1993 DLV: Kontroverse zur Einstellung dopingbelasteter ehemaliger DDR-Trainer
Am 13. Februar 1993 berichtete der Präsident des DSLV Hansjörg Kofink über den 2. Runden Tisch ANTI-DOPING des Deutschen Leichtathletik-Verbandes Ende Januar in Erfurt. Dabei erklärt er u.a., dass der DLV entgegen den Empfehlungen der Richthofen- Kommission plant, dopingbelastete ehemalige DDR-Trainer anzustellen. Kofink meldet schwerste Bedenken an bezüglich jedweder Zusammenarbeit von Schule mit DLV und DSV.
>>> Kofink: Bericht an den DSLV vom Runden Tisch des DLV
der Spiegel, 22.2.1993:
„Für DLV-Jugendwart Rüdiger Nickel, gleichzeitig Dopingbeauftragter, ist deshalb die Abstimmung über das Präsidium im April „eine Richtungswahl“. Sie entscheide, ob wie bisher „rücksichtslos das Bruttomedaillenprodukt“ erhöht oder Vertrauen in die Leichtathletik zurückgewonnen werden könne.
Mit Steinbach will Nickel nicht länger in einem Gremium sitzen. Er zählt den Ministerialdirektor im Bundesgesundheitsministerium, der im Hauptberuf die Gefahr durch HIV-infizierte Blutkonserven ähnlich verharmloste wie im Funktionärsjob den Arzneimittelmißbrauch mit Anabolika, zu „den Personen, die über Leichen gehen“.“
Am 22. Februar 1993 veröffentlichte der Spiegel die Namen der ehemaligen DDR-Leichtathletik-Trainer, die im Deutschen Sport angestellt werden sollen. Die Liste „Hauptamtliche Trainerverträge (Ost)“ beinhaltet 21 Namen, davon wurden 7 für vier Jahre und 14 für zwei Jahre eingestellt.
Zu den Eingestellten gehörten „Edwin Tepper (Sprint), obwohl er als DDR-Verbandstrainer an geheimen Dopingplanungen teilgenommen hat; Werner Goldmann (Kugelstoßen), der als Coach im TSC Berlin (unter anderem von Olympiasieger Ulf Timmermann) sogar von DDR-Wissenschaftlern wegen überhöhter Dosierung kritisiert worden war; Erich Drechsler (Weitsprung), obgleich der Schwiegervater und Coach von Olympiasiegerin Heike Drechsler als ehemaliger Trainer von gedopten Hochspringern belastet ist; Klaus Baarck (Siebenkampf), unter dessen gedopten Schützlingen auch Jugendliche waren; Helmut Böttcher (Diskuswurf), dessen Athletinnen früher bis zu 2900 Milligramm Anabolika im Jahr bekamen – doppelt soviel wie der kanadische Olympiasieger Ben Johnson; Hans-Joachim Pathus (Gehen), obwohl er öffentlich von Athleten der Dopinggabe beschuldigt worden war.“
Diese Vorgehen stieß in und außerhalb des Verbandes auf Widerspruch. Auch der DSLV reagierte:
>>> DSLV-Schreiben an den Sportausschuss des Deutschen Bundestages
Schule und das Vorbild Verbände
Auf der Vorstandssitzung des DSLV am 13. März 1993 wurde ausführlich über dieses Thema gesprochen. Ein Interview mit Hansjörg Kofink fasst die FAZ am 2.4. wie folgt zusammen:
„In der Kritik des DSLV stehen besonders der Leichtathletik- und der Schwimmverband. Gerade in diesen beiden Verbänden sitzen an den entscheidenden Stellen Leute, die nachgewiesen eine Dopingvergangenheit haben, sagte Kofink. Der Sportlehrerverband werde seine 19000 Mitglieder auf die Verantwortung den Schülern gegenüber hinweisen. Die Förderung sportlich begabter Kinder durch den Sportlehrer sei im Zeitalter des Dopings nicht mehr selbstverständlich. Als Lehrer muß man sich heute genau überlegen, ob man leistungsstarke Schüler noch an Sportvereine vermittelt und ob man das auch den Eltern gegenüber verantworten kann, fügte Kofink an. Sollten die Kinder und Jugendlichen später einmal mit Doping zu tun haben, trägt der Sportlehrer eine Mitschuld.“