2002 und 2016 (2020) Dopingopferhilfe-Gesetze
– Diskussion und Ergebnisse
2016 zweites Dopingopferhilfe-Gesetz, DOHG 2
Im Januar 2016 reichte die Bundesregierung den Entwurf eines zweiten Dopingopferhilfe-Gesetzes an die Länder und Verbände zur Stellungnahme weiter. Der Bundesrat stimmte dem Entwurf ohne Änderungswünschen Gesetz am 3.6.2016 zu:
Zweites Gesetz über eine finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR (Zweites Dopingopfer-Hilfegesetz
Das Gesetz trat im Sommer 2016 in Kraft. Die Regierung stellt Doping geschädigten Leistungssportlern und Nachwuchsleistungssportlern der ehemaligen DDR, die noch keine Entschädigung erhalten haben, einmalig je 10.500.- € zur Verfügung.
Das Gesetz sieht die gleichen Antragsvoraussetzungen wie im ersten Dopingopferhilfegesetz vor, insbesondere den Nachweis der Zugehörigkeit zum Leistungssport und den Nachweis erheblicher Gesundheitsschäden infolge (aus Sicht der Opfer) unwissentlicher Dopingverabreichung.
Die Antragsfrist endete erstmals am 30. Juni 2017 doch wurde sie aufgrund der starken Nachfrage um ein Jahr verlängert bis Ende des Jahres 2018 (spiegel-online, 19.5.2017).
Die Unterstützung lief Ende 2019 aus.
Geschädigte können sich aber weiterhin melden. Sie erhalten Beratung und Hilfe beim Verein Doping-Opfer-Hilfe e.V. (DOH) (FAZ, 17.5.2017) und bei der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur
Behörde der Landesbeauftragten Mecklenburg-Vorpommern, Dopingopfer-Hilfegesetz.
Diese Anlaufstelle für Dopingopfer in Schwerin, Mecklenburg-Vorpommern, wurde im Juni 2016 eingerichtet. (svz.de, 22.6.2016)
>>> spiegel.de, 5.10.2020:
„Sie können je nach Bedürftigkeit einen Antrag nach dem Opferentschädigungsgesetz stellen, oder eine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung beantragen. Diese sogenannten SED-Unrechtsbereinigungsgesetze wurden nach der Wiedervereinigung eingesetzt, um Betroffene, die in der DDR zum Beispiel politisch verfolgt oder beruflich benachteiligt wurden, zu rehabilitieren.“
„Das Problem sei, dass das staatliche Zwangsdoping bislang nicht so gesehen wurde. „Aus unserer Sicht gehören die gedopten Sportler aber in diese Betroffenengruppe“, sagt Drescher. Sie seien demnach antragsberechtigt. Eine Frist gebe es für die Rehabilitierung nicht.
Derzeit begleitet Drescher zwei Sportler in ihren Verfahren. [Die Anerkennungen] könnten individuelle Unterstützung zur Folge haben, bis hin zu einer Rente.
Im Rahmen der Diskussion um dieses zweite Gesetz ging es auch darum, dass der DOSB sich an den Zahlungen beteiligen sollte. Aus dem Innenministerium kam die Aufforderung, eine gleiche Summe zur Verfügung zu stellen. Im DOSB hatte man dies wohl falsch verstanden, denn es hieß, man wäre der Meinung gewesen, die vom BMI zugesagte Summe sei gemeinsam zu stemmen. Ein neues Angebot kam bislang nicht. (DLF, 15.11.2015)
Über die Entwicklung der Nachfrage nach Unterstützung von Doping-Opfern geben zwei Anfragen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Auskunft:
Mögliche Regelungslücken beim Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz , 24.9.2018
Dt. Bundestag: Drucksache 19/14931, S. 30/31, 8.11.2019
BILANZ 6.2017 DOHG
Am 27.6.2017 reichte die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen eine Kleine Anfrage ein mit Fragen zum Stand des 2. Gesetzes. U.a. wollte sie wissen, ob geplant sei, auch geschädigten Kindern von Doping-Opfern Entschädigung zu gewähren. Solch eine Absicht wurde in der Absicht vom 14.7.2017 verneint.
Entschädigung der Opfer des DDR-Zwangsdopings, Drucksache 18/13124, 14.7.2017
BILANZ 2019 UND 2020 DOHG
Laut spiegel.de hatten Stand Oktober 2020 1633 geschädigte Sportler eine einmalige Entschädigung erhalten (spiegel.de, 5.10.2020).
Zahlen zu dem Doping-Opfer-Hilfe-Gesetz, Anträge und Genehmigungen (Stand 11.2019) gehen aus einer Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hervor. Die Antragsfrist lief Ende 2019 aus, eine Entfristung war nicht geplant. 5.11.2019:
Dt. Bundestag: Drucksache 19/14931, S. 30/31
33. Abgeordnete Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wie viele Anträge auf Entschädigung gemäß dem Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz (2. DOHG) wurden bisher beim Bundesverwaltungsamt (BVA) eingereicht, und wie wurden diese jeweils beschieden?
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer vom 5. November 2019
Bisher wurden 1.315 Anträge auf eine finanzielle Hilfe nach dem Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetz (DOHG 2) beim Bundesverwaltungsamt (BVA) gestellt. Davon wurden 930 Anträge positiv beschieden, 94 Anträge wurden abgelehnt und 291 Anträge befinden sich in Bearbeitung (Stand: 30. Oktober 2019).
34. Abgeordnete Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wie viele Anträge auf Entschädigung gemäß dem 2. DOHG wurden bisher beim BVA von Opfern der zweiten Generation eingereicht (vgl. § 2 Absatz 1 des 2. DOHG), und wie wurden diese jeweils beschieden?
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer vom#5. November 2019
Bisher wurden gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 DOHG 2 insgesamt 57 Anträge gestellt. Davon wurde ein Antrag positiv beschieden, 46 Anträge wurden abgelehnt und zehn Anträge befinden sich in Bearbeitung (Stand: 30. Oktober 2019).
35. Abgeordnete Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Mit wie vielen Anträgen auf Entschädigung gemäß dem 2. DOHG rechnet die Bundesregierung noch bis zum Ablauf der Antragsfrist Ende 2019, und plant die Bundesregierung das zu entfristen, wie es etwa auch der Doping-Opfer-Hilfe e. V. fordert (vgl. https://no-doping.org/14-oktober-brief-an-cdu-csu-bundestagsfraktion/, aufgerufen am 28. Oktober 2019), um allen anspruchsberechtigten DDR-Dopingopfern Zugang zu Entschädigungen zu ermöglichen?
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer vom 5. November 2019
Bis zum Ablauf der Antragsfrist Ende 2019 ist aufgrund der bisherigen Erfahrungswerte mit geschätzten weiteren 120 Anträgen auf eine finanzielle Hilfe nach dem DOHG 2 zu rechnen.Eine Entfristung des DOHG 2 ist nicht geplant. Die Antragsfrist bis Ende des Jahres 2019 wird vor folgendem Hintergrund als ausreichend er-achtet: Das staatliche Doping im DDR-Leistungssport wurde Anfang der 1990er Jahre umfassend öffentlich dargestellt wie zum Beispiel mit dem Buch von Brigitte Berendonk: Doping Dokumente. Von der Forschung zum Betrug (1991). Der Doping-Opfer-Hilfe e. V. wurde 1999 gegründet, um DDR-Dopingopfer zu unterstützen. Betroffene hatten mit dem (ersten) Dopingopfer-Hilfegesetz aus dem Jahr 2002 die Gelegenheit, einen Antrag auf finanzielle Hilfe zu stellen. Mit dem DOHG 2 wird den Betroffenen, die damals keinen Antrag gestellt hatten, erneut die Gelegenheit gegeben, einen Antrag auf finanzielle Hilfe stellen zu können. Vor Inkrafttreten des DOHG 2 hatte das BVA den Betroffenen ab Anfang des Jahres 2016 die Möglichkeit eröffnet, sich dort zu melden (www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2016/01/gesetzentwurf_dopingopfer_entschaedigung.html). Damit haben Betroffene bis Ende 2019 annähernd vier Jahre lang die Möglichkeit, einen Antrag auf finanzielle Hilfe nach dem DOHG 2 zu stellen.
2002 das Dopingopferhilfe-Gesetz vom 24.8.2002
Gesetzesentwürfe und Diskussion
Nach langer Diskussion trat am 24. August 2002 das Doping-Opfer-Hilfe-Gesetz in Kraft.
>>> das DOHG, entgültige Fassung 2002
Danach wurde beim Bundesverwaltungsamt
„aus humanitären und sozialen Gründen ein Fonds in Höhe von 2 Millionen Euro eingerichtet, aus dem nach Maßgabe der folgenden Vorschriften finanzielle Hilfe an Doping-Opfer der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gewährt wird.“
„Anspruch auf finanzielle Hilfe nach diesem Gesetz haben Personen, die erhebliche Gesundheitsschäden erlitten haben, weil
1. ihnen als Hochleistungssportlern oder – nachwuchssportlern der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen Dopingsubstanzen verabreicht worden sind,
2. ihrer Mutter während der Schwangerschaft unter den Bedingungen der Nummer 1 Dopingsubstanzen verabreicht worden sind.“ …
(1) Ansprüche wegen desselben Lebenssachverhalts aus anderen Rechtsgründen bleiben unberührt. Auf Grund dieser Ansprüche bereits gewährte Leistungen werden nicht auf die Leistungen nach diesem Gesetz angerechnet.
(2) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht auf Leistungen der Sozialhilfe angerechnet.
Der Bundesrat beschließt das Gesetz am 12.7.2002. In einer Erklärung dazu heißt es u.a.:
„Das Gesetz sieht für die circa 10.000 Sportler, die zwischen 1970 und 1989 in der Regel mit Anabolika gedopt wurden, eine Anmeldefrist für Ansprüche bis zum 31. März 2003 vor. (…)
In einer Entschließung begrüßte der Bundesrat ausdrücklich, dass nach zehn Jahren der Diskussion die Doping-Opfer der ehemaligen DDR durch eine Einmalzahlung eine finanzielle Hilfe erfahren. Er bedauerte jedoch, dass kein Festbetrag in Höhe von 5.000 EURO für die Betroffenen im Gesetz vorgesehen wurde. Die Nennung eines Festbetrages wäre eine eindeutige Aussage für die Opfer und eine wirksame Soforthilfe, so der Bundesrat. Unabhängig vom geplanten Erfahrungsbericht der Bundesregierung in der 15. Legislaturperiode sprach sich der Bundesrat für weitere Hilfen aus.“ (Bundesrat, Drucksache 535/02 )
Die Anträge mussten bis zum 31. März 2003 eingegangen sein.
2007 BILANZ DES DOH-GESETZES
>>> Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2006
„Insgesamt wurden 308 Anträge auf Hilfeleistung von Dopingopfern aus der ehemaligen DDR eingereicht. 194 Antragsteller (63%) wurden als anspruchsberechtigt anerkannt, 108 Antragsteller (35%) mussten abgelehnt werden, und sechs Antragsteller (2%) haben ihren Antrag zurückgezogen. Als Ablehungsgründe ergaben sich Verfristungen (17 Fälle), fehlende Mitwirkung (42 Fälle), keine Dopingverabreichung während der Schwangerschaft (21 Fälle) und sonstige fehlende Voraussetzungen wie z.B. nicht ausreichendes fachärztliches Gutachten oder nicht nachgewiesene Zugehörigkeit zum Leistungssport (28 Fälle).
Den 194 Anspruchsberechtigten wurden bis Ende August 2005 von den zur Verfügung stehenden 2.025.00,- Euro, in mehreren Abschlägen und abhängig vom Verfahrensstand – Widerspruchs- und Klageverfahren – insgesamt jeweils 10.438,71 Euro ausgezahlt.“ (S: 143)
Der Gesetzesverabschiedung ging eine Diskussion im Sportausschuss zu den zwei vorliegenden Gesetzesentwürfen voraus, die zu einer Beschlussempfehlung führte (Drucksache 14/9440, s.u.). Diese Empfehlung wurde vom Bundestag angenommen. Darin steht „der Deutsche Bundestag sollte sich in der 15. Legislaturperiode [von 2002 bis 2005] mit dem Vollzug des Gesetzes befassen.
Auf der Grundlage eines Erfahrungsberichtes der Bundesregierung sollte dann geprüft werden, ob weitere Hilfen für die Dopingopfer noch erforderlich sind.“ – diese weiterführende erneute Befassung mit dem Thema der DDR-Dopingopferhilfe auf parlamentarischer Ebene steht noch aus.
der Weg zum Gesetz: Anträge, Entwürfe, Diskussionen
Bereits 1994 ist im Bericht der Enquete-Kommission (31.5.1994) „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ von Dopingopfern die Rede und einer Notwendigkeit, ihnen unbürokratisch finanzielle Hilfe zukommen zu lassen.
Den in die deutsche Einheit hineinwirkenden internationalen Erfolgen von Sportlern, deren Karriere in der DDR begonnen hatte, stehen zahlreiche bittere Hinterlassenschaften gegenüber:
… — Leistungsdefizite und beeinträchtigte Vorbildfunktionen durch Dopingpraktiken
— Aufklärung und Aufarbeitung der Verstrickungen von Athleten, Trainern, Wissenschaftlern und Funktionsträgern über die von der Partei- und Sportführung der DDR angeordneten Doping- und Manipulationspraktiken, die berücksichtigen, daß solche Praktiken nicht nur in der DDR existierten.
Als Opfer des DDR-Regimes werden auch Opfer durch Doping genannt und mögliche finanzielle Entschädigungen skizziert:
Es ist, wenn möglich, aus Mitteln von Institutionen der früheren DDR ein Fonds einzurichten, der auf unbürokatische Weise bei Härtefällen Not zu lindern versucht und spezifisch Benachteiligten, für deren Ansprüche es [noch] keine rechtliche Grundlage gibt, hilft. Zu denken ist auch an Opfer des Dopings im DDR-Sport.
27.3.2001 Antrag der CDU/CSU zur Errichtung eines Fonds zur Unterstützung der Doping-Opfer der DDR
>>> Antrag CDU/CSU auf Einrichtung eines Fonds
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Mit der deutschen Wiedervereinigung stand neben vielen Bereichen unserer Gesellschaft auch der Sport vor der Aufgabe, unterschiedliche Strukturen zusammenzuführen. Den föderalen Strukturen in den alten Ländern mit der individuellen Leistungsbereitschaft des Einzelnen standen staatlich autoritär geprägte Strukturen mit der kollektiven Inanspruchnahme der Sportlerinnen und Sportler gegenüber. Sport war in der ehemaligen DDR Mittel staatlicher Repräsentation, staatlicher Propaganda; sportliche Spitzenleistungen sollten der Welt die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft widerspiegeln und das Ansehen der ehemaligen DDR stärken. Für junge Menschen war der Spitzensport oftmals der einzige Weg zum sozialen Aufstieg und der gesellschaftlichen Anerkennung. (…) Systematisches Doping im Sport gehört zu den bedrückendsten Hinterlassenschaftender ehemaligen DDR. Gerichtlich weitgehend abgeschlossen, wissenschaftlich mehr oder weniger sorgfältig aufgearbeitet haben wir den Zugang zu der Kategorie der menschlichen Schicksale der Opfer eines systematischen Dopings verdrängt. Die positiven Auswirkungen des erfolgreichen Leistungssports der ehemaligen DDR haben wir bis in die heutige Zeit anstandslos übernommen. Spitzensportlerinnen und Spitzensportler der ehemaligen DDR sind willkommene Sieger bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften. (…)
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
Durch die Einrichtung eines Fonds ist sicherzustellen, dass dem Doping-Opfer-Hilfe e.V. Mittel zu Verfügung gestellt werden, damit Sportlerinnen und Sportlern der ehemaligen DDR, die durch Einnahme von Dopingsubstanzen geschädigt sind, angemessen geholfen werden kann.
31.5.2001 Bundestagsdiskussion über den CDU/CSU-Antrag
>>> Beratung des Antrags Errichtung eines Fonds zur Unterstützung der Doping-Opfer der DDR, stenographischer Bericht
Zitate:
Klaus Rieger, CDU: Noch zehn Jahre nach der Wende bessern die Sportler der ehemaligen DDR die deutsche Bilanz bei Welt- und Europameisterschaften sowie Olympischen Spielen auf. Ohne deren Spitzenleistungen würde die Bilanzierung des deutschen Spitzensports im internationalen Vergleich sehr viel schlechter ausfallen. Noch zehn Jahre nach der Wende profitieren wir von den Jugend- und Kaderschulen der ehemaligen DDR.
Diese Nachfolge des DDR-Sportsystems haben wir gerne angetreten. Wir schmücken uns mit den herausragenden Leistungen. Wir stehen gerne neben den Erfolgreichen des ehemaligen DDR-Systems. Wir verleihen ihnen das Silberne Lorbeerblatt. Die Medien widmen diesen Spitzensportlern umfassende Aufmerksamkeit und die Sponsoren zeigen sich großzügig. Dies ist im Grunde nicht zu kritisieren.
Doch, meine Damen und Herren, diese herausragenden Leistungen von Topsportlern der ehemaligen DDR haben einen langen Schatten. Er heißt Doping, systematisch angewendet an vielen jungen Athleten, oft gegen deren Willen, meist ohne deren Wissen. (…)
Es ist an Zynismus kaum zu überbieten, wenn Ärzte vor Gericht erklären, es sei für sie selbstverständlich gewesen, junge Sportler bei ihrem Streben nach Höchstleistungen mit Dopingmitteln zu unterstützen; gesundheitliche Schäden seien zu erwarten gewesen. Dies zeigt die Gewissenlosigkeit, mit der mit jungen Menschen und Doping umgegangen wurde.
An jungen Sportlerinnen und Sportlern wurden Medikamente erprobt. Gesundheitliche Risiken wurden von Funktionären, Trainern und Betreuern bewusst in Kauf genommen. Die Athleten waren in der Regel ahnungslos.
Wir wissen heute durch gerichtliche Verfahren mehr über diese verwerflichen Methoden und Machenschaften. Wir sollten uns deshalb zu beiden Seiten der Medaille des Leistungssports der ehemaligen DDR bekennen, zu den Siegern und zu den Opfern. (…)
Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg) (SPD): (…) [ich] möchte aber heute in diesem Hohen Hause die Gelegenheit nutzen, einmal in einem Satz erwähnen zu dürfen, dass es auch unter den Trainern und den Sportmedizinern der damaligen DDR – zugegeben, es war eine klare Minderheit – solche gegeben hat, die
sich aus moralischer Überzeugung geweigert haben – einmal muss ich das sagen dürfen –, bei diesem Spiel mitzumachen. Denn sie konnten es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, dass zum Beispiel Kindern ohne ihr Wissen Dopingsubstanzen zugeführt wurden, damit sie die geforderten Zeiten, Weiten und Höhen erzielen konnten. Wer sich dazu durchringen konnte bzw. durchgerungen hat, für den gab es Probleme; das weiß ich sehr wohl. Ich betone noch einmal: Es war eine Minderheit. Aber es gehört auch zur Ehrlichkeit und zur Fairness, das einmal fest zustellen. (…)
17.10.2001 Öffentliche Anhörung zum CDU/CSU-Antrag im Sportausschuss
>>> Öffentliche Anhörung zum Antrag der Fraktion der CDU/CSU ‚Errichtung eines Fonds zur Unterstützung der Doping-Opfer der DDR‘ – gesamtes Protokoll und ausgewählte Zitate
Geladen als Sachverständige waren:
Birgit Boese (DDR Doping-Opfer)
Brigitte Michel (DDR Doping-Opfer)
Dr. Klaus Zöllig, Vorsitzender des Doping-Opfer-Hilfe Vereins e.V.
Prof. Dr. R. Klaus Müller, Leiter des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie
Prof. Dr. Werner W. Franke, Deutsches Krebsforschungszentrum
PD Dr. med. habil Christian J. Strasburger, Medizinische Klinik, Klinikum-Innenstadt der Ludwig-Maximillians-Universität
MR Walter Jürgen Lehmann, Leiter des Referates IV B 4, Rehabilitierung (DDR-Unrecht) im Bundesministerium der Justiz
Jenny Eckert, Sachgebietsleiterin bei der Bundesbeauftragten für die Belange des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR
Prof. Dr. Dirk Clasing, Mitglied der Gemeinsamen Anti-Doping-Kommission von DSB/NOK
Heiner Henze, Generalsekretär des NOK
Dr. Giselher Spitzer, Historiker an der Universität Potsdam
Brigitte Frank-Berendonk, (Buchautorin)
Willi Ph. Knecht, (Journalist)
Hans-Joachim Seppelt, Journalist
Ellen Karau, Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand des Weißen Rings
14.5.2002 Gesetzentwurf von SPD und Bündnis90/die Grünen
14.5.2002 Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP
Gesetzentwurf der Abgeordneten Klaus Riegert, Friedrich Bohl, Peter Letzgus, Walter Link (Diepholz), Dr. Klaus Rose, Norbert Barthle, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Reinhard Göhner, Hans-Peter Repnik, Wilhelm Josef Sebastian und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Klaus Kinkel und der Fraktion der FDP
12.6.2002 Beschlussempfehlung und Bericht des Sportausschusses, Drucksache 14/9440
>> Beschlussempfehlung und Bericht des Sportausschusses , Drucksache 14/9440
Beschlussempfehlung und Bericht zu 1) dem Gesetzesentwutf von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zu 2) Gesetzentwurf der Abgeordneten Klaus Riegert, Friedrich Bohl, Peter Letzgus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Dr. Klaus Kinkel und der Fraktion der FDP und zu 3) dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Norbert Barthle, Friedrich Bohl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
Lösung:
Einrichtung eines Hilfefonds beim Bundesverwaltungsamt.
1. Annahme des Gesetzentwurfs – Drucksache 14/9028 – in geänderter Fassung mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimme der Fraktion der PDS und bei Stimmenthaltung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
„Der Deutsche Bundestag sollte sich in der 15. Legislaturperiode mit dem Vollzug des Gesetzes befassen. Auf der Grundlage eines Erfahrungsberichtes der Bundesregierung sollte dann geprüft werden, ob weitere Hilfen für die Dopingopfer noch erforderlich sind.“
Monika, 2009, Ergänzungen