten und zu Sanktionen führen?
International wurde dies meist bejaht. In Spanien nicht, hier wurden solche Fälle von Sportler*innen nicht nur von Verbänden sondern auch von staatlichen Gerichten abgeschmettert. Skepsis gibt es allerdings auch von Seiten einiger Blutpassexperten. Um sicher zu gehen, scheint eine übliche Praxis verschiedener NADO zu sein, bei auffälligen Werten die betroffenen Personen gezielt zu kontrollieren.
Beispiele:
Maria Dominguez wurde 2015 vom CAS für 3 Jahre gesperrt, nachdem der spanische Leichtathletikverband, dessen Vizepräsidentin die Sportlerin war, sie frei gesprochen hatte. Der Verband erkannte Unregelmäßigkeiten im Biologischen Pass nicht an.
Der spanische Pro Continental Radfahrer Ibai Salas, Burgos-BH, wurde 2018 in Spanien von der Spanischen NADA AEPSAD für 4 Jahre gesperrt wegen Auffälligkeiten im Biologischen Pass. Das CAS bestätigte dieses Urteil.
Das Anti-Doping Tribunal der UCI erkannte demgegenüber im Februar 2019 die Werte des Biologischen Passes als ausreichend für die Begründung von Sanktionen an und sprach eine 4-Jahressperre aus für Jaime Roson Garcia, Moviestar, aus.
cyclingweekly.com: Doping ban for Spanish Pro Continental rider overturned by court, 18.2.2019
2021 erhielt Spanien ein neues Anti-Doping-Gesetz. Darin sollte die Übernahme der Regularien zum Biologischen Pass, wie im WADA-Code vorgesehen, zweifelsfrei in das spanische Rechtssystem übernommen werden. Doch das scheint nicht gelungen. Trotz der verschiedenen Änderungen und Anpassungen der spanischen Gesetzgebung 2021 und eines Dekrets im Juni 2022, stand Ende 2022 die Entscheidung des obersten Sportgerichts, des Tribunal Administrativo del Deporte (TAD), das feststellte, dass nach dem ABP keine Sanktionen ausgesprochen werden können. Anfang Februar 2023 wurde dies vom Obersten Spanischen Gericht in Madrid bestätigt.
Präzedenzfall war und ist der Fall des Radsportlers Ibai Salas. Er gab nicht auf und begann einen Marathon durch die juristischen Instanzen, der sich bis Februar 2023 hinzog.
Das Team war 2017 und 2018 von mehreren Dopingfällen betroffen. Seine Sperre von 4 Jahren, die auch vom CAS bestätigt wurde, wurde demgegenüber in Revisionsverfahren vor Spanischen Instanzen immer wieder aufgehoben mit der Begründung , das Spanische Recht würde eine Verurteilung nach den Kriterien des ABP nicht ermöglichen, der ABP stelle keine sicheren Beweise für Doping zur Verfügung. Ende 2022 urteilte auch das Oberste Spanische Sportgericht (Tribunal Administrativo del Deporte (TAD)) entsprechend. Anfang Februar wurde diese Auffassung vom Obersten Spanischen Gerichtshof bestätigt, eine Verurteilung würde den Grundsatz der Unschuldsvermutung widersprechen. Dieses Urteil lässt keine Revision mehr zu.
Von diesen Urteilen sind noch mindestens 5-6 weitere Fälle, die aufgrund des Passes sanktioniert wurden, betroffen. 1.2.2023:
abc.es: Golpe a la lucha antidopaje: la Audiencia Nacional quita valor al pasaporte biológico, 1.2.2023
as.com: El limbo de los pasaportes biológicos, 3.2.2023
spe15: En Espagne, la justice torpille le passeport biologique, 18.2.2023
2 der betroffenen Athleten wurden nachträglich Anfang 2024 von der CELAD für 4 Jahre gesperrt: Abdelaziz Merzougui und Hamid Ben Daoud. Diese Sperren sind aber nicht rechtskräftig, wahrscheinlich da die Gesetzesänderungen nach der Feststellung der Dopingverfehlungen ausgesprochen wurden. Die Entscheidung eines Oberen Geriichtsinstanz steht noch aus. Metzouguri konnte z.B. im Mai 2024 an einem Marathon in Karlsbad teilnehmen.
Marca: Merzougui y Ben Daoud, positivos por pasaporte biológico, 20.1.2024
Deutschlandfunk: Laufen trotz auffälliger Blutwerte, 26.5.2024
Hintergrund:
SportsFinding: José Luis Terreros: “The new Anti-Doping Law is stronger, fairer and clearer”, 1.12.2022
lawinsport: Fighting Doping In Sport: How Spain’s Bureaucracy Is Undermining The Athlete Biological Passport, 11.11.2022
Council of Europe: Anti-Doping evaluation visit to Spain ( A team of Council of Europe experts), 20.10.2022
Ibai Salas ließ es nicht dabei bewenden, sondern verlangte von der CELAD eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 309.927,5 €.
Marca: Ibai Salas reclama a la CELAD 309.927 euros por daños y perjuicios, 1.3.2024
Der Fall Ibai Salas (uk 24 Press News , 5.3.2024):
Salas’ career did not see him achieve any victories in UCI classified races. His best results were two top-ten finishes at the Spanish one-day Circuito de Getxo.
Now 32, Salas has retired from the sport and now works as a decorator.
The lengthy legal battle began after Salas was suspended for four years by the Spanish anti-doping agency – formerly known as AEPSAD and now known as CELAD. The ban was first rejected by a local court in Madrid, a rejection that was later upheld by Spain’s Administrative Court of Sport (TAD), the court that handles all major cases involving the country’s athletes.
However, the World Anti-Doping Agency (WADA) then appealed to the Audiencia Nacional in Spain and the CAS in Switzerland against the TAD’s rejection of the ban.
But while CAS confirmed that WADA’s appeal was valid, in Spain, the Audiencia Nacional, rather than supporting WADA; upheld Salas’ exoneration, arguing that Salas had the right to be presumed innocent unless there was definitive confirmation of doping, which she said the biological passport could not provide.
/