Giorgio Squinzi, Leidenschaft und Firmenimage – unvereinbar ?
MAPEI, eines der erfolgreichsten Teams der 90er Jahre, wurde aufgelöst. Giorgio Squinzi, der Eigentümer und Hauptsponsor, schmiss das Handtuch. Das flächendeckende, nicht auszurottende Doping in dieser Sportart gibt er als Grund dafür an.
In einem Interview mit Le Monde « J’ai cherché à récupérer le cyclisme pour le rendre propre » vom 10. 12. 2002 erklärt er warum.
besiegt durch Doping, desinllusioniert und enttäuscht
Giorgio Squinzi betrachtet seinen Rückzug aus dem Radsport als persönliche Niederlage, er habe verloren. Er habe, nachdem er verstanden habe wie durchdrungen dieser Sport von Doping sei, versucht dagegen anzukämpfen, doch vergeblich: „Dieser Sport ist unumstößlich durchdrungen von der Dopingkultur, die herrschende Mentalität ist die des Betrugs, von den Profis bis zu den Amateuren. Mapei machte sich zum Initiator/Promotor einer neuen Ethik, aber die weite Öffentlichkeit hat nicht verstanden. Dieser Sport ist unumstößlich durchdrungen von der Dopingkultur, die herrschende Mentalität ist die des Betrugs, von den Profis bis zu den Amateuren.“ Mapei hasb versucht dagegen anzugehen, doch auch in der Öffentlichkeit kam diese Botschaft nicht an. Nach einer von ihm selbst veranlassten Umfrage „„Welches Team unternimmt ihrer Meinung nach am meisten gegen Doping?“ kam als Ergebnis: Mercatone Uno mit Marco Pantani wurde vor Mapei und Festina genannt, für Squinzi ein völliger Fehlschlag.
Er fing an misstrauisch zu werden, als nach Tony Romingers Sieg 1995 im Giro d’Italia Mapei keine Rundfahrt mehr gewinnen konnte. Blutdoping (EPO?) war seine Antwort. „Ich vertraue meinen Fahrern, die so prestigeträchtige Eintagesrennen wie Lüttich-Bastogne-Lüttich oder Paris-Roubaix gewonnen haben, da sie es mit einem Hämatokritwert erreichten, der keinerlei Verdacht zulässt.“
Transparenz versuchte er zu ereichen, indem er unternehmerische Standards auf das Radteam übertrug, z. B. habe er dafür die ISO 9001 Zertifizierung erhalten, womit Transparenz und Effektivität des Arbeitsprozesses garantiert werden solle, aber auch dafür wurde er belächelt.
Als am Donnerstag, den 30. Mai, am Abend der Etappe von Folgaria beim letzten Giro (2002) die italienische Polizei im Hotel Durchsuchungen duchführte und auch einfache medizinische Unterlagen beschlagnahmte, war für ihn der Punkt gekommen, aufzugeben.
„Die Karabinieri führten unseren sportlichen Ausbilder (?) Aldo Sassi mit Handschellen ab, um ihn zu vernehmen. Die Bilder sind über den amerikanischen Kanal CNN gelaufen. Mehrere ausländische Kunden riefen mich bald an, da sie wissen wollten, was wir getan hätten. Der Schlag traf ins Volle. Mapei wurde Opfer der Verbissenheit.“
Radsportleidenschaft hin und her, die ökonomischen und rationalen Überlegungen obsiegten.
„Ich habe 12 Millionen Euro pro Jahr investiert um eine schöne Radmannschaft zu schaffen aber wir haben weniger Siege errungen als voraussehbar war, wenn man die Qualität des Personal berücksichtigt.“
Imageschäden durch den Radsport zogen sich durch viele Jahre seines Engagements, und so verstand der Unternehmer, nebenbei noch Präsident von Federchimica – des italienischen Chemieverbandes – und Mitglied von Confindustria – des italienischen Industriellenverbandes, dass der Radsport keine gute Investition mehr ist.
UCI-Präsident Hein Verbruggen hatte zuvor zum Ausstieg von Mapei aus dem Sponsoring verlauten lassen, dass die kommerziellen Erfolge des Unternehmens Mapei auf die Investitionen im Radsport zurückgingen. Squinzi weist dies zurück:
„Er wusste wohl nicht, dass Mapei schon 10 Jahre bevor es ein Radsport-Team sponserte, das führende Unternehmen in der Sparte der chemischen Produkte war. Wenn mein Unternehmen das weltweit führende Unternehmen ist, dann ist es dies vor allem weil ich jedes Jahr 5% meines Umsatzes in die Forschung stecke. Der Radsport trug lediglich dazu bei, unseren Bekanntheitsgrad international zu steigern.“
Sein stärkstes emotionales Erlebnis sei der erste Sieg von Paris-Roubaix durch Franco Ballerini 1995 gewesen. Am meisten bedauert er dagegen niemals die Tour de France gewonnen zu haben.
„1994 war ich überzeugt davon, dass Tony Rominger sie heimbringen würde und ich hatte schon mehrere Tische im berühmten Pariser Restaurant ‚La Tour d’argent’ reserviert. Tony gab nach ungefähr zehn Tagen auf wegen Magenproblemen …“
Eine Rückkehr als Radsportsponsor, wenn auch mit weniger Aufwand, schließt der Unternehmer aber nicht aus.
„Unser Unternehmen zählt 39 Firmen verteilt über fünf Kontinente und kein anderer Sport garantiert solch eine weltweite Aufmerksamkeit wie der Radsport. Ich warte etwas ab und werde die Qualität meiner Investition überprüfen. Zusammen habe ich ungefähr 150 Millionen Euro hineingesteckt. Aber ich glaube, es ist möglich mit weniger öffentliche Aufmerksamkeit zu erringen und ohne dass das Image der Marke Schaden nimmt, oder nicht?“