BRD / DDR – Vergangenheit
2015 Hansjörg Kofink: Gedanken, Meinungen, Kommentare
6. Dezember 2015
Hier mein Nikolaus!
Das Thema wurde rechtzeitig geliefert, die Jahrestage stimmen auch, 65 Jahre DS(O)B, 25 Jahre „Ietzt schloagt’s ons koaner mea“, fast zehn Jahre DOSB und Ehrung für Thomas Bach durch die BW-FDP mit dem Reinhold-Maier-Preis für sein Lebenswerk!
Es läbe der Spoart!
Armer Sport
Es spricht für die Souveränität und die Autonomie des DOSB, dass Präsident Hörmann angesichts des Hamburger Ergebnisses deutsche Funktionäre vergangener Jahre wegen ihrer (Un)tätigkeit in hohen Positionen der internationalen Verbände kritisiert, sie aber gleichzeitig für besondere Verdienste um die Förderung und Entwicklung des Sports auszeichnet.
Helmut Digel hat im selben Jahr die DOSB-Ehrennadel erhalten (1). Er kannte die Dopingverfehlungen der BRD seit 1976. Vor wenigen Wochen hat er in der FAZ „Ich war zwei Jahrzehnte Teil einer Heuchelei“ Schuld bekannt, gleichzeitig im Dopingfall Dieter Baumann nachgetreten, da dieses „singuläre Ereignis“.. „meinen Lebensweg bestimmt“ (hat) „und nicht zu korrigieren“ (war) (2).
Er ist nicht der einzige deutsche Spitzensportfunktionär, den gelegentlich die Vergangenheit einholt. Alfons Hörmann war 2006 Ski-Präsident, als Evi Sachenbacher zum wiederholten Male Schlagzeilen wegen ihrer Blutwerte machte, und er war DOSB-Präsident, als Evi Sachenbacher in Sotchi 2014 der einzig aufgedeckte Dopingfall deutscher Athleten der letzten Jahre gelang.
Die Funktionäre des deutschen Sports haben es geschafft, bei der Vereinigung das Thema Doping unter den Augen der Welt – Samaranch: Das ist ein deutsches Problem – folgenlos zu beerdigen. Und der Geldgeber aus dem BMI hat mit Kürzungen gedroht und am Ende gekniffen. Der vor einem Jahr verstorbene Manfred von Richthofen – er leitete die brisanteste Kommission in jenen Tagen – hat bis in seine letzten Tage zunehmend dringlicher kritisiert, was damals abgelaufen ist. Er bekam keine DOSB-Medaille dafür.
Die Halbmillionen-Studie „Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation“ hat bis heute weder von Seiten der Sportorganisationen noch der Politik zu einer Reaktion geführt, die man auch nur im geringsten als eine bedauernde Einlassung zu den gewaltigen Vorwürfen der Münsteraner und Berliner Forscher sehen könnte.
Man sollte nicht FIFA, IAAF etc. oder korrupte und kriminelle Sportfunktionäre im internationalen Raum für etwas verantwortlich machen, was in vierzig Jahren in drei Deutschlands gepflegt worden ist:
Staatsdoping, politisches Wegducken und der Schrei nach Gold und Ranglisten um des deutschen Ansehens willen.
WER BRAUCHT SOLCHEN RUHM?
Hansjörg Kofink, 06.12.2015, Nikolaustag
_________________________________
(1) DOSB, 19.1.2015
(2) FAZ, 20.10.2015
2. Dezember 2015
Ein Text von 1987: damals hielt man das für trockene Theorie; heute kann man das anders sehen!
DEUTSCHER SPORTLEHRERVERBAND (DSLV) E.V.
STATEMENT ZUM ARBEITSKREIS 11
des DSB-Kongresses “Menschen im Sport 2000“
“Wozu erzieht der Sport? Sportliche Bildung und Bildungsinstitutionen“
Sport kann ebenso wenig zu irgendetwas erziehen wie etwa lateinische Grammatik oder Algebra. Mit und durch Sport können individuelles und soziales Verhalten, das von der Gesellschaft als wertvoll und erstrebenswert akzeptiert wird, demonstriert, erlernt, geübt und erworben werden. Sportliches Tun, Handeln im Sport sind ein ideales Übungsfeld für Erziehung und Bildung.
Der Sport erlaubt aber auch Verhaltensweisen und provoziert ihre Nachahmung, die Bildungs- und Erziehungszielen völlig zuwiderlaufen, weil der aktuelle Erfolg solchen Verhaltens von weiten Kreisen der Gesellschaft gebilligt wird, so z. B. Egoismus und Intoleranz, Aggressivität und Überheblichkeit, Arroganz und Narzißmus. Auch wirtschaftliche Interessen, finanzielle Abhängigkeit und die Methoden der modernen Werbung stehen Bildung und Erziehung, nicht nur im Sport, eindeutig im Weg. Deswegen genießen Bildung und Erziehung den Schutz der Verfassung.
Wer Bildung im und durch Sport will, der muß Bildungsziele vereinbaren und respektieren, und er muß diesem Sport den Schutz angedeihen lassen, ohne den Bildung und Erziehung nicht möglich sind: Schutz vor einseitigen und eigennützigen Einflußnahmen und Schutz der vereinbarten Bildungsziele gegenüber anderen Zielen. Wenn beispielsweise GESUNDHEIT und FAIRNESS solche Ziele sind, dann müssen diese Ziele in dem Sport, der erziehen und bilden will, Vorrang haben, auch im Wettkampf und bei Meisterschaften.
“Der Schulsport ist ein eigenständiger und unaustauschbarer Bereich von Bildung und Erziehung; er besitzt darüber hinaus auch eine Schlüsselfunktion für die Gesamtentwicklung des Sports.“ Diese Proklamation im ‘Zweiten Aktionsprogramm für den Schulsport‘ von 1985 kann nur bedeuten, daß die gegenwärtige Situation und die zukünftige Entwicklung des Sports in unserer Gesellschaft unauflösbar verbunden sind mit den Bildungs- und Erziehungszielen, die laut Bildungsplänen, Lehrplänen und Richtlinien in allen Bundesländern durch den Schulsport vermittelt werden sollen. Wenn heute nun selbst von kompetenter Seite gefordert wird, daß etwa GESUNDHEIT oder FAIRNESS im Schulsport gesondert thematisiert werden müssen, um Sündenfällen im Sport zu begegnen, dann kennt man entweder die Bildungs— und Erziehungsziele des Schulsports nicht, vielleicht hält man sie für leeres Geschwätz, oder aber die Inhalte des Schulsports haben sich in den Augen der Allgemeinheit so entwickelt, daß sie den Bildungs— und Erziehungszielen nicht mehr entsprechen. In beiden Fällen bedarf es der eindeutigen Erinnerung, daß der Schulsport zuerst und ohne Einschränkung Bildung und Erziehung verpflichtet ist: Schulsport ist nicht Sport an der Institution Schule, er ist nicht ein in die Stundentafel eingebauter Ausgleich für den Schulstress; er liefert auch nicht die Grundausbildung in einer Anzahl von Sportarten, sei es für den Wettkampf oder die anderweitige Gestaltung der Freizeit. Schulsport ist mehr als ein Schulfach; das englische ‘physical education‘ weist das ebenso aus wie die vor einer halben Generation in der Bundesrepublik aufgegebene Bezeichnung ‘Leibeserziehung‘. (Aus heutiger Sicht war das wohl ein Fehler!) Wir meinen, daß die Anerkennung und Verwirklichung der Bildungs- und Erziehungsziele des Schulsports im Schulalltag von heute für alle Schüler notwendige Voraussetzung dafür sind, daß Bildung im und durch Sport heute und erst recht im Jahre 2000 überhaupt noch möglich und erstrebenswert ist.
Wie sehr unsere heutige Gesellschaft, die wohlhabendste, die es in Deutschland jemals gegeben hat, an Bildung durch Sport interessiert ist, zeigt sich daran, daß sie zuläßt, daß mehr als 50 % aller Grundschüler Sportunterricht von dafür nicht qualifizierten Lehrkräften erhält.
Verfasser: Hansjörg Kofink – DSLV –
Statements zum Kongreß „Menschen im Sport 2000“, 1988 DSB Frankfurt, S.148ff.
Hansjörg Kofink, 2014:
„Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, die große Diskussion über den Spitzensport in die Öffentlichkeit zu tragen: Was bringt er? Was kostet er? Was hat er mit Bildung zu tun? Welche Vorbildwirkung geht von ihm aus? Ist seine Förderung und seine Sonderstellung im Vergleich zu anderen Bereichen des Sports – was ist das eigentlich? – gerechtfertigt?“
Und gleich weitere Überlegungen von mir, die nicht neu sind, aber heute bestens passen:
Schulsport wird heute als Teil des Sports gesehen wie Breitensport, Leistungssport, Mädchensport, Behindertensport u.a.m. Das ist aber falsch. Er ist nicht Teil des Sports, sondern er ist Teil der schulischen Bildung. Er gehört zum öffentlichen Erziehungs- und Bildungsbereich, für den bei uns die Länder verantwortlich sind.
Der Sport ist autonom. Finanzieller Ansprechpartner des Spitzensports ist der Bund, für die C- und D-Kader gibt es eine gemischte Zuständigkeit von Bund und Ländern.
Es ist aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen vor den OS München die schulischen Leibesübungen in das Fach Sport umzubenennen, den verpflichtenden Sportunterricht und den freiwilligen außerunterrichtlichen Schulsport. Ich bekenne mich schuldig damals letztendlich nachgegeben zu haben, weil wir die Schubkraft des ‚freien Sport‘ brauchten, um die KMK von der Notwendigkeit des Faches und einem mindestens dreistündigem Sportunterricht pro Woche zu überzeugen. Wer gewonnen hat, kann man heute unschwer erkennen.
Nur – nach Drittem Reich und DDR kann und darf es nicht sein, dass dieses Unterrichtsfach ein weiteres Mal instrumentalisiert wird weder für nationale Gigantomanie in Sommer- und Wintermärchen noch für eine Spezialausbildung von Großverdienern im Sport, die auf diese Weise einen Sonderweg ins Leben bekommen, der anderen ‚Talenten‘ nicht einmal angeboten wird.
Während heutzutage das differenzierende Schulwesen wegen seiner Auswahl nach dem vierten Schuljahr verurteilt wird, es hemme oder verbiege zumindest die Entwicklung von Schülerinnen und Schülern, bietet das Land Brandenburg motorische Tests für die Bestimmung der sportlichen Begabung in der Jahrgangsstufe 3 an.
Mir kommen da bestimmte Erinnerungen!
13. November 2015
der Russland-Skandal
– SWR-Video, 13.11.2015 Kofink: „Wir haben genau den gleichen Mist gebaut“
– 40 Jahre Staatsdoping DDR und als Antwort 40 Jahre von der bundesrepublikanischen Politik gesteuerte und finanzierte Antwort der BRD fanden nicht im luftleeren Raum statt. Es gab Kommunikation der Ärzte, der Funtionäre und gelegentlich auch der Trainer beider Seiten.
Die Bitte des Bonner Ministerialrats an die Freiburger Sportmedizin 1976 (SWR betrifft Doping und die Freiburger Sportmedizin, Mo 26.05.2008; 43’40) und die Verweigerung von Trainingskontrollen, gedeckt durch die Bundesregierung mit Verweis auf die Autonomie des Sports (Krüger et. al. Doping und Anti-Doping .. arete 2014, S. 134ff) Ende der 80er Jahre zeigen glasklar das Einwirken der Bonner Politik gegen das Anabolika-Verbot, das schon 1970 ausdrücklich Trainigskontrollen verlangte und für möglich erachtete.
Die erfolgreiche Vereinigung von Doping West und Doping Ost 1990ff – Samaranch: Das ist ein deutsches Problem – ist das reale Vorbild für das russische Vorgehen seit Jahren und für viele andere. Dazu wurden Original-DDR-Trainer geliefert, was die DDR gegenüber der Sowjetunion niemals zugelassen hatte.
Das Problem damals und heute:
> Die Spitzenfachverbände stellen den Dopingverstoß fest, beurteilen ihn, sanktionieren ihn – oder auch nicht. Die WADA ist nur eine geringe Verbesserung.
> Die Politik ist beteiligt oder auch nicht; sie lässt sich aber jederzeit korrumpieren.
> Das Sportrecht hält alle Rechtsmittel von außerhalb ab; es sei denn nationale Gesetze regeln das – und es wird dann von den Verbänden und der WADA übernommen.
> Mit Geld lassen sich bis heute alle diese Regelungen aushebeln.
Fazit: Schembera klagt zurecht über überhöhte Normen. Die sog. „Endkampfchance“ ist eine Entmündigung des (autonomen) Sports. Die Ost-West-Ausscheidungen vor 1968 waren dabei um Klassen sportlicher und vor allem fairer.
Grundfrage: Hat die Bundesrepublik den Spitzensport, der ihrer freiheitlich-demokratischen Grundordnung entspricht? Nein, denn sie zwingt den Athleten auf Wege, die er nicht aus freien Stücken wählt. Müssen bundesdeutschen Spitzensportler Soldaten, Polizisten, Zöllner etc. werden? Warum richtet das AA nicht eine eigene Abteilung für Spitzensport mit Athleten, Trainern, Ärzten, Managern ein, möglichst im Beamtenstatus, wie es Prof. Steiner am liebsten hätte-
ODER Man besinnt sich in der deutschen Politik tatsächlich auf Werte und reicht korrupten Weltfunktionären keine Hand, keine Geld und keine Bundesverdienstkreuze mehr.
Das bringt mehr Ansehen als Besuche auf Haupttribünen oder in Umkleideräumen.
Habe ich gestern nacht bei der Bambi-Verleihung richtig gehört: in seiner Replik hat Schäuble seine Laudator Bach dringen gebeten den Sport zu retten! Ob ihn seine unsäglichen Sätze in einer auch heute noch nachlesenswerten Sportausschuss-Sitzung von 1977 noch immer plagen – es würde ihm recht geschehen – aber jeder hat ja ein Recht auf Einsicht und Reue! (Übrigens, damals haben einige andere noch gewaltigere ‚Aussagen‘ gemacht!!)
4. August 2015
deutscher Spitzensport gestern heute und morgen
Doping in der BRD bis 1990 wurde vom Sport und von der Politik gemeinsam verschleiert. Hier zwei Quellen, die das belegen für die ‚anabolen Steroide‘:
Stellungnahme des DLV Leistungsrates, 1970,
Auszüge aus dem Bericht über das Münsteraner Teilprojekt zur Dopinggeschichte in Deutschland
Ihre Präsenz im internationalen Spitzensport war Ende der 60er Jahre nicht mehr unter der Decke zu halten. Deswegen hat die IAAF-Doping-Kommission am 14. Mai 1970 die Anabolika auf die Liste der Dopingsubstanzen gesetzt. Der DLV ist am 8.8.1970 durch seinen Leistungsrat diesem Votum gefolgt. Das ist längst bekannt.
Punkt 4 dieser Stellungnahme des DLV-Leistungsrats stellt zudem eindeutig fest: „Kontrolle und Nachweis der Einnahme von Anabolika im Training ist durchführbar….“
Um Trainingskontrollen stritten sich in der Zukunft BISp, DSB und die Fachverbände – sie sind die Betroffenen und Verantwortlichen wie im Buch der Münsteraner Forschungsgruppe in allen Einzelheite nachzulesen ist.
Aus diesen Unterlagen geht klar hervor, dass die BRD durch den Dopingfall Birgit Dressel innenpolitisch und durch außenpolischen Druck immer wieder auf die Notwendigkeit der Verankerung von Kontrollen außerhalb von Wettkämpfen aufmerksam gemacht und dabei meist auf einschlägige Beschlüsse internationaler Institutionen wie Europarat, IOC oder IAAF Bezug genommen wurde.
Als der Europarat 1988 – das sind 18 Jahre nach dem IAAF-Verbot – eine Verbindlichkeit der Trainingskontrollen einforderte, wurde das von der BRD-Politik kritisch kommentiert:
„The State Secretary of the Federal Republic of Germany said that his government attached great importance to the notion of long-term prevention, education and protection. It offered its support to its sports organisations in the conduct of their control (laboratory, financial help), but would find it difficult to approve a policy of binding or compulsory out-of-competition controls, which would raise practical and legal problems. It would however be able to accept the draft recommendation and would invite sportsmen to submit to such controls, in accordance with the ethical and moral principles of the 1984 Charter.”
Im Europarat stimmten alle Delegationen der Mitgliedsländer mit Ausnahme der Niederlande und der Bundesrepublik einer Empfehlung zur Verankerung von Kontrollen außerhalb von Wettkämpfen zu.
Die Autonomie des deutschen Sports wurde zur Ausrede deutscher Politik, die seit 18 Jahren geforderten Trainingskontrollen nicht durchzusetzen, obwohl allein der Bund die Finanzierung des Spitzensports gewährleistete.
Es gibt nach meiner Kenntnis keinen deutlicheren Beweis, dass bis 1990 Politik und Sportorganisation gemeinsam Anabolika-Doping in der BRD zuließen.
Es ist hohe Zeit, dass nach den gegenwärtigen Ansprüchen des Sportministers und des DOSB die Zukunft des deutschen Spitzensports betreffend daran erinnert wird, dass Politik und ‚autonome‘ Sportorganisation zu dem verheerenden Erbe seit 1950 bis heute nicht Stellung genommen haben.
Das muss die Wahl eines deutschen Olympiaorts ebenso beeinflussen wie zukünftige Wahlen in Deutschland.
Hansjörg Kofink, 4.8.2015
30. Juni 2015
Vom Missbrauch des Sports
Nazi-Deutschland hat den Sport missbraucht. Hitler hat die ihm in den Schoß gefallenen 36er Spiele (mein Geburtsjahr!) zur weltweit ersten PR-Darstellung missbraucht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die beiden deutschen IOC-Mitglieder
1929–1964 Karl Ritter von Halt (1891-1964), Allround-Sportler und Sportpolitiker, NOK-Präsident 1944/45 und 1951 bis 1961, zweimal in der IOC-Exekutive (vor und nach dem Krieg/einmaliger Vorgang)
1926–1956 Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg (1873-1969),Verwandter des niederländischen Königshauses, Reiter, NOK-Präsident 1949 bis 1951, 1914 Gouverneur von Togo
bereits 1947, bevor die beiden deutschen Staaten gegründet worden waren an einem Nachkriegs-NOK gebastelt.
Der DDR-Sport war von Anfang an zur Darstellung des sozialistischen Systems eingeplant. Und das wurde ohne Einschränkung, d.h. auch unter Missachtung der Regeln des Sports durchgezogen.
Die DSB-Gründung vor 65 Jahren wollte einen „unpolitischen“ Sport, eigentlich einen Sport ohne staatlichen Einfluss, der so dezentral wie möglich organisiert wurde, auch auf Druck der Besatzungsmächte. Wie weit diese Gründerväter die kurz zuvor erfolgte Gründung des NOK für Deutschland 1949 – ohne DDR und mit den oben genannten ‚Alten Hasen, Ritter von Halt und Herzog Adolf Friedrich – wahrgenommen haben und ob sie abschätzen konnten/wollten, dass mit dieser Gründung der Konflikt mit dem DDR-Sport genauso vorprogrammiert war, wie der neuerliche Einfluss des Staates auf den „autonomen Sport“ der BRD?
Man erinnere sich, 1952 nahm die BRD in Helsinki teil, die DDR nicht, dafür aber das autonome Saarland.
Ab da wurde in Sachen Olympia in Deutschland gemauschelt und der ‚Kalte Krieg auf der Aschenbahn‘ wurde das Markenzeichen des deutschen Sports für die nächsten 40 Jahre.
Die Vereinigung der ‚Kalten Krieger‘ 1990 stand unter dem Motto Franz Beckenbauers – Ietzt schloagt’s uns koaner mea – und das wurde mit allen Mitteln des Staates, der Medizin, des Betrugs und seiner Vertuschung und mit der Umwidmung der Kinder- und Jugendsportschulen in die heutigen Eliteschulen des Sports verfolgt.
Die Doping-Geschichte der neuen BRD wurde aus gutem Grund aus allen Untersuchungen herausgebeamt, damit die Wissenden aus Ost und West ungestört zusammenarbeiten konnten.
Was sich jetzt in Erfurt abspielt, gehört genau so dazu, wie alles andere aus den letzten 25 Jahren. Es kam in die Medien, es verschwand aus den Medien, aber Bilder wie die Kanzlerin im Umkleideraum der DFB-Elf, die bleiben.
Doch die Politik der Bundesrepublik Deutschland hat sich in den letzten 25 Jahren nie zu diesem Missbrauch des Sports – denn auch der Sport unterhalb der nationalen Aufmerksamkeitsgrenze ist betroffen – geäußert. Im Gegenteil, sie fordert GO FOR GOLD. Sportliche Gesetze sind gut für Memoranden, um ein Haar wäre ja der Coup gelungen, den Sport ins Grundgesetz zu bringen. Die Unverfrorenheit der Betrüger und die starke Analyse des Bundesrichters Grimm (2009) haben das verhindert.
Wir werden dieses System, das auch heute den nationalen Spitzensport in Deutschland beherrscht, erst los, wenn alle Beteiligten ausnahmslos gestorben sind.
Das weiß ich am Tag vor meinem 79. Geburtstag.
Und ich lasse drei Beteiligte sprechen:
Für ein Haus am Meer , FAZ 28. Dezember 2010
Von Michael Reinsch, Bonn
Das deutsche Doping-Meldesystem steht in der Kritik. Steffi Nerius, Speerwurf-Weltmeisterin 2009, die ihre Karriere danach beendete, kann den Athleten-Unmut verstehen – und bedankt sich dennoch bei der Nationalen Anti Doping Agentur.
… In manchen Ländern (und in manchen Sportarten) sind sportliche Erfolge derart überbewertet, machte sie deutlich, dass niemand vor der Versuchung gefeit ist. Deshalb könne man auch niemandem trauen: der Konkurrenz ebenso wenig wie den Mannschaftskameraden.
Oh, die ist heute aber schlecht rasiert, Tagesspiegel 02.09.2013
Ingrid Mickler-Becker, Staffel-Olympiasiegerin der Olympischen Spiele von 1972, spricht im Tagesspiegel über Doping in beiden Teilen Deutschlands, vermännlichte Athletinnen und Thomas Bach.
„Würden Sie für die anderen Mitglieder der Frauenmannschaft ihre Hand ins Feuer legen, dass sie nicht gedopt waren?
Ich würde für keinen im Sport die Hand ins Feuer legen außer für meine Freundin Helga Hoffmann. Das heißt aber nicht, dass ich irgendjemand anderem etwas unterstelle.“
Harting äußert Ängste und erwägt Klage FAZ 17.06.2015
Das Anti-Doping-Gesetz ist wichtig, muss aber noch grundsätzlich modifiziert werden. Eine bessere Vereinbarkeit von Strafrecht und Sportrecht scheint zwingend nötig. Das wird bei der Anhörung im Bundestag deutlich.
„Meine Tasche ist bei Wettkämpfen bis zu 80 Prozent der Zeit ohne Beobachtung“, nannte Harting als Beispiel und fragte, wie er verhindern solle, dass ihm jemand unerlaubte Präparate unterschiebe.
Das ist die Meinung von deutschen Weltmeistern und Olympiasiegern von 1968 bis 2015 zu den „Werten des Sports“! Und das ist auch das, was vom deutschen Spitzensport 65 Jahre nach Wiederaufbau des Sports nach dem Zweiten Weltkrieg übrig geblieben ist:
Misstrauen und Generalverdacht
Dass da eine Online-Petition zur Abschaffung der Bundesjugendspiele regen Zuspruch findet – wer könnte das nicht verstehen!
Was opfern wir noch alles für diesen Spitzensport?
4. Juli 2015
Glanz und Elend des Sports
Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist es mit drei Artikeln innerhalb einer Woche gelungen, Glanz und Elend des deutschen Sports offen zu legen wie selten zuvor.
Weiter spielen [1] lautet der Kommentar vom letzten Samstag zu einer Online-Petition. Eine Konstanzer Stadträtin fordert die Bundesfamilienministerin auf, die Bundejugendspiele abzuschaffen. Im Netz bekam sie sofort zigtausend fachen Zuspruch. Dagegen macht sich Robert Harting für die Bundesjugendspiele stark. [2]
Wo bleibt die Wende? [3] fragt ein zweiter Kommentar. Der souveräne LSB Thüringen will die von ihm mit inszenierte ‚Aufarbeitung des DDR-Sports in Thüringen‘ nur in eingeschränkter Öffentlichkeit diskutieren. Auf einer Ersatzveranstaltung fehlten Präsident und Hauptgeschäftsführer des LSB, aber auch die Sportministerin des Landes. Dafür erklärte der fünfundvierzigjährige LSB-Vizepräsident – ohne Mandat, es gebe unter der derzeitigen Führung keine Bereitschaft zur Aufarbeitung, kein Umdenken im Verband, es herrschten Zustände wie im ZK der SED.
Sprint in die Zukunft [4] betitelt die FAZ den Deal des IOC mit dem amerikanischen Konzern DISCOVERY als endlosen Lieferanten von Unterhaltung und Emotionen auf allen Kanälen – und ohne unangenehme Fragen. Nach dem Willen des IOC soll die Flamme in Zukunft immer brennen. Die 12 Milliarden, die der deutsche IOC-Boss seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren eingeworben hat, soll der autonomen Sportorganisation zukünftig den Rücken freihalten vor störenden politischen Forderungen und jeder Art moralisierender Sportkritik. Schließlich flössen laut IOC 90% der ‚olympischen Einnahmen‘ wieder zurück an den Sport. – Die FIFA lässt grüßen.
Sportliche Werte sind seit langem im Sieger-Code versackt. „Moral ist überall hinderlich, wo es um Wettbewerb und Erfolg geht“,[5] wie Hilmar Kopper im Spiegelgespräch auch für den Spitzensport feststellte.
Wenn Eltern von heute den Wert von Sportwettkämpfen in der Schule nicht mehr erkennen können (oder wollen), liegt das auch an der kaum hinterfragten Dauerberieselung mit einem Spitzensport, der neben dem Sieger nur noch Verlierer kennt, moralisch und finanziell.
Der vierzigjährige Kampf auf deutschen Aschenbahnen mit systematischem Betrug auf der einen, mit systemischem auf der anderen Seite sollte bei der Vereinigung vor einem Vierteljahrhundert zum Fundament für Erfolge in der Zukunft werden. Aufarbeitung hätte damals gestört. Das tut sie seit 25 Jahren und jetzt auch wieder in Thüringen.
Eine autonome Institution braucht hohe Sensibilität gegenüber Regeln und Gesetzen. Nur die Integrität der Verantwortlichen schützt die Autonomie des ‚Hauses des Sports‘ gegen Einflussnahme z.B. von Politik und Wirtschaft. Doch integer waren deutsche Spitzensportfunktionäre nie.
Das ist für mich das Fazit des Spitzensports in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, 65 Jahre nach Gründung des Deutschen Sportbundes und 25 Jahre nach der autonomen Vereinigung des Sports von Ost und West.
Hansjörg Kofink,
04. Juli 2915
________________________________
[1] Weiter spielen, FAZ 27.06.2015
[2] Harting macht sich für die Bundesjugendspiele stark, Die Welt 02.07.2015
[3] Wo bleibt die Wende, FAZ 03.07.2015
[4] Sprint in die Zukunft, FAZ 02.07.2015
[5] Geld braucht Gesetze, Der Spiegel 52/2011, SPIEGEL-GESPRÄCH 23.12.2011 mit Hilmar Kopper
15. März 2015
Warum gibt es eine ‚Förderung des Spitzensports?
Warum war der Beginn der Sportorganisationen vor 65 Jahren so extrem verschieden in BRD und DDR?
Warum haben die DSA 1948 und Ulbricht 1955 den Sport als ‚Austragungsort gesellschaftlicher Systemkonkurrenz‘ gesehen und benützt?
Warum wurde bei Gründung des DSB eine konsequente Trennung von Staat und Sport proklamiert?
Diese gegensätzliche Entwicklung musste durch die nur einem Staat vorbehaltene Teilnahme an Olympischen Spielen zur Kollission führen. Und genau das geschah!
Gesiegt hat schon hier der (Staats)Leistungsport.
Die BRD verriet auf dem Weg zu Olympischen Spielen ihre Ausgangsposition der Freiwilligkeit und der Individualität im Sport, weil sie die Kampfansage Honeckers „Sport ist nicht Selbstzweck sondern Mittel zum Zweck!“ auf dem Weg nach München 72 Zug um Zug übernahm.
Warum ist das ‚NOK für Deutschland‘ bereits im September 1949 in Bonn gegründet worden, der DSB erst im Dezember 1950?
Spätestens hier wird klar, dass der Staat eine Rolle spielt, wenn es um das (Allein)Vertretungsrecht bei Olympia geht.
Nachdem der vor dem Zweiten Weltkrieg bestehende Deutsche Olympischer Ausschuss 1946 aufgelöst worden war, gründete sich im Juni 1947 unter der Führung Adolf Friedrichs zu Mecklenburg wieder ein (provisorischer) Deutscher Olympischer Ausschuss. Da er noch keinen anerkannten Staat vertrat (die Bundesrepublik war noch nicht gegründet) blieb diesem jedoch die internationale Anerkennung versagt.
Das ist Geschichte, die man bei Balbier, Kalter Krieg auf der Aschenbahn (1) nachlesen kann.
Das kann de Maizière heute nicht mehr bringen, wenn er Sporterfolge für den Staat reklamiert. Und wenn Sporterfolge den Wert eines gesellschaftlichen Systems, des Staats, erhöhen, dann waren die DDR, Kuba und die UdSSR die erfolgreichsten. Dem US-Bürger ist es ….egal, wieviele Olympiasieger Amerikaner sind; es kratzt sie höchstens, wenn es um die Hautfarbe geht (1968!)
Es würde unserem Staatsverständnis in Würdigung der Persönlichkeitsrechte des Einzelnen nach dem Grundgesetz eher gerecht werden, wenn der Staat eine vom Parlament bestimmte Summe an eine unabhängige Organisation gibt, sich zurückzieht und jene Organisation das Agieren deutscher Staatsbürger im internationalen Leistungssport regelt, ohne jeden Einfluss de Staates, also auch ohne seine Kosten-Nutzen-Kalkulation. Das Parlament bestimmt in (Jahres)Abständen, ob die Summe bleibt oder nicht.
Das wäre für mich die Finanzierung eines autonomen deutschen Leistungssports, die tatsächlich die freien Bürgerrechte in einer Demokratie respektieren könnte, denn Medaillenfinanzierung und Endkampfchancenforderungen korrumpieren einen ‚autonomen Sport‘. Alles andere ist Staatssport. Und den muss man streng zentralistisch aufziehen, wie es Hitler und die DDR gemacht haben.
Vielleicht sollte man versuchen, Leuten wie de Maizière solche Argumentation aufzuzwingen. Sein Spruch: „Und wenn es Förderung von Spitzensport gibt, dann dient das nicht dem allgemeinen Wohlfühlen von Sportverbänden oder Sportlern, sondern der Förderung von Leistungen. Die harte Währung der Förderung sind auch Medaillen“ (2), ist so blöd.
Wenn aus wirtschaftliche Gründen Waffen produziert werden, muss man Krieg führen. Die harte Währung sind die Toten.
Hansjörg Kofink
________________________________
(1) pdf-Version Balbier, Kalter Krieg auf der Aschenbahn
(2) DOSB, 11.3.2015, Politik und Sport starten Leistungssportreform,
die Welt, 14.3.2015, „Betonen wir die Chancen, nicht nur die Risiken“
10. Februar 2015
Die Olympischen Spiele (II)
Olympia im Bundestag
„Die Arbeit für den Sport ist auch ein Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sport verbindet und schafft gemeinsame Ergebnisse“,
so Minister de Maizière im Deutschen Bundestag anlässlich der Unterrichtung über den 13. Sportbericht der Bundesregierung.
Das sehen wir auch so, Herr Minister.
Gemeinsame Ergebnisse aus 40 Jahren ‚Kaltem Krieg auf der Aschenbahn‘ sind auch das Doping in beiden deutschen Staaten unter der Verantwortung von Staat und Sportorganisation in der DDR und von Sportorganisation und Staat in der BRD.
In dem immer noch nicht abgeschlossenen 500 000€ teuren Forschungsprojekt (2) ‚2009-2012 initiiert durch den DOSB, beauftragt und gefördert durch das BISp‘ werden Staat und Sportorganisation wegen ihrer Haltung zu Doping heftig kritisiert (3). Dabei ist die Vereinigung des Sports, die auch nach 25 Jahren noch den Spitzensport belastet, in dieser Studie (noch) nicht bearbeitet worden.
Bis heute haben weder die Bundesregierung noch der Deutsche Olympische Sportbund auf diese Vorwürfe reagiert.
„Sport ist [aber auch] ein Imageträger für unser Land.“,
warb der Minister vor dem Bundestag.
Viele deutsche Olympiasieger und Weltmeister in Ost und West leben heute nicht mehr, weil sie in ihren besten Jahren von Leiden dahingerafft wurden, die man heute mit Doping in Zusammenhang bringt. 25 Jahre nach dem Mauerfall ist die deutsch-deutsche Sportgeschichte noch immer nicht aufgearbeitet. Vor allem für die Opfer des Zwangsdopings der DDR ist Hilfe nicht in Sicht. Der vor knapp sechzehn Jahren gegründete Verein ‚Doping-Opfer-Hilfe e.V. ‘ brachte dieses Image des deutschen Spitzensports kürzlich wieder einmal in die Öffentlichkeit. Mehr als 200 DDR-Doping-Opfer hat die Bundesrepublik anerkannt. Der Doping-Opfer-Hilfe-Verein zählt 700 – und die Dunkelziffer dürfte noch größer sein. Und sie alle bezahlen heute für ihren Sport von gestern.
Gehört das nicht auch zum Image des Spitzensportlandes Deutschland?
„Deutschland ist eine in der Welt hoch angesehene Nation – auch wegen seiner Spitzenleistungen im Sport“, stellte Minister de Maizière fest.
Auch das ist sicher richtig. Aber gehören da nicht auch jene Rekorde (4) für die Ewigkeit dazu, an denen sich junge deutsche Athleten nicht mehr messen lassen wollen, weil sie zu Recht auf die Unrechts-Umstände ihres Zustandekommens verweisen?
Es gibt einige Aspekte der Spitzensportnation Deutschland, Herr Minister, die man nicht unter den Teppich kehren sollte, wenn man die deutsche Bevölkerung für eine offene und faire Olympia-Bewerbung gewinnen will.
_________________________________________
(1) BMI: „Es ist Zeit, dass wir es schaffen, Olympia wieder nach Deutschland zu holen“, 6.2.2015
(3) Dopingskandale in der alten Bundesrepublik, Öffentlicher Diskurs und sportpolitische Reaktionen, bpb 30.05.12, Deutschland-Archiv
(4) Verdächtige Rekorde für die Ewigkeit SZ 28.9.10
Hansjörg Kofink, 10. Februar 2015
Februar 2015
Die Olympischen Spiele (I)
und ich
1936 konnte ich mir noch kein Bild machen, was da in Berlin los war, ich war gerade vier Wochen alt und bekam den Kopf noch nicht genügend hoch.
1948, zwölf Jahre später bekam ich mit, dass in London eine ‚rasende‘ holländische Hausfrau vier Goldmedaillen und eine ‚Lokomotive‘ namens Zatopek aus der CSSR Gold und Silber über 10000m und 5000m gewannen. Deutschland und Japan durften wegen des Krieges nicht in London teilnehmen.
1952, sind mir noch die gewaltigen Bobfahrer um Anderl Ostler im Gedächtnis, die in Oslo im Zweier- und im Viererbob die Schnellsten waren. Ein deutsches Paar gewann in auf dem Eis. In Helsinki gelang der inzwischen legendären Lokomotive Zatopek das bis heute unerreichte Tripel: Gold über 5000m, 10000m und im Marathonlauf.
1956 fieberte ich am Radio, ob die Spiele im fernen Melbourne wegen des russischen Einmarsches in Ungarn überhaupt stattfinden würden.
1960 fieberte ich wieder, ob Sigrun sich im Ausscheidungskampf gegen die DDR für Rom qualifizieren würde.
1964 war Sigruns Qualifikation für Tokio– es war die letzte für eine gesamtdeutsche Mannschaft – ziemlich aussichtslos.
1968 gab es in Mexiko City einen unglaublichen Weitsprung ((8,95m) und hochgereckte schwarze ‚black power‘ Fäuste bei der 400m Siegerehrung.
1972 war ich für die Kugelstoßerinnen der Bundesrepublik verantwortlich und musste nach der Nominierung mit ihnen den Wettkampf in München im Fernsehen ansehen.
1976 gab es erst nach den Spielen in Montreal richtig Feuer wegen der Kolbe-Spritze und wegen aufgeblasener Därme der Schwimmer.
1980 sollte ich zum vorolympischen Kongress nach Tiflis. Doch der Westen boykottierte die Spiele in Moskau wegen des russischen Einmarsches in Afghanistan; so blieb ich zuhause.
1984 boykottierte der gesamte Ostblock die Spiele in Los Angeles wegen des Boykotts vier Jahre zuvor. Ulrike Meyfarth wiederholte ihren Olympiasieg von München.
1988 boykottierte niemand. Dafür gab es den ersten gedopten Olympiasieger in Seoul. Das Gold für die 100m der Männer bekam Carl Lewis, der zuvor zuhause positiv getestet wurde.
1992 fanden die ersten Spiele nach dem ‚Kalten Krieg‘ in Barcelona statt, auch zu Ehren des IOC-Präsidenten Samaranch.
1996 gab es die Coca Cola Spiele in Atlanta. Der Sponsor hatte das Hundertjährige in Athen verhindert.
2000 zogen die deutschen Leichtathleten mit dem nicht gesperrten Dieter Baumann nach Sydney. Die IAAF schickte ihn als Zahnpasta-Dopingsünder zurück.
2004 produzierten die Spiele in Athen mehr überführte Doper als alle vorigen Spiele zusammen. Ein griechisches Sprinter-Pärchen versuchte per Motorrad der Dopingprobe zu entkommen. Vergeblich!
2008 lieferten die Chinesen die perfekten Spiele in Peking ab. Es gelang ihnen sogar, den sonst üblichen Smog weg zu manipulieren. Erfolgloser waren deutsche Leichtathleten und Schwimmer noch nie.
2012 hatten sich die Briten hervorragend auf ihre Spiele in London vorbereitet. Ihre Erfolge beförderten einen Nationalismus, der gelegentlich die britische Coolness vermissen ließ.
2016 Und was bringt uns Südamerika?
Hansjörg Kofink, Februar 2015
Januar 2015
Hallo, Robert Harting,
Sie haben Recht, Herr Harting, der Anti-Doping-Kampf weltweit ist gescheitert (1). Und es ist auch richtig, dass Sie als Spitzenathlet davon fundamental betroffen sind. Es ist zum dritten richtig, dass die Nichteinhaltung von Regeln im Spitzensport auch Länder und Verbände betrifft, seit langem.
Ich brauche Sie nicht an den Harting vom August 2009 erinnern, der ‚wirklichen‘ Dopingopfern die Sicht nehmen wollte, über Freigabe von Mitteln schwadronierte und anschließend zurückruderte. Das werden in den kommenden Tagen viele tun.
Sie haben im August 2013 jeden Generalverdacht an Spitzenleistungen zurückgewiesen, eine Haltung, die ich nicht teilen kann, was ich damals in einem Text festhielt. (Anh.)
Es ist Ihnen bekannt, dass der deutsche Spitzensport in Ost und West vierzig Jahre lang betrogen und gelogen hat, so dass als einziger ‚olympischer Wert‘ der Generalverdacht geblieben ist. Die Geschichte des Spitzensports der DDR und der BRD weist das bis in Einzelheiten nach. Dass die wissenschaftliche Aufarbeitung mit der Vereinigung des deutschen Sports zu Anfang der 90er Jahre auf der Strecke blieb, ist ein wesentlicher Grund für die Situation des Spitzensports von heute. Die Welt sah zu – Samaranch: Das ist ein deutsches Problem – wie Doping West und Doping West sich vereinigten, ohne jede Konsequenz für Beteiligte und Verantwortliche. Weltrekorde zeugen bis heute davon, ebenso wie gegenseitige Schuldzuweisungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
Die deutsche Politik, verantwortlich für die Finanzierung des Spitzensports und heute auch für die Altlasten des Staatssports der DDR nach 1990, hat sich ebenso wenig wie die autonome Institution des deutschen Sports, der Deutsche Olympische Sportbund, verantwortlich für die regelkonforme Durchführung von Wettkämpfen in Deutschland, zu den nachgewiesenen Verfehlungen in der vierzigjährigen getrennten und den 25 Jahren der gemeinsamen Sportgeschichte geäußert.
Kein Spitzenpolitiker, kein Spitzenfunktionär des Sports hat bis heute Worte des Bedauerns gefunden, über das, was in den letzten 65 Jahren in ihrer ureigenen Verantwortung geschehen ist.
Müssen wir uns wundern, dass andere Länder dieses Verhalten kopieren und verfeinern?
Hat es jemals deutsche Initiativen aus Politik oder Sportorganisation gegeben, die den Anti-Doping-Kampf bei den Spitzenverbänden, beim IOC oder bei der WADA gestützt oder kritisiert haben? Die Erfahrungen am OSP Erfurt 2012 weisen eher in eine andere Richtung.
Es ist bitter notwendig, Herr Harting, dass aktive Athleten wie sie, aber auch jene, die von der deutschen Sportgeschichte getragen oder getreten worden sind, Rechenschaft von den Verantwortlichen fordern; nicht nur um Sie vor Anschlägen zu schützen, sondern vor allem, um dem deutschen Spitzensport wieder Glaubwürdigkeit zu verschaffen.
Der Sportmediziner Perikles Simon hat kürzlich sie, die Athleten, zum Aufbegehren aufgefordert (2). Dies unterscheidet sich fundamental von dem was Sportmedizin jahrzehntelang Athleten angeboten hat.
Nehmen Sie diese Aufgabe an. Nur glaubwürdige Athleten von heute können die Schatten der Vergangenheit beseitigen. Zukunft braucht Herkunft.
Hansjörg Kofink, Januar 2015
_______________________________________
(1) Robert Harting, Das Ende des Vertrauens, FAZ, 2.1.2015
(2) Perikles Simon, Das ist schlimmer als Pornographie , FAZ, 14.12.2014