28. 09. 1977 Öffentliche Anhörung von Sachverständigen zum Thema leistungsbeeinflussende und leistungsfördende Maßnahmen im Hochleistungssport
1976 während der Olympischen Spiele in Montreal und danach wurden einige Vorfälle in der deutschen Mannschaft bekannt, die das Thema Leistungsmanipulation und Doping in das öffentliche Bewusstsein trugen und heftige Diskussionen hervorriefen. Näheres siehe unter >>> Olympische Spiele 1976 in Montreal.Es war die Zeit, in der der Kalte Krieg an Schärfe zu nahm und der Sport zum Wettstreit der politischen Systeme mutierte. Nachgeholfen wurde in immer stärkerem Maße mit anabolen Steroiden. Mitten in dieser Entwicklung befanden sich die Sportärzte, denen eine immer wichtigere Bedeutung in der Sportlerbetreuung zuerkannt wurde und die sie selbst auch einforderten. Sie mischten sich stark in die Diskussion um die Frage nach der Definition von Doping ein. Im Vordergrund standen die Fragen nach der Gesundheit der Sportler. Es kristallisierten sich gegensätzliche Positionen heraus, die eine sprachen von den schweren gesundheitlichen Schäden durch Dopingmittel, insbes. den Anabolika, die anderen entwickelten Modelle, wonach eine medikamentöse Unterstützung unter ärztlicher Aufsicht, die Substitutionstheorie, zu befürworten sei. Die Diskussion nötigte dem DSB mit Unterstützung des NOK am 11. Juni 1977 eine Grundsatzerklärung ab, die in den Folgejahren von den Sportinstitutionen und der Politik als Maßstab herangezogen wurde:
>> 1977/1983 Grundsatzerklärungen für den Deutschen Spitzensport
Vor diesem Hintergrund sah sich die Bundesregierung veranlasst zu einer Anhörung zum Thema ‚leistungsbeeinflussende und leistungsfördernde Maßnahmen im Hochleistungssport‘ einzuladen.
Die Anhörung gibt einen guten Einblick zum Stand der Diskussion zum Thema Doping in den 70er Jahren. Viele Ereignisse und Entwicklungen in den Folgejahren (das Dopingproblem verschärfte sich) lassen sich auf der Basis der Äußerungen einiger Protagonisten, vor allem Mediziner, nachvollziehen. Vor allem in Verbindung mit den Aussagen einer weiteren Sachverständigen-Anhörung, 10 Jahre später, ergibt sich ein rundes Bild:
>>> 1987 Öffentliche Anhörung ‚Humanität im Spitzensport.
28.09.1977 Stenographisches Protokoll der Öffentlichen Anhörung
>>> 28.9.1977 Protokoll der Sachverständigenanhörung Sportausschuss, vormittags
>>> 28.9.1977 Protokoll der Sachverständigenanhörung Sportausschuss, nachmittags
Stellungnahme der CDU vom 26.9.1977 anlässlich der Fragestunde:
>>> CDU, Wolfgang Schäuble: Humanität im Leistungssport
Teilnehmer an der Anhörung waren u.a.:
Dr. Evers (CDU/CSU), Dr. Schäuble (CDU/CSU) Spilker (CDU/CSU), Tillmann (CDU/CSU), Batz (SPD), Dr. Müller-Emmert (SPD), Schirmer (SPD), Mischnik (FDP)
Schaible (BMI), Flotho (BMI), Pracht (BMI), Körner (BISp)
Prof. Grupe, Prof. Hess (MPG), Prof. Keul, Dr. Mader, Prof. Nowacki,
Dr. Danz (NOK), Dr. Donike DSH/BISp), Friedrich (BAL), Gehrmann (DLV), Klehr, Neckermann (DSH), Nöcker (BAL), Ommer, Wessinghage (DLV)
sowie einige Journalisten
Prof. Dr. Nowaki:
„Ich wollte hier im Namen des Wissenschaftlichen Arbeitskreises des Deutschen Sportärztebundes und der überwiegenden Mehrzahl seiner Mitglieder feststellen, daß die Abflachung der Diskussion teilweise hier in diesem Kreise mit einer doch unterschwellig heraushörbaren zunehmenden Befürwortung mancher Manipulation nicht dem entspricht, was wir an der Basis erarbeitet haben. Wir als Sportärzte stehen fest hinter der Grundsatzerklärung des Deutschen Sportbundes.“ (S. 6/144)