1959 -2013 Übersicht Doping-Prozesse im Radsport

Übersicht, Zusammenfassung und Vorstellung einiger Doping-Prozesse im Radsport

Prozesse um Doping-Mittelbeschaffung und -verabreichung begleiteten den Radsport seit Jahrzehnten.

Eine Reihe von Doping-Prozessen hatten nicht nur die Einnahme verbotener Substanzen durch Sportler zum Gegenstand, sondern befassen sich vor allem mit dem Erwerb und Vertrieb dieser Mittel. Dabei wird sehr deutlich, dass das gesamte Problem den Amateurbereich in hohem Maße durchdrungen hatte und hat.

Weitere Zusammenfassungen großer Affairen wie um Lance Armstrong, Humanplasme, Operation Aderlass, die den Radsport betreffen, sind
>>> hier zu finden.

1959 – 1976

Dr. Jean-Pierre de Mondenard listet in Sport et Vie N° 64 vom Januar 2001 folgende Prozesse für Frankreich und Belgien auf:

1959 Courtrai, Belgien: Bei einer Hausdurchsuchung bei einem Pfleger wird ein großes Arsenal an Medikamenten entdeckt. Der Pfleger wird verurteilt wegen illegaler Medizinanwendung.

1964  Courtrai, Belgien: 5 Fahrer und zwei Pfleger sind angeklagt, die Pfleger werden zu zwei Monaten Gefängnis auf Bewährung und einer Geldstrafe von mehr als 1000F verurteilt.

1966/ 1967 Gent, Belgien: Wegen eines Sechstagerennens und eines Straßenrennens kommt es zur Verurteilung von Fahrern und 1967 zum ersten Male zu einer Verurteilung eines Mediziners (2000F Strafe) wegen der Verschreibung verbotener Produkte.

1967 St Etienne, Frankreich: Roger Rivière und drei Mediziner werden angeklagt wegen illegalen Gebrauchs und Verschreibung von Palfium. Rivière bekam zur Schmerzlinderung nach einem schweren Sturz 1960, nach dem er gelähmt blieb, diese süchtigmachende synthetische Opiat verschrieben. Er gewöhnte sich daran und versuchte bei drei Medizinern gleichzeitig Verschreibungen zu bekommen. Bis zu 53 Tabletten nahm er pro Tag zu sich eine sehr große Menge. Das Gericht zeigte sich verständnisvoll und verurteilte die 4 zu jeweils 200 F und einer geringen Bewährungsstrafe. Erwähnt werden muss, dass Rivières Sturz auf die Einnahme von Amphetaminen zurückgeführt wird.

1967 und 1968 Bordeaux, Frankreich: Nach Libération vom 3.8.1998 wurden 1966/1967 zwar 17 juristische Verfahren eingeleitet aber nur Gilbert Bellone musste sich einem Prozess stellen. Er war neben anderen nach der Tour de France-Etappe Royan-Bordeaux positiv getestet worden. Bellone wurde verurteilt aber 1969 zweimal frei gesprochen, zuletzt vom Berufungsgericht in Bordeaux. Er hatte angegeben mit den gefundenen Substanzen eine schwere Grippe behandelt zu haben.

1967 Versailles, Frankreich: Michel Jacquemin wurde nach der vorletzten Etappe der Tour de France 1967 positiv getestet und angeklagt. Das Verfahen wure eingestellt, s.u. .

1969 Grenoble: Die Radfahrer Paul Barnay and Michel Fayolle wurden am 5.2.1969 für Amphetamin-Schmuggel von Italien nach Frankreich angeklagt. Die Drogen hatten sie für Yves Mottin besorgt, der im November 1968 nach einem Rennen verstarb.

1973 Anvers, Frankreich: Näheres ist mir nichts bekannt

1973 Bordeaux, Frankreich: Auf Initiative eines sportlichen Direktors verprügeln drei Handlanger den offiziellen Mediziner nach einer positiven Dopingkontrolle bei einer Abendveranstaltung in Sarlat. Der Mediziner wird verletzt.

1976, Gent, Belgien: Einem Arzt, der Mitglied der medizinischen Kommission der UCI und der Belgischen Radliga (LVB), zudem ein bekannter Antidopingkämpfer ist, wird der Prozess gemacht. Er hatte Stimulantien an Erik de Vlaeminck geliefert.

Weitere Prozesse, etwas ausführlicher:

1969 Versailles

Nach der vorletzten Etappe der Tour de France 1967 wurden bei den drei Erstplazierten der Etappe René Bingelli, Herbert Wilde und Michel Jacquemin der belgischen Mannschaft B „Les Diables Rouges“ Amphetamine und Metylamphetamine nachgewiesen. Jacquemin wurde nach dem Französischen Anti-Doping-Gesetz angeklagt. Er gab an von dem Pfleger der Mannschaft Depauw Maurits Vitaminspritzen erhalten zu haben. Der Pfleger leugnete dies und bestritt zudem, den Fahrer mit Vitamin-Ampullen beliefert zu haben, die in dessen Gepäck gefunden worden waren. Er habe seinen Fahrern lediglich vor den Rennen Vitamin C-Tabletten gegeben. Jacquemin wurde frei gesprochen, da ihm nicht nachgewiesen werden konnte, absichtlich gedopt zu haben.
>>> das Urteil vom 24.12.1969 des Tribunal correctionnel de Versailles

1986 – 1990 Laon und Paris, ‚6-Tage von Bercy‘ (LaonParis)

Im November 1986 werden Rauschgiftfahnder bei einer Razzia während der 6 Tage von Bercy fündig. Fast 2 Jahre am 12. Oktober 1988 später werden in Laon 19 Fahrer aus Nordfrankreich, darunter zwei ehemalige Profis, ehemalige Teamkollegen von Bernard Thévenet und Joop Zoetemelk, wegen Amphetaminhandels (Tonédron (Metamphetamin), Captagon) angeklagt, ebenfalls dabei 40 Mediziner, Pharmazeuten und pharmazeutische Angestellte. Der Fahrer Èric Ramelet wird zu 18 Monaten Gefängnis, 16 davon auf Bewährung verurteilt, der am schwersten belastetste Mediziner zu 150 000 FF Strafe und 6 Monate Berufsverbot.

1990 werden weitere Involvierte in Paris angeklagt. Joël Lacroix, Pierre Charron, Bernard Sainz und Doktor Toledano sowie 15 Fahrer müssen vor Gericht erscheinen. Mit dabei die Fahrer Jean-René Bernaudeau, Dietrich Thurau, Eric Caritoux, Régis Clère, Francis Castaing und, Thierry Claveyrolat. Einige gaben an, abhängig zu sein, andere erklärten, die Amphetamine wegen der Belastung zu konsumieren. Bernaudeau in späteren Jahren Sportlicher Direktor von Bouygues Telecom) sagt:

„Man nimmt nicht aus Vergnügen teil, sondern um Geld zu verdienen. Eine gute Kriterien-Runde macht 50% meiner jährlichen Einnahmen aus… Zudem verlangt das Gesetz von uns, dass wir im Falle des Ausscheidens die doppelte Summe unseres Verdienstes zurückgeben. Mit 18-20 Tagen lief es bei mir nicht schlecht.“

Das Ergebnis dieses Prozesses liegt mir nicht vor. Die Fahrer scheinen ohne Verurteilung geblieben zu sein, Charron wurde belangt. 2001 im Prozess um den Pot belge in Poitiers wird er wieder auffällig.

Die Prozesse machten deutlich, dass Amphetamine im Sportmilieu, ebenso wie in anderen Bereichen der Gesellschaft weit verbreitet waren. Z. B. hatte der Hersteller von Tonédron im Laufe von 4 Jahren 40 000 Ampullen verkauft, neutrale Mediziner gaben aber zu Protokoll, dass dieses Mittel schon seit zehn Jahren nicht mehr therapeutisch angewandt würde. Es lohnte sich die Ampullen schwarz anzubieten. Im Peloton bezahlte man dafür anstelle von 5,50 F zwischen 600 und 1 000 F. (de Mondenard, Dictionnaire, S. 758)

1990 – 2001 PDM, Wim Sanders

Diese Ermittlungen schlugen hohe Wellen in den Niederlanden und führten zu umfangreichen Erkenntnissen über die Doping- und Drogenszene. Im Zentrum stand der Sportmediziner und ehemalige Arzt des PDM Rennstalles Wim Sanders, bei dem die niederländische Steuerfahndung in Folge einer Überprüfung ein System von schwarzen Kassen entdeckte. Allerdings rankten sich schon lange Gerüchte und Vermutungen um die Rad-Mannschaft. Wim Sanders wurde zwar in erster Instanz zu 6 Monate Haft verurteilt, in der Berufung (Verfahrensfehler ?) aber freigesprochen, auch die medizinische Regionalbehörde konnte in der Verschreibungspraxis des Arztes kein Unrecht erkennen.

Mehr hierzu ist unter >>> die PDM-Affaire nachzulesen.

1996 – 1997 Arras

Rudy Lefebvre und Alexandre Dubois, zwei Radrennfahrer, werden zu zwei Monaten Gefängnis in Arras (Tribunal de grande instance d’Arras) auf Bewährung verurteilt. Sie wurden von der Polizei wegen Amphetaminbesitzes anläßlich einer Zollkontrolle am 19. 10. 1996 in Pas-de-Calais festgenommen. Die beiden Fahrer gaben zu, sich in Belgien eingedeckt zu haben und im Moment ihrer Festnahme war es ihre fünfte entsprechende Versorgungsfahrt. (deMondenard S.181)

1996 – 2003 Ferrara, Prof. Francesco Conconi

Professor Conconi galt in den 90er Jahren als der führende Trainingswissenschaftler Italiens und darüber hinaus. Sein Name ist eng verbunden mit der Leistungssteigerung im Hochleistungssport durch EPO und anderen, wohl aufeinander abgestimmtem Verordnungen. Bereits in den 70er Jahren experimentierte er mit Bluttransfusionen. Die Liste der prominenten Namen, die sich unter seiner Regie zu Experimenten, vor allem mit EPO, bereit erklärten, war lang: Neben der Skinationalmannschaft gehörten komplette Radteams sowie weitere bekannte Hochleistungssportler zu seinen Klienten. Zu selben Zeit gelang es ihm von IOC und CONI Gelder für die Entwicklung eines EPO-Nachweisverfahren zu erhalten, brauchbare Ergebnisse lieferte er jedoch nie ab.

Conconi kam öffentlich ins Zwielicht nach Ermittlungen, die durch eine Razzia der Guardia di Finanza (Finanz- und Grenzpolizei) nach dem Prolog des Giro d’Italia 1996 ausgelöst wurden. Computerdaten ließen keine Zweifel an Leistungsmanipulationen zu. Allerdings gab es mächtige Verbands- und Poltikinteressen, die eine Aufklärung der Machenschaften verhindern wollten. Ohne die Arbeit von Sandro Donati wäre das Meiste im Sande verlaufen. Die erste nach 4 Jahren vorgelegte Anklageschrift wurde wegen des Rücktritts des Untersuchungsrichters, der entnervt aufgab, hinfällig. Die Neuerstellung, ein 70 000-Seiten umfassendes Dossier mit Anklagepunkten wie Bildung einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung, Verstoß gegen das Medikamentengesetz und Amtsmissbrauch, wurde im Prozess, der im Oktober 2002 begann, wegen Verjährung zurückgewiesen. Entschlüsselte Patientenakten lagen lediglich für die Jahre 1992 – 1995 vor. Für die folgenden Jahre gab es keine Geständnisse und Unterlagen. Claudio Chiappucci, der 1997 langjähriges EPO-Doping zugeben hatte, widerrief sein Geständnis.

Der Rektor der Universität Ferrara Prof. Conconi und seine mitangeklagten Mitarbeiter Ilario Casoni und Giovanni Grazzi blieben unbehelligt. Richterin Franca Oliva äußerte sich jedoch eindeutig:

„Conconi war schuldig. Es ist offensichtlich, dass die Angeklagten über das in ihrem Institut in Ferrara durchgeführte Epo-Doping voll und ganz unterrichtet waren. … Die Angeklagten haben über Jahre hinweg die Sportler beim Epo-Doping begleitet und sie durch diese permanente medizinische Kontrolle zum Epo-Doping auch ermuntert.“

S. a. NZZ, 21.11.2003: Dottore Mabuse und die Nackte von Goya / Conconi-Prozess endet mit Freispruch.

Dass die Machenschaften aufgedeckt wurden und das Thema Doping in Italien ernst genommen wird, ist weitgehend Sandro Donati zu verdanken.

Ein ausführlicher Bericht von ihm ist >>> hier zu finden.

In den 90 Jahren rumorte es in der Szene heftig und 1997 kam es dann zu den ersten großen Enthüllungen, die auch der französischen Zeitung L’Equipe mitzuverdanken sind.

1997 – 2006 Bologna, Dr. Michele Ferrari

1997 kommen die Karabinieri in Bologna über eine Apotheke auf die Spur des Sportmediziners Michele Ferrari. Der Apotheker beschuldigte den Arzt, Großabnehmer von im Sport verbotener Medikamente zu sein, Rezepte bestätigen den Verdacht. Eine Bürodurchsuchung enthüllt, dass viele bekannte Radsportgrößen zu seinen Patienten gehören: Ivan Gotti, Giorgio Furlan, Abraham Olano, Tony Rominger und Laurent Jalabert sind einige von ihnen. Blutdaten enthüllen große Schwankungen der Fahrer-Hämatokrits, wichtige Hinweise auf EPO-Doping. Ferrari war ein Schüler von Francesco Conconi und kümmerte sich höchst erfolgreich in den 90er Jahren um das Radteam Gewiss, deren überragende Fahrweise 1994 zweifelsfrei auf EPO zurückging. Ferrari kam dadurch bereits unter öffentlichen Druck, Gewiss musste ihn entlassen und der Verband der italienischen Sportmediziner suspendieren. Seiner Beliebtheit tat dies aber keinen Abbruch. Bereits 1995 begab sich auch Lance Armstrong in Ferraris Hände, seit 1999 war er Konditionsberater des U.S. Postal Service (USPS) Teams.

Ende 2001 begann in Bologna der Prozess wegen Sportbetrugs gegen den Arzt, auch genannt ‚Dottore EPO’. Hauptbelastungszeuge war Sandro Donati, durch dessen Recherchen und Unnachgiebigkeit das Ausmaß des EPO- und Blutdopings bekannt wurde. Die meisten befragten leugneten oder verweigerten die Aussage. Nur wenige, wie Filippo Simeoni und die ehemaligen Fahrer Fabrizio Convalle und Carlo Cobalchini (Amateur) beschuldigten offen ihren ehemaligen Arzt. Am 12. Februar 2002 gab Simeoni zu Protokoll, dass Ferrari ihm zwischen 1996 und 1997 EPO und Testosteron sowie Emagel und Albumin zur Senkung des Hämatokrit verschrieben habe.

Am 1. Oktober 2004 wurde Michele Ferrari wegen Sportbetrugs zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt, zudem wurde ihm die Berufsausübung für elf Monate untersagt.

Im Mai 2006 wurde dieses Urteil aufgehoben – wegen Verjährung, die Dopingvorwürfe wurden aber bestätigt ( >>> spiegel 15.9.2006).

Die ausführlichste Informationssammlung gab es auf sportpro.it  für alle, die Italienisch beherrschen.

In einem Inerview mit cyclingnews.com schildert M. Ferrari seine Sicht der Dinge:
Teil 2: The Eye Of The Storm

Tony Rominger war ein Klient von Ferrari. Wie er später stand, ist hier nachzulesen:
Meinungen: Tony Rominger

1998 – 2000 Festina-Prozess

Das bis zur Operacion Puerto 2006 für die Öffentlichkeit spektakulärste Dopingereignis der Radsportgeschichte ist sicherlich die Festina-Affaire. Die Erschütterungen, die davon ausgingen, sind heute noch zu spüren.

Eine Zusammenfassung der Ereignisse und weiterführende Literatur gibt es
>>> hier auf doping-archiv.de.

1998 – 2001 Poitiers

Zu dieser Affaire lagen genauere Informationen vor, eine Zusammenfassung ist
>>>  hier zu finden
.

1998 – 2001 Affaire TVM

Während der Tour de France 1998 geriet neben dem Team Festina auch das niederländische Team TVM in die Schlagzeilen, als sich das Team während der Tour absetzte und sich so den Fragen der französischen Justiz entzog. Mitverantwortlich für dieses Verhalten dürfte gewesen sein, dass bereits vier Monate vor der Tour de France 1998 EPO in einem Wagen des Teams in der Nähe von Reims gefunden wurde und entsprechende Untersuchungen begonnen hatten.

Die Ermittlungen zogen sich lange hin, erst im Juli 2001 kam in Reims die TVM-Affaire zum Abschluss. Die Hauptangeklagten leugneten bis zum Schluss jegliches Verschulden. Dr. Andrej Mikhailov, der als hervorragender Arzt galt und dem ehemaligen sowjetischen Sportsystem angehörte, gestand lediglich ein, EPO von Spanien nach Frankreich transportiert zu haben, allerdings sei dieses für ein Kinderhospital in Russland gedacht gewesen und nicht für die Sportler.

Die Indizienlage erlaubte dann aber dem Gericht härtere Strafen wegen “organisierten Dopings anläßlich der Tour de France 1998“ auszusprechen.

Der Sportliche Direktor des Teams Cees Priem, wurde als der Hauptverantwortliche bzw. Hauptorganisator des Dopings bezeichnet, er bekam 18 Monate Gefängnis auf Bewährung und 80.000 F Strafe. Bei Dr. Andrei Mikhailov erlaubten nach Ansicht des Gerichtes die Indizien die eindeutige Annahme, dass die Sportler unter seiner Aufsicht EPO anwandten, er erhielt ein Jahr auf Bewährung und 60.000 F (9.053 €) und bei Ian Moors, Masseur, betrug die Strafe 6 Monaten auf Bewährung und 10.000 F. Zusätzlich mußten die drei eine gemeinsame Geldbuse über 9.808 € wegen eines Zollvergehens betreff ‚Einfuhr gefährlicher Substanzen’ bezahlen.

2015 erhielt die Daily Mail Prozessunterlagen des TVM-Prozesses, aus denen hervor geht, dass auch Servais Knaven gedopt hatte, dies hatte er im Prozess gestanden. Knaven ist seit 2011 Sportlicher Direktor des Teams Sky.

1998 – 2002 Reims

Im Juni 2002 wurden in Reims sechs Radrennfahrer zu Gefängnisstrafen auf Bewährung wegen des Konsums des Pot belge verurteilt. Ihre vier Lieferanten, die viele Amateure der Region belieferten, wurden höher bestraft.

Der Hauptlieferant, der Belgier André Delrue, wurde zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt.

Und der ehemalige Bahnradfahrer Philppe Boyer, 46 Jahre alt, erhielt zwei Jahre Gefängnis, davon eines auf Bewährung. Der mehrfache französische Bahnradmeister der Amateure, Mitglied der französischen Olympiamannschaft in Los Angeles und 1985 Vize-Weltmeister, soll einer der führenden Köpfe des Syndikats gewesen sein, was er allerdings immer bestritt.

Auslöser der Untersuchungen war der Zusammenbruch des Amateurfahrers André Cordelette 1998 während eines Rennens. Hier mehr zu seinem Werdegang und den damit verbundenen gesundheitlichen Problemen:
>>> André Cordelette, ein Geständnis
und >>> Philippe Boyer erzählt auch von seinen Erfahrungen

1998 – 2004 Brescia

Am 22. Januar 2003 begann in Brescia ein Prozess, indem sich 18 Personen wegen Verabreichens und Dealens von Dopingmedikamenten verantworten mussten, mit dabei die ehemaligen Radsportler Giorgio Addis, Paolino Dotti, Pierino Gavazzi sowie 3 Apotheker.

Eine junge Amateurradsportlerin gab mit einem Geständnis den Startschuss für die Ermittlungen. Es folgten 1999 Razzien, bei denen Dopingmittel sichergestellt wurden. Weitere Vorwürfe, die bis ins Jahr 1996 zurückgingen, belasteten Giorgio Addis, ehemals sportlicher Leiter des Teams ‚ Gaverina – Ok Baby’, und Teammanager Mauro Stornati schwer. Mittel der Whl sollen Wachstumshormone, EPO, Testosteron, Oxandrolon und ACTH gewesen sein.

Im Oktober 2004 wurde der italienische Meister von 1988 Gavazzi zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt, da er ohne Berechtigung als Mediziner und Pharmazeut praktiziert und unerlaubt Medikamente verabreicht hatte. Dotti erhielt eine Strafe von zwei und Addis musste für neun Monate ins Gefängnis.

1999 – 2002 Gianni Bugno

1999 bei den Drei Tagen von de Panne kam es zu einem großen Eklat, als am zweiten Tag die Polizei die Fahrer kurz nach dem Start anhielt und die MAPEI-Mannschaft zu einem Verhör mitnahm. Der Grund war ein Päckchen, das dem Packetdienst DHL verdächtig vorkam und der daraufhin die Polizei benachrichtigte. Es enthielt Amphetaminampullen und war aufgegeben worden von dem Mapei-Pfleger Tiziano Morassut, adressiert war es an Gianni Bugno. Bugno einer der phaszinierensten Fahrer der 90er Jahre, der die letzten beiden Jahre seiner Karriere 1997 und 1998 bei Mapei fuhr und 1999 noch dem technischen Kader dieses Teams angehörte.

Am 10. 12. 2002 wurde im flämischen Kortrijk Gianni Bugno wegen des Kaufs und Besitzes von Amphetaminen, sein Vater Giacomo Bugno, Tiziano Morassut und der belgische Ex-Profifahrer Edouard Vanhulst, Lieferant der Amphetamine, wegen Verstoßes gegen das Arzneimittel- und Anti-Dopinggesetz zu je 6 Monaten Gefängnis auf Bewährung und Geldstrafen von je € 4.957,87 verurteilt.

2000 – 2002 Rennes, Affaire Béon

Anfang Dezember 2002 fand in Rennes, Frankreich ein Prozess statt, in dem den 12 Angeklagten umfangreiches Dealen mit dem Pot néerlandais, einem Gemisch aus Amphetaminen, Koffein und weiteren Substanzen vorgeworfen wurde. Mit dabei noch aktive und ehemalige Profi-Radrennfahrer, Clubdirektoren und Sponsoren.
>>> hier gibt es mehr Infos

2000 – 2003 Perpignan

Am 29 Februar 2000 überraschen Polizisten bei einer Straßenkontrolle zwei Männer, als diese sich den Pot belge verabreichten.

Daraus entwickelte sich eine umfangreiche Affaire mit interessanten Enthüllungen.
>>> Näheres ist hier nachzulesen.

2001 – 2005 Padua, Giro d’Italia

Am 3.6. 2001 wurden im Wohnmobil des Alessio-Fahrers Ivan Gotti Dopingmittel gefunden. Gotti stand bereits längere Zeit unter Beobachtung. Daraufhin erschien in der Nacht vom 6. auf den 7. Juni in San Remo die Drogenpolizei beim Giro- d’Italia und durchsuchte die Zimmer aller Teams (Razzia ‚Vierblättriges Kleeblatt’). Die Betroffenen waren geschockt, in ersten heftigen Reaktionen wollten die Fahrer die gesamte Rundfahrt absagen, setzte dann aber lediglich die 18. Etappe aus. Prominentes erstes Opfer war Dario Frigo, der den Fund und die Einnahme verbotener Mittel bestätigte. Er wurde umgehend von seinem Team Fassa Bortolo entlassen. Die Gerüchteküche kochte hoch, bei über 70 Personen sollen verdächtige Medikamente, einschließlich ein noch nicht zugelassenes, gefunden worden sein. Nur 2 der angetretenen Teams wären unverdächtig, auch Mitglieder des Team Telekom kamen ins Visier der Fahnder.

Hektische Betriebsamkeit bricht aus: Der italienische Rennstall Liquigas-Pata suspendierte 5 seiner Fahrer, der italienische Radsportverband veranlasste ab dem 18. Juli für 10 Tage die Aussetzung aller „nationalen Radrennen auf Amateur- und Profiebene“ und empfahl seinen Fahrern eine Selbstsperre für Rennen im europäischen Ausland. Hein Verbruggen sah hinter diesen italienische Maßnahmen aber nur billigen Aktionismus und eine politische Verschwörung. Der Sponsor CSC schlug eine gemeinsame Antidoping-Erklärung der Sponsoren vor.

Am 7. Mai 2005 wurden 8 italienische Fahrer aufgrund der Funde von Wachstumshormonen und Insulin sportrechtlich mit maximal 6 Monaten Sperre belegt.

Die Anklageschrift aus dem Jahr 2003 für den Prozess in Padua führt 51 Personen auf, gegen die ermittelt wurde. Als der Pozess im Oktober 2004 begann standen noch 12 Personen, vor dem Richter. Dario Frigo, Alberto Elli und Giuseppe Di Grande erhielten eine Bewährungsstrafe von 6 Monaten zusätzlich 12 000 €, Trainer Primo Pregnolato eine Bewährungsstrafe von 8 Monaten und 6 000 € und Domenico Romano und Ermanno Brignoli mussten 5 Monate und 20 Tage Haft auf Bewährung hinnehmen.

Ivan Gotti handelte mit der Staatsanwaltschaft eine Strafe von 5 Monate Gefängnis auf Bewährung aus, um einen langen Prozess zu vermeiden und beendete seine Radsportkarriere.

2002 – 2003 Brescia, Affaire Antonio Varriale

2001 werden in Padua zwei Dopingdealer verhaftet, die große Mengen verbotener Arzneimittel an Amateure der Radclubs in der Region des Gardasees vertrieben haben sollen. Im Laufe der folgenden Ermittlungen wurde der Panaria-Prof Antonio Varriale im Mai 2002 mir entsprechenden Mitteln angetroffen und verhaftet.

Ein Mitglied des Dealerringes war der Polizist Armando Marzano, der zugab, an Varriale und Filippo Perfetto, ebenfalls beim Panaria-Team und Domenico Romano vom Team Landbouwkrediet-Colnago, Dopingmittel geliefert zu haben.

Die Ermittlungen gehen auf Funde bei der Giro-Razzia 2001 zurück. (AFP )

Ich fühle mich betrogen„, sagte Panaria-Sportdirektor Reverberi vor dem Start der vierten Giro-Etappe in Esch (Luxemburg). (Varriale)

„ist ein Rennfahrer, dem ich vor zwei Jahren eine Chance gab, als er verletzt war. Man kann sich bei niemandem sicher sein.“ Das Problem sei besonders groß bei Rennfahrern, die schon als Amateure mit Doping beginnen, meint Reverberi. „Die kommen dann zu den Profis und können erst recht nicht aufhören damit. Um da etwas zu ändern, müsste man schon bei den Amateuren und der U23 gegen Doping kategorisch vorgehen.“ (radsportnews, 15.5.02)

Bei einer erneuten Razzia, ausgehend von der Guardia di Finanza i Salò (Brescia) Anfang Juni 2003, der „Operazione Bike„, die in Zusammenhang steht mit den obigen Affaire, wurden zwei sportliche Leiter unter Hausarrest gestellt, der sportliche Leiter von Colnago-Landbouwkrediet Olivano Locatelli und William Dazzani vom Frauen-Team Aurora 2000 RSM. Gegen 22 weitere Personen wird ermittelt. Beiden wird vorgeworfen Doping-Mittel besorgt zu haben. Im Vorfeld der Untersuchungen wurden auch die Telefone der beiden Manager abgehört. Die Durchsuchungen der Wohnungen und Büros in Brescia und anderen norditalienischen Städten erbrachten eine Vielzahl verbotener Substanzen. Näheres zu den Funden, einem beeindruckenden Dopingmittel-Arsenal, findet sich hier .

Varriale war geständig.

2002 – 2006 Bonneville, Affaire Rumsas

Es ist der 28. Juli 2002, in Paris geht die Tour de France 2002 glanzvoll zuende, auf dem Podium steht ein strahlender Raimundas Rumsas (Lampre). Er ist dritter geworden. Zur selben Zeit wurde seine Ehefrau an der französisch-italienischen Grenze mit einem Koffer voller Medikamenten verhaftet. Alles deutet auf Doping hin: Viele im Sport zugelassene Mittel lagen neben Wachstumshormonen, Insulin, Corticosteroiden, Testosteron und weiteren Anabolika (>>> Liste der Medikamente). Edita Rumsas wurde wegen Verdunklungsgefahr in das Frauen-Untersuchungsgefängnis von Bonneville im Department Hoch-Savoyen überführt, gegen sie wurde ein Ermittlungsverfahren eröffnet wegen ‚Verabreichung, Vertrieb, Transport und der Anstiftung zum Gebrauch von Dopingprodukten’. Raimundas, mittlerweile von seinem Team suspendiert, bestritt heftig jegliches Doping, vermeidet aber eine Reise nach Frankreich. Die Durchsuchung von Lampre-Teamfahrzeugen erbrachte keine Ergebnisse.

Edita Rumsas beharrt darauf, dass die Medikamente für ihre Familie, respektive ihre Schwiegermutter, in Italien bestimmt waren. Die Affaire uferte schnell zu einer kleinen Staatsaffaire aus. Am 9. August demonstrierten in Vilnius hundert Litauer, darunter Politiker und Künstler, vor der französischen Botschaft und beklagten die unbegründete Inhaftierung einer Mutter von drei kleinen Kindern, in ihren Augen eine Menschenrechtsverletzung. Auch der litauische Außenminister und der Staatspräsident meldeten sich in den nächsten Wochen.

Im September gibt die UCI grünes Licht für Rumsas, da weder eine positive Probe noch ein Geständnis vorliege, Edita kommt im Oktober auf Kaution frei und Raimundas wird im November in Litauen mit der höchsten Sportlerauszeichnung geehrt.

Er fuhr auch 2003 für Lampre, liefert jedoch nach der 6. Etappe des Giro d’Italia eine positive EPO-Probe ab und wird daraufhin für ein Jahr gesperrt.

Die Affaire geriet in Vergessenheit, doch am 26.Januar 2006 fällte das Gericht in Bonneville Urteile: Edita und Raimundas Rumsas wurden zu 4 Monaten Gefängnis auf Bewährung plus je 3 000€ verurteilt, der für die Verschreibung der Medikamente zuständige polnische Arzt Krzysztof erhielt 12 Monate Gefängnis auf Bewährung.

2003 – 2007 Nanterre, Cofidis – Affaire

Langsam aber stetig entwickelte sich die ‚Cofidis-Affaire‘ ab Januar 2004 zu einem heftigen Dopingskandal, Endpunkt David Miller’s EPO-Geständnis.

>>> eine kurze Chronolgie der Ereignisse

2003 – 2007 Kortrijk, Affaire Landuyt/Museeuw

Im September 2003 überschlugen sich die Radsport-Schlagzeilen: Johan Museeuw, belgisches Idol, Supermann aus Flandern, stand im Mittelpunkt von Dopingermittlungen. Eine Jahr später wurde er sanktioniert.

>>> Näheres kann hier nachgelesen werden

2003 – 2007 Affaire „Oil for Drug“

Im Mai 2004 tauchte, von vielen erwartet, die Polizei beim Giro d’Italia auf und durchsuchte einige Zimmer von Fahrern. Diese Razzia war allerdings nur ein kleiner Teil einer weit größer angelegten Aktion, die sich insgesamt auf 29 italienische Provinzen erstreckte, erhebliche Mengen Dopingmittel sicherstellte und etliche Personen in Erklärungsnot brachte.

>>> weitere Informationen „Oil for Drug“

>>> der Dopingplan eines italienischen Radprofis

2004 – 2006 Bordeaux, Affaire ‚Pot belge‘ oder ‚Cahors‘

Anfang Juli 2006 wurden in der Region Cahors in Südfrankreich 23 Personen aus dem Radsportmilieus wegen Drogenmissbrauchs verurteilt. Diese Meldungen gingen etwas unter, da gerade die Affaire Puerto vor der Tour de France geplatzt war. Man könnte sie auch vernachlässigen, waren doch nur ehemalige Profis und Amateure betroffen, nichts besonderes also.

Doch die im Prozess zur Sprache gekommen Missstände und Verhaltensweisen geben einen guten Einblick in die allgemeine Szene und könnten Erklärungen liefern, warum der Radsport heute vor seinem eigene Scherbenhaufen steht.

>>> mehr Informationen 

2006-2013 Operación Puerto

Am 23. Mai 2006 stößt die spanische Polizei nach langer Vorarbeit bei einer Razzia in einem Labor in Madrid auf ca. 20 Blutbeutel, Dopingunterlagen und hochmoderne Geräte für Bluttransfusionen. Der Teamchef von Liberty Seguros Manolo Saiz und der bekannte Sportarzt Eufemio Fuentes werden mit weiteren Personen verhaftet. Manolo Saiz hat 60 000 € und Dopingprodukte bei sich.

Der wohl größte Dopingskandal der Radsport-Geschichte nimmt seinen Lauf. Rechtzeitig vor der Tour de France wurden Sportlernamen bekanntgegeben, die hinreichend als beteiligt identifiziert gelten, darunter auch Jan Ullrich und Ivan Basso. Doch mittlerweile ist die Sache ins Stocken geraten. Die meisten Verbände stellten ihre Ermittlungen ein. Die spanische Justiz verbot die Ermittlungssakten in sportrechtlichen Verfahren zu verwenden und einzelne Fahrer können wieder Rennen bestreiten. Ivan Basso hat sogar einen Vertrag in einem ProTour-Team, Discovery Channel, erhalten, trotz des Ethik-Codes, mit dem sich diese Teams verpflichten, keine Fahrer einzustellen, die in laufende Ermittlungen verwickelt sind. Und viele Fahrer wehrten sich gegen die verschärften Analysebedingungen wie DNA-Tests. Dieser Widerstand ist mittlerweile gewichen und die meisten haben sicch bereit erklärt bei Verdachtsmomenten eine DNA-Abzugeben.

Nachdem Blutbeutel in Madrid Jan Ullrich zugeordnet werden konnten, wurde die Forderung von Seiten einiger Verbände , Veranstalter und Teams immer lauter, endlich alle Beutel zu überprüfen und Klarheit zu schaffen. Die jüngste Entwicklung, wonach polizeiliche Ermittlungen Ivan Basso u. a. belasten und er vorläufig von seinem Team Discovery Channel suspendiert wurde, könnte eine Wende in der Affaire bringen, denn lange Zeit sah es so aus, als würde vieles im Sande verlaufen.

>>> ein Überblick

2008-2013 MANTUA, OPERZIONE „VIA COL DOPING“

Im April 2010 werden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Mantua bekannt, die sich seit etwa 2 Jahren rund um den Apootheker Giudo Nigrelli aus dem kleinen Ort Mariana Mantovana konzentrierten. Eng verbunden mit ihm ist das Team Lampre. Ungefähr 35, später hieß es 32 Personen sollen Teil eines Dopingnetzwerkes sein, dessen persönliche Verbindungen teilweise alt sind und, so wurde gemutmaßt, auch bis nach Österreich zu Humanplasma reichen.

>>> mehr Informationen auf doping-archiv.de hierzu

2008-2013 PADUA, OPERAZIONE „MITO“

Auch in Padua wurde das Lampre-Team wie in den Mantua-Ermittlungen unter die Lupe genommen. Diese Ermittlungen sollen einerseits ab 2010 laufen, wie es in einigen Meldungen von 2011 zur Operacion „Mito“ heißt, andererseits wurde erwähnt, sie gingen ebenfalls mindestens bis 2008 zurück und hätten sich zu Beginn insbesondere auf die Teams Lampre und Katusha bezogen.

>>> mehr Informationen auf doping-archiv.de hierzu

Monika