Doping: Medikamentenmix Beispiele

Alltag und Sport: NEM- und Medikamentenmissbrauch

NEM- und Medikamentenmissbrauch: Beispiele über die Jahrzehnte

Die 15jährige russische Eiskunstläuferin Kamila Valieva wurde 2022 während den OS wegen Dopings mit Trimetazidin überführt. Laut CAS erhielt Kamila im Alter von 13-15 Jahren von Ärzten der zuständigen medizinischen Agentur FMBA 56 verschiedene Mittel/ Nahrungsergänzungsmittel,die nicht auf der WADA-Verbotsliste standen. (CAS/TAS, 29.1.2024)
“[I]n the period from 01.01.2020 to 31.12.2021 the athlete Kamila Valieva was given the following medications, sports nutrition and dietary supplements by the Center’s doctors Mr Adamov, Mr Shvetskiy and Mr Shumakov: Amino Vital Multi Energy, Stimol, oral injection solution, Magnelis B6, Vitrum Superstress, Panangin Forte, Hypoxen capsules, L-Carnitine, fluid Mg complex, Kreon, Flitrum-STI, Imudon, Polyoxidonium, Ibuclin, Versatis plaster, Sustamin, Nimesulid, Traumeel S, Supadryn, ISODRINX, Orthomol Sport, Geladrink, Agisept, Grippferon, Doppelhertz aktiv, CoQ10, Glycine, Tot’hema, Ketrolac, Sorbifer Durules, Riboxin, Berocca Plus, Gorpils, Maxilac, Omega 3, Stimol, Amino Vital, Bilactin, Diara, Metoclopramide, Voltaren, Junior Active Complex, SportExpert, BCAA+, Esslial Forte, Amino Vital Gold, Aspirin C, Valmedin drops, Guarana 300, Carmolis lolly, Coldrex Maksgrip, Creatine Ox, Xylometazoline, Tot’hema, Cytovlavin pills, Tilaxine, Calcimine Advance, Imudon, Hypoxen, Alfa Normix, ACC … .”

Medikamente gefunden im Urin eines französischen Radfahrers, 19 Jahre alt, am 17.5.2011:
3’HydroxyStanozolol
16B-HydroxyStanozolol
4B-HydroxyStanozolol
4-Methylhexaneamin
Prednison
Prednisolon
Oxandrolon
Epioxandrolon
Tuaminoheptan
Triamcinolon Acetonid
6B-HydroxyMethandienon
17-Epimethandienon

Die folgenden Beispiele zeigen über Jahrzehnte, dass Sportler häufig daran gewohnt waren die vielfältigsten Substanzen, Mittel und Medikamente zusammen einzunehmen. Unabhängig davon, ob es sich dabei um verbotene Dopingmittel, nicht verbotenen Medikamente oder Ergänzungsmittel wie Vitamine, Mineralien und Eiweißstoffe handelte, sie wurden gerne als unbedingt notwendig für Leistung und Gesundheit erachtet.

Die Beispiele stammen aus doping-archiv-Beiträgen.

Fußball Italien 1950er Jahre

Der belgische Sportarzt Dr. André Noret erzählte 1981 von seinen ersten Erfahrungen mit Doping im Fußball, es war in en 50er Jahren.
„Als Student gehörte ich der Kommission eines großen belgischen Fußballclubs an, die ein internationales Jugend-Turnier der wichtigsten europäischen Teams zu organisieren hatte. Jede Mannschaft erhielt von uns eine Begleitung, ich wurde einer italienischen zugeteilt, die einen Mediziner dabei hatte. Damals war das revolutionär, keine anderer Mannschaft hatte eine medizinische Betreuung für ihre Junioren, weder die Engländer, Deutschen, Franzosen noch die Niederländer. … Neben den medizinischen Untersuchungen verteilte der Arzt eine große Menge an Medikamenten nach dem Aufstehen, vor dem zu Bett gehen und zu den Mahlzeiten. Zudem setzte er einigen Spielern eine Viertelstunde vor den Spielen intravenöse oder intramuskuläre Spritzen. … Mir sagte er, bei den im Hotel verteilten Medikamenten handele es sich um Leberschäden vorbeugende Mittel, um Vitamine und Stärkungsmittel, über die Inhalte der Spritzen sagte er nichts. …“ (Noret, le dopage, 1981, S. 129f)

Tom Simpson umgeben von zahlreichen Mitteln, die in den 1960er Jahren von sehr vielen Radfahrern eingenommen wurden. (Wintersaison 1964/65)

Prof. Dr. Armin Klümper 1970/80er Jahre

Die Aussagen Armin Klümpers in Bezug auf seine Gewohnheiten der Medikation (ausschließlich medizinische Gründe, darunter äußerst selten Anabolika) stehen auch in Gegensatz zu den Erinnerungen von Gerhard Steines, Kugelstoßer in den 70er Jahren. Er erzählt sehr offen seine Erfahrungen mit dem „Doc“, dem Arzt, den er viele Jahre lang anerkennt und bewundert. Dessen Fürsorge zu seinen Patienten ist enorm, er kümmert sich und nimmt Anteil an den Sorgen und Ängsten. Er verschreibt Anabolika und er ist ein Anhänger der Multi-Medikamentierung. 12 und mehr Produkte, weitgehend keine verbotenen, empfielt er pro Tag einzunehmen. Und „eines Tages entdecke ich zufällig, dass eines der rezeptierten Medikamente einen zwar schwachen, aber immerhin anabolen Wirkstoff beinhaltet. Der „Doc“ hat mir nichts davon gesagt. Es seien harmlose Substitutionsmittel.“ (G. Steines) Das tiefe Vetrauen wird auch von Fußballer Karlheinz Förster bestätigt. „Für Förster indes war Klümper ein Mann, „bei dem man immer das Gefühl hatte, egal was ist, der hilft dir schon“. Einmal im Monat, an seinem freien Tag, setzte sich der VfB-Vorstopper in seinen Mercedes und fuhr von Schwarzach im Odenwald nach Freiburg. Dort ließ er sich eine „Spritzenkur“ verpassen, „fünf, sechs Injektionen mit knorpelaufbauenden Mitteln, und wenn eine Entzündung drin war, natürlich auch mit Cortison“. … „Die Zahl der Spritzen mit cortisonhaltigen Präparaten oder mit Kälberblut, Actovegin etwa, die Klümper ihm über die Jahre hinweg in die Gelenke stach, hat Förster nie gezählt. Es müssen weit über tausend gewesen sein. (der Spiegel, 9.5.2005, Füße im Eiskübel) Die Untersuchungsergebnisse im Fall Birgit Dressel bestätigen letztlich diese Aussagen.

Toni Schumacher 1980er Jahre

1987 erscheint Toni Schumachers Buch ‚Anpfiff – Enthüllungen über den deutschen Fußball‘. Darin schildert er die ärztliche Versorgung der Nationalmannschaft 1986 in Mexico. Er spricht von einer ärztlichen Überversorgung mit Nebenwirkungen wie Durchfall. „Jeden Mittag schluckten wir zu unserem Elekrtrolytgesöff haufenweise Tabletten: Eisen, Magnesium, Vitamin B in Höchstdosis, Vitamin E, ein paar Hormönchen für die Höhenanpassung…“ … „Außer den Pillen hagelte es Spritzen. Professor Liesen (mehr Info) selbst hat davon 3 000 gespritzt. Da war alles mögliche drin: Pflanzenextrakte zur Stärkung des körpereigenen Abwehrsystems, die Vitamine C und B 12 in hohen Dosen, Bienenhonigextrakt, um Herz und Kreislauf zu stützen, Kälberblutextrakt [Actovegin] gegen die Folgen der Höhenluft. Und dazu noch Vitamin-E-Tabletten. … Die vermaledeite Schlaftablettenschluckerei lehnte ich noch energischer ab.“ Siehe hierzu auch der Spiegel, 9.5.2005 über jahrzehntelangen Medikamentenmissbrauch im Fußball und gesundheitliche Folgen.

Toni Schumacher, 2010:
Wie normal war der Schmerz­mittelkonsum zu Ihrer Zeit?
Wir wurden ständig gespritzt, dazu haben wir haufenweise Tabletten geschluckt in Eigenregie. So viel, dass ich heute das Gefühl habe, dass die nicht mehr bei mir wirken. Wenn ich heute Schmerzen habe, muss ich auf härtere Dinge umsteigen.
Spätfolgen?
Wenn ich mal sterbe, könnt Ihr auf meinem Grab keine Blumen pflanzen, denn die wachsen nicht.“

Medikamenten-/Schmerzmittelmissbrauch und Folgen im Fuball:
der Spiegel, 9.5.2005: Füße im Eiskübel

Birgit Dressel 1980er Jahre

der Spiegel, 7.9.1987:
Schrankgroß sind die Medikamentenkoffer, die jetzt wieder bei der Leic htathletik-WM in Rom aufgeklappt wurden. Internationale Dealer, viele in jungen Jahren zum Dr. med. promoviert, beschaffen den Nachschub. Die Verbände wissen es und schweigen. Intensiver Dopingfahndung wird, wo immer es geht, ein Bein gestellt.
„Mir läuft es“, sagt Deutschlands alter Olympier Willi Daume, „eiskalt den Rücken runter, wenn ich daran denke daß Sportler beispielsweise muskelfördernde Anabolika nehmen, was für Mastvieh in vielen Ländern der Welt verboten ist.“ Professor Joseph Keul, ein Freiburger Konkurrent Klümpers und womöglich sein Erbe, wenn der ober-Guru Klümper demnächst fällt, sieht wie die meisten seiner Kollegen die Anabolika-Frage viel lockerer, sozusagen sportlicher: „Jeder, der einen muskulösen Körper haben und männlicher wirken möchte, kann Anabolika nehmen.“

der Spiegel, 37/1987: Rutschbahn in den legalen Drogensumpf:

„Die Pharmazeutika schillern in allen Farben des Regenbogens. Es sind die Vitamine B1, B12 und C darunter, ferner Präparate, die Kupfer und Magnesium enthalten, merkwürdigerweise jedoch auch Pillen, von denen die Hersteller versprechen, daß sie gegen Hirnverkalkung, Raucherbein, Allergie, Knochenerweichung, Dickdarmentzündung, Herzschwäche, Krampfadern oder Wassersucht helfen. Ihre Namen sind reine Phantasiegebilde. Sie heißen „Pascovenol“ oder „Frubiase“, „Oxypangam“ oder „Dreisafer“.

In der gemeinsamen Wohnung von Dressel und Kohlbacher beschlagnahmte die Kripo später 40 verschiedene Medikamentenpackungen, ein buntes Sammelsurium. Die Hausapotheke barg harmlose Blütenpollen und Homöopathika, bei denen nur der Glaube hilft, aber auch rezeptpflichtige Medikamente gegen alle möglichen Gebrechen aller möglichen Organe und dazu Dutzende von stark wirksamen und gefährlichen Schmerzlinderern, Entzündungshemmern und Gelenkpräparaten.

Da kam es auf die „Argun L-Filmtabletten“, ein weiteres Antirheumatikum und Schmerzmittel, schon gar nicht mehr an. Dr. A gab es der geplagten Birgit Dressel aus seinem großen Vorrat von Ärztemustern mit nach Hause, für alle Fälle. Vorher hatte er getan, was ein Orthopäde am liebsten tut und was seine leistungsorientierten Sportpatienten allesamt von ihm erwarten: Er hatte in die schmerzenden Stellen hineingespritztfühlbarer Ausdruck der Entschlossenheit, reinzustechen ins Zentrum der Beschwerden.

Dr. A „infiltrierte am Schmerzpunkt“ (so das Gutachten der Rechtsmediziner) links neben der Wirbelsäule zwei bis drei Milliliter „Xylonest“, ein lokales Betäubungsmittel. Dazu gab es, doppelt hilft besser, noch eine „intramuskuläre Injektion“ mit „Voltaren“, das die Schweizer Pharmafirma Geigy für Rheumatiker bereitstellt. ..

Robert Lechner 1980er Jahre

Unter der Obhut des Junioren-Bundestrainers lernte er, dass intensives Training zwar eine Voraussetzung guter Leistungen ist, aber der Körper eines Leistungssportler dadurch Gefahr läuft, an Mangelerscheinungen zu leiden. Ein Problem sei das jedoch nicht, da man mit harmlosen Substanzen wie Eiweißpräparaten, Vitaminen, Spurenelementen und weiteren Präparaten helfend eingreifen könne. Bald musste der junge Sportler täglich die verschiedensten Aufbaumittel schlucken, und das in Mengen, die heute als kritisch angesehen werden, wie etwa täglich drei bis fünf Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht je nach Trainingseinheit. Das war und ist nicht verboten, es ist kein Doping und es wurde selbstverständlich nicht hinterfragt, schließlich half es, das für Sportler höchste Gut, die Gesundheit, zu unterstützen und Leistung zu ermöglichen. Dem jungen Mann wurde suggeriert, Gesundheit sei nicht anders zu erhalten.

Es blieb nicht bei den harmlosen Substanzen nachdem er mit 18 Jahren in die Männer-Nationalmannschaft kam. Ab sofort wurde ihm eine intensive ärztliche Betreuung an der Freiburger Universitätsklinik durch den langjährigen Verbandsarzt Dr. Georg Huber zuteil. „Jogi“, wie dieser in der Szene liebevoll genannt wurde, hat „aufgrund mir nicht bekannter Erkenntnisse begonnen Mittel zu verschreiben oder im Behandlungszimmer direkt heraus zu geben, Eisenpräparate, Mineralstoffe, sonstige Mittel, die ich jetzt gar nicht aufzählen kann aber letztendlich gipfelte es darin, dass Ende 1987 konkret das erste Mal Anabolika gegeben wurden.“

Jérôme Chiotti 1990er Jahre

Relativ früh in seiner Karriere, noch als Amateur, wurde ihm durch sein Umfeld klargemacht, dass der Hochleistungssport mit großen körperlichen Defiziten einhergeht, dass man unbedingt nachhelfen und ausgleichen muss. Der berühmt-berüchtigte Dr. Bellocq, dessen damals sehr bekanntes Buch zum Thema Jérôme’s Gedanken beeinflusste, half alsbald mit über 10 Mitteln, ca. 30 Pillen pro Tag nach, die allerdings nicht dopinglistenrelevant waren. Bis zur ersten Cortison-Spritze, angeregt  durch Kollegen, war es nicht mehr weit. Corticoide waren allgegenwärtig, waren Usus, mit Unterstützung der sportlichen Leiter und mancher Ärzte.

Chiotti schildert gut und nachvollziehbar die Spirale, in die der Sportler geraten kann, die eine Eigendynamik entwickelt, durch die der Konsument zum Abhängigen wird, wobei es schon fast egal ist, was man nimmt, Hauptsache es ist überhaupt etwas da. Die Beschreibung Chiotttis erinnert sehr an den Weg eines Süchtigen, auch seine Versuche das Dopen zu lassen bis hin zum Gelingen, deuten auf Sucht hin.

Jörg Paffrath 1990er Jahre

Jörg findet einen Radrofi, der mit Dopingmitteln dealte und bekommt von diesem für den Anfang Glukokortikoide. „Nach einem kurzen Einführungskurs durch eine befreundete Arzthelferin spritzt er sich selbst Bentelan und Synacthen.

Er stellt fest, dass er nicht allein ist. Kollegen dopen ebenfalls, man tauscht Erfahrungen und Tricks aus. Bald experimentiert er mit Anabolika, schluckt Tabletten und setzt sich Spritzen. „Die ,,Stehfix“, wie der Zirkel um Paffrath Anabolika nennt, erheitern die Radfahrer: Sie verleihen ihnen Kraft nicht nur in den Beinen, sondern auch Standfestigkeit zwischen den Lenden.“ Er lernt vorsichtig zu sein und Mittel zu nehmen, die nicht allzulange nachweisbar sind. „Mitte des Jahres (1994) macht das Gerücht die Runde, daß sich der ehemalige italienische Weltmeister Gianni Bugno mit Psychopharmaka stimuliere. Paffrath beginnt, Survector 200 einzunehmen, ein Antidepressivum aus Frankreich. Ärzte verschreiben Survector 200 sehr zurückhaltend, es geht auf die Leber, kann Akne auslösen und verursacht häufig Nerven- und Muskelzucken.“ Er lernte auch den Pot kennen und schätzen, ein Amphetamin- und Koffein-Cocktail, der von einem Belgier in einer Garage gemixt wird. Bald weiß Jörg ihn selbst zuzubereiten und benötigt dessen aufputschende Wirkung zunehmend während des Trainings. Er hat Probleme mit der richtigen Dosierung. Einmal war sie zu hoch, er ging ihm extrem schlecht. Er sucht nach der richtigen Anwendung. „Wenn er in die Spritze gleichzeitig Glukose aufzieht und sie dann ins Gesäß sticht, kann er die Wirkung auf vier Stunden strecken. Oft nimmt er sich Nachschub mit, hält kurz hinter einer Bushaltestelle an und jagt wie ein Junkie die Nadel ins Fleisch.

Oder er fährt, wenn ,,mir der Ofen ausgeht“, an eine Tankstelle und kippt auf die Schnelle ein Bier herunter – er spürt sofort, wie der Alkohol ,,das Zeug noch mal zum Brodeln bringt“. So schafft er 250 Trainingskilometer täglich mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von etwa 35 km/h.“ Sein Medikamentenmix nimmt immer größere Ausmaße an, Asthma- und Schlafmittel folgen. Der aufgeputschte Körper, der überdrehte Geist mussten wieder beruhigt werden. Die geistigen Ausfallerscheinungen häufen sich. Es wird notwendig seinen Körper zu reinigen. Dies versucht er mit Eiweißinfusionen, denen das Lebermittel Hepagrisevit beigemischt ist.

Fußball WM 1998

Am 31. Januar 2002 veröffentlicht Damien Ressiot in der l’Équipe eine Liste mit Medikamenten, die von ausländischen Teams bei der Einreise nach Frankreich angeben werden mussten. Trinitrin hatten Italiener, Spanier, Holländer dabei, Actovegin die Österreicher und Belgier, Esafosfina die Italiener und Belgier. Die Holländer hatten insgesamt 128 verschiedene Mittel deklariert, mit dabei Nandrolon-Ampullen. (Innerhalb des folgenden Jahres wurden aus diesem Team Edgar Davids (Juventus Turin), Franck De Boer (FC Barcelona) und Jaap Stam (Lazio Rom) positiv auf Nandrolon getestet.). Angeblich habe man in Frankreich die Information zu Nandrolon weitergereicht, doch eine gesetzliche Handhabe dagegen hätte es nicht gegeben.

Fußball Juventus Turin 1998

1998 wurden infolge einer Razzia im kommunalen Stadion von Turin, dem Heimatstadion von Juventus Turin, 281 verschiedene Medikamente sicher gestellt. Zwischen 1994 und 1998 kamen sie bei den Spielern zur Anwendung. Die Menge entsprach der Vorratsmenge eines kleinen bis mittelgroßen Krankenhauses. Sie war auf keinen Fall für gesunde Menschen ausgelegt. 75% der Medikamente waren verschreibungspflichtig. In der Anklageschrift des Prozesses gegen Juventus Turin wurde festgehalten, dass die Spieler ohne medizinische Indikationen damit behandelt wurden, sie hätten zur Leistungssteigerung gedient. (Agence France-Presse, 21.10.2002)

Jesús Manzano 2000er Jahre

Folgende Produkte nannte Jesús Manzano laut einem Interview:

Actovegin (Extrakt aus Kälberblut, erhöht angeblich die Sauerstofftransportkapazität des Blutes, bzw. erhöht die Zirkulationsfähigkeit des Blutes)
Albumina H. (Plasmaprotein)
Androgel (Testosteron)
Aranesp (Darbepoetin alfa = super EPO)
Celestote (Corticosteroid)
Eprex (EPO)
Genotonorm (Wachstumshormon)
Hemoce (Plasma)
Deca durabolin (anaboles Steroid)
Humatrope (Wachstumshormon)
IGF 1 (insulin like growth factor 1)
Neofertinon (weibliches Hormon, stimuliert den Eisprung und die Östrogen-Produktion)
Neorecormon (Hormon zur Regulierung der Blutzellenproduktion)
Norditropin (Wachstumshormon)
Nuvacten (Corticosteroid)
Trigon (Asthmamittel)
Urbason (Corticosteroid)
Ventolin (Asthmamittel)
Oxandrolona (anaboles Steroid)
Vitamin B12 (Vitamin B12)
Triamcinolona (Corticosteroid)
Testoviron (Testosteron)
Aspirin (Schmerzmittel, Blutverdünnungsmittel)
Oxyglobin (künstliches Hämoglobin, Sauerstoffträger, gegen Hundeanämie)
Hemopure (künstliches Hämoglobin, Sauerstoffträger)
Ferlixit (Eisen)
Caffeine (Stimulanz)
Hemassist (künstlicher Blutersatzstoff, Sauerstoffträger)
Prozac (Antidepressivum)

US Postal, Lance Armstrong 2000/2001

Bekannt wurde, dass im Jahr 2001 die Medikamentenliste des Armstrong-Teams, die bei Einreise zur Tour vorgelegt und genehmigt werden musste,

119 verschiedene Produkte umfasste. 2000 waren es insgesamt 126. Grob umgerechnet bedeutet dies pro Teammitglied und Tag 11,78 verschiedene Mittel. Damit lag die Zahl weit über der der anderen Teams. Die französischen Teams hatten etwa die Hälfte der Mittel deklariert, die italienischen benötigten etwa ein Drittel weniger als US Postal. (L.A. Confidentiel, S. 254/255).

Raimondas Rumsas 2002

Liste der bei Editha Rumsas gefundenen Medikamente (l’Equipe):

1 Fläschchen Norditropin penset 24 (Wachstumshormone)
1 Fläschchen TAD 600
1 Fläschchen Norditropin
1 Injektion Actrapid Novolet (Insulin)
3 Fläschchen Actovegin
1 Packung Spascupreel
1 Packung Albumine 20%
3 Packungen Testis Compositum (Hormonextrakte)
1 Packung Ubichinon Compositum (Ko-Enzym Q)
2 Packungen Thyreoida Compositum (Hormonektrakt)
3 Ampullen Ketonal
2 Ampullen Koffein
1 Ampulle Celestone (Entzündungshemmend)
1 Ampulle Benexol B12 5000 (Vitamine)
3 Fläschchen Kenacort retard (Korticoide)
1 Toco 500 (Vitamin E)
1 Flasche Chlorure de sodium 0,9
15 Einheiten Durvitan (Koffein)
10 Ampullen Pentohexal 300
1 Packung MAG 2 (Magnesium)
12 Einheiten Ozothine
15 Einheiten Optalidon
2 Einheiten Eurythrox 50
3 Einheiten No Spa Forte
6 Einheiten und 1 Ampulle Alphalipon
2 Tabletten Stilnox
4 Einheiten Oltramp
30 Einheiten Bentelan (Korticoid)
30 Einheiten/Ampullen Voltaren
3 Einheiten Praxilen
1 Tablette Cafiaspirina (Koffein-/Aspireinpräparat)
2 Packungen Immunoferon
1 Packung Androderm (Testosteron)
2 Packungen Trofalgon
1 Fläschchen Geref (regt Produktion von Wachstumshormonen an)
1 Ampulle mit sterilem Wasser
1 Fläschchen Haes-Steril
laut Prozessbericht wurde auch EPO sichergestellt.

Quick Step, Steven de Jongh 2008

Steven de Jongh nimmt als Fahrer des Teams Quick Step während der Tour de France 2008 76 Pillen täglich zu sich. Befragt nach dem Ende der Etappe nach D’Alpe d’Huez meint er etwas lakonisch „das geht schon, diese paar Pillen“.

„Um ehrlich zu sein, ich fühle mich nach gut zwei Wochen frischer und stärker als in den vergangenen Jahren. Dank der ‚Demenzdöschen’ .“

Für Steven sind das keine Chemikalien, die schädlich sein könnten, sondern notwendige Unterstützung, um die Tour de France gut überstehen zu können. „Wenn du auf ‚normale’ Weise die Tour durchstehen möchtest, dann bist du echt von diesen Dingen abhängig.“

Der 42 jährige Arzt Rodriguez begann vor 3 Jahren mit seiner Suche. 10 Jahre lang hatte er medizinische Fahrer-Daten gesammelt. Daraus entwickelte er seine ‚variable Pillendiät‘, die auf den Bedürfnissen von Ausdauersportlern beruht.

Ganz rechts liegen rote Geleekügelchen. „Das sind Haribo-Bonbons, die mit der Tourkarawane verteilt werden. Sie werden dem täglichen Sortiment zugefügt um den Zuckerspiegel zu erhöhen. Das andere sind Ergänzungsmittel, die der Fahrer braucht. Das können Antioxidantien, Vitamine, Carbohydrate, Aminosäuren oder Proteine sein.

„Und immer in der richtigen Menge, zusammengestellt nach den Ergebnissen meiner täglichen Untersuchungen der physischen Gegebenheiten der Fahrer. Jemand wie Steven, ein Sprinter, braucht vor allem Kreatin um seinen Energievorrat stets auf dem richtigen Pegel zu halten.“

Täglich kontrolliert Rodriguez 20 Parameter eines jeden Fahrers. Er erkundet z.B. wie sich die Beine nach dem Aufwachen, während des Rennens und der Massage anfühlen. „„Anhand der täglichen Antworten, verglichen mit früheren Aufzeichnungen, kann ich erkennen, ob die Muskulatur noch immer gut funktioniert, das hat etwas mit der Verarbeitung der Ausscheidungsstoffe zu tun.““

„Und dann mit Trotz in der Stimme. „Hier fahren 5 Fahrer mit, die auch letztes Jahr an der Tour teilnahmen. Dank unsere Pillendöschen haben sie 20% weniger Muskelschmerzen.“

Dr. Eufemiano Fuentes 2000er Jahre

l’Equipe vom 1.7.2006 ‚L’incroyable pharmacie du docteur Fuentes‘, Auszug:
(…)
Unter den 105 gefundenen und kofiszierten Medikamenten wurden dank der Hilfe Manzanos folgende Mittel identifiziert:

– 100 Tabletten Actovegin (Mittel gegen Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen, Verschleierung)
– 25 Ampullen Solcoseryl (Eiweißpräparat zur Blutverdünnung/Verschleierung)
– Andriol und Androderm : Testosteron
– Eposine : illegal hergestelltes EPO aus China
– Norditropine (3 Behälter) : recombiniertes Wachstumshormon und  Jintropine, Kopie eines Hgh aus China kommend
– Synacthen : Cortisonpräparat
– Koffein
– Actrapid: Insulin
– Legalon : Hepatitismedikament
– Lederfolin et Acfol : Eiweißpräparat
– Thioctacid : Vitaminpräparat
– Spirulina : Aufbaupräparat
– Hidroxil et Benexol : Vitamine B 1, B 6 et B 12
– Prozac (Antidepressivum), Diazepam (Benzodiazepin, Entspannund-, Schlafmittel), Rohypnol (Schlafmittel)
– 112 Tabletten, genannt OXTS, ein Steroid Oxymetalon, das aus einem geheimen, illegalen Labor stammt

Aus den verschiedenen Unterlagen Fuentes geht hervor, dass er vor allem mit Wachstumshormonen, IGF-1, Insulin, EPO, Epocrin (russisches EPO), Aranesp, Testosteron, Albumin (Blutverdünnungsmittel), HMG-Lepori (Gonadotropin, Testosteronstimulanz) und Actovegyn gearbeitet hat.

Mehr Infos zu den Mitteln auf der Liste siehe auch hier: Unter Einsatz des Lebens