Dopingpraxis, Erfahrungen, Beispiele
1985 Niederlande: verschwundene Dopingproben nach de Eisschnelllauf EM der Frauen
Zusammenfassung eines Artikels, der in der niederländischen Zeitung de Volkskrant am 3.12.2018 erschienen ist und auf Recherchen von de Volkskrant und des TV-Programms Andere Tijden Sport beruht. Es geht darin um das Verschwinden von Urinproben nach den Europameisterschaften im Eisschnelllauf der Frauen 1985. Der Vorgang wurde damals von allen Seiten vertuscht.
Eine kürzere Version gibt es hier:
nos.nl: Diefstal urinestalen Van Gennip en Visser door KNSB in doofpot gestopt
Wie Analysen von Dopingproben durch Diebstahl verhindert wurden
Die Europameisterschaften im Eisschnelllauf 1985 in Groningen sind beendet. Die Dopingproben der Läuferinnen, die die ersten vier Plätze belegten, darunter zwei Niederländerinnen, werden am Sonntag den 13. Januar am Empfang des Radboud-Krankenhaus in Nijmegen abgegeben. Hier befindet sich das vom IOC anerkannte Labor, in dem die Analysen stattfinden sollen. Die Pförtner geben den Holzkoffer in dem sich die Proben befinden und der mit einem Stempel der KNSB Skating Union versiegelt ist, in den Kühlschrank. Voraussichtlich am nächsten Morgen wird ihn wie gewohnt ein Angestellter des Labors abholen.
Doch schon kurze Zeit später erscheint ein Mann in einem weißen Mantel, der sich für einen Boten des Labors ausgibt und den Koffer verlangt. Der Türsteher schöpft keinen Verdacht und übergibt ihm den Koffer. Erst am nächsten Tag, als der echte Labortechniker den Koffer holen möchte, wird der Betrug bekannt.
„Im Koffer waren auch Urinproben von zwei jungen Frauen, die an diesem Wochenende mit ihren Leistungen überrascht hatten: Yvonne van Gennip (20) und Ria Visser (23).
Mehr als 33 Jahre blieb das Geheimnis des gestohlenen Urinbehälters ungelöst. In der Welt des Eisschnelllaufs wird kaum noch darüber gesprochen. Aber einige Menschen haben die Affäre nie vergessen. Der russische Dopingskandal der Winterspiele 2014 in Sotschi, bei dem Mitarbeiter des Dopinglabors in Moskau mit Hilfe des Geheimdienstes positive Dopingtests russischer Athleten entfernt hatten, weckte Erinnerungen an den fehlenden Koffer in den Niederlanden.“
Vorbild Ostblock
Die Stimmung im niederländischen Eislaufverband war 1984 auf dem Tiefpunkt. Die Läuferinnen der DDR und Russlands beherrschten den Sport. Die beiden jungen Skaterinnen Yvonne van Gennip und Ria Visser waren zwar hochmotiviert, zweifeltenn aber häufig an sich selbst und suchten nach neuem und besseren Trainingsbedingungen. Aber vor allem Trainer und Funktionäre sahen rot. Die letzten Jahre gab es dramatische Erfolgseinbrüche, so blieben auch die Olympischen Spielen im Februar 1984 in Sarajevo ohne Medaillen. Der Hauptsponsor Tarvo hatte sich zurück gezogen, ein neuer Sponsor zeigte sich nicht.
Am Ende war Aegon (AGO + Ennia), im selben Jahr aus einer Fusion hervorgegangen, bereit, den niederländischen Eislaufverband KNSB mit 50.000 Gulden pro Jahr zu retten. Zusammen mit zwei neuen Nationaltrainern – Henk Gemser (Männer) und Tjaart Kloosterboer (Frauen) – beginnt die Wiederbelebung des niederländischen Eisschnelllaufens.
In den Niederlanden wurde rege über das Doping der osteuropäischen Frauen diskutiert. Die markanten Körperhaare und die tiefen Stimmen vieler Sportlerinnen waren nicht verborgen geblieben. Ebenso war bekannt, dass wesentlich höhere Trainingsumfänge geleistet wurden.
Wenn die Niederlande wieder nach oben wollen, muss sich etwas ändern. „Wenn ich unter den gleichen Bedingungen trainieren könnte wie diese DDR-Frauen“, fragt sich Van Gennip zu dieser Zeit, „wie weit könnte ich kommen?“
Bundestrainer Tjaart Kloosterboer äußerte sich im Frühjahr aufgebracht; er hat das Gefühl, dass die Niederlande vom Ostblock ausgelacht wurden. Er reiste nach Karl-Marx-Stadt, um die Erfolgsformel des ostdeutschen Trainers Rainer Mund zu analysieren. „Was genau machen Sie? Was ist Ihr Geheimnis?“
Er kam zu dem Schluss, es fehle ein professioneller Ansatz, wonach z. B. dreimal am Tag trainiert werden müsse und seine Frauen die Möglichkeiten z. B. durch Wohnen bei Gastfamilien hätten, ihre volle Zeit dem Skaten widmen zu können. Und er fordert intensive medizinische Unterstützung. Seine Hoffnung liegt auf dem Verbandsarzt Rob Pluijmers.“
Ärzte
Rob Pluijmers ist ein ehrgeiziger 38-jähriger Sportarzt aus Den Bosch. Er arbeitet als Forscher bei Organon, einem der größten Pharmaunternehmen der Niederlande, das seit den frühen achtziger Jahren Testosteronkapseln unter dem Namen Andriol produziert.
Verbandsarzt Pluijmers kennt sich mit den Vorteilen von Testosteron gut aus und befürwortet dessen Einnahme.
Athleten, die ihre Muskeln sehr stark belasten, können von „kleinen Dosen“ anaboler Steroide profitieren, sagt er in einem Interview. Es kann sicherstellen, dass sie sich schneller erholen. Er würde es vorziehen, sich intensiv mit dem Medikament zu beschäftigen. Anfang 1984 sagte er, er habe „direkte Signale aus der Welt des Sports, dass gründliche Informationen über Testosteron gewünscht würden.“
Geteilt wurde seine Sicht der Dinge von Harm Kuipers, dem damaligen Vorsitzenden des Ärzteausschusses der KNSB. Dieser plädierte im September1984 in der Zeitschrift Schaats dafür, Frauen das verbotene Testosteron zu verabreichen. Dies sei seiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, „die Weltspitze zu überholen und etwas für die Olympischen Spiele von Calgary 1988 zu tun. Sonst können wir es vergessen.“
Im Sommer 1984 informierte Verbandsarzt Pluijmers während eines Trainingslager in Schoorl das komplette Team über Testosteron.
„Ich sagte ihnen, wie lange sie positiv sein würden, sollten sie das Zeugs nutzen. Ich tat dies im Auftrag von Tjaart Kloosterboer (Verbandstrainer) und dem Physiotherapeuten.“
„Kloosterboer sagte: Wir brauchen auch diese Sachen, sonst können wir nicht mit diesen Ostdeutschen mithalten“, sagt Pluijmers. „Das hat er dem ganzen Team gesagt. Vor allem Tjaart hat darauf bestanden, dass die Mädchen auch Testosteron, Steroide, verwendeten, wenn sie eine Rolle spielen wollen. Der Gedanke war: Ja, Gott, wenn Sie teilnehmen wollen, dann müssen sie vorne mithalten.“
Heute bestreitet Kloosterboer, sich jemals so geäußert zu haben. „Niemals, nie.“
1985, die Wende bei den Europameisterschaften
Der erste Test des neuen Trainingsansatzes findet im Januar 1985 in Groningen bei den Europameisterschaften für Frauen statt und verläuft erfolgreich. Yvonne van Gennip und Ria Visser landen unter den ersten vier zwischen ostdeutschen Frauen. TV-Kommentator Mart Smeets reagiert überrascht und fragt „wie ist das möglich?
Noch auf der Eisbahn erzählt Yvonne van Gennip Smeets, dass sie dreimal am Tag trainieren würde.
„Das ist fast ostdeutsch, oder?“, sagt er.
Van Gennip: Ja, es sieht so aus.
Smeets: Aber ist es noch nicht, meinst du?
Van Gennip: Nun, noch nicht ganz. Es gibt noch einige Dinge, die noch besser werden können.
Smeets: Wie was?
Van Gennip: Nun, insbesondere die ärztliche Überwachung. Ich denke, dass es im Ostblock viel intensiver ist.
Smeets: Was meinen Sie mit ärztlicher Überwachung?
Van Gennip: Nun, einige Tests. Blutuntersuchungen. Ich denke, dass man bei uns noch viel mehr machen kann.
Am selben Abend übergibt Smeets vor Begeisterung den beiden Frauen eine Flasche Champagner live im Fernsehen. Er kommentiert, jeder Fußballprofi in den Niederlanden könne von diesen Trainingsplänen lernen. …
Während im Studio die Wiedergeburt des niederländischen Fraueneisschnelllaufens gefeiert wird, ist der Koffer mit den Urinproben von Van Gennip und Visser auf dem Weg zum Radboud Krankenhaus in Nijmegen.
der Skandal
Am Montag bricht im Radboud Hospital Panik aus. Der Ruf des Dopinglabors steht auf dem Spiel. Erst Anfang des Jahres hatte es vom IOC die offizielle Akkreditierung erhalten. Und es war in der Lage, Testosteron nachzuweisen. Erst kurz vor dem EM wurde hierfür ein Massenspektrometer für 200.000 Gulden (mehr als 90.000 Euro) angeschafft. Der Verdacht kam schnell auf, dass jemand, der davon wusste, mit dem Diebstahl positive Nachweise vermeiden wollte. Der Leiter des Labors Professor Van Rossum informierte den Direktor des KNSB Jurjen Osinga persönlich.
Recherchen ergaben, dass Verbandsarzt Pluijmers sich direkt nach der EM mit den Sportlerinnen auf den Weg in ein Trainingslager in Davos begeben hatte. Unterwegs war er allerdings erkrankt und musste in Deutschland von Verbands-Vizepräsident Van Zanten abgeholt werden.
„Nun, da ergab sich für mich schnell eine Verbindung“, sagt Osinga. „Pluijmers ist krank und der Koffer war weg.“
Osinga trifft eine strikte Entscheidung. Weil er es nicht wagt, jemandem zu vertrauen, steigt er selbst in das Auto und fährt zum Radboud Hospital. Von dort folgt er dem Weg zum Haus des Nationalverbandsarztes Pluijmers. „Ich habe an allen Parkplätzen und Tankstellen der Straße angehalten, um zu sehen, ob der Koffer dort versteckt war. Ich schaute sogar auf der Brücke des Maas-Waal-Kanals nach, wenn ich dort etwas Auffälliges sah. Aber ich habe nichts gefunden.“
Auch in Pluijmers Organon-Büro findet er nichts, was ihm weiter hilft. Nun besucht er den Arzt im Krankenhaus, in dem dieser nach seinem Zusammenbruch eingeliefert worden war.
Die Diagnose lautete Stress, etwas anderes konnte nicht gefunden werden. „Nachdem ich kurze Zeit bei ihm war“, sagt Osinga, „frug er, was machst du hier? Die Atmosphäre war unangenehm. … Er sagte: Ich weiß von nichts, ich bin komplett daneben. Vielleicht war er etwas verwirrt, aber das hätte auch gespielt sein können.
Die Internationale Eislaufunion ISU zeigte sich ebenfalls über den Diebstahl zutiefst beunruhigt und sandte ein Warnschreiben an den Dopingkontrolleur Frans Pellikaan. Doch da keine Beweise gefunden wurden, kehrte bald wieder Ruhe ein, die Sache verlief im Sande, wurde totgeschwiegen.
Wer ist der Täter?
Van Rossum, der Chef des Dopinglabors, wollte der Angelegenheit dennoch auf den Grund gehen.
Sein damaliger Vertrauter Douwe de Boer, damals Praktikant im Labor und mittlerweile renommierter Dopingforscher, erzählt.
Der Pförtner hatte den Täter beschrieben: einen großen Niederländisch sprechenden Mann. Van Rossum zeigte daraufhin dem Portier Fotos möglicher Täter. De Boer: „Auf diese Weise wurde Rob Pluijmers identifiziert.“
Damit stellte Van Rossumen den Verbandsarzt zur Rede. Am Ende gab es Pluijmers laut De Boer zu. „Er behauptete, er sei überarbeitet und äußerst gestresst gewesen und könne sich nicht erinnern. Dass es in einem Anfall von Verwirrung geschah. Er sagte auch, er habe den Koffer in den Fluss Waal geworfen. So etwas kann nur der Täter wissen. “
Laut De Boer behielt Van Rossum das Geständnis des Arztes für sich, um das Labor und den Verband zu retten.
Pluijmers legte seine Verbandsarbeit drei Tage nach dem Verschwinden der Proben nieder. Offiziell geschah dies aus Überarbeitung, aber laut Insidern wegen seiner Rolle in dieser Affaire. De Boer: „Nach meinen Informationen wussten einige Personen in der KNSB, wer schuldig war.“
KNSB-Sekretärin Letty Corbijn meint, die Angst vor Imageschäden hinderte den Verband daran, den wahren Grund für Pluijmers Abzug anzugeben. „Ein Vorstandsmitglied war Manager, der andere Notar und noch einer Wirtschaftsprüfer. Das habe ich erst später erkannt. Und ja, das ist das Muster, denke ich. Schnell den Deckel darüber stülpen.“
Nachfragen
Nachfragen der beiden Medien bei Pluijmers erbrachten wenig Neues.
Der im Ruhestand lebende Arzt bestätigt die Konfrontation mit Van Rossum, aber nicht, dass er den Koffer gestohlen hat. „Nach der Europameisterschaft in Groningen bin ich nach Hause gefahren“, sagt er, „und das Licht ging aus. Irgendwo in einem Kreisverkehr. An diesen Moment kann ich mich noch erinnern. Dann fuhr ich wie mit einem Autopiloten nach Hause. Habe ich den Koffer unterwegs gestohlen? Ich kann mich nicht erinnern. Sie können irgendetwas über mich aus dieser Zeit behaupten, ich kann es nicht bestätigen oder dementieren oder irgendetwas anderes. Ich weiß es einfach nicht.“
Pluijmers zufolge hatte er in der Nacht des Diebstahls eine Gehirnblutung und kann sich auch an nichts aus den folgenden Wochen erinnern.
Der Arzt bestreitet Van Gennip und Visser Testosteron oder sonstiges Doping verabreicht zu haben. Er habe lediglich auf Bitte von Bundestrainer Kloosterboer Informationen zu den Mitteln während des Trainingslagers in Schoorl 1984 geliefert. 2012 hatte er in einem Telefoninterview gegenüber Andere Tijden Sport gesagt: „Damals waren es völlig andere Zeiten. Außerhalb des Wettkampfzeitraums wurden im gesamten Sports Anabolika verabreicht. Es galt die Regel: Sie dürfen es nicht in Wettbewerben verwenden.“
Dies war eher eine Regel aus der Praxis, offiziell durften verbotene Substanzen zu keinem Zeitpunkt, auch nicht während der Trainingszeit, an die Athleten verabreicht werden.
Wurden die Eisschnellläuferinnen womöglich ohne ihr Wissen gedopt? Der frühere Verbandssekretär Corbijn hält dies heute für möglich. „Das Ganze lief völlig naiv ab. Ich habe das selbst damals gesehen. Dass ein Arzt ihnen Tabletten geben konnte und sie nicht einmal fragten, was darin steckte. “
Pluijmers machte als Sportarzt im Radsport weiter. Laut Maarten Ducrot, hatte ihn der Arzt mit Dopingmitteln versorgt. „Pluijmers gab mir Andriol-Tabletten. Lose, so in der Hand. Wir haben es während der Trainingszeiten verwendet, es gab keine Kontrollen außerhalb der Wettbewerbe. Ich ging davon aus, hatte die Vorstellung, dass sie bei der Regeneration helfen würden.“
Pluijmers bestreitet jedoch Ducrots Aussagen.
Ria Visser beendete ihre Karriere nach den Europameisterschaften 1985. Yvonne van Gennip startete durch und wurde eine der erfolgreichsten Eisschnellläuferinnen. Bei den Olympischen Spielen 1988 gewann sie drei Goldmedaillen.
Doping? Niemals…
Zitate:
Yvonne van Gennip bestreitet, jemals Doping gedopt zu haben:
„Niemals. Ich weiß, was ich mir in den Mund stecke. Natürlich hatte ich einen Verdacht gegen Ostdeutschland, aber nie hätten wir selbst daran gedacht. Als Laie hätte ich gesagt:
1 und 1 ist 3, die dopten. Aber ich habe ein gutes Gewissen. Ich werde immer noch regelmäßig von Leuten auf meine Leistung angesprochen. Ich würde nicht mit mir leben können, wenn ich sie nicht fair erbracht hätte. Außerdem wurden wir in Schoorl nie über Doping informiert.
„Da ich sicher weiß, dass ich nichts verwendet habe, muss man alles ausschließen. Als ich vor einigen Jahren davon hörte, rief ich Rob Pluijmers an und fragte, ob die Grippe-Injektion und die Gamma-Globuline, die wir jedes Jahr erhielten, wirklich eine Grippe-Injektion und Gamma-Globuline waren. Er sagte dann, dass es so war. Und auch: Yvonne, mach dir keine Sorgen. Für mich war es das. Dies ist eine bizarre Geschichte. Und sehr nervig. Wir können uns nicht verteidigen. Ich beschuldige den Verband, uns nicht informiert zu haben. Sie waren nicht offen und ehrlich.“
Ria Visser bestreitet ebenfalls Doping.
„Was denkst du, wie ich antworten werde? Das ist einfach. Ich sage nein, ich habe weder bewusst noch unbewusst gedopt. Es gibt Zeiten im Sport, in denen man über sich hinaus wächst. Das ist mir während meiner Skaterlaufbahn mehrmals passiert.
Wir haben Vitamin- und Grippe-Injektionen erhalten. Wenn ich zu einem Arzt gehe und eine Spritze bekomme, gehe ich davon aus, dass es richtig ist. Ein Arzt ist eine Person, der Sie vertrauen können sollten. Ich werde ihn nicht fragen: Hallo, was ist drin? Sie brauchen manchmal eine Pille gegen Kopfschmerzen oder Übelkeit. Dann wird etwas aus dieser Tasche genommen und das ist eine Pille. Ich denke das ist normal.
Hier geht es um etwas, das unter den Teppich gekehrt wurde. Es gibt nur Dinge, die ich als Skater nicht kenne. Ich finde es unverständlich, dass der Verband das nie mit uns besprochen hat. Ich finde diese ganze Geschichte für Yvonne zehnmal schlimmer als für mich. Weil Yvonne weiterhin eine wirklich große Rolle gespielt hat.“
Der frühere Verbandsarzt Rob Pluijmers sagt, er selbst habe nie Dopingmittel verabreicht, allerdings habe er mehrfach erklärt, dass es im gesamten Sport damals üblich war, in Trainingszeiten Anabolika zu verwenden. In der Nacht des Diebstahls habe er eine Gehirnblutung erlitten, weshalb er sich an den Vorfall mit dem Koffer und an die Wochen danach nicht erinnern könne. Heute leide er an Demenz und wollte nicht mehr mit de Volkskrant sprechen.
Eine Frau Els Pluijmers antwortete in seinem Namen:
Die gesundheitliche Situation meines Mannes war zu der Zeit den verschiedenen beteiligten Personen bekannt, was es möglicherweise auch erleichterte, meinem Mann zu beschuldigen.“ Sie meint, dass ihr Mann während des Gesprächs mit dem Chef des Dopinglabors „sicherlich nicht“ angegeben habe, einen Koffer in den Waal geworfen zu haben. Sie erklärt außerdem: „Mein Mann bestätigt, dass im Sommer 1984 auf Initiative der Damenmannschaft ein Informationstreffen veranstaltet wurde, bei dem mein Mann einen Vortrag über das Phänomen „Doping im Sport“ gehalten habe. Dies war aufgrund des bemerkenswerten Erfolgs der ostdeutschen Frauen aktuell.“
Der ehemalige Nationaltrainer Tjaart Kloosterboer meint:
Die Geschichte von Pluijmers ist absolut falsch. In meiner Sportethik gab es nie die Option, einem Athleten in meiner Obhut, männlich oder weiblich, verbotene Substanzen zu empfehlen oder sie anzuwenden. Niemals.
Wir haben einmal mit dem Team Gespräche darüber geführt, weil man unbedingt wollte, dass die Athleten selbst Verantwortung übernehmen und erkennen, in welcher Welt sie sich bewegen. Was ist zu tun, damit sie lernen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und zu einem bestimmten Zeitpunkt wissen: Was mache ich und was mache ich nicht?
Es ist möglich, dass ein solches Treffen in Schoorl stattfand, das kann ich nicht mehr überprüfen. Aber ich akzeptiere in keiner Weise, dass ich an Entscheidungen beteiligt gewesen sein soll, die ich nicht getroffen habe, wie beispielsweise an der Verschreibung von Stimulanzien.“