Dossier: Fußball und Doping

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geschlossene Gesellschaft Fußball

Joseph S. Blatter, FIFA Präsident, 3.5.2007:

„Derzeit gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis für systematisches Doping im Fußball. Da aber hin und wieder doch Dopingverstöße festgestellt werden, ist eine enge Zusammenarbeit von Anti-Dopingorganisationen unabdingbar. Gleichzeitig müssen wir konsequent gegen eine Unterdrückung von Symptomen mittels Medikamenten eintreten, die einzig und allein dazu dient, den immer weiter steigenden Anforderungen an professionelle Fussballspieler genügen zu können.“ (FIFA)

Vergessen waren da möglicherweise frühere Außerungen aus den Jahren 1998 und 2003. Im Oktober 1998 erklärte er in einem Interview mit RTL, Doping mit Anabolika und EPO sei sehr wohl sinnvoll im Fußball und man werde zukünftig verstärkt kontrollieren und auch Blutkontrollen vornehmen. Zuvor hatte Blatter ausführlich mit Jean-Pierre de Mondenard telefoniert und viel Einsicht in die Poblematik gezeigt (de Mondenard in Les Dopés du Foot, 2012, S. 284f). Es war das Jahr des Festina-Skandals, die Fußball-WM jenes Jahres war von Dopinggerüchten begleitet und Raffaele Guariniello eröffnete in Turin Ermittlungen über mögliches Doping bei Juventus Turin. Blatters Einsicht währte nur kurz, doch 2003, nach dem Fall Rio Ferdinand, der einen Dopingtest verweigerte und daraufhin für 8 Monate gesperrt wurde, zeigte er sich erneut aufgewühlt:

„FIFA president Sepp Blatter exploded in anger at a news conference on Thursday, admitting for the first time that soccer does have a doping problem and that the sport needed to re-define its image if it was to maintain its global popularity. … In a wide-ranging attack, he said that soccer had a problem with doping and was especially critical of the English Football Association for the way they have handled the Rio Ferdinand doping case. Blatter admitted that when he said at the FIFA Extraordinary Congress in Doha in October that football did not have a drugs problem he had made a mistake. „The situation has changed on doping. I was wrong saying there was no problem with doping. „I thought our game was clean. It is not clean. There is now a suspicion surrounding football. I have never seen, in a doping control someone not declare their innocence. Gentlemen, let’s get serious.““ (rediff.com, 5.12.2003)

Dem Fußball, national und international, war es jahrzehntelang überwiegend gelungen aus den Dopingschlagzeilen zu bleiben und den Eindruck zu erwecken, Doping im Fußball gäbe es zwar vereinzelt, aber das sei vernachlässigbar. Schließlich bringe Doping in dieser komplexen Sportart nichts, daher sind die Spieler, Trainer, Ärzte und Funktionäre gefeit gegen Versuchungen.

Warum wurde das immer wieder und so lange geglaubt oder hingenommen, obwohl die Kontrolldichte gering war, es lange Zeit keine Trainingskontrollen gab, das Arsenal an Mitteln und Methoden, auch der Verschleierung, ständig wuchs und z. B. ein und dasselbe medizinische Personal, bekannte und weniger bekannte Ärzte und Betreuer europaweit über Jahrzehnte hinweg Sportler aus den unterschiedlichsten Sparten, auch Fußballer, betreute? Ärzte, die bekanntermaßen experimentiert und gedopt haben wie beispw. Eufemiano Fuentes, Michele Ferrari und Luis Garcia del Moral, die letzten beide 2012 von der USADA lebenslang gesperrt, sollen dabei Fußballer immer ausgespart haben? (fusßballdoping.de, 8.1.2013, SZ, 12.7.2012) Fragen, die sich in Deutschland z. B. ehemalige Freiburger Sportmediziner und von ihnen betreute Sportler und Teams gefallen lassen müssen. (Der Freitag, 9.6.2010, C4F-Dossier: Historie westdeutscher Sportätzte)

Jiri Dvorak, 2007:
„Rational wäre Eigenblut-Doping im Fußball nicht begreifbar“ (Ärztezeitung, 4.7.2006)

Michel Platini, UEFA-Präsident, 2011:
„… je ne pense pas qu’il y ait du dopage dans le football. Enfin pas du dopage organisé par les clubs, car avec le turnover des joueurs tout se sait. Ensuite si des joueurs individuellement prennent une pilule avant un match… Nous dépensons beaucoup d’argent dans les contrôles, mais il n’y en a pas de positifs. Je ne pense pas que le dopage serve à quoi que ce soit dans le football…“ Libération/blog.lemonde, 7.6.2011

Der französische Arzt Dr. François Bellocq, berühmt für sein Eintreten für das ‚homonelle Gleichgewicht‘, erklärte 1982, dass Fußballer ebenso wie Radsportler dopten. Viele kämen heimlich in seine Praxis und so müsse er Beunruhigendes feststellen. Neben Profis kämen auch Amateure sowie auch internationale Spieler. (L’Equipe, 22.1.1982, nach de Mondenard, in Les Dopés du Foot, 2012, S. 210/218) Einer seiner Patienten war José Touré, französischer Nationalspieler von 1983 bis 1989.

Der einschlägig bekannt gewordene Professor Francesco Conconi sieht Anfang 1996 in seiner Funktion als Vorsitzender der Ärztekommission im Internationalen Olympischen Komitee Doping im Fußball durchaus für gegeben.

„Drogen wie Anabolika und natürliche Hormone wie Testosteron werden in allen Sportarten verwendet, auch im Fußball. Wenn im Fußball die Kontrollen so streng durchgeführt werden würden wie im Radsport, wären die Resultate gleichwertig“, sagte Conconi ebenfalls in der „L’Equipe“. Da es keine Trainingskontrollen gebe, könne man bei größeren Kadern, wie sie Europas Spitzenmannschaften hätten, einen Teil der Spieler gezielt aufbauen, während andere den Wettbewerb bestreiten.“

Damit gab er Professor Lafarge recht, der die Einnahme von leistungsfördernden Substanzen in der französischen ersten Liga angeprangert hatte: „Ich kenne Mannschaften, bei denen systematisch gedopt wurde“. (dpa, 17.1.1996, s. a unter Frankreich)

Dr. Alfonso Del Corral, ehemaliger Mediziner von Real Madrid und der spanischen Nationalmannschaft, hielt 2004 Doping im Fußball ebenfalls für wahrscheinlich.

„Ich glaube, dass es Doping im Fußball gibt. Doping kann existieren, hat existiert und wird existieren. Es gibt Clubs, die Helferteams haben, die mit den Grenzen flirten und diese in bestimmten Situationen überschreiten. … Ich möchte immer das beste denken doch es gibt 200 Teams die darum kämpfen, das beste Europas zu sein. Klar ist, das einige ein Team aus Physiologen, Endokrinologen, Biochemikern, Pharmazeuten haben, die versuchen dem Gesetz immer einen Schritt voraus zu sein. Diese erwischt man nicht. Das ist das Problem.“ (Marca, 25.9.2004; nach de Mondenard in Les dopés du foot, S. 135)

„An der WM [2010] werden nach den Spielen zwei ausgeloste Athleten pro Team getestet. Trainingskontrollen drängten sich nicht auf, da die Mannschaften ja alle paar Tage im Einsatz stünden, sagt Dvorak. Gerade bei gehäuften Wettkämpfen können aber Substanzen in kleiner Dosierung bei der Regeneration helfen. Sie sind nur kurze Zeit nachweisbar. «Aus meiner Sicht wären überraschende Kontrollen zwischen den Spielen sinnvoll», sagt der Lausanner Laborchef Saugy.“
(NZZ, 14.6.2010)

Dvorak über Kontrollen während der EM 2012:
„Dvorak: Auch wir machen unsere Trainingstests bei der WM nur vor dem Turnier. Bei einem Verdacht könnten wir natürlich auch zwischen den Spielen kontrollieren. Aber man darf den Fußball nicht mit dem Radsport vergleichen: Die Mannschaften haben zwischen den Spielen nur ein paar Tage frei, wir haben keine Hinweise, dass da gedopt würde.“
(die Zeit, 6.6.2012)

Längst gibt es ausreichende Hinweise, dass im Fußball ebenso experimentiert und nachgeholfen wurde, wie in anderen Sportarten, und das mit langer Tradition. In den 1960er Jahren z.B. wurde Fußball von allen Experten neben dem Radsport als Hochdopingsportart eingestuft.

Es gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass sich in den letzten Jahren etwas zum Besseren gewandelt habe, auch wenn fast nur positive Fälle mit Cannabis und Kokain nachgewiesen wurden. Warum auch? Die Bedingungen, in denen dieser Sport sich abspielt, haben sich verschärft, Leistungs- und Konkurrenzdruck, Kommerz mit riesigen Geldmengen im Umlauf, mediale Aufmerksamkeit, Fanerwartungen, ärztliche Betreuung und Zugang zu einem kaum mehr überschaubaren Arsenal an Substanzen erleichtern, begünstigen und erzwingen den Griff nach Medikamenten und leistungssteigernden Methoden.

Und die Dopingpraxis hat sich im Hochleistungssport, aber nicht nur hier, auch unter medizinischer Betreuung gewandelt, es wird wesentlich intelligenter und weniger auffällig betrogen. Der Nachweis wird immer schwieriger.

Jean-Pierre de Mondenard erklärt:

„Im Fußball handelt es sich hauptsächlich um anabole Steroide, Stimulanzien, Sauerstoffträger, die einen rennen lassen ohne außer Atem zu geraten und vor allem auch die letzte Viertelstunde fit zu sein. Letztlich hängt es von der Spiel-Position ab, die ein Spieler in der Mannschaft einnimmt. Ein Stürmer wird ein Stimulanz wie z.B. Ephedrin nehmen, um seine Antrittsschnelligkeit zu erhöhen. Der Torhüter dagegen Cannabis, um ohne Hemmungen auftreten zu können. Die beliebtesten Mittel sind Wachstumshormon – da es nach der Injektion sehr schnell abgebaut ist – und Synacthen, ein nicht nachweisbarer Aktivator, der durch die Stimulierung der Nebennieren natürliche Hormone produziert. … Dann gibt es nicht nachweisbare Autotransfusionen von Blut und EPO, das seit der Verwendung in Mikrodosierungen erneut für Dopingkontrollen unsichtbar wurde. Darüber hinaus gibt es auch viele leistungssteigernde Produkte, zuverlässige Dopingmittel wie Neoton (Kreatin zum Spritzen) und Actovegin (Kälberblut) mit dem Ziel der Leistungsbeeinflussung, die nicht verboten sind.“ (le point, 17.11.2010)

Sportmediziner Perikles Simon erklärte in einem Interview mit Daniel Drepper u.a.:

Welche Dopingmittel ergeben für einen Fußballer Sinn?
Simon: Das ist die volle Palette. Sinn ist natürlich fraglich, sie bezahlen für jede Dopingaktion an irgendeiner anderen Stelle. Aber besonders in der Rekonvaleszenz wäre es für viele Spieler natürlich hilfreich, schnell die alte Muskelmasse aufzubauen. Dafür könnten Steroide eingesetzt werden. Auch für die Ausdauer gibt es eine Palette von Substanzen und Methoden. Mit Peptidhormonen könnten sie das Doping rein theoretisch bis in die Spielphasen hinein am Laufen halten. Der gedopte Sprinter Dwain Chambers hat in seinem Buch Dutzende Substanzen aufgezählt. Sie müssen davon ausgehen, dass dieses ganze Arsenal auch für Fußballer relevant ist.“ (fußballdoping.de, 24.5.2012)

Prof. Michel Rieu, Berater der Französischen Antidopingagentur AFLD und der WADA, bringt es auf den Punkt, wenn er sagt. was nützt alle Technik, wenn die Kondition fehlt. (Clément Guillou, 18.7.2011)

Beispiele für wundersame Leistungen lieferten die Europameisterschaften 2008. Russland rannte die Holländer im Viertelfinale regelrecht nieder. Verantwortlich hierfür war Fitnesscoach Raymond Verheijen, dem schon bei der WM 2002 Erstaunliches gelungen war. Angeblich sprechen Insider heute von einer EPO-WM 2002. Doch auch die Regenerationserfolge bei der deutschen Mannschaft im südtiroler WM-Trainingslager 2014 werfen Fragen auf. (FAZ, Die wollen doch nur spielen; 17.6.2016)

Lotfi El Bousidi, Jeder zehnte Fußballer war gedopt. Studie Juli 2016:

„Zwischen 14 und 28,8 Prozent der befragten Deutschen waren im Befragungsjahr gedopt. In Schweden waren 14,5, in Spanien 31,3 Prozent der Befragten gedopt.“ … „Die meisten haben die Augen geschlossen und etwas genommen, was ihnen Ärzte ihrer Arbeitgeber gespritzt oder zum Schlucken gegeben haben. Besser nichts Genaues wissen…“ … „Er fragte die Teilnehmer auch: Würden Sie gefährliche Präparate nehmen, wenn Sie sicher sind dass Sie nicht erwischt werden? Die gesamte Befragung erfolgte anonym. Lotfi El Bousidi: „Viele sagten: ‚Ja, das würde ich, wenn ich meine Leistungen dadurch erheblich steigern könnte.‘ „

Hierzu bleibt viel Spekulation, viel Verdacht, belastbare Zahlen fehlen.Doch eine Befragung unter deutschen, schwedischen und spanischen Profifußballern verschiedener Ligen erbrachte eine Dopingwahrscheinlichkeit zwischen 9,8 und 35,1 Prozent. Auch wenn diese Untersuchung nicht repräsentativ ist, entsprechen diese Zahlen den Studienergebnissen aus anderen Sportarten.
>>> Studie El Bousidi: Eine Analyse des Dopingverhaltens im professionellen Fußball
>>> DLF: „Ich will einen Denkanstoß geben“, 17.7.2016

Die beiden Berichte der ARD Geheimsache Doping zu Fußball zeigen auf, dass Dping aktuell durchaus von Bedeutung ist im internationalen Fußball. Insbesondere die Erkenntnisse zu einem speziell auf den Fußball zugeschnittenem staatlich organisierten Dopingsystem in Russland werfen viele Fragen auf
>>> Geheimsache Doping: Showdown für Russland, 2016
>>> Geheimsache Doping: Brasiliens schmutziges Spiel, 11.6.2017

schweigen, leugnen, zögern… und mehr

Sepp Blatter, 1999:
„FIFA-Präsident Joseph Blatter hat einen intensiven Kampf gegen Doping im Fußball angekündigt und sich zugleich für eine Saison von Februar bis Dezember ausgesprochen. „Es wäre falsch zu sagen, im Fußball wird nicht gedopt. Natürlich sind das nur einige wenige Grenzfälle. Aber man muss mit der Realität leben und damit offen umgehen. Deshalb werden wir unangemeldet vor der EM 2000 Trainingskontrollen bei Nationalmannschaften durchführen“ (sid, 23.10.1999)

Sepp Blatter, WM 2010:
‚Er hob zudem hervor, dass 500 Dopingtests ausschließlich negative Ergebnisse erbracht hätten: „Wir sollten nicht mehr über Doping im Fußball sprechen.“‘
(sid 8.7.2010)

Neben der alten und weiterhin vorgebrachten Begründung, Doping brächte im Fußballsport keine Vorteile, kam im letzten Jahrzehnt aus Fußballkreisen immer nachdrücklicher das Argument, Kontrollen brächten nichts, nicht nur aufgrund der neuen ausgeklügelten Anwendungen, sondern auch weil damit in Anbetracht der geringen Dopingneigung im Fußball umsonst Geld ausgegeben werde. Dass diese Argumentation nicht unbedingt in allen Punkten in sich schlüssig bzw. logisch ist, bleibt oft unkommentiert. Nach de Mondenard ist der Antidopingkampf dann erfolgreich, wenn 10 % der Sportler kontrolliert werden, im Fußball sind es aber nur 0.05 %. Auch zu diesem Komplex wäre eine genauere Zusammenstellung und Analyse der Dopingkontrollpraxis über Jahre und Länder hinweg sinnvoll und wünschenswert.

Für die Jahre 1966 bis 2003 hat Jean-Pierre de Mondenard 2003 eine Statistik erstellt über Dopingkontrollen und -fälle bei Weltmeisterschaften. Insgesamt fanden 2112 Kontrollen statt die 3 positive Fälle erbrachten. De Mondenard hält fest, dass der Fußball im Vergleich zu WM anderer Sportarten den geringsten Anteil positiver Fälle aufweist. (de Mondenard in Les Dopés du Foot, 2012, S. 279)

1966, England, 128 Spieler (je 3 /Team) werden getestet: 3 Spieler positiv auf Ephedrin (nicht sanktioniert)
1970, Chile, 128 Tests, Null positiv
1974, Deutschland, 128 Tests, 1mal positiv auf Phenylmetrazin
1978, Argentinien, 128 Tests, 1mal positiv auf Phenylmetrazin
1982, Spanien, 208 Tests (2 Spieler(Team), Null positiv
1986, Mexiko, 208 Tests, Null positiv, 1 Freispruch
1990, Italien, 208 Tests (2 Spieler/Team; 3 ab Achtelfinale), Null positiv
1994, USA, 208 Tests, 1maö positiv auf Ephedrin
1998, Frankreich, 256 (64% der Halbfinalisten wurden mindestens einmal kontrolliert), Null positiv
2002, Südkorea/Japan, 512 Tests (258 Blutkontrollen), Null positiv

Jiri Dvorak, Chefmediziner der FIFA, erklärte am 10. Mai 2009 in einer WADA-Sitzung:

„30 000 Proben und damit wiederum 10% mehr als im Vorjahr. Und dennoch ist die Anzahl positiver Fälle konstant geblieben: etwa 90, die meisten wegen Marihuana und Kokain. Nur ungefähr 10 gehen auf die Einnahme von anabolen Steroiden zurück, das sind gerade einmal 0,03%. Jede Analyse kostet durchschnittlich USD 1000. Das macht USD 30 Millionen bei 30 000 Kontrollen und gerade einmal zehn Steroid-Betrügern. Da die Realtionen auch bei anderen internationalen Verbänden und der WADA ähnlich sind, stellt sich die Frage nach dem Sinn dieser Strategie.“ Dvorak spricht sich in der Folge für den Biologischen Pass aus, ergänzt werden solle mit Bluttests bei Wettbewerben, „wobei hier noch viel Arbeit auf die Wissenschaft wartet“. (FIFA Jiri Dvorak)

Nicht gesagt wird, das im Fußball nur sehr zögerlich, höchstens bei einigen wichtigen Ereignissen Blutkontrollen durchgeführt wurden, so z. B. laut Angaben der UEFA vor der EM 2012. Martial Saugy vom Lausanner Antidoping-Labor meint über die Kontrollpraxis, dass die meisten Kontrollen durch nationale Organisationen erfolgen und die Analysen nicht vergleichbar seien. Mit diesen statistischen Zahlen könne nichts bewiesen werden. (le point.fr, 2.6.2010) Zudem stelle sich die Frage nach der Unabhängigkeit der Kontrolleure und der Qualität der Tests.

„Auf die Frage, warum er nicht mit nationalen Anti-Doping-Agenturen zusammengearbeitet habe, antwortete Dvorak, diese funktionierten nur in rund 30 Ländern, die Fifa habe es aber mit 208 nationalen Verbänden zu tun.“ (NZZ, 14.6.2010)

Mit der Folge, dass Fußballer einiger Nationen aufgrund der fehlenden nationalen Antidopingstrukturen wenig bis kaum kontrolliert werden.

Dieses Argument wurde auch zur Frauen-WM 2011 herangezogen um die geringen bis überhaupt nicht stattfindenden Dopingkontrollen weltweit zu rechtfertigen:

Außerhalb der WM-Vorbereitung ist in den meisten Ländern von Dopingkontrollen nicht die Rede. Denn, so Fifa-Chefarzt Jiri Dvorak, es gebe in maximal 40 Ländern weltweit funktionierende Nationale Anti-Doping-Agenturen. mit denen der Weltverband zusammenarbeiten könne. Aber die Fifa habe 208 Mitglieder. Und Professor Toni-Graf-Baumann meint zum Thema Dopingkontrollen in Afrika und Asien: „Ich würde aber sagen, dass dort die logistischen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Das heißt, sie haben keine Nationalen Anti-Doping-Agentur, sie haben auch in der Regel nicht genügend personelle und finanzielle Resourcen um ein flächendeckendes Netz von Dopingkontrollen aufzubauen und aufrechtzuerhalten.“

Doch auch während der WM finden nur wenige Kontrollen statt, denn es gäbe keine Anhaltspunkte, dass gedopt werde:

„In der Vergangenheit, wenn die Spiele im Abstand von zwei bis drei Tagen sind, dann machen wir eigentlich Kontrollen nicht. Weil wir keinen Anhaltspunkt haben, das so etwas gemacht wird. Und da sieht man die wirklich gefährlichen Substanzen auch im Urin, die gehen dann aus dem Körper nicht so schnell weg.“ (dradio, 25.6.2011).

Eine gewagte These angesichts der aktuellen Dopingmethoden.

UEFA Dopingreglement 2010
UEFA Dopingkontrollen Saison 2010/2011
2011 Frauenfußball Dopingkontrollsystem
UEFA, Dopingkontrollen vor der EM 2012
UEFA, A drug-free UEFA EURO 2012

EM 2012: „So oder so gibt es einen Schwachpunkt bei den Trainingskontrollen des Verbandes. Treffen Dopingkontrolleure in einem Trainingslager ein, haben die Spieler 60 Minuten Zeit, um zu erscheinen. Eine ganze Stunde. Die Mannschaftsleistung sei dafür zuständig, den Spieler im entsprechenden Zeitraum zum Kontrolleur zu bringen, so die UEFA auf Anfrage.“
(fußballdoping.de, 4.6.2012)

Dick Pound erklärte 2016:

„There’s a huge amount of self-denial,“ he said. „The testing system works off what are called registered testing pools. Athletes reach a certain level, they get put on the list and get tested.

About three or four years ago, we looked at the FIFA list. The world’s largest sport. You know how many registered athletes they had on their list, covering the whole world? Ten. So that’s not a serious indication.

And there’s a double standard between individual sports, where there are immediate consequences, and team sports where there are not.

The FIFA testing protocols mean you can test two players on a team, drawn at random, not targeted. If one person tests positive, nothing happens. If two tested positive, then and only then could you target test.

But there were no consequences in a tournament or league, so it was meaningless.“ (daily mail, 21.4.2016)

Wie sieht es bei der UEFA-EM 2016 aus? Einiges hatte sich gebessert, doch noch immer ist die Kontrolldichte gering und lässt sich schwer nachvollziehen, zudem werden die Proben nur 4 Jahre aufbewahrt anstelle der möglichen 10 Jahre. (Die Zeit, 15.6.2016)

>>> Datenanalyse: Dopingkontrollen im internationalen Vergleich
der Spiegel, 16.12.2013

>>> Kontrollen im Stadion, der Spiegel, 17.12.2013

Deutsche Kontrollrealität 2011:
1659 Kontrollen für 5000 Spieler … Die etwa 1150 übrigen Spieler der ersten beiden Bundesligen bekamen im Training 379 Mal von der NADA Besuch. Jeder dieser Profis wird also auch im Training durchschnittlich alle drei Jahre kontrolliert. Für Profis unterhalb der zweiten Liga gibt es überhaupt keine Trainingskontrollen. … Findet kein Mannschaftstraining statt, gibt es für Nicht-Nationalspieler auch daheim in Deutschland keinerlei Kontrollen. Wer sich individuell fit machen will, dem sind keine Grenzen gesetzt.
(D. Drepper, 24.1.2012)

Die Weltmeisterschaft 2018 in Russland gab erneut Anlass zu scharfer Kritik an der Kontrollpraxis. Insbesondere die Intransparenz, die wenigen erhältlichen Informationen und dass die WADA ausgeschlossen wurde und keine Beobachter schicken konnte, lässt vermuten, dass das Dopingkontrollmanagement unter Präsident Infantino zurück gefahren wird.

Dass Fußballer nicht umfassend getestet werden, belegt auch das WADA-Dokument zu spezifischen Analysen in bestimmten Sportarten (TDSSA) aus dem Jahr 2017. Demnach werden im Fußball und etlichen anderen Sportarten Tests auf hochwirksame Dopingsubstanzen gar nicht vollumfänglich durchgeführt. Andrea Gotzmann, Chefin der nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA), klärt auf. „Im Radsport werden 60 Prozent der Proben auf EPO gestest, ebenso im Biathlon, Skilanglauf und den Ausdauer-Disziplinen der Leichtathletik. Im Fußball sind es nur 10 Prozent.“

Auf Nachfrage hat die FIFA mitgeteilt, dass sie sich bei den Tests anlässlich der Fußball-WM an die TDSSA-Vorgaben der WADA hält und nur bei EPO deutlich mehr Analysen durchgeführt würden. Wie viele genau, verrät die FIFA aber nicht. Das heißt im Umkehrschluss: Auf Wachstumshormon und Peptide wird nur jede zehnte Dopingprobe analysiert, 90 Prozent bleiben ungeprüft. Ergo: Die Chance, als Betrüger mit diesen hochwirksamen Dopingmitteln im Fußball aufzufliegen, ist sehr gering.

Die FIFA will sich bei den Dopingkontrollen zudem offenbar nicht in die Karten schauen lassen: Drehgenehmigungen werden nicht erteilt, Interviewanfragen nur oberflächlich beantwortet. Kritiker bemängeln dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Gastgeberland nach dem russischen Dopingskandal noch immer kein von der WADA anerkanntes Kontrolllabor aufweisen kann. (sportschau.de: Wie die FIFA bei der WM auf Doping testet, 7.7.2018)
Hinzu kommt, dass alle genommenen Proben nach Lausanne zur Analyse nach Lausanne gebracht werden mussten, das brachte enorme logistische Probleme mit sich und eröffnete Manipulationsmöglichkeiten.

Fragen wirft auch die Berufung von Martial Saugy, bis 2016 Leiter des Antidoping-Labors in Lausanne, auf. Er seit vielen Jahren medizinischer Berater der FIFA und wurde von Russland für beratende Tätigkeiten bezahlt. Es stellte sich die Frage, ob er eine Rolle spielte in Zusammenhang mit den Dopingvorwürfen, die das gesamte russische WM-Team von 2014 betreffen. Die FIFA wollte angeblich ermitteln, Richard Pound fordert eine unabhängige Untersuchungskommission, doch Ergebnisse hierzu sind nicht bekannt.

Siehe hierzu auch das ausführliche Radiogespräch mit Grit hartmann und Jonathan Sachse bei radiofunk.de:
Radiofunk: Doping und die Fußball-WM, 6.7.2018

Steroid- und Blutprofile

Im März 2012 verkündete die FIFA, dass sie nun auf Steroidprofile setze und ein entsprechendes Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der WADA starte (FIFA, 6.3.2012). FIFA-Chefarzt Prof. Jiri Dvorak meinte nun:

„“Steroid- und Blutprofile sind derzeit vielleicht das wirksamste Mittel gegen Doping“. „Größter Vorteil ist, dass die Profile auf der Konsistenz der Spielerphysiologie basieren. Ständig kommen neue Substanzen auf den Markt, wobei es Jahre dauern kann, bis wirksame Kontrollverfahren vorliegen. Die menschliche Physiologie wird hingegen vererbt und verändert sich selbst über Generationen hinweg kaum.“

Blutprofile, die von anderen Verbänden favorisiert werden und aufgrund dessen bereits Sportler des Dopings überführt wurden, seien für den Fußball allerdings nicht sinnvoll, denn

„Grundlage für die Entscheidung zugunsten von Steroidprofilen waren die Ergebnisse umfassender Bluttests bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2002™ und der UEFA EURO 2008. Da keinerlei Blutmanipulationen festgestellt wurden, sind Blutprofile für den internationalen Fußball nicht zweckmäßig.“

Warum nun auf aber auf Steroidprofile gesetzt werde obwohl Dvorak weiterhin sagt, dass Doping im Fußball zum Glück relativ selten sei und die allermeisten positiven Befunde auf Gesellschaftsdrogen wie Marihuana zurückzuführen seien und erst weit dahinter Stimulanzien, anabole Steroide und Glukokortikosteroide folgen, bleibt in diesem Artikel unklar. Erwähnt wird aber die abschreckende Wirkung und die Möglichkeit damit Krankheiten und Anomalien zu entdecken. Der FIFA-Chefarzt hebt zudem hervor: „Es rückt unser bestehendes Programm zur Dopingbekämpfung in den Blickpunkt.“

In Bezug auf seine Behauptung, der Fußball würde als erster das Steroidprofil erproben wollen, irrt er. Die UCI spricht seit 2008 in Zusammenhang mit ihrem Gesundheitspass von Blut- und Steroidprofilen, dafür werden auch Urinkontrollen regelmäßig durchgeführt.  Auch NADAs arbeiten an entsprechenden Programmen und Pässen. Die WADA regelte im WADA-Code 2015 auch den Umgang mit dem Steroidprofil, legte die Mindestzahl an Zusatzuntersuchungen aus Blut und Urin verbindlich fest. Mit Übernahme des Codes durch die Verbände und Agenturen gelten diese Bestimmungen für alle Unterzeichner, die das Steroidprofil-Programm übernommen haben.

Dvorak zum Biologischen Profil, Juni 2012:
Wir werden zwei Blutwerte nehmen, Hämoglobin und Hämatokrit, und dazu Steroidparameter vom Urin. Von den Spielern sammeln wir zwei, drei Ausgangswerte und vergleichen diese Werte dann mit Proben während der Turniere.

Vielleicht schaffen wir es schon bis zum Confederations Cup 2013. Das Profil 2014 für alle 32 Teilnehmer zu organisieren, wird viel Aufwand.

Wesentlich sind die Urinkontrollen, die sagen am meisten aus. Der Radsportweltverband UCI nimmt in ihrem Blutpass ausschließlich die Blutparameter, aber im Fußball macht ein Steroidprofil mehr Sinn. Im Fußball gibt es nämlich keine Hinweise auf Blutdoping. Ein Viertel unserer Kontrollen werden auf Epo kontrolliert.“
(die Zeit, 6.6.2012)

WADA: Biologischer Pass – Richtlinien

Auch Prof. Mario Thevis vom Kölner Antidopinglabor wies darauf hin, dass Steroidprofile seid über 20 Jahren zum Einsatz kommen und deren Weiterentwicklung in den letzten Jahren Bestandteil des modernen Antidopingkampfes war. (dradio, 1.4.2012).

Bezogen auf die Relevanz von Blutprofilen im Fußball gibt Thevis zu bedenken:

„In Spielsportarten allgemein kann man nicht behaupten, dass Ausdauerleistungsfähigkeit keine Rolle spielt und die wird im Wesentlichen natürlich durch Manipulationen verschiedener Blutparameter geregelt. … Es hat sich immer wieder gezeigt … im modernen Fußball, dass sehr hohe Laufintensitäten vorliegen, dass die meisten Tore in den letzten 15 Minuten fallen, wo sich im Wesentlichen die Ausdauerleistungsfähigkeit der Athleten zeigt, die Athleten schießen dadurch nicht besser, wie immer so schön gesagt wird, aber mit Sicherheit können sie ihr Leistungsniveau über einen deutlich längeren Zeitraum aufrecht erhalten. Und das ist natürlich auch im modernen Profifußball von Relevanz.“

Im Mai 2012 scheint es auf Seiten der FIFA zu einer neuen Bewertung gekommen zu sein. Nun spricht man von der Einführung Biologischer Profile, zu denen Blutwerte genommen werden.

„Martial Saugy, Leiter des Anti-Doping-Labors Lausanne, erläuterte es auf wissenschaftliche Weise. „Dabei handelt es sich um ein individuelles Langzeitprofil. Beispielsweise erfolgt das Spritzen synthetischer EPO-Präparate mit dem Ziel, den Anteil roter Blutkörperchen im menschlichen Blutkreislauf zu erhöhen. Früher wurde die Zuwachsquote des Hämatokrit-Wertes lediglich spontan gemessen. Seit der Hämoglobin-Spiegel zu verschiedenen Zeiten gemessen wird, können wir für jeden Einzelnen ein Langzeitprofil mit den niedrigsten und den höchsten Messwerten erstellen.“

Sepp Blatter gibt hierzu nun eine ehrliche Begründung:

„“Das Spiel hat sich enorm weiter entwickelt, es ist viel athletischer geworden. Tempo und Rhythmus sind heute höher denn je. Dies gilt auch für die Anzahl der Spiele, die innerhalb einer Saison absolviert werden. Die Spieler müssen stets Höchstleistungen bringen. Der Kampf gegen Doping ist ein ernst zu nehmendes Thema, denn auch im Fussball gibt es durchaus Betrüger, das ist eine Tatsache“, sagte FIFA‑Präsident Joseph S. Blatter in seiner Eröffnungsrede.“ (FIFA, 29.5.2012)

Wie weit waren diese Pläne voran geschritten? Waren sie eingeschlafen? John Fahey, WADA, äußerte im Februar 2013 Unverständnis darüber, dass im Fußball keine Blutprofile eingeführt würden.

„They are not testing enough for EPO,“ Fahey said. „They can do more and we encourage them to do more. They should use intelligence and not just more tests.“

Fahey also expressed his dismay at football’s refusal to adopt the Athlete’s Biological Passport as part of its weaponry in the doping fight and questioned the efficacy of the game’s current protocols.

„More tests is a good deterrent factor and may be an effective way of catching but I would argue that the Athlete’s Biological Passport is a very effective tool,“ he continued.

„Why isn’t football using it? They can. And in my view, it would make them more effective.“ (goal.com, 12.2.2013)

„Wir sammeln derzeit die Ergebnisse der Anti-Doping-Tests aus der EURO 2012, der Champions League 2013 und 2014, der FIFA Klub-Weltmeisterschaften 2011, 2012 und 2013 sowie dem FIFA Konföderationen-Pokal 2013 und werden in der Lage sein, die Ergebnisse zu addieren, die wir in den Kontrollen vor und während der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2014 erhalten. Wir haben letzten November bei der FIFA eine Konferenz organisiert, um zukünftige Strategien für einen dopingfreien Sport zu diskutieren. Die Ergebnisse wurden kürzlich im „British Journal of Sports Medicine“ veröffentlicht. Die Experten sind der Ansicht, dass drei oder vier Proben ausreichend sein sollten, um ein individuelles Profil zu erstellen.“ (FIFA, 5.6.2014)

Kritiker sahen allerdings große Mängel insbesondere darin, dass die FIFA Transparenz verweigerte und das gesamte Kontrollprozedere in eigener Hand belässt. Z. B. erhielt die WADA bei der WM im Gegensatz zu den Olympischen Spielen durch das IOC, keinen Beobachterstatus zuerkannt. (sid, 5.6.2014)

Die WADA kritisierte im Juli 2014 insbesondere die Blutkontrollpraxis innerhalb der Bereiche von FIFA und UEFA. In manchen Ländern fanden überhaupt keine Blutkontrollen statt, in anderen war deren Häufigkeit verschwindend gering. (goal,com, 21.7.2014)

Chefmediziner Michel D’Hooghe fasste im Oktober 2014 die FIFA-Sicht zusammen: Es sei zwar verrückt anzunehmen, in den verschiedenen Ebenen des Fußballs gäbe es kein Doping, aber die aktuelle Teststatistik zeige, der Fußball ist dopingfrei, es gäbe keine Dopingkultur im Fußball. Er wiederholte die bekannte Meinung, wonach Fußball zu komplex sei, um tatsächlich von Doping profitieren zu können. Es gäbe lediglich eine positive Kontrollrate von 0,4%. Ziehe man die Fälle mit sozialen Drogen ab, blieben lediglich 0,04% Auffälligkeiten mit EPO und Anabolika übrig. (FIFA, 10.10.2014). Dabei verschweigt er aber, dass von allen Kontrollen im Fußball nach WADA-Statistik im Jahr 2014 lediglich 10 Prozent auf EPO kontrolliert wurden (Mario Thevis, FAZ 25.6.2016)

2015 UEFA-Steroidprofile

Im März 2015 ließ die UEFA verlauten, dass sie dem biologischen Pass mit den Blutkontrollen ab der nächsten Saison das Steroidprofil auf Basis von Urinkontrollen hinzu fügen werde. (AP, 13.3.2015)

Im September 2015 wurden Details der neuen Kontrolloffensive bekannt gegeben. Laut UEFA solle zur Saison 2015/16 das „größte Anti-Doping-Programm in der Geschichte des europäischen Fußballs“ gestartet werden (UEFA, 11.9.2015, UEFA (dt.), 11.9.2015):
Im Vorfeld der UEFA EURO 2016 wird die UEFA das umfassendste je vor einer EM-Endrunde durchgeführte Testprogramm umsetzen. Ab 1. Januar 2016 werden sämtliche Spieler, für die eine EM-Teilnahme in Frage kommt, im Rahmen des jährlichen UEFA-Antidoping-Programms sowie im Zuge der Kooperation mit den NADOs, darunter die im Austragungsland Frankreich zuständige Agence Française de Lutte contre le Dopage (AFLD), getestet. Außerdem werden die Mannschaften bei Trainingslagern vor dem Turnier sowie nach der Ankunft in Frankreich Kontrollen unterzogen.

Bei der Endrunde selbst wird ein modernes Testprogramm für Blut- und Urinkontrollen zur Anwendung kommen, das aufgrund der Erweiterung des Turniers auf 24 Teams umfangreicher denn je ausfallen wird.“

Mit dieser Ankündigung rückte eine Langzeitstudie zu Steroidprofilen von Fußballern in den Fokus, die dazu diente, das Steroidprofil zu standardisieren und die bis dato von der UEFA nicht benannt worden war. Im Ergebnis waren 7,7% der untersuchten Urinproben hinsichtlich der Testosteronwerte auffällig. Schnell kam in der öffentlichen Diskussion der Verdacht auf, dass diese Studie die Ursache für den UEFA-Vorstoß war. Die UEFA hatte 4.195 anonymisierte Urinproben von insgesamt 879 Fußballern aus den Jahren 2008 bis 2013 zur Nachanalyse frei gegeben. Diese Werte müssen nicht auf Doping beruhen, können es aber. So wurde in der Studie lediglich der T/E-Qotient ermittelt. Nachführende Untersuchungen, wie z.B. mit der IRMS-Methode, mit der festgestellt werden kann, ob synthetisches Testosteron zugeführt wurde (Doping), fanden nicht statt.

die Studie: Evaluation of longitudinal steroid profiles from male football players in UEFA competitions between 2008 and 2013


2018 Interview mit Jiri Dvorak

Jiri Dvorak war bis 2016 Chefmediziner der FIFA. Seine Entlassung fällt mit der Übernahme der FIFA-Präsidentschaft von Gianni Infantino zusammen.

In einem bemerkenswerten NZZ-Interview vom 24.5.2018 spricht er u.a. über Hindernisse bei der Einführung des biologischen Profils von Weltfußballern durch die FIFA.

… Während meiner Tätigkeit, und dazu stehe ich, hatten wir keinen Hinweis auf systematisches Doping, wir hatten nur Einzelfälle. Aber um diesen Verdacht zu zerstreuen, der immer wieder geschürt wird, habe ich damals vorgeschlagen, man sollte konsequent mit der Wissenschaft Schritt halten. …

Man könnte ein biologisches Profil für alle Spitzenfussballer erstellen. Das ist heute möglich und technisch durchführbar mit all den Kontrollen, die gemacht werden, gerade bei Spielern der Spitzenklubs. Ein anderer Vorschlag war: Gerade wenn Verdachtsmomente bestehen wie jetzt in Russland, dann könnte man dort jedes Team der ersten Liga drei-, viermal pro Jahr untersuchen und ein biologisches Profil der Spieler erstellen. …

Ich glaube, für die WM macht sie das recht. Die Fifa erstellt seit 2014 ein biologisches Profil für die Weltmeisterschaften.  …

Hat je ein Experte einen auffälligen Blutpass gesehen?
Spektakulär waren die nordkoreanischen Frauen an der WM 2011 in Deutschland. Bei Kontrollen am Turnier hatten fünf Spielerinnen einen abweichenden Wert gegenüber dem biologischen Profil. Wir haben die Ärzte gestellt und die Bags konfisziert, und ich habe ein Produkt gefunden, das ein Sammelsurium an tierischen Hormonen enthielt, die den menschlichen gleichen. Damit haben sie die Spielerinnen «behandelt».

Und bei den Männern?
Wir haben keinen wegen einer Abweichung überführt.

Gab es auch keinen Verdacht?
Nein, wir hatten auch zu wenig Daten. Man kann die Daten erst interpretieren, wenn man eine komplette Datenbank hat: aus Ligaspielen, internationalen Klubwettbewerben und Länderspielen. Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass man hier Geld investieren sollte. Ich höre von Milliarden, die hin und her geschoben werden. In diesem Fall brauchte es nur ein paar Millionen, um klare Facts auf den Tisch zu legen – ein verhältnismässiger Aufwand, der sicher zu rechtfertigen wäre.

Sie sagen, es wäre für die Fifa juristisch möglich, diese Kontrollen durchzuführen. Wieso führt man dann nicht einfach einen Blutpass für die Top-Ligen ein?
Das war mein Vorschlag. Ich habe gesagt, das wäre doch super für die Bundesliga, die spanische Liga, die Premier League, in Italien, einfach für die grossen Ligen. Wir wollten das konsequent aufbauen, die Idee war gar, dass das Blut untersucht wird, das der Teamarzt routinemässig abnimmt.

Was ist mit dem Vorschlag passiert?
Der liegt irgendwo in einer Schublade, wie viele meiner Vorschläge….

Monika