Doping: Rudi Altig

Rudi Altig und Doping im Radssport

Am 18. März 2007 wurde Rudi Altig 70 Jahre alt. In einem Interview mit Klaus Tödt Rübel für das Tour Magazin Heft3 / 2007 äußerte er sich auch zu seiner eigenen Doping-Vergangenheit.

Einige Zitate:

Zu den 1960er Jahren:

Tour: Sie haben bei der Tour 1966 in Gradignan sogar gestreikt gegen die ersten Doping-Kontrollen – warum?
Altig: Da war ich dabei – warum wohl? (Pause) Anfangs waren viele Kontrollen jedoch Scheinkontrollen, und so manche dieser Proben sind ja nie im Labor angekommen, so dass sich einige Rennfahrer damals wunderten, dass sie nichts hörten, denn sie hätten eigentlich positiv sein müssen.
(…)
Ich war auch irgendwann wann mal positiv (1969, Anm. der Red.). Da hat mich der Kontrolleur gefragt, was ich genommen hatte, und ich diktierte ihm alle Medikamente, die mir einfielen – 20 Minuten lang. Der hat den Zettel gleich einem Journalisten gegeben, und der hat den Unsinn für bare Münze genommen. Danach nannte man mich die „fahrende Apotheke“. So ist das Wort in die Welt gekommen.

Doping freigeben – ja oder nein?
Altig: Man sollte heute das Doping kontrolliert freigeben. So denken auch viele Mediziner. Ein Medikament, was Kranke gesund macht, kann Gesunde nicht unbedingt krank machen. Da müssen die Mediziner eben aufpassen.

Doping und Krebs?

Tour: Haben Sie jemals daran gedacht, dass der Magenkrebs, an dem Jacques Anquetil starb, auf die Substanzen zurückzuführen sein könnte, die er jahrelang schluckte? Wie ging es Ihnen, als Sie ein paar Jahre später die gleiche Diagnose bekamen?
Altig: (…) Von sechs Gewebeproben waren waren drei bösartig. Daraufhin hat man mir den ganzen Magen entfernt, das Geschwür saß so ungünstig, dass es nicht anders ging. Da ist mir Jacques eingefallen. Der bekam seinen Bescheid Ende Mai 1987. Er wartete mit der Operation bis nach der Tour de France, bis Ende August. Im November war er tot. Deshalb sagte ich meinen Ärzten: alles raus. Aber ich habe nicht einen Moment daran gedacht, dass das Doping bei mir der Auslöser für den Krebs gewesen sein könnte.Es gibt was weiß ich wie viele Leute, die nie Sport getrieben haben und auch keinen Magen mehr haben.

Warum mitmachen und schweigen?
Altig: Man kann dem Sport keine weiße Weste anziehen, die nicht existiert. Nirgendwo in der Gesellschaft. Jeder versucht den anderen reinzulegen, sich einen Vorteil zu verschaffen.

Tour: Aber dagegen sind wir doch, Sie doch auch!
Altig: Aber wenn es doch alle machen, und ich mach‘ nicht mit, dann heißt es, der Idiot! Wo fang‘ ich an? In der Politik, in der Wirtschaft oder im Sport?

Tour: Warum fangen Sie nicht bei sich an? Warum nutzen Sie nicht Ihre Berühmtheit, um in der Dopingfrage daraufhin zu wirken, dass die Verhältnisse sich ändern?
Altig: Weil ich mehr weiß, als ich sagen kann (…) Die Wahrheit wird nie rauskommen! Wenn ich erzähle, was ich weiß, haue ich den Sport in die Pfanne – die Wahrheit kann ich nicht sagen!

Tour: Warum nicht?
Altig: (schweigt) Weil ich möglicherweise Prozesse an den Hals kriege, die ich nicht bezahlen kann.

Doping im Radsport in den 1960er und 70er Jahren war allgegenwärtig, nichts Besonderes, wenn auch unter den Teppich gekehrt. Rudi Altig war wohl auch unter dem Beinamen „die rollende Apotheke“ bekannt. So  sollen in seinem Urin schon mal bis zu 12 verschiedene Mittel gefunden worden sein (die ZEIT 5. 07. 2001), eine menge, die er später bestritt. Im MIROIR DU SPRINT vom 17.07.1969 wird er folgendermaßen zitiert:

„Für die Tour de France habe ich mich immer auf die selbe Weise vorbereitet. Ich bin schlau genug Produkte zu verwenden, die keine Spuren im Urin hinterlassen.“

Nun, er war in bester Gesellschaft, kaum ein Fahrer dieser Zeit, der nicht dopte und Anquetil, der 1987 an Krebs starb, bekannte später auch – um junge Fahrer zu warnen – Amphetamine geschluckt zu haben.