Doping DDR: Heidi Krieger / Andreas Krieger, Kugel/Diskus

DDR-Dopingopfer

Heidi Krieger – Andreas Krieger

Film und Website über Andreas Krieger
Die Andreas Krieger Story

gemeinsam produziert von NADA und USADA

Geboren (1965) und aufgewachsen ist Andreas Krieger als Mädchen Heidi in Berlin. 1997 nach der Sportkarriere, entschloss sich Heidi zu einer geschlechtsangleichenden Operation und ist seither als Andreas Krieger bekannt – bekannt vor allem aufgrund seines offensiven Umgangs mit seiner DDR-Dopingvergangenheit als Hochleistungssportlerin und der Offenheit, mit der er sein Schicksal schildert, aber auch weil er nicht müde wird, auf das begangene Unrecht hinzuweisen.

Heute sieht ersich nicht mehr als Dopingopfer sondern als Dopinggeschädigter. Eine feiner Unterschied:
>>> Deutschlandfunk: Andreas Krieger – Die staatsgedopte Kugelstoß-Europameisterin, 14.9.2023

Talente

Heidi Krieger wuchs mit drei Brüdern bei ihrer allein erziehenden Mutter auf. Andreas beschreibt sich als wildes, eher lautes und burschikoses Mädchen, das sich gegen die Jungs, mit denen sie die meiste Freizeit verbrachte, durchzusetzen lernte. Größten Spass hatte sie wohl immer mit „Springen, Hubsen, Laufen und Werfen.“ Sie war ein schlankes, „drahtiges“ Kind, das schon mit 14 Jahren 185cm maß.

Heidi hatte Freude am Sport, wahr zäh und ehrgeizig. Aktiv war sie anfangs im nahe gelegenen Trainingszentrum Pankow. Hier sah man in ihr anfangs eine Hürdenläuferin, doch bald setzte sich ihr Wurftalent durch. Ihrem damaligen Trainer Bernd Knobloch gelang es, das viel versprechende 14jährige Mädchen in der Kinder- und Jugendsportschule Werner Seelenbinder des Eliteclubs SC Dynamo Berlin unter zu bringen.

Das Mädchen wechselte bereitwillig. „Sie wollte Sport treiben und gut sein“, es ihren Vorbildern wie Ilona Slupianek gleich tun. Einfach war dies nicht.

Man hat zuerst die Schule zwei, drei Stunden besucht, dann ist man zum Training gegangen, ist danach zum Essen gegangen und hat dann wieder zwei, drei Stunden Schule gemacht und danach wieder trainiert. Also es war sozusagen alles aufeinander abgestimmt, Schule und Sport funktionierte in diesem Sportclub sehr gut.

Nach einem Jahr im Leistungszentrum wechselte sie zu Wurf-Jugend-Trainer Lutz Kühl, Sohn des bekannteren Willi Kühl. Willi Kühl trainierte die erwachsenen Kugelstoßer/innen beim SC Dynamo Berlin, auch Ilona Slupianek, Olympiasiegerin 1980 und 1977 erster bekannt gewordene Dopingfall der DDR. Im Erwachsenenbereich wurde Heidi von Willi Kühl trainiert. War dieser mit seinen Schützlingen ohne Heidi im Trainingslager oder bei Wettkämpfen, sprang der Sohn wieder als Trainer ein.

Vitamine und unterstützende Mittel

>>> Informationen zu dem Dopingfall Slupianek

>>> s.a. Informationen zu Dr. Hans-Joachim Wendler

Andreas Krieger, 2011:
„Er war Sportmediziner beim SC Dynamo … hat selber gerne experimentiert mit Sportlern. … Das hat er auch einmal mit mir gemacht. Ich kann mich genau dran erinnern, dass ich irgendwann mal … 5 Kapseln von ihm bekommen habe. Ich war zu der Zeit erkältet, ich hatte Fieber und sollte eigentlich im Bett liegen. … Ich kann es Ihnen nicht sagen, was es war, aber es ist auf jeden Fall so gewesen, dass ich also drei Tage im Bett gelegen habe durch diese Erkältung und … wenn ich mich gestreckt habe oder gedehnt habe, ich habe geschrieen vor Krämpfen. Ich habe monstermäßige Krämpfe bekommen, und das Schlimmste, was ich also erlebt hatte, war, wenn ich ein Küchenmesser in der Hand gehabt hätte, … ih hätte ohne zu Zögern mit dem Messer reingestochen, um das loszuwerden, um den zu lockern. Ich weiß es nicht was es war, ich werde es auch nie erfahren.“

Auch Heidi bekam vom Trainer die heute gut bekannten blauen Tabletten, das Oral-Turinabol, anabole Steroide. Tabletten, die sie widerspruchslos eingenommen hat.

Ich bin sehr oft gefragt worden, warum ich überhaupt Tabletten geschluckt habe. Man hat sie mir gegeben, ich hab sie geschluckt. Diese ganze Geschichte funktionierte ziemlich schleichend.

Von Beginn der sportlichen Laufbahn an wurden die jungen Sportler und Sportlerinnen an die Einnahme verschiedenster Mittel mit Erklärungen, die ihnen einsichtig waren, gewöhnt. Begonnen wurde mit Vitaminen. Zum Beispiel: Da das Wurftraining auch im Winter gelegentlich im Freien stattfand, mussten die Sportlerinnen immer wieder zwischen der Trainingshalle und dem Sportplatz längere Strecken im Freien zurücklegen. Selbstverständlich durften sie sich dabei nicht erkälten. Um dies zu vermeiden wurden den jungen Menschen erklärt, dass Vitamine hilfreich seien. Sommers wie winters hätten sie dafür Sorge zu tragen, dass ihr Vitaminhaushalt stabil sei. Die Trainer verwiesen auf die verbreitete Mangelwirtschaft in der DDR, wonach Obst und Gemüse nicht ausreichend vorhanden seien um den notwendigen Bedarf zu decken. So wurde Tabletten schlucken normal.

Mit 16 Jahren erhielt sie von ihrem Trainer zusätzlich die kleinen blauen Pillen. Dies seien unterstützende Mittel, die im Übergang vom Junioren- in den Erwachsenenbereich notwendig würden.

Deine Trainingspensen werden sich steigern, die Umfänge im Kraftraining werden sich steigern und damit du das besser kompensieren kannst, dich nicht verletzt, dich schneller erholen kannst, gibt es diese unterstützenden Mitte. Die nimmt jeder.

Beipackzettel waren nicht dabei und Gespräche unter Kolleginnen über das Thema fanden nicht statt.

Brigitte Berendonk zitiert aus ihr vorliegenden DDR-Unterlagen:

Pro Kilo Körpergewicht und in manchen Jahren auch an absoluter Drogenmenge nahmen Ilona Slupianek, Helma Knorscheidt, Heidi Krieger, Ines Müller, aber auch die Diskuswerferinnrn Irina Meszynski und Sylvia Madetzky mehr Oral-Turinabol zu sich als beispielsweise der starke Ulf Timmermann.

Sie zitiert aus Texten von Dr. Lothar Hinz et al., worin 1986 bemängelt wurde, dass Heidi Krieger hohe Anabolika-Dosen erhalten hatte, obwohl ihr damaliges Leistungsniveau diese nicht gerechtfertigt hätten. Heidi bekam bereits 1981 mit 16 Jahren die hohe Jahresdosis von 885 mg. Mit 17 Jahren betrug die Dosis 1820 mg, ein Jahr später waren es 2590 mg. (Berendonk, Doping, S. 171/172, 214, 390)

Mit der Gabe von Anabolika ab 16 Jahren wurde Heidi Teil des Staatsplanes 14.25, eines Planes, wonach staatlich gesteuertes, kontrolliertes Doping systematisiert wurde.

Heidi war dies nicht bewusst, sie wusste auch nicht, dass sie Dopingmittel erhielt.

Das Perfide an der ganzen Geschichte ist, hätte ich z. B. diese Pillen vom Arzt bekommen, dann hätte ich eventuell einmal nachgefragt, warum ich denn den Kram jetzt nehmen soll. Das ist mir unter Anderem ja auch passiert.

Die Sportlerinnen mussten in der Zeit, als es mit den Anabolika angefangen hatte, einen Frauenarzt aufsuchen, der Heidi anwies, die Antibabypille zu nehmen. Du bekommst die Antibabypille, damit du nicht vor einem sportlichen Höhepunkt ungewollt schwanger wirst. Wir haben so viel Zeit, Kraft und Geld in dich investiert und du hast jahrelang so hart trainiert, das soll doch nicht alles umsonst gewesen sein?!

Ich habe diese Antibabypille eine Zeit lang eingenommen. Da ich aber kein Interesse an Jungs hatte und außerdem öfter vergaß diese Pille einzunehmen, setzte ich sie eigenmächtig wieder ab. Ich bekam nach dem eigenmächtigen Absetzen der Antibabypille massive Brustbeschwerden: richtige Verhärtungen in der Brust und musste damit zu unserem Frauenarzt am Sportclub. Er hat zu mir gesagt: „Wenn Du schon eigenmächtig die Pille absetzt, musst Du auch mit den Konsequenzen leben. “ Ich bekam gegen die Schmerzen vom Frauenarzt Rewodina [Diclofenac, ein Antirheumatikum, Schmerzmittel] verschrieben und durfte wieder gehen. Man hätte mir eigentlich sagen sollen, dass diese Pille u.A. ein Gegengleichgewicht zu diesen männlichen Hormonen, zu dieser blauen Pille, zu diesen unterstützenden Mitteln sein sollen.

Heute meint Andreas, dass die Antibabypille auch deshalb verabreicht wurde, weil die Gefahr bestand, dass neugeborene Kinder nach den extrem hohen Anabolika-Dosen Missbildungen gezeigt hätten und dass dann unliebsame Fragen aufgekommen wären.

der Körper streikt

Die Sportlerin Heidi erfüllte die in sie gesteckten Erwartungen. Ihre Leistungen im Kugelstoßen und Diskuswerfen wuchsen an. Mit 18 Jahren stieß sie bereits über 19 m, im Diskus über 61 m. Sportlich funktionierte sie prächtig. Sie wollte gut sein und trainierte wie besessen. Später wird ihr klar, dass dieses Verhalten auch dazu diente, Probleme zu unterdrücken, nicht über sich selbst nachdenken zu müssen.

Die körperlichen Veränderungen, das Muskelwachstum, die gesteigerte Kraft führte sie auf das umfangreiche Training zurück. Körperliche Vergleiche mit anderen Frauen stellte sie nicht an, besondere Auffälligkeiten wurden ihr nicht bewusst, zumal alle Werferinnen ähnlich aussahen. Die Pillen gehörten zum täglichen Leben, waren selbsverständlich, so selbstverständlich, dass sich Andreas Krieger später nicht mehr daran erinnern konnte und kann, wann Heidi mit der Einnahme aufhörte.

1986 gewann sie die Goldmedaille im Kugelstoßen der Frauen bei den Europameisterschaften in Stuttgart. Doch danach begannen gesundheitliche Probleme. Die Gelenke meldeten sich, ebenso der Rücken und die Hüfte. Die Schmerzen nahmen ständig zu. Der Körper der Athletin begann zu streiken. Verschiedenste Therapien und Rehabilitationsmaßnahmen brachten keine Besserung.

1991 bekam sie dann die ärztliche Diagnose, dass Becken- und Oberschenkelschmerzen ihren Ursprung in Rückenproblemen hätten. Damit war für Heidi der Leistungssport mit 26 Jahren Vergangenheit.

In diesem Jahr erfuhr sie auch, dass sie wie so viele andere, gedopt worden war. Heidis Mutter hatte das Buch von Brigitte Berendonk ‚Doping-Dokumente‘ gelesen, in dem Heidi Krieger namentlich aufgeführt wurde. Heidi stritt das alles ab, sie hätte es doch schließlich merken müssen, wenn sie gedopt worden wäre. Für sie handelte es sich hier um bewusste Propaganda des Westens gegenüber dem Osten. Das Thema wurde ausgeblendet, zumal jetzt erst einmal die Gestaltung des weiteren Lebens zu bewältigen war. Die junge Frau hatte eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Wirtschaftskaufmann aber konnte damit im vereinten Deutschland wenig anfangen, so dass sie sich nach etwas Anderem umsehen musste. Der Zufall half ihr, einen Job als Verkäuferin in einem Zoofachhandel zu bekommen. Hier arbeitete sie von November 1991 bis 2000.

die Wandlung

Psychisch ging es der jungen Frau bereits viele Jahre nicht gut, sie sei „ziemlich chaotisch drauf gewesen, so Andreas später. Heidi hatte schon lange Probleme mit ihrer weiblichen Rolle. Immer hatte sie das Gefühl, sie passe nicht in diesen Körper. Sie wusste nicht wer sie war, was mit ihr war, „ich hatte keinen Namen dafür“.

Nach ihrer Sportkarriere ging Heidi eine Liebesbeziehung mit einer Frau ein, wusste dabei aber immer, dass sie nicht lesbisch war. Aber was dann? Ein Bekannter, dem es ähnlich ergangen war und die Probleme erkennen konnte, sprach Heidi an und erzählte offen von seiner eigenen Transsexualität und der erfolgten Operation. Heidi fasste Mitte der 1990er Jahre Mut, fand einen vertrauenswürdigen Arzt und entschloss sich 1997 zu einer geschlechtsangleichendem Operation.

Andreas Krieger:
“Als ich damals diese Hormone bekommen habe von dem Arzt, der mich operiert hat, der hat zu mir gesagt, Andreas ich kann die nicht sagen, dass es nicht eventuell zu einer hormonellen Krebserkrankung bei dir kommen kann. Ich wills nicht wissen, ich wills echt nicht wissen. Das was ich will, ist ein paar Jahre glücklich sein und wenn sie kurz sind, dann sollten sie wenigstens glücklich gewesen sein.“

1997, kurz nach der Operation, wird Andreas Krieger von der ZERV (Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität) im Zuge der DDR-Dopingermittlungen angesprochen und um eine Zeugenaussage gebeten. Erst zögert Andreas, denn er weiß, dass damit Öffentlichkeit verbunden ist, dass seine Lebensgeschichte in den Medien breit getreten wird – keine angenehme Vorstellung für ihn. Doch ihm wird bewusst, dass es für ihn zu einer Zeugenaussage keine Alternative gibt. Er muss herausfinden, was geschehen ist, was mit ihm geschehen ist. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und Gegenwart.

Von den Ermittlern erhielt Andreas die Telefonnummer vom Prof. Franke. Er setzte sich mit ihm in Verbindung, denn er hatte viele Fragen und suchte nach Antworten. Er stellte Franke auch die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Testosterondoping und der Transsexualität gäbe. Franke bejaht diese Möglichkeit. Es sei durchaus möglich, dass Teenager in der Pubertät noch nicht geschlechtlich festgelegt seien. Wenn in diesem Zeitraum mit Hormonen gearbeitet würde, dann kann das wie ein Katalysator in eine Richtung wirken. So könnte es bei Heidi Krieger gewesen sein.

Andreas Krieger liest jetzt Berendonks Buch und weitere Veröffentlichungen zum Thema. Unklares wird deutlicher, manche Entwicklungen bekommen einen neuen Sinn, klären sich. Für Andreas ist es ein schwerer Gang. Er spürt Wut. Entsetzen packt ihn darüber, wie Trainer, Ärzte und Funktionäre mit ihnen, mit Kindern und Jugendlichen, mit Schutzbefohlenen umgegangen sind. Er hatte und hat keine Zweifel daran, dass auch die Trainer wussten, worauf sie sich eingelassen hatten.

Es gab sogar Auflagen in den Trainerräten, wo das Thema angesprochen werden sollte, wenn sich irgendwelche Veränderungen bei den Sportlern zeigten. Also wenn es zu offensichtlich wurde, was da passiert, musste man sich etwas einfallen lassen.

Andreas Krieger:
„Diese Aufarbeitung auch mit sich selber erst einmal durchzuleben – ich weiß jetzt nicht ob man sich das vorstellen kann – aber das ist ein relativ schwieriger Prozess zu erfahren, was mit einem passiert ist um eine Geschichte rund zu machen. Und ich kenne auch einige, die gesagt haben, ja es geht mir ähnlich, mir geht es gesundheitlich schlecht, ich weiß nicht woher ich, z. B., Krebs habe, in meiner Familie gab es nie Krebs, aber ich will nicht an die Öffentlichkeit. Die scheuen sich, es ist aber auch verständlich.“ planet wissen

Andreas Krieger erklärte sich bereit als Nebenkläger in dem Prozess gegen Manfred Ewald, Vorsitzender des Deutschen Turn- und Sportbundes der DDR, (DTSB) und Manfred Höppner, Stellvertretender Leiter des Sportmedizinischen Dienstes (SMD) der DDR, aufzutreten. Hilfe erhielt er vom Dopingopferhilfeverein (DOH), der 1999 in Weinheim gegründet wurde. Im Vorfeld des Prozesses lernte Andreas dann andere Dopinggeschädigte kennen, die wie er als Zeugen aussagen wollten und als Nebenkläger/innen auftraten. Er erkannte, dass er nicht allein war, fasste Mut und erfuhr Bestärkung.

Im Jahr 2000 wird der Prozess in Berlin geführt. Die beiden Hauptangeklagten erhielten zwar nur geringe Strafen, da das Rechtssystem sich mit dieser Anklage schwer tat. Doch das Thema fand Aufmerksamkeit. Die 22 als Nebenkläger/innen auftretenden Dopingopfer hatten nachdrücklich auf das begangene Unrecht hinweisen können und mit ihren Schicksalen dazu beigetragen, dass Leugnen immer schwerer wurde.

Was für mich aber dann essentiell wichtig war, dass diese Menschen vor Gericht gekommen sind, dass diese Menschen auch verurteilt wurden. Das war für mich nachher wichtig zu begreifen, jawohl, wir haben Recht bekommen, es wurde bewiesen, dass wir missbraucht wurden.

Der Prozess hatte für Andreas noch einen weiteren guten Aspekt. Er lernte >>> Ute Krause, ebenfalls Nebenklägerin, kennen und lieben. 2002 heirateten sie.

das Engagement geht weiter

>>> das Doping-Opfer-Hilfe-Gesetz vom 24.8.2002, Gesetzesentwürfe und Diskussion

Eine Gruppe der Nebenkläger/innen, darunter auch Andreas Krieger und Ute Krieger-Krause, setzten ihr Engagement fort. Gemeinsam mit dem DOH konnten sie wesentlich dazu beitragen, dass 2002 das Dopingopfer-Hilfe-Gesetz verabschiedet wurde und bis 2005 Entschädigungszahlungen für 194 anerkannte DDR-Dopingopfer geleistet wurden.

Beide kämpfen für eine Dauerrente für schwerst-dopinggeschädigte Sportlerinnen und Sportler der DDR (Berliner Zeitung, 13.3.2007) und unterstützen dabei Cornelia Jeske, die Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg auf eine monatliche Rente erhoben hat. Das Verfahren ist weiterhin anhängig (dradio, 7.8.2011). Wichtig ist vor allem, dass die Geschädigten nicht in Vergessenheit geraten und allein gelassen werden. Dafür setzt sich das Ehepaar im Rahmen des DOH besonders ein.

Seine EM-Goldmedaille von 1986 gab Andreas Krieger ab und stiftete sie dem DOH-Verein.

Ich habe meine Goldmedaille aus dem Grund abgegeben, weil ich sie nicht durch mein hartes Training allein gewonnen habe. Es war Chemie dahinter, es war sozusagen Doping im Spiel. Für mich hatte damit diese Goldmedaille keinen Wert mehr. Ich hatte damals gedacht, 1986, ich habe sie durch mein Training gewonnen und mein jahrelanges Schuften hat sich dadurch bestätigt, dass es sich in diesem Erfolg gezeigt hatte. Aber mit diesem Doping habe ich betrogen, ohne es zu wissen.

Aus der Medaille wurde ein Wanderpokal, die Heidi-Krieger-Medaille, mit dem in der Regel alle zwei Jahre Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die sich dem Antidopingkampf verschrieben haben oder durch ihre klare Antidopinghaltung überzeugten. Der DOH-Preis wurde 2012 unter ddiesem namen zum letzten Mal vergeben. Ab 2014 wurde er als Anti-Doping-Preis des DOH vergeben.

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© M. Baumbach
Am 20. August 2009 erhielten Horst Klehr, Johanna Sperling, Henner Misersky und Hansjörg Kofink gemeinsam die Heidi-Krieger-Medaille des Doping-Opfer-Hilfe Vereins (DOH) für Mut, Standhaftigkeit und unbeirrbare Haltung gegen Doping. Johanna Sperling und Henner Misersky zeugen davon, dass man sich auch in der DDR verweigern konnte. Horst Klehr und Hansjörg Kofink wandten sich bereits in den 70er Jahren entschieden gegen die Dopingpraktiken im Westen.
Von links nach rechts: Carsten Lucas (DOH) – Herbert Fischer-Solms – Andreas Krieger – Brigitte Berendonk (Preisträgerin 2001) – Hansjörg Kofink (Preisträger 2009) – Ute Krieger-Krause – Klaus Zöllig (DOH)

 

Im Dezember 2011 wandte sich Andreas Krieger mit einem Offenen Brief an die IAAF und verlangte die Streichung seines Namens aus allen Bestenlisten. Aktueller Anlass war, dass Heidi mit einem Hallenrekord aus dem Jahr 1984 in der World Junior Indoor Records-Liste aufgeführt war.

>> Offener Brief an die IAAF 12.2011

„Also ich habe damals 1984 noch eine Leistung stehen von 20.51 m im Kugelstoßen der Frauen und ich muss ganz ehrlich sagen, ich war entsetzt als ich das gehört habe, dass die IAAF also diese Leistung so ungefiltert so übernehmen möchte. Und deswegen möchte ich, indem ich also die IAAF auffordere mich aus dieser Liste komplett zu streichen, also nicht nur im Juniorenbereich, sondern auch im Erwachsenenbereich. … Also die 16 – 18 jährigen, überhaupt im Jugendbereich im Leistungssport, die muss man schützen. Wenn ich jetzt sehe, dass ich meine Leistung mit 20.51 von 1984 dort stehen habe im Kugelstoßen der jungen Frauen, es ist nicht ohne unlautere Mittel zu schaffen. … Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass sich junge Menschen, junge Sportlerinnen an solchen Leistungen orientieren. Es ist einfach so, ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass sich junge Mädchen anfangen zu dopen, nur um diesen Rekord zu schaffen. … Ich finde schon, dass man diese Leistungen steichen sollte, einfach um den gesunden Sport, den ja im Prinzip der DOSB probagiert, und auch der DLV probagiert, wirklich zu unterstreichen und zu sagen, also wir haben den Mut, wir fangen mit einer neuen Listen an, mit einer neuen Rekordliste und wir wissen wie andere entstanden sind, also lasst uns hier einen Schlusstrich ziehen. “ (Deutschlandfunk, 4.12.2011)

Andreas Krieger informierte den DLV über den Antrag und hoffte, dass sich nun auch der DLV gezwungen sähe, seinen Namen und die damit verbundenen Bestleistungen aus den verschiedenen Statistiken zu steichen. Der DLV, hier Dr. Clemens Prokop, reagierte jedoch erst einmal nur mit einer kurzen Mitteilung, er habe IAAF-Präsident Diack ersucht, dem Antrag auf Löschung des Rekords stattzugeben. Darüber wie der DLV mit der Angelegenheit umzugehen plant, wurde kein Wort verloren.

Gemeinsam stellen sich Andreas und Ute zudem für die Doping-Präventionsarbeit zur Verfügung: >>> dsj-ZDP-Projekt: Antidoping-Referenten

„Ich weiß, dass die Verführung heutzutage im Prinzip ähnlich groß ist wie es damals war um erfolgreich zu sein, vorne zu sein, und wenn man einen [entsprechenden] Trainer und ein [entsprechendes] Umfeld um sich hat, wie schnell man auch heute auf eine Dopingschiene geraten kann, ohne zu erkennen, was es für Spätfolgen haben kann. Ich finde es wichtig, dass ich jungen Menschen aus meiner Erfahrung erzählen kann, was mit ihren Körpern, mit ihren Seelen passieren kann und ich glaube, dass hat vielfach mehr Gewicht, als wenn ein Professor vorne steht und erzählt, die Wechselwirkung von bestimmten Medikamenten beinhaltet dies oder jenes.“ (Deutschlandfunk, 4.12.2011)

Kampf gegen Windmühlen?

Ein Anliegen, das endlos anmutet, ist die Trainerfrage. Noch immer warten die Geschädigten auf Geständnisse und Entschuldigungen. Da half auch nicht, dass das Thema besonders 2009 in der Öffentlichkeit diskutiert wurde und auch im DOSB behandelt werden musste: >>> der Fall Werner Goldmann und die Folgen

Und immer wieder erhebt die kleine Gruppe Dopinggeschädigter ihre Stimmen gegen die Versuche, die Doping- und Stasi-Geschichte und das damit verbundene Leid zu leugnen oder zu verharmlosen. 2011 mischten sie sich mit >>> Offenen Briefen gemeinsam mit anderen in die Diskussion um die Aufnahme von Sportlern in die Hall of Fame des deutschen Sports ein. Der Brief zeigte Wirkung, Nationalheld Täve Schur wurde die Aufnahme verwehrt. Eine Entscheidung, die bei vielen ehemaligen DDR-Bürgern auf Unverständnis stieß. Täve Schur selbst reagierte darauf mit einem Buch ‚Der Ruhm und ich‘, in dem er das in der DDR begangene Unrecht durch Stasi- und Dopingsysteme weithin leugnet. Andreas Krieger und >>> Uwe Trömer wagten auf einer Veranstaltung, auf der Schur sein Buch vorstellte, Widerspruch und wiesen auf ihr Schicksal hin. Die meisten Anwesenden fühlten sich dadurch jedoch provoziert. Für Andreas Krieger war das Auftreten in dieser Veranstaltung ein schwieriges Unternehmen, das Mut erforderte, aber er hat vor sich selbst bestanden (B.Z., 5.8.2011, Der Tagesspiegel, 12.5.2011).

Monika,  2011 plus Ergänzungen